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Jahrmarkt

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25.02.2010
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Jahrmarkt

Jahrmärkte waren für Peter mit einem düsteren Flair behaftet. Regen und Dämmerung verstärkten das Gefühl von nahendem Unheil, das sich durch ein Kribbeln im Nacken bemerkbar machte. Wenn Peter zwischen Buden und Fahrgeschäften hindurch schlenderte, führte ihm seine Phantasie grausame, blutige Unfälle und Gewalttaten vor Augen. In seinem Kopf verwandelten sich lachende Gesichter in angstverzerrte Fratzen, und die unschuldige Freude eines Jahrmarktsbesuches wich infernalischer Grausamkeit. Das gefiel ihm. Doch eine Sache - die wichtigste von allen - hatte er bisher nicht bedacht: Unglücke geschehen nicht nur in der Vorstellung und nicht immer nur anderen.

An einem der letzten Wochenenden der Jahrmarktssaison, fuhr Peter zufällig durch ein Dorf, dessen Hauptstraße zur 100-Jahr-Feier gesperrt war. Er folgte der Umleitung nach rechts, lenkte seine Auto an den Straßenrand und beschloss sich den Trubel aus der Nähe anzusehen. Beim Aussteigen blickte er zu den dunklen Wolken auf und spürte das geliebte Kribbeln im Nacken. Es fühlte sich noch viel besser an, wenn man nicht damit rechnete.

Bald fand er einen Trampelpfad, der zur Hauptstraße hinauf führte. Rufe, Musik und Gelächter drangen leise an sein Ohr. Noch drei, vier schnelle Schritte und schon stand er hinter einem gelb-weiß gestreiften Zelt. Dort war es dreckig und stank nach Bier und Urin. Doch als er durch die Zeltrückwand trat, stockte ihm der Atem, und im selben Moment brach das Leben über ihn herein. Akkordeonmusik, Lachen, Schreie, Lockrufe der Budenbesitzer und blechernes Klimpern und Klappern der Fahrgeschäfte. Über all dem schwebte der Duft von Popcorn und Zuckerwatte.

Er hatte schon viele Jahrmärkte erlebt, aber keiner war mit diesem vergleichbar. Ihm bot sich ein pittoreskes Schauspiel, das ihm den Mund offen stehen ließ. ‚‚Wow’’, staunte er, ‚‚so ein Aufwand für ein kleines Dorf, mitten in der Pampa. Und ich weiß nicht einmal genau, wie dieses Kaff eigentlich heißt.‘‘ Sein Blick war auf ein Karussell gegenüber gerichtet, dessen Pferde im Kreis herum tanzten. Fast hätte er sich laut selbst zu seinem Entschluss gratuliert hier anzuhalten. Er schritt auf die bunte Pracht des Karussells zu, und es dauerte lange, bis er sich an den stattlichen Pferden satt gesehen hatte. ‚‚Hol mich der Teufel‘‘, flüsterte er, ‚‚wenn die nicht genauso alt sind, wie dieses Scheißdorf.‘‘ Die Musik verstummte, und die Pferde blieben stehen. Die Vorfreude beschleunigte seinen Herzschlag, er nahm mit einem tiefen Atemzug die Atmosphäre in sich auf.

Die Straße wurde von Buden aus schwerer Kunststoffplane gesäumt. Viele der Dächer liefen spitz zu und überlappten die Seitenwände mit Reihen aus dachziegelförmigen Wimpeln. Die Aussteller vermieden weitgehend mit elektrischem Licht zu arbeiten. Offensichtlich hatten sich die Verantwortlichen viel Mühe gegeben, die Feier möglichst authentisch zu gestalten. Er entdeckte weder bunte Glühbirnen, noch blinkende Schilder und Lichterketten. Trotzdem strahlte die ganze Straße in allen erdenklichen Farben und Nuancen. In weiter Ferne begann es zu donnern, als er das Ende der Straße erreichte und umkehrte, um die andere Richtung zu erkunden.

Zwischen zwei Buden, scheinbar völlig vergessen, stand ein abgenutzter Hau-den-Lukas. Er sah so aus, als könne er sich an den letzten Schlag, den er einstecken musste, gar nicht mehr erinnern. Der Geruch von Knoblauchbrot kämpfte sich bis in seinen Magen vor und ließ diesen vernehmlich knurren. Ehe sich Peter versah, stand er erneut vor dem Karussell, bei dem er die Straße betreten hatte. Er stockte. Ihm war so, als hätte eines der Pferde soeben das Maul geschlossen. Er wartete. Alle hatten die Mäuler fest verschlossen.

Achselzuckend ging er weiter, sein Blick immer ein Stück voraus. Er fieberte seinem Höhepunkt entgegen. Am Schießstand hielt er inne und lockerte die Zügel seiner Fantasie. Er dachte sich den Verkäufer aus einem der Zelte hierher. Der Schnurrbart, dessen Enden fast rechtwinklig nach oben zeigten, als er Peter noch vor ein paar Minuten lächelnd grüßte, unterstrich nun als dunkler Balken den fiesen Zug um seinen Mund. …

Es donnerte, Peter zuckte zusammen. Sein Szenario war dahin. Verdammt! So vielversprechend es heute angefangen hatte, so enttäuscht war er nun. Wütend stapfte er zurück, in Richtung Auto. Wie um seine Entscheidung zu untermauern, begann es zu tröpfeln.

Auf dem Rückweg beschloss er, einen vor Knoblauchöl und Käse triefenden Langosh zu essen. Während er von dem heißen Teigfladen biss, schlenderte er langsam zurück zur Gasse. Dort angekommen, blieb er stehen, um aufzuessen. Wieder lenkte sich seine Aufmerksamkeit auf das Karussell. Sein Blick tastete die fein geschnitzten Details ab und strich die rot-weiß gestreiften Stangen hinunter, um schließlich auf dem Rücken der Pferde inne zu halten. In Gedanken ritt er eine Weile mit, um die bunt bemalte Mittelsäule. Auf deren Vorderseite war ein Fenster eingelassen, hinter dem ein alter Glatzkopf saß, dessen Augen so weiß waren, als hätte er keine Pupillen. Still lächelnd bewegte dieser seinen Kopf zur Melodie seiner Reiterkolonne.

Der Regen verstärkte sich, wurde unangenehm. Peter bemerkte, dass er während seiner Betrachtungen aufgehört hatte zu essen. Gerade wollte er wieder einen Bissen nehmen, als etwas in seinem Inneren aufschrie. Er erstarrte. Hatten die Pferde nicht vorhin die Mäuler zu? Langsam blickte er auf und wartete, bis jedes der neun Pferde zweimal an ihm vorbei ritt. Bei allen Neunen konnte man zwischen die gelblichen Zähne in den knall-rot bemalten Rachen blicken.

Er lies den Rest seines Langoshs in einen Mülleimer fallen und trat auf die Tiere zu. Ungeduldig wartete er ab, bis die Runde zu Ende war, das Karussell langsamer wurde und schließlich anhielt. Dann streckte er die Hand aus und betastete eines der Gesichter. Nichts. Keine Scharniere, keine Schrauben. Das Tier war aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt. War das so üblich? Ein Mitarbeiter kam zwischen den Hengsten hindurch auf ihn zu. ‚‚Willst Du eine Runde fahren?‘‘ Es klang wie ‚‚Willsene Runde faahn?‘‘ Peter schüttelte den Kopf, fasste sich dann aber und fragte: ‚‚Die Pferde ... ‘‘, er stockte, konnte er doch schlecht fragen, ob sie sich soeben verändert hatten. ‚‚Die Pferde ... ‘‘, wiederholte er und brach erneut ab. Sein Gegenüber lachte und lud ihn mit einer Handbewegung ein mitzufahren.

Peter stieg zu den Pferden hinauf und setzte sich auf ein schwarzes, mit rotem Sattel. Er gab dem Jungen Geld, woraufhin dieser gleich wieder verschwand. Peter strich vorsichtig über das rechte Ohr seines Reittieres, dann die schwarze Mähne hinab und legte seine Hand am Sattelknauf ab. Nach kurzer Zeit, die ihm endlos vorkam, blickte er wieder auf und besah sich die Pferde vor ihm. Sie waren ebenfalls schwarz. Das machte ihn stutzig. Er war sicher, auch braune und weiße Pferde gesehen zu haben. Als das Karussell sich in Bewegung setzte, sah er über die Schulter nach hinten, nur um zu sehen, dass auch diese Pferde alle schwarz waren. Ein Entsetzen erfasste ihn, gegen das sein geliebtes Kribbeln im Nacken der reinste Witz war. Er wollte absteigen und das Weite suchen, doch die Fahrt war bereits zu schnell.

Er sah sich nach dem Chipsammler um. Dessen schwarze Augen blitzen auf, und er lachte aus vollem Hals. Peter rief ihm zu, er solle bitte anhalten. Brüllte schon bald gegen die Musik und den Wind an, jemand solle sofort das Scheißkarussell abstellen, doch nichts dergleichen geschah. Mit großer Willensanstrengung lockerte er seine Hände, die die Holzstange umklammerten. Sie waren schweißnass. Er atmete tief und versuchte sich zu beruhigen. Immer wieder sagte er sich vor: ‚‚Peter, es ist nur ein Karussell. Nur Holzpferde. Lebloses Holz.‘‘ Nach einer Minute, in der er sich diese Sätze wie ein Mantra vorsagte, brachte er sogar ein angestrengtes Lachen zu Stande. Zum ersten Mal sah er von seinem erhobenen Platz aus auf die Straße. Es waren nur noch wenige Leute unterwegs und diese liefen schnell, als könnten sie so den Regentropfen entkommen. Nicht mehr lange, und der Jahrmarkt wäre wie leergefegt. Dann umrundete sein Ross das Karussell, so dass er ein paar Sekunden nichts von der Straße sehen konnte. Als er wieder nach vorn getragen wurde, sah er die verbliebenen Gestalten an, die nun alle grauer wirkten, als noch vor ein paar Minuten. Er schüttelte den Kopf und schloss die Augen.

Als er die Augen wieder öffnete, stand er vor dem Karussell, im Regen. Er war klatschnass. ‚‚Was zum …‘‘, sagte er und blickte sich um. Zwei Schausteller waren dabei ihre Zelte eilig vor dem Gewitter zu sichern. Die Musik war verstummt, die Gerüche vom Regen weggewaschen. Was war geschehen? Er lauschte auf seinen hämmernden Herzschlag. Dann stahl sich ein erleichtertes und triumphierendes Grinsen auf sein Gesicht. ‚‚Geile Scheiße! Fast habe ich gedacht, wirklich auf einem der Pferde zu sitzen. Das war die realistischste Phantasie, die ich je hatte.‘‘ Er sprach das laut aus, denn er musste jetzt nicht mehr befürchten gehört zu werden.

Er sah zum Himmel, kniff die Augen zusammen, um sie vor den herab fallenden Regentropfen zu schützen und lachte laut zu den Wolken hinauf. ‚‚Haha, Waaaahnsinn!‘‘ Wieder schloss er die Augen und … befand sich erneut auf dem Pferd. Nach dem ersten Schrecken wurde er schnell ruhiger. Schließlich wusste er nun, dass er lediglich durch seine eigenen Gedanken ritt.

Diesmal nutzte er die Gelegenheit, die Zeichnungen auf der Mittelsäule zu betrachten. Es waren Pflanzenranken, aus dunkler Rinde. Die roten Blätter und Dornen begrenzten brennende Flächen, in deren Mitte Menschen gefangen saßen. So schön die Bilder von außerhalb ausgesehen hatten, so schrecklich waren sie aus der Nähe. Zwischendurch thronten bunte, reich geschmückte Vögel, die ihre Eier bewachten und die geschlossenen Augen von den schreienden Menschen abwandten. Peter gefiel das nicht, und so riss er sich von den Qualen der Männer los. Es reichte ihm. Er wollte jetzt nach Hause. Er fror im Fahrtwind und hatte inzwischen endgültig die Lust verloren.
Energisch schloss er die Augen, wartete ein paar Sekunden und öffnete sie erneut, in der Erwartung sich, wie zuvor, auf der Straße wiederzufinden. Doch er ritt immer noch auf und ab, gegen den Uhrzeigersinn, im Kreis herum. Das Karussell fuhr schnell. Viel zu schnell. ‚‚Hallo?‘‘ rief er und wartete. Wieder bekam er keine Antwort. ‚‚HALLO!‘‘ brüllte er nun mit ganzer Kraft. Wie lange fuhr das Ding jetzt schon? Irgendwann musste die Runde doch zu Ende sein.

Er sah hinaus zur Straße. Als er dort jemanden stehen sah, winkte er demjenigen zu, doch da trug ihn sein Pferd schon wieder weg. Dieses Mal begann er schon wild zu winken, bevor er herum war und brüllte: ‚‚Hey! Sie da!‘‘ Wieder war er weg. ‚‚Hey!‘‘ Als sich sein Pferd erneut von der Straße abwandte, meinte er die Person vor dem Karussell erkannt zu haben. Er hörte auf zu winken und suchte das Gesicht des Zuschauers. Noch einmal. Und noch einmal. Er erkannte sein eigenes Gesicht, das ihn bösartig angrinste, nicht willens zu helfen. Ihm wurde übel. Wie lange fuhr er schon im Kreis? Und wie schnell? In seinem Kopf drehte sich alles, so dass er keinen einzigen Gedanken fassen konnte. Alles wirbelte an ihm vorbei, und er konnte nur noch, Runde um Runde, auf diesen Kerl starren, der aussah wie er, bis dieser sich umdrehte und im Regen verschwand.

 

Hallo elisabeth,

eine schöne Idee, wie ich finde. Der Text selber hat so seine ups and downs. Den Einstieg finde ich richtig gut. Der Mittelteil wird dann aber ein bisschen langatmig, bis zu der Stelle, wo Peter dann letztendlich auf die Pferde steigt. Ab da an wird es wieder besser. Das Ende verwirrte mich zunächst durch den Wechsel zwischen Traum und Realität, hat mir aber trotzdem gefallen.

Nur mal als Anmerkung: Ich könnte mir den Text auch aus der Ich-Perspektive gut vorstellen.

Er folgte der Umleitung, die nach rechts auf eine Parallelstraße führte, lenke spontan seinen alten Mondeo an den Straßenrand und beschloss sich den Trubel aus der Nähe anzusehen.
Der Satz ist komisch. -> Zum Beispiel
Er folgte der Umleitung auf einer Parallelstraße. Dann lenkte er seinen alten Mondeo spontan an den Straßenrand und beschloss sich den Trubel aus der Nähe anzusehen.
Er lief einen Schritt schneller, wobei die Rufe, die Musik und das Gelächter immer deutlicher an sein Ohr drangen. Noch drei, vier schnelle Schritte und schon stand er hinter einem gelb-weiß gestreiften Zelt mit spitzem Dach
2x das Wort "Schritte" hintereinander
Viele der Dächer liefen spitz nach oben hin zu und überlappten, mit Reihen aus dachziegelförmigen Wimpeln, die Seitenwände.
würde ich ohne Komma schreiben:
Viele der Dächer liefen spitz nach oben hin zu und überlappten die Seitenwände mit Reihen aus dachziegelförmigen Wimpeln.
Rot-Kreuz-Schüssel
Wasn datt?
Doch er saß immer noch am Pferd und ritt mit diesem auf und ab,
er sitzt doch auf dem Pferd, oder?

Ja, das wäre erst einmal meine bescheidene Einschätzung.


Einen lieben Gruß
Freygut

P.s. Ich finde, der Titel passt so gar nicht.

 

Hallo elisabeth,

tja, der Titel ist unpassend, da würde ich an Deiner Stelle ein bisschen Gehirnschmalz investieren, da gibt es sicher bessere Varianten ;).

Ansonsten geht es mir ähnlich wie bei Deiner Baumgeschichte.
Es hat mir einerseits recht gut gefallen, vor allem der Anfang, den finde ich stark. Leider lässt das aber gegen Mitte des Textes sehr nach und das finde ich ziemlich schade. Da trieft der Text so vor sich hin, es passiert nicht groß was und ich scrolle schon runter, um zu schauen, wie lange ich noch "muss". Und das, nämlich Langeweile, ist der Killer für eine Geschichte.

Deshalb auch hier wieder und auch für den Fall, dass ich mich wiederhole: Kürzen, verdichten, auf's Wesentliche beschränken. Du musst Dich bei jedem einzelnen Satz fragen: Braucht die Geschichte das? Bringt das den Protagonisten weiter? Kann das den Leser interessieren?

Mir hat mal jemand ins Stammbuch geschrieben: Nicht der Leser muss was für den Autor tun, sondern der Autor muss was für den Leser tun.

Aber Du bist auf dem richtigen Weg, denke ich.

Liebe Grüße
Giraffe :)

 
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Moikka Elisabeth,

da ist das angefragte/angekündigte Stück, und über das "ich überarbeite grad noch" hatte ich mich auch gefreut, für viele hier scheint 'edit' ein four-letter-word zu sein. :) Ich habe die Geschichte gestern Nacht einfach zur Unterhaltung gelesen, und habe mich ganz unkritisch reinziehen lassen können (und prompt einen Alptraum von Jahrmarktponies!). Deiner Erzählstimme folge ich sehr gerne, und die story ist professionell genug verfaßt, daß man nicht alle Nase lang stolpert - sehr fein!

Schönes setting, stimmungsvoll eingefangen - Jahrmarkt hat ja was Verzaubertes und was Ernüchterndes, gleichzeitig.
Der Stil, die Langsamkeit der Geschichte paßt sehr gut zum Erzählten, und auch Deine Erzählweise hat etwas angenehm Nostalgisches, ohne altbacken und langweilig zu wirken. Spätestens beim Akkordeon hattest Du mich: mir gefallen die vielen Details, die Gerüche, Geräusche, Kleinigkeiten - man kann der story mit allen Sinnen folgen. Gestern habe ich teils vergessen, daß ich lese, und habe auf "Miterleben" umschalten können.

Ein paar Dinge sind mir aufgefallen:

* Markennamen (die Uhr, das Auto) haben nichts in Literatur zu suchen, das ist eine furchtbare Marotte. Meist dienen sie dazu, dem Autor die Arbeit abzunehmen, die Art des Dinges näher zu beschreiben, aber nichtmals das wird hier benötigt. Raus damit.

* ähem, ja: der Titel. Wäre nur gut, wenn das hier ein Teenieslasher wäre, Jason X meets Highschool Musical ... also, da wäre glatt "Das Karussell" besser.

wegen der 100-Jahr-Feier,
Ihm bot sich ein mittelalterliches Schauspiel
Diese gefielen ihm besonders, da sie authentisch wirkten.
Hier paßt was nicht: Das Mittelalter war 1400 vorbei. Warum sieht was mittelalterlich aus, wenn die Stadt eine 100-Jahrfeier hat? Und auf was bezieht sich dann "authentisch"? Dem Begriff fehlt der (korrekte) Bezug. Zu mittelalterlich paßt das Akkordeon nicht, die bunten Zelte, hm, müßte ich nachschauen, mittelalterliche Karussells sahen jedenfalls anders aus ;).
Da Du schon so hübsch nostalgisch bist, leg Dich lieber auf die Zeit nach 1900 mit diesen Sideshows fest, dann klappt das auch mit dem alten Karussell so.

“He, Junge! Bist du bescheuert, oder meinst Du die Dinger sind aus Plüsch?”
Verstehe ich nicht ganz - aus Plüsch ist doch ebenso tot/künstlich wie aus Holz. Wäre nur sinnvoll, wenn der Mann ihn damit aufzieht, daß die nicht lebendig sind.

Der Wechsel von Maul auf/zu: für mein Gefühl kommt das einmal zu oft. Es ist einmal gruselig, weil sich was Totes verändert, das läßt sich nicht wiederholen.

Fast herausfordernd drehte er sich um und schaute auf die Lippen der Pferde. Sie waren geöffnet. Allerdings erschienen die Pferde ihm nun mehr zu lachen als zu schreien.
Das würde ich komplett streichen - das Lachen überzieht das Bild ohnehin ins Absurde. Stilistischer Bruch.

Das Karussell fuhr schnell. Viel zu schnell.
Zweiten Satz streichen, oder besser zusammenziehen: Das Karussell fuhr zu schnell. Das ist sonst wie: Ihm war kalt. Sehr kalt. Trashiges Stilmittel. *zwinker*

Peter strich vorsichtig über das rechte Ohr seines Reittieres, dann die schwarze Mähne hinab und legte seine Hand am Sattelknauf ab. Nach kurzer Zeit, die ihm endlos vorkam, blickte er wieder auf und besah sich die Pferde vor ihm. Sie waren ebenfalls schwarz. Das machte ihn stutzig. Er war sich sicher auch braune und weiße Pferde gesehen zu haben.
Das hier dagegen gefällt mir ausgesprochen gut, weil es nicht so holzhammerig kommt; und in einer schönen, lebendigen Beobachtung verpackt ist.

Wenn Du ein bißchen mehr drive in die story bringen willst, könntest Du hier die Häfte mindestens rauskürzen. Das war mir beim ersten Lesen nicht so aufgefallen, aber beim zweiten Durchgang finde ich, hier schleppt sich das Ganze und hat Abzweigungen, die der Text hier nicht gebrauchen kann. (nur im Zitat gekürzt, weil 2 ganze Absätze, ich meine den gesamten Text dazwischen - alles bis auf die Beschreibung des Jahrmarktes direkt; das Brot etc. sind ok).

Die Straße wurde hauptsächlich von rechteckigen Buden aus schwerer Kunststoffplane gesäumt. Viele der Dächer liefen spitz nach oben hin zu und überlappten, (...) Der Geruch von Knoblauchbrot kämpfte sich bis in Peters Magen vor und ließ diesen vernehmlich knurren. Ein Mädchen, an dem er soeben vorbei lief, traf seinen Blick. Ehe er sich darauf besann, war Peter jedoch schon wieder weitergelaufen und sah nun auch schon das Karussell, bei dem er die Straße betreten hatte.

Das Ende - hm. Ich finde klasse, daß er von dem Ding nicht mehr runterkommt, schön mit diesem Mittelteil des Karussells, mit diesen tollen, verrückten Pferden und der Schnelligkeit, die bei solchen antiken Teilen alleine schon unheimlich ist (wenn man draufsitzt).
Daß er sein eigenes Gesicht sieht, fand ich seltsam; vor allem, weil der Gesichtsausdruck des Doppelgängers entsetzt ist. Das Karussell ist also eine Art Parallelwelt in einer anderen Zeit, in die der Prot gezogen wurde. Da bei diesen Doppelungen meist einem der beiden die "Seele", das wahre Leben verlustig ging, ist einer emotionslos, wie innerlich gestorben. Das wäre nach der Erzähllogik hier nicht der Prot - der sitzt auf dem Gaul, aus seiner Sicht wird konsequent erzählt. Sein Doppelgänger draußen ist also das Gegenbild, das eigentlich geisterhaft wirken müßte - obwohl es in der "Realität" draußen ist. Und das wäre ja grad das Unheimliche.
Vllt. denke ich hier zu sehr nach traditioneller Geisterlogik, aber evt. kannst Du es ja nachvollziehen, warum das für mich nicht ganz 100%ig fluppt.
Unheimlich genug wäre für mich durchaus gewesen, wenn das Karussell immer schneller wird, und nicht mehr anhält, und er glaubt, etwas Bekanntes draußen zu sehen. Ohne zu sagen, um wen es sich dabei handelt. Damit würdest Du ebenfalls die Perspektive halten.
Auch könnte man sich den Doppelgänger selbst denken, denn über die Beschreibung des Marktes wird klar, daß es eine parallele Zeitschiene ist.

Ein paar ganz wenige Tipper sind noch drin, die finde ich grad nicht mehr - andere wird klein geschrieben, weil z.B. Mensch dahinter kommen könnte. Ist Ross neue Rechtschreibung? Bleibt das nicht Roß?
Nach und vor ... immer Leerzeichen jeweils (außer ein Wort soll abgebrochen werden: Schei...)
Zeilenumbruch nach jedem Sprecherwechsel.


Aber insgesamt sehr gern gelesen, eine reine Freude! Gefällt mir viel besser als die Baumgeschichte, weil die doch einen Kitsch-Touch hatte, sehr viel betuliche Innenschau, die bei dieser story zum Glück fehlt. Angenehm, daß man auch mal bei einem Text das Gefühl von "literarisch" bekommen kann, das hat man hier ja nicht allzu häufig. ;)

Sag mir Bescheid, wenn Du was am Titel machen willst, das können nur Mods ändern.

Und eine Spamfrage: Ich könnte ja schwören, das alte Karussell unter der Sacré-Cœur in Paris war die Inspiration? Solche abartig panischen Pferde habe ich noch nie gesehen, außerdem sind sie groß genug für Erwachsene, sehr eigenartig; und recht flott ist es auch. (Ich hab ne Stunde drauf verbracht und war danach seekrank - aber toll war's). Vor 20 Jahren waren alle Gäule gespenstisch fahlweiß, ich hörte, daß sie jetzt farbig sind - naja, google das mal, kam mir vor, wie eine lebendige Illustration, und war sicher auch einer der Gründe, warum mir diese Geschichte so gut gefiel.

Herzlichst, ich würde mich sehr freuen, wenn ab & zu von Dir was hier im Horror enden würde!
Katla

 

Hallo elisabeth,

wie auch meinen Vorpostern hat mir der Einstieg gut gefallen. Die Idee, jemand läuft über einen Jahrmarkt und stellt sich dabei Unglücke vor, ist originell und bietet wie ich finde viel Potential. Solche Vorgriffe in die Zukunft gefallen mir normalerweise:

Peter hat in den letzten Jahren viel über sein ungewöhnliches Hobby erfahren. Doch eine Sache - die wichtigste von allen - hatte er bisher noch nicht gelernt: Ein Unglück passiert nicht immer nur den Anderen.

Hier kann man aber echt überlegen ob, es Sinn macht, da du viel vorwegnimmst. Gerade bei dieser Geschichte weiß man als Leser zu Beginn nicht unbedingt, in welche Richtung es geht. Durch diesen Absatz ist aber klar, ok, dem Peter wird irgendwas Schlimmes widerfahren.

Dann kommt der lange Mittelteil, in dem leider sehr wenig passiert. Schade. Warum lässt du Peter denn über den Jahrmarkt laufen, ohne dass er eine seiner „Fantasien“ hat? Das würde doch super in eine Horrorgeschichte passen. Das Karusell zum Ende kann er ja immer noch machen. Hier gehört eindeutig etwas mehr Pepp in die Geschichte, und das Tolle ist, die Fährte dazu hast du im Intro ja schon gelegt, du musst sie nur noch aufgreifen.

Das Ende wird dann wieder besser. Ich finde es etwas verwirrend, dass er eine offensichtlich verstörende „Einbildung“ (die immerhin mit einem totalen Blackout einherging) mit „Haha, Waahnsinn“ kommentiert und sich darüber auch noch freut. Sollte er nicht beunruhigt sein angesichts dieser zu realen Sinnestäuschung?

Die Idee, dass er sich selbst von außen sieht, hat dann wieder was. Aber ich werde nicht ganz schlau draus. Besser hätte mir gefallen, wenn Peter selbst Opfer eines schrecklichen Unglücks geworden wäre, so wie er sich das bei anderen immer einbildete – und sich dabei selbst zusieht, wie du es am Ende ja schon geschrieben hast. Aber die Karussellfahrt mit den sich ändernden Pferden ist mir persönlich zu abstrakt – ist das nun ein echtes Unglück, oder bildet er sich das ein?

Also ich denke insgesamt kannst du da noch mehr rausholen, die Handlung etwas flüssiger „aufgehen“ lassen. So verkümmert die eigentlich gute Idee, dass er sich Unglücke auf Jahrmärkten einbildet, doch etwas, da sie keine zentrale Rolle für die Geschichte spielt. Und das ist schade, denn wie gesagt, ich finde die Idee echt gelungen, schlachte sie ruhig mehr aus.

Nun kommen wir zu einzelnen Textstellen. Vorneweg ist mir aufgefallen, dass einige Kommas – bei eingeschobenen Satzfragmenten – recht seltsam anmuten. Hier sind die Beispiele dazu:

An einem der letzten Wochenenden der Jahrmarktssaison fuhr Peter zufällig durch ein Dörfchen, dessen Hauptstraße, wegen der 100-Jahr-Feier, gesperrt war.

Die beiden letzten Kommas gehören mE weg.

Viele der Dächer liefen spitz nach oben hin zu und überlappten, mit Reihen aus dachziegelförmigen Wimpeln, die Seitenwände.

Auch diese beiden Kommas sehen seltsam aus.
Er blickte auf seine Armanduhr - eine Nixon, deren Glas bereits so verkratzt war, dass man die Zeiger aus einem bestimmten Winkel heraus, schon gar nicht mehr sehen konnte.

Letztes Komma weg. Auch finde ich es nicht gut, ein „bereits“ und ein „schon“ im selben Satz zu haben, das wirkt so doppelt gemoppelt.

Er beschloss noch einen, vor Knoblauchöl und Käse triefenden, Langosh zu essen, bevor er sich wieder auf den Rückweg machte.

Auch hier gehören die ersten beiden Kommas meiner Meinung nach weg.

Sein Blick tastete die hölzernen, fein geschnitzten Details ab und strich, fast zärtlich, die rot-weiß gestreiften Stangen hinunter, um auf den Pferden liegen zu bleiben.

„... und strich fast zärtlich die rot-weiß gestreifen ...“ Auch hier finde ich gehören keine Kommas hin. Abgesehen davon finde ich das Adjektiv zärtlich bezogen auf das Hinunterstreifen eines Blicks etwas unpassend. Ein Blick kann vielleicht zärtlich sein, aber zärtlich streifen?

Peter bemerkte, dass er, während der Betrachtung des Karussells, aufgehört hatte zu essen.

Ich bin beileibe kein Experte für Kommasetzung, aber ich denke, auch diese beiden gehören weg.

Er lies den Rest seines Langoshs in den nächsten Mülleimer fallen und trat näher auf die Tiere zu. Er beugte seinen Kopf so nah an deren Köpfe, dass ihn ein vorbeilaufender Passant an der Schulter packte, zurück riss und ihn anschnauzte: “He, Junge! Bist du bescheuert, oder meinst Du die Dinger sind aus Plüsch?” Kopfschüttelnd ging der Mann weiter, während er Peter noch über die Schulter hinweg anstarrte. Peter versuchte den Mann anzulächeln, aber seine Gesichtsmuskeln waren aus Eis. Als er sich wieder umdrehte, hatten die Pferde die Mäuler immer noch geschlossen. Ungeduldig wartete er ab bis die Runde zu Ende war, das Karussell langsamer wurde und schließlich anhielt. Dann streckte er die Hand aus und betastete vorsichtig eines der Gesichter. Nichts. Keine Scharniere, keine Schrauben. Das Tier war aus einem einzigen großen Stück Holz geschnitzt. War das so üblich? Schnell trat er zurück, als sich ein Mitarbeiter zwischen den Hengsten hindurchschlängelte und auf ihn zukam. ‚‚Will Du eine Runde fahren?‘‘ Es klang wie ‚‚Willsene Runde faahn?‘‘ Peter schüttelte den Kopf, fasste sich dann aber ein Herz und fragte: ‚‚Die Pferde..‘‘, er stockte, konnte er doch schlecht fragen, ob sie die Mäuler sonst nicht geöffnet hätten. ‚‚Die Pferde..‘‘, wiederholte er und brach erneut ab. Sein Gegenüber lachte nur und machte eine einladende Handbewegung.

Der Absatz gefällt mir sehr gut. Sehr lebendig geschrieben, der Dialog peppt die Geschichte an der Stelle eindeutig auf. Davor lag für mich der Schwerpunkt zu sehr auf Beschreibungen, die die Geschichte nicht wirklich voranbrachten.

Mechanisch stieg Peter zu den Pferden hinauf

„Mechanisch hinaufsteigen“ klingt auch seltsam. Warum nicht einfach ohne das Adjektiv?

jemand solle sofort das scheiß Karussell abstellen

Ein Wort – Scheißkarussell.

Nach einer Minute, in der er sich diese Sätze immer wieder vorsagte, wie ein Mantra, brachte er sogar ein angestrengtes Lachen zu Stande.

Würde ich umformulieren: „Nach einer Minute, in der er sich diese Sätze immer wieder wie ein Mantra vorsagte, brachte er sogar ein angestrengtes Lachen zu Stande.“

Das finde ich die stärkste Stelle der Geschichte, das Finale:

Doch statt zu springen, winkte er jemandem zu, der vor dem Karussell stand, doch da trug ihn sein Pferd schon wieder von der Straße weg. Schon bevor er wieder herum war, begann er wild zu winken und brüllte: ‚‚Hey! Sie da!‘‘ Wieder war er weg. ‚‚Hey!‘‘ Als sich sein Pferd erneut von der Straße abwandte kam ihm ein fürchterlicher Verdacht. Er hörte auf zu winken und versuchte das Gesicht des Zuschauers zu erkennen. Noch einmal. Und noch einmal. Er sah in sein eigenes Gesicht, aus dem ihn seine weit aufgerissenen Augen fassungslos anstarrten.

Ja das ist schon recht gelungen. Aber wie oben schon geschrieben, ich werde nicht 100%ig schlau draus. Woher kommt nun genau das Unglück, das ihm widerfährt? Ist es „nur“ eine übersinnliche Wahrnehmung, oder steckt doch etwas „bodenständigeres“ dahinter?

Viele Grüße.

 
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Hallo zusammen,

danke für Eure Anmerkungen, ich werde mir alles zu Herzen nehmen und sobald ich es schaffe einen Korrekturlauf starten.

Katla, bei Deinen ersten beiden Absätzen wäre ich fast rot geworden. Wow, mit einem derartigen Lob von jemandem, der so viel liest, habe ich nicht gerechnet. Besonders freue ich mich darüber, dass mein Schreibstil und meine Sprache gefallen finden. Ich bewundere es immer sehr, wenn jemand mit Sprache umzugehen weiß. Ich versuche mich darum immer zu verbessern - mit einem großen Ziel vor Augen. Ich hatte schon fast damit gerechnet mich nach 2-3 Geschichten von KG.de zurückziehen zu müssen, um mich wieder auf Dinge zu konzentrieren, die ich besser kann. Aber es scheint so, als könnte ich erst einmal hier bleiben.

Ja, der Titel ... Mir hat bis zuletzt ein überzeugender Titel gefehlt, aber ich wollte nicht mehr länger warten. Ich wußte nicht, dass man den Titel nicht ohne Weiteres ändern kann. Hier muss aber definitiv noch etwas geschehen, da habt ihr ganz Recht.

Sobald es meine Zeit zulässt, werde ich mich noch einmal an den Text setzen und Eure Anregungen durchdenken/einbauen. Für den Schluss, den Ihr alle anders interpretiert habt, als ich, habe ich auch noch eine neue Idee gehabt, während ich Eure Posts gelesen habe - ich denke das probiere ich einmal aus. Vielleicht mögt Ihr diesen dann lieber..

Ein paar kleine Anmerkungen noch vorab:

Freygut,
danke Dir. Ich suche immer einmal explizit nach Wortwiederholungen und trotzdem übersehe ich jedesmal mindestens eine. Schlimm ist das!

Eine Rot-Kreuz-Schüssel? Klang beim Schreiben ganz logisch haha. Ich meinte eine Schüssel mit Losen vom Roten Kreuz. Ich wollte den Jahrmarkt zwar schon so ein bisschen aus unserer Dimension heraus nehmen, aber doch nicht so ganz. Darum die diversen Überschneidungen von nostalgisch und gewöhnlich. Nicht gut? (Die Schüssel kommt raus)

er sitzt doch auf dem Pferd, oder?

Ja, er sitzt noch auf dem Pferd, aber da er dachte, durch das Schliessen seiner Augen, das Karussell wieder verlassen zu können, musste ich nach dem Wieder-Öffnen sagen, dass er seinen Platz nicht, wie vorher, wechselte und wieder auf der Straße stand, sondern nach wie vor am Pferd saß. (Was für ein Satz - ich hoffe das war trotzdem verständlich)

Giraffe,
danke auch Dir. Die Fragen "Braucht die Geschichte das? Bringt das den Protagonisten weiter? Kann das den Leser interessieren?" haben die Geschichte schon um - halt Dich fest - zwei DinA 4 Seiten gekürzt. Haha ... Aber klar, Du hast recht, da geht noch was. Ich hab bei Schulaufsätzen schon immer die schlechtere Note bekommen, weil ich weit über der vorgegebenen Anzahl an Seiten lag ;o)
Es ist hier schwer für mich zu unterscheiden wo die bildhaften Details (die Katla gemeint hat) liegen und was ich lieber weglassen sollte. Aber ich werde es noch einmal versuchen.

Katla,
danke für Deine Zeit und Mühe. Ich glaube das bringt mich ein gutes Stück weiter.

Markennamen (die Uhr, das Auto) haben nichts ins Literatur zu suchen, das ist eine furchtbare Marotte. Meist dienen sie dazu, dem Autor die Arbeit abzunehmen, die Art des Dinges näher zu beschreiben, aber nichtmals das wird hier benötigt. Raus damit.

Ich bin mir da nicht sicher, ob ich Deiner Meinung bin. Ich mag das eigentlich. Stephen King (ich liebe Stephen King) macht das oft und ich freue mich jedes Mal, wenn ich das erwähnte Teil kenne. Weißt Du, es bringt die Geschichte irgendwie mehr aus seiner Gedankenwelt hinaus, in meine Realität hinein. Aber ich werde drüber nachdenken.

Ja, der Titel ist quasi schon gelöscht - ich brauche nur noch einen Ersatz. Ich war mit nichts zufrieden, also dachte ich, könne er solange auch gleich richtig schlecht sein (wobei ich aber dann doch von "Das Karussell" abgekommen bin) :oD

Hier paßt was nicht: Das Mittelalter war 1400 vorbei. Warum sieht was mittelalterlich aus, wenn die Stadt eine 100-Jahrfeier hat? Und auf was bezieht sich dann "authentisch"? ...

Ja, das sind gute und logische Einwände. Das kam mir gar nicht in den Sinn - doof eigentlich. Werde ich ändern.

“He, Junge! Bist du bescheuert, oder meinst Du die Dinger sind aus Plüsch?”

Das war eher so gemeint, dass es sehr schmerzhaft wäre einen Pferdekopf gegen den Schädel zu bekommen. ..es sei denn die Pferde wären aus Plüsch. Wenn das falsch rüberkommt, nehm ich das aber besser ganz heraus.

Der Wechsel von Maul auf/zu: für mein Gefühl kommt das einmal zu oft.

Das habe ich befürchtet - hat mir meine innere Stimme schon zugeflüstert. Ich wusste nur nicht wie und wo. Aber Du hast mir da geholfen.

Da bei diesen Doppelungen meist einem der beiden die "Seele", das wahre Leben verlustig ging, ist einer emotionslos, wie innerlich gestorben. Das wäre nach der Erzähllogik hier nicht der Prot - der sitzt auf dem Gaul, aus seiner Sicht wird konsequent erzählt. Sein Doppelgänger draußen ist also das Gegenbild, das eigentlich geisterhaft wirken müßte - obwohl es in der "Realität" draußen ist.

Das war anders gedacht. Aber dazu sage ich jetzt nicht mehr, sondern probiere einfach den anderen Schluss einmal aus - der könnte klarer und gruseliger sein.

Eine Inspiration hatte ich für diese Geschichte gar nicht - glaube ich zumindest. Die Pferde "kamen einfach zu mir". Ich war noch klein, als ich am Sacré-Cœur war und kann mich an kein Karussell erinnern (aber an einen Mann, der aussah wie Quasimodo und beim Flaschen einsammeln komisch tanzte haha). Das einzig große Karussell, das mir bewußt einfiele, wäre das in Mary Poppins, aber ich denke das hat damit nichts zu tun (ich schmeiß mich weg vor Lachen, wenn ich "mein" Karussell durch das Disney Karussell ersetze ...)

Schwups,
auch Dir danke ich für Deine ausführliche Antwort. Vor allem für die Korrekturen an den Kommatas. Mich verwirren Kommatas seit der neuen Rechtschreibung völlig.

Hier kann man aber echt überlegen ob, es Sinn macht, da du viel vorwegnimmst. Gerade bei dieser Geschichte weiß man als Leser zu Beginn nicht unbedingt, in welche Richtung es geht. Durch diesen Absatz ist aber klar, ok, dem Peter wird irgendwas Schlimmes widerfahren.

Das ist schon okay, man soll auch ruhig auf etwas Schreckliches warten. Allerdings glaube ich, dass man eher auf eines der Unglücke wartet, die er sich für andere vorstellt, was aber nicht passiert. Statt dessen passiert etwas viel Abstrakteres, Unverständlicheres. Man könnte sagen, er wird aus der Welt weggeholt, an einem Ort, an dem er seinen kranken Phantasien nachgeht (vielleicht sogar wegen diesen) eingefangen und von einer höheren Macht verschleppt. Mir gefällt das :o)

Das geht Hand in Hand mit dem was Du später schreibst:

Besser hätte mir gefallen, wenn Peter selbst Opfer eines schrecklichen Unglücks geworden wäre, so wie er sich das bei anderen immer einbildete – und sich dabei selbst zusieht, wie du es am Ende ja schon geschrieben hast. Aber die Karussellfahrt mit den sich ändernden Pferden ist mir persönlich zu abstrakt – ist das nun ein echtes Unglück, oder bildet er sich das ein?

Ja, wenn er sich bei einem "normalen" Unglück selbst beobachten würde, könnte man das sicher auch gut umsetzen, aber meine Intension war eben doch eine abstraktere.
Man muss/soll gar nicht hundertprozentig begreifen was da am Ende genau passiert, denn würde soetwas tatsächlich passieren, könnte man es ja auch nicht verstehen. Man wäre "nur" entsetzt davon und bliebe mit tausend Fragen im Kopf und einer Gänsehaut zurück. DAS möchte ich am Ende. Klarheit will ich hier nicht.

So verkümmert die eigentlich gute Idee, dass er sich Unglücke auf Jahrmärkten einbildet, doch etwas, da sie keine zentrale Rolle für die Geschichte spielt.

Es spielt insofern eine zentrale Rolle in der Geschichte, weil er dadurch in sein eigenes Unglück hinein gerät. Darum ist er am Jahrmarkt, darum beschwört er die surreale Stimmung, darum wird er vielleicht "geholt" (das will ich allerdings selbst für mich nicht festlegen).

Deine Idee eine seiner Phantasien im Mittelteil mit einzubauen, um mehr Spannung zu erzeugen werde ich allerdings für mich einmal ausprobieren. Ich weiß nicht, ob das zu sehr vom eigentlich Erzählstrang ablenkt, aber versuchen werde ich es. Danke.

Ich hoffe Du liest dann auch meine überarbeitete Fassung - vielleicht komme ich Deinen Vorstellungen da einen Schritt näher, auch wenn das neue Ende auch nicht 100%ig verstanden werden will. Danke Dir für Deine Hilfe.

So, jetzt ab ins Bett und am Wochenende noch einmal an die Geschichte ran.

Liebe Grüße

elisabeth

 

Hallo elisabeth!

Eine feine Gruselgeschichte die ganz ohne Hackebeil und Blutspritzer Gänsehaut verursacht.

Ein etwas fremdartiger Jahrmarkt und ein verschrobener Prot mit einem seltsamen Tick; beides verknüpft sich zu einem unheimlichen Abenteuer.
Die Erzählstimme bleibt dabei angenehm moderat und vermittelt das Geschehen ohne Sensationsheischerei, oder hier treffender: Marktschreierei. Das gefällt mir.

Es ist ja bereits vieles gesagt worden, deshalb von mir nur ein paar Hinweise, überwiegend zum Thema „Kürzen“.

Jahrmärkte waren für Peter schon immer mit einem angenehm düsteren Flair behaftet.
Mindestens „schon“ kannst du streichen, „immer“ ist eigentlich auch überflüssig, weil zuvor „Jahrmärkte“ ohne Einschränkung steht. Also ist klar: alle und immer.

Überhaupt kann im Text kräftig gekürzt werden, ohne die Aussage der einzelnen Textpassagen zu schwächen.
Beispiel erster Absatz, von 90 auf 74 Worte reduziert und ein paar Satzteile verschoben:

"Jahrmärkte waren für Peter mit einem angenehm düsteren Flair behaftet. Regen, Dämmerung oder extreme Stoßzeiten verstärkten das Gefühl von nahendem Unheil, das sich durch ein Kribbeln im Nacken bemerkbar machte. Wenn er zwischen Buden und Fahrgeschäften schlenderte und seiner Phantasie freien Lauf ließ, führte diese ihm grausame Unfälle und Gewalttaten vor Augen. In seinem Kopf verwandelten sich lachende Gesichter in angstverzerrte Fratzen und die unschuldige Freude eines Jahrmarktsbesuches wich infernalischer Grausamkeit. Das gefiel ihm."

Leider gelang es ihm nicht immer diese Phantasmen festzuhalten, da er dazu die Ausgelassenheit der Jahrmarktsbesucher aus sicherer Distanz betrachten musste - wie von hinten durch einen Spiegel.
Kann raus. Ich entdecke da keine wichtige Info.

Peter hat in den letzten Jahren viel über sein ungewöhnliches Hobby erfahren. Doch eine Sache - die wichtigste von allen - hatte er bisher noch nicht gelernt: Ein Unglück passiert nicht immer nur den Anderen.
Ich weiß was du meinst. Dennoch ist mir diese Aussage nicht ganz stimmig. Den anderen ist doch lediglich in seiner Phantasie etwas passiert.
Ich würd die Brücke, von seiner Katastrophen-Phantasie hin zu einem (möglichen) realen Unglück, welches auch ihn treffen könnte, etwas anders schlagen. Sinngemäß etwa so: Unglücke passieren nicht nur in seiner Vorstellung und nicht immer nur den Anderen.
Der Satz „Peter hat in den letzten Jahren …“ kann ganz raus und statt „gelernt“ würd ich „bedacht“ nehmen, dann passt wieder die gedankliche Anbindung zum ersten Absatz.

Hinter dem Zelt war es dreckig und stank nach Bier und Urin. Doch als er durch die Zeltrückwand trat, stockte ihm der Atem und im selben Moment brach das Leben über ihn herein. Akkordeonmusik, Lachen, Schreie, Lockrufe der Budenbesitzer und blechernes Klimpern und Klappern der Fahrgeschäfte. Und über all dem schwebte der Duft von Popcorn und anderen Leckereien.
Hier ist die Rummelplatz-Atmosphäre schön knapp und treffend beschrieben. Einziger Ausrutscher: „anderen Leckereien“. Popcorn und Zuckerwatte, Bratäpfel oder gebrannte Mandeln, fast alles geht, nur kein Sammelbegriff.
Diesen Absatz kannst gut als Reverenz für knappes und eindrucksvolles Schreiben zur weiteren Text-Überarbeitung hernehmen.

Liebe Grüße

Asterix

 

So, die Geschichte ist nun um 500 Wörter gekürzt - trotz neuer Szene. Ich danke Euch für Eure Hilfe - ich finde sie nun viel besser. (yeah! :o) )

Schwups, ich habe mir die neuen Kommaregeln einmal zu Gemüte geführt: Im Grunde gelten alle alten noch, man darf jetzt nur einige weglassen, wenn man sie als störend empfindet. Darum habe ich ein paar Kommata gelöscht. Falsch war allerdings nur eines von denen, die Du angesprochen hattest. Die Regel, die Du offensichtlich nicht so magst (die man inzwischen aber tatsächlich beugen darf) ist "Das Komma trennt die nachgestellte nähere Bestimmung ab".

Ja, und nun zum Titel ... was haltet Ihr von SPRINGER SCHLÄGT BAUER? Haha, nein, das war nur ein Witz. Was denkt Ihr über "Die Neun"? Ich kann weder das Karussell, noch die Pferde erwähnen, ohne zuviel vorweg zu nehmen. Und alles andere, so finde ich, ich unzutreffend oder kitschig. Was denkt Ihr?

Ich hoffe Ihr atmet alle erleichtert auf, weil Euch die Geschichte jetzt viel besser gefällt. Und ich hoffe auch, dass mein neuer Schluss besser verstanden werden kann (auch wenn nicht 100%ig klar sein muss!).

Danke Euch und bis bald

elisabeth

 

Hej elisabeth,

ja, ich finde die Geschichte jetzt viel besser, obwohl ich immer noch Einiges entdeckt habe, was ich streichen würde, aber ich will jetzt nicht kleinlich werden :sealed:

Während des Lesens habe ich mir Gedanken über einen Titel gemacht.
Was hältst Du von "Budenzauber"? Oder vielleicht "Lebloses Holz"?

"Die Neun" gefällt mir persönlich gar nicht, aber das ist Geschmackssache. Es ist Deine Geschichte, entscheide Dich.

Ansonsten schönes Wochenende und liebe Grüße
Giraffe :)

 

Hallo Giraffe,

danke danke. Ich weiss, ich hatte Einiges gelöscht und dann wieder doch nicht. Ich muss die Grenze finde zwischen schönen, aber eigenlich unnötigen Details und einfach nur nutzlosen Details. Denn ganz ohne Drumherum geht es für mich auch nicht. Darum habe ich bewußt einiges "Nutzloses" stehen lassen (den Lukas zum Beispiel). Ich werde das mit ein paar Wochen Abstand noch einmal beurteilen und noch einmal kürzen, oder als gut empfinden - ich werds sehen.

Mensch, Du sollst Dir doch nicht während des Lesens Gedanken über den Titel machen! So kann der Zauber ja gar nicht wirken ;o)

Nein, ich bin mit "Die Neun" zwar immer noch nicht 100%ig glücklich, aber Deine beiden finde ich unpassend - aber nichts für Ungut und trotzdem danke dafür! (Budenzauber finde ich kitschig und nicht richtig und das Holz ist ja nicht so richtig leblos ... )

Aber danke - vor allem für den schnellen Kommentar

 

Hallo elisabeth,

mir gefällt die Geschichte jetzt auch besser als zuvor. Sie liest sich flüssiger und hat den von mir im ersten Posting erwähnten zusätzlichen Pepp bekommen. Ich finde das hast du sehr gut gemacht :)

Jaja die Kommasetzung ... wie gesagt, ich bin da auch nicht immer zu 100% sicher. Manche Sätze wirken durch die eingeschobenen Kommatas seltsam abgehackt, wobei ich jetzt sagen muss dass es mir in der überarbeiteten Fassung deutlich weniger aufgefallen ist.

OK dafür noch ein paar andere Punkte:

An einem der letzten Wochenenden der Jahrmarktssaison fuhr Peter zufällig durch ein Dörfchen

Ich würde nicht "Dörfchen" schreiben, das klingt ein bißchen zu flapsig für meinen Geschmack. Warum nicht einfach Dorf?

Ein Mädchen, an dem er soeben vorbei lief, traf seinen Blick. Ehe Peter sich darauf besann, war er jedoch schon wieder weitergelaufen und sah nun auch schon das Karussell, bei dem er die Straße betreten hatte.

Daraus werde ich nicht so recht schlau. Hat das Mädchen etwas unheimliches an sich? Ist ihr Blick in irgendeiner Form seltsam? (Oder warum will sich Peter darauf besinnen?) Das würde ich entweder noch ein wenig ausschmücken oder weglassen.

Zwischendurch tronten bunte, reich geschmückte Vögel,

thronten

Aber wie gesagt, das sind Kleinigkeiten. Insgesamt gefällt mir die Geschichte sehr gut, aus den schon genannten Gründen.

Zwei Punkte noch: Ist vollkommen legitim, das Ende in gewisser Weise offen zu gestalten. Ich mag das sogar. Hat mich nur interessiert, was die Intention des Autors (also von dir ;)) gewesen ist. Es ist geheimnisvoll, und jetzt kann jeder sich seinen eigenen Reim darauf machen. Insofern gelungen.

Und jetzt komm ich auch noch zum Titel: Ich finde "Das Karussell" tatsächlich am Passendsten. Du schreibst, das würde zu viel vorwegnehmen. Finde ich gar nicht. Zum Einen soll der Titel ja schon etwas mit der Handlung zu tun haben, zum Anderen beginnt die Geschichte ja schon im ersten Abschnitt mit dem Jahrmarkt, also weiß man eh in welchem Setting sich die Handlung abspielt. "Die Neun" lässt mich irgendwie an "Jim Knopf und die Wilden 13" denken, weiß auch nicht so recht warum ... :D Aber wie jemand schon geschrieben hat, die Entscheidung darüber liegt ganz bei dir. Ich kann auch mit "Sommer 09" leben, was zählt ist ja der Inhalt der Geschichte, nicht ihr Titel.

Viele Grüße und bis zum nächsten Mal.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Elisabeth,

ja, gefällt mir auch auf jeden Fall (noch) besser als vorher, bis auf eine Szene. Danke für die alte Fassung zum Vergleich. :)

Toll: Das Ende. Ja, wenn das gleich so gedacht war, war ich auf dem falschen Dampfer mit dem seelenlosen Doppelgänger. Jetzt ist beides drin: das langsame Erkennen für den Leser, wer draußen steht, der schöne Einschub, daß es Illusion sein könnte/sollte, und dann dieses leicht Sadistische. Hübsch.

Die gekürzte Mitte läßt das Ganze 'straffer' wirken, und zerfranst nicht mehr.

Die Zusatzszene: So verlockend eine solche Szene ist (da kann ich schon verstehen, warum Du dem Tip gefolgt bist), und so gemein & schön sie beschrieben ist: Das gewichtet jetzt allerdings die gesamte story in eine unangenehme Moral. Das Ende ist die Strafe, und im Grunde (das ist die gute Idee daran), bestraft er sich ja selbst. In der Originalfassung waren die Andeutungen, daß er diese brutalen Phantasien hat, aber so dezent und nachvollziehbar, daß man mehr mit ihm litt, als er von dem Karussell nicht runterkommt. Man ist also emotional engagiert und gespannt, wie es ausgeht. Nun driftet der Prot in Richtung Fiesling, der bestraft werden muß, und das läßt mich die allerwichtigsten Szenen hindurch - nämlich dem eigentlichen Ritt - kalt.

OV: Achselzuckend machte er sich wieder auf den Weg. Diesmal schaute er immer schon ein Stückchen voraus, (...) zurück in Richtung seines Autos. Wie um seine Entscheidung zu untermauern, begann es zu tröpfeln.
Die ganze Sache hätte ich so gelassen. Ein ambivalenter Prot ist immer interessanter, als ein (moralisch) festgelegter - nämlich entspricht er mehr dem eigenen 'inneren Schweinehund'. Und ist daher die geeignetere Identifikationsfigur.

Titel: Ich schließe mich Schwups an, Das Karussell ist nicht so verkehrt. Jahrmarkt (lieber ohne Artikel) wäre ähnlich. Die beiden sachen finde ich immer noch am besten. Ich würde von Übergeordnetem abraten, das die Dynamik und das Ende vorwegnehmen könnte; keine Interpretation. Die Neun hat sich wohl erledigt. ;) Im Kreis oder Im Kreis herum würde was Naives/Spielerisches reinbringen, finde ich vom Klang her aber nicht schön. All die schönen Pferde :D

Kommata: ja, manchmal zu viele, besonders bei Einschüben, die keine sind. Es fehlen aber öfter welche
* zwischen zwei möglichen Hauptsätzen
* bei den um zu- Konstruktionen

Ein paar Sachen habe ich noch gefunden, weil ich jetzt nochmal intensiv drübergelesen habe. Schau einfach, was Du davon gebrauchen kannst:
Und setzt eine kurze Atempause, mit einem Komma statt einem Und kannst Du Tempo steigern. Und kann auch einen zu stark aufzählenden Charakter haben, wie hier (Komma nach Herzschlag übrigens):

Die Vorfreude beschleunigte seinen Herzschlag und er nahm mit einem tiefen Atemzug die Atmosphäre in sich auf.
Stimmungs-Vergleich:
Die Vorfreude beschleunigte seinen Herzschlag, er nahm mit einem tiefen Atemzug die Atmosphäre in sich auf.
Die Vorfreude beschleunigte seinen Herzschlag. Er nahm mit einem tiefen Atemzug die Atmosphäre in sich auf.

Hier ist die Pause schön:

Noch drei, vier schnelle Schritte und schon stand er hinter einem gelb-weiß gestreiften Zelt mit spitzem Dach.
Damit kannst Du durchgängig nochmal rumexperimentieren, wenn Du den Text noch sehen kannst. :)

Bei allen Neunen
Alle Neune, nehee :D Das ist Bowling.
die rot-weiß gestreiften Stangen hinunter, um schließlich auf den Pferden liegen zu bleiben.
zu ruhen
‚‚Haha, waaaahnsinn!‘‘
Wahnsinn groß

Den "Häscher" kenne ich nur als Schergen, ein dem Henker unterstellter Knecht, der Gesuchte jagen darf. Wiki hat mich aufgeklärt, daß es das auch in der Populärkultur als "bösen sidekick" gibt, aber für mich klingt es hier schräg. Denn er hat sich selbst - nur nach Einladung - auf das Pferd gesetzt, und wurde nicht dorthin verschleppt.

Sind jetzt noch einige Anmerkungen, was jetzt aber keinesfalls heißen soll, daß mir diese Version nicht gefiel (zumal mir der Häscher schon vorher aufgefallen war). Das ist jedenfalls eine Geschichte, die es verdient, immer noch ein bißchen mehr poliert zu werden.

Schön finde ich natürlich, daß die Marken draußen sind - ist mir richtig insgesamt angenehm aufgefallen, obwohl es nur 2 Wörter waren.

Zu King - ich lese und schaue auch viel Kram, und will Dir nicht den Spaß verderben, aber: King ist ein Vielschreiber für Mainstreamliteratur, der Bestseller produziert. Nach den ersten drei oder vier Büchern hat er - wie er ganz frei selbst sagt - begonnen, seine Ideen in ein Schreibprogramm einzugeben, und sie dann 'ausspucken' zu lassen. Insofern kann man das, wenn's gefällt, als Unterhaltung lesen, aber es eignet sich nicht zum Vorbild. Dazu sollte man Geschriebenes nehmen, das 'natürlich' entstand, weil es ein ganz anderer Umgang mit Sprache ist. Ob King für das product placement bezahlt wird, oder ob er das genau dazu nimmt, seine Leser mit etwas in die story zu ziehen, das außerhalb der Geschichte liegt ... eines wäre Kommerz, das andere ein recht billiger Psychotrick. Ok vllt für einen Bestseller, zum Spaß als Unterhaltung, nicht ok für eine selbstproduzierte KG.
Schreibprogramme lassen sich übrigens sehr leicht erkennen, Clive Barker verwendet sowas offensichtlich seit The Great and Secret Show, Dan Simmons in Illium & Olympos, Stieg Larsson in Die Verblendung. Die Leute zitieren sich selbst, Figurenbeschreibungen und settings ähneln sich stets in Aufbau/Satzbau und Konstruktionen. Außerdem finden sich die gleichen Witze und Wortspiele teils wörtlich so alle 200 Seiten wieder - aber als stünde es dort zum ersten Mal. ;)

Alles Nebenherige per PN. :)
Herzlichst,
Katla

P.S. Das 'pitoresk' ist eine tolle Lösung für das alte authentisch!

 

Hallo Katla,

vielen Dank für Deine Mühe und Zeit.
Puh, ich seh schon, ich muss doch noch ein paar Mal ran. Darum sollte ich nie einen Roman schreiben - ich würde nicht mit dem Verbessern fertig. Haha..

Erst, wenn ich die Geschichte in ein paar Tagen wieder als Geschichte wahrnehmen kann, gehe ich sie noch einmal nur auf Kommata durch, und dann begebe ich mich ein weiteres Mal mit ihr in den Zweikampf.

...das wird schon - Du wirst sehen :oD

Zu Stephen King:
Ich weiss durchaus was Du meinst. Ich hätte mich da besser erklären sollen. Für mich gibt es zweierlei Stephen King. Einmal den, der Es, Duddits, Carrie und was weiß ich alles noch geschrieben hat. Dieser Stephen King interessiert mich nicht. Aber es gibt auch den King, der einen genialen Humor hat, sehr selbstkritisch ist und keine Massenware produziert. Dieser hat erstens ein (für mich) sehr hilfreiches Buch über das Schreiben geschrieben, zweitens jede Menge bizarrer Kurzgeschichten (ich rede hier auf keinen Fall von so einem Schund wie "Trucks"!) und, vielleicht auch mit einem Schreibprogramm?, eines meiner Lieblingsbücher "Love".
Ich weiss nicht, vielleicht ist King gleich King, aber ich will das nicht glauben - will ich einfach nicht (ich halte mir die Ohren zu) ;o)

Aber, um mich wieder ein bisschen aus dem Schlamm zu ziehen, ich halte King nicht für "große Literatur". Da verneige ich mich eher vor E.T.A. Hoffmann, Shakespeare und einer Hand voll jüngeren, genialen Schriftstellern.

Aber genug davon ... hat ja nichts mit meiner Geschichte zu tun, an der ich noch etwas schleifen muss, bevor ich sie polieren kann.

Ach, Katla, würdest Du sie bitte in "Jahrmarkt" umbenennen? Das wäre lieb. Dann kann ich beim Einschlafen wieder an etwas anderes denken.

Liebe Grüße

elisabeth

 

So, nun bin ich zum x-ten Mal über den Text gegangen. Ich denke jetzt ist er endlich fertig und kann so stehen bleiben.
Ich danke Euch allen für Eure Kritik, und hoffe ich habe den richtigen Weg zwischen meinem Stil und Euren Anregungen gefunden.

Sollten jemandem noch Fehler auffallen, wäre ich dankbar für einen Hinweis, so dass ich diese gänzlich ausmerzen kann.

Liebe Grüße

elisabeth

 

Hallo Elisabeth,

habe deinen Text gerade gelesen und er hat mir wirklich gefallen. Finde die Idee mit den düsteren Phantasien sehr interessant und es erzeugt ein grausliges Gefühl ganz ohne Splatter.

Drei Dinge sind mir aufgefallen.

Zum Einen die 100-Jahr-Feier. Irgendwie ist mir das ein bisschen "jung" für ein Dorf. 100-Jahr-Feier einer Firma oder eines Vereins fühlt sich für mich passend an, aber ich persönlich kenne jedenfalls derzeit kein Dorf, dass noch so jung ist. Das sagt jetzt aber gar nichts über die Qualität deiner Geschichte aus, sondern ist ein rein persönliches Empfinden meinerseits.

Der Geruch von Knoblauchbrot kämpfte sich bis in seinen Magen vor und ließ diesen vernehmlich knurren.

Ein paar Sätze weiter unten donnert es dann ebenfalls vernehmlich. Mir ist diese Wortwiederholung gleich ins Auge gesprungen und so nah beieinander könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Bauch schon verdammt laut knurrt, eben so laut wie der Donner.

Das wars aber auch schon an Kritik. Gerne gelesen wie gesagt. :)

Viele Grüße aus Erlangen nach Nürnberg,
Blue

 

Mensch, Mensch, wie einem doch immer noch was durch die Lappen geht ... wird sofort verbessert.

Grüße zurück in die Fahrradstadt :)

 

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