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James
Seine roten Locken legten sich weich und widerspenstig in meine Hand. „Johanna, Johanna...“, sang er, „Lalalei, Johanna, leilalei.“ Wir lachten und er legte den Arm um mich und wir wurden aufgesogen vom Strudel der City.
Jetzt, James, sitze ich hier und rote Locken umwickeln meine Gedanken. Das alles ist so weit weg, James.
Jung sein bedeutete Freiheit, damals, als man noch frei sein durfte. Als die Leute rauchten und jeder die Musikszene kannte und keiner den anderen scheute.
Es war unsere Zeit, mit James, meinem Liebling.
Wir beobachteten den Fluss, abends und dann, frühmorgens, wenn die Sonne aufging, kam er zu mir und irgendwas lag in der Luft, etwas Neues, Wildes, Aufregendes.
Ich betrachte die Sonne und den Wind und ich lächle, wenn ich an sein Lachen denke.
Wir sangen Lieder, wenn wir zusammen waren, wir waren ein einziges Lied, er und ich und ich liebte seine Augen und sein Gesicht, sein immer lachendes Gesicht.
Er hat mir von seinen Träumen erzählt und ich erinnere mich an sie.
Man konnte noch zusammen herumlaufen, in den Wald gehen und über ganz einfache Dinge reden.
Jetzt höre ich komplizierten Konversationen zu, die meinen Kopf schwer machen, meine Augen schwarz und meine Nächte heiß und lang.
Ich weine, wenn ich wachliege und denke, dass er und ich laue Sommernächte hatten, uns war nie zu warm oder zu kalt.
„Away, I´d rather sail away...“,hat er gesungen und er hatte seine Hand gerne auf meinem Hinterkopf.
Wir wollten reisen, er und ich, weit weg wollten wir, die Welt erkunden und sie ganz für uns alleine haben, James, er und ich.
Ich vergesse nie seine Augen, seine fröhlichen, schelmischen, klugen Augen. Seine funkelnden, geheimnisvollen, tiefblauen Augen.
Die Welt ist jetzt anders, James. Sie hat uns beide vergessen und auf dem verstaubten, schwarzen Highway zurückgelassen. Die Zeit ist gekommen und hat sie mitgerissen. Jetzt finde ich mich wieder, umgeben von Menschen, die alle aneinander vorbei reden, die aneinander vorbei gehen und wie in Trance auf ein Kommando warten, ob von Gott, oder Madonna, wer weiß das schon und doch scheint es jeder zu wissen.
Alles und nichts, James, mir bleibt alles oder nichts. Den Zug wollte er nicht verpassen, alles hätte er gegeben um mit mir zu entdecken.
Das Leben jetzt wird von der Eile gewürgt, keiner schaut mehr nach rechts und nach links, alle rennen hinüber, nur um eine identische Straßenseite zu erreichen.
Auf der anderen Seite wartete die Freiheit auf uns beide, das Endlose, eine Steigerung von dem, was wir hatten, eine Vollkommenheit.
James, Baby, ich erinnere mich an die Hand, die du mir von unten entgegen hieltst.