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Jamie

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06.05.2002
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Jamie

Verdammt, bin ich verliebt, ich hab noch nie so geliebt, und ich hab noch nie so gefühlt, und ich hab noch nie so gelebt.


Irland im Herbst ist eine traumhaft schöne Landschaft. Die kalte Meeresluft lässt einen zwar erzittern, doch wird man entschädigt, durch die traumhaft schöne Aussicht, wenn man es doch wagt spazieren zu gehen.
Ganz alleine zu sein, in einer Landschaft die dem sprichwörtlichen „Soweit das Auge reicht“ ganz neue Dimensionen eröffnet und in eine melancholischen Stimmung zu verfallen, ist die ideale Voraussetzung um mit sich selbst in Einklang zu kommen. Und um mit mir selbst in Einklang zu kommen spazierte ich an einem windigen kalten Herbsttag in Irland durch eine karge, fast trostlose Landschaft die so aussah wie ich mich fühlte.
Leer.
Kalt.
Trostlos.

Als ich dann wegen der Kälte in ein kleines Pub einkehrte, um mich ein wenig aufzuwärmen, sah ich sie zum ersten Mal. Ihr Antlitz verschlug mir dem Atem, sie stand da, als hätte sie auf mich gewartet, sie lächelte mich an, und ich setzte mich zu ihr.
Sie stellte sich vor, ihr Name war Jamie. Und sie begann zu reden. Sie erzählte mir von ihren Erfahrungen, und ihren Pleiten, und ihren Lieben.
Von ihren Dramen, Tragödien und Komödien.

Es war, als strahlte sie einen unsichtbaren Schein aus, den nur ich sehen konnte, mehr noch, es war als strahlte sie nur für mich.
Und ich lauschte gespannt. Faszinierend war, was passierte. Ein Funke. Und der sprang über.
Wir hatten soviel gemeinsam. Sie war lange alleine gewesen. Und ich war lange allein gewesen. Sie hatte noch nie Glück in ihrem Leben erfahren, und ich noch nie Liebe. Jetzt hatten wir uns gefunden. Das Glück war uns hold.
Wir tranken ein bisschen, lachten ein wenig und redeten viel.
Wir berührten uns ein paar Mal, wie zufällig überspringende Funken eines Zuges auf die Oberleitung, wie achtlos spazierende Menschen auf der Strasse.
Wir tanzten und hatten viel Spaß.
Spaß, der eine wohltuende Erinnerung nicht nur in meinem Kopf hinterließ, sondern auch in meinen Körper. Bis in die Zehenspitzen konnte ich den Spaß spüren, der sich anfühlte, wie eine Daunendecke in einer kalten Winternacht.

Ich erinnere mich noch an den ersten Kuss, als ob es gestern gewesen wäre, damals im Pub, ich sah ihr tief in die Augen, spürte ihren wohligen Atem, und kurz bevor unsere Lippen sich trafen, setzte ich zu einem kleinen Seufzer an, der meine Traurigkeit und Müdigkeit wie ein Stein vom Herzen fallen ließ. Meine schwermütige Stimmung flog auf und davon. Dann berührte ich sie, und sie benetzte meine Lippen.
Mein Herz setzte aus.
Zuerst spürte ich gar nichts, doch nach einer Weile brach ein Vulkan in meinem Herzen aus. Ich glühte vor Lebensfreude, bebte vor Glück, verbrannte aus Leidenschaft.
Je länger der Abend dauerte, desto wärmer wurde mir ums Herz. Spät am Abend wurde mir dann klar, das ich mit Jamie den Rest meines Lebens verbringen wollte. Als ich aufstand, waren meine Sinne schon vernebelt von ihrem Zauber, und als ich meinen Heiratsantrag stellte, spürte ich einen stechenden Schmerz in der Brust.
Liebe tut weh.

Aber sie sagte Ja, Ja zu mir, Ja zu meinem Leben und Ja zu meinen Problemen.
Das muss richtig sein dachte ich.
Doch der Schmerz in der Brust wollte einfach nicht aufhören, und als ich Jamie noch küsste, nachdem sie Ja gesagt hatte, mischte sich ein ängstlicher Blick in ihren Augen.
Ich spürte wie der Stuhl langsam nachgab und versuchte mich festzuhalten.
Meine Arme ruderten durch die Luft, doch fanden keinen Halt.
Ein letztes Mal blickte ich Jamie in die Augen aus denen schon jetzt Tränen kullerten.
Ein schwarzer Schleier engte mein Sichtfeld immer weiter ein, ein tonnenschwerer Amboss nahm mir die Luft aus den Lungen und als ich kraftlos zu Boden sackte flüsterte ich: „Ich liebe dich, Jamie!“


[in memory of Jameson, triple destilled whiskey,
born 1780, died on Saturday, 21.October 2002
in a drunken Session in Old Irish Pub]

…And I'll see your Red Label, and I'll raise you one more,
And you can pour me a cab, I just can't drink no more,…
(Tom Waits)

 

Lieber emu2k2, wenn ich richtig verstehe, der mann ist dann am ende gestorben? traurig. und schön. lob an dich, hat mir gefallen!

 

vor allem hat er zuviel whisky getrunken..oder vertsehe ich da was falsch..??..*smile*

hat mir auch gut gefallen die pointe..gut verschleiert vorher...warum der erste und der letzte satz zur story passen sollen hat sich mir aber leider nicht ganz erschlossen..

viele grüße, streicher

 

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