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Jagd
Jagd
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Die Nacht war hereingebrochen über dem trostlose Antlitz des namenlosen G-Klasse-Planeten, der von der Raumfahrbehörde lediglich als P21-ALD bezeichnet wurde und lies die karge, zerklüftete Landschaft noch unheimlicher wirken. Der Wind fegte über den geschundenen ausgetrockneten Boden wo er Sand aufwirbelte, der sich zu einem dichten Schleier formierte. Wenn er durch die Felsen wehte, erzeugte er dieses gespenstische Heulen, das einem das Blut in den Adern gefrieren lies. Felsen waren auch das einzige was in der weiten Leere aufragte. Kein Baum, kein Strauch, nur der ewige Sand. Das einzig lebendige in dieser Einöde war eine, hinter einem großen Stein zusammengekauerte Gestalt. Diese Gestalt war Captain Anthony Westhouse. Aber ein einziger Blick in sein Gesicht hätte jeden Beobachter an seiner Lebendigkeit zweifeln lassen. Seine Gesichtszüge waren starr und ausdruckslos, seine Augen schienen weit in die Ferne zu blicken, sie waren müde, hatten zu viel gesehen, zuviel Schreckliches. Aber hier draußen gab es keine Beobachter, niemanden der von ihm Notiz nahm. Bis vor kurzem war das noch anders. Anthony hatte die Stunden nicht gezählt, die seit dem Gemetzel vergangen waren, sie waren bedeutungslos.
Er war mit einem Trupp Soldaten der Colonial Marines hier gelandet zu einer Aufklärungs-, möglicherweise Rettungsmission, nichts, was er nicht schon unzählige male vorher gemacht hat. Er war Zugführer des kleinen Trupps. Jetzt waren alle tot. Keiner wußte so recht, was genau passiert war. Der Kontakt zum Außenposten auf P21-ALD brach eines Tages ab. Wie immer wurden die Marines geschickt. Ein paar Reparaturen am Senderelais, ein paar aufgebrachte Wissenschaftler beruhigen, so war es eigentlich geplant. Reingehen, Mission ausführen, wieder verschwinden, Standardprozedur. Doch es kam alles ganz anders...
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››Landeanflug in T minus zwei Minuten‹‹, tönte es aus dem Lautsprecher im Inneren des Landungsschiffs. ››Na McMasters, schon aufgeregt?‹‹ stichelte 1st Lieutenant Andrew Barnes, den unruhig auf seinem Sitz umherrutschenden Michael McMasters. Dieser wurde erst kürzlich zum Spezialtrupp des 26. Aufklärungsbatallions unter Captain Anthony Westhouse versetzt und man sah ihm die Aufregung vor seinem ersten echten Einsatz an, was den Rest des schon aufeinander eingespielten Teams sichtlich amüsierte und ganz besonders Barnes. Michael McMasters aber nickte nur und setzte dabei ein unecht wirkendes Lächeln auf. ››Vielleicht treffen wir dort unten auf ein paar Aliens...miese Bastarde sag ich dir. Ich hab mal gesehen wie sie einen Marine mit ihren bloßen Händen in Stücke gerissen haben‹‹, stichelte Andrew Barnes weiter, der seinen Spaß daran fand, den Neuling zu ärgern. ››Schluss jetzt Barnes‹‹, fiel ihm Westhouse ins Wort, ››sie waren schliesslich auch einmal neu in der Einheit, also Ruhe jetzt.‹‹
››Ja Sir‹‹, erwiederte Barnes und lehnte sich, die Arme verschränkt, zurück, ohne sein Grinsen auch nur einen Moment zu unterbrechen. ››Landung in 10, 9, 8, 7, 6‹‹, tönte es wieder aus dem Lautsprecher. Das Schiff und seine Besatzung wurde von Turbolenzen heftig durchgeschüttelt; ››5, 4, 3, 2, 1‹‹. Mit einem lauten Krachen setzte das Landungsschiff auf der Planetenoberfläche auf und die Laderampe öffnete sich. Los, los, los schrie Westhouse und alle 5 Soldaten setzten sich in Bewegung um die Landezone zu sichern. ››Das wars Captain. Wir machen uns auf den Rückweg, der Sturm wird zu stark, wir werden sie aber in spätestens 12 Stunden wieder hier abholen‹‹, gab der Pilot Westhouse über Funk durch. ››Was? In 12 Stunden? Was sollen wir solange machen?‹‹ fragte Westhouse entgeistert. ››Keine Ahnung Captain, trinken sie nen Kaffee und wärmen sie sich am Kamin‹‹, ertönte es aus dem kleinen Funkempfänger in Anthonys Ohr. ››Mal sehen ob die hier überhaupt Kaffee haben‹‹, entgegnete Anthony und schon hob das Landungsschiff ab um kurz darauf im Sturm zu verschwinden. ››Man, was ist das schonwieder für ein beschissener Planet hier‹‹, grunzte Barnes vor sich hin, ››warum schicken die uns nie an einen schönen Sandstrand, mit blauem Meer und Palmen?‹‹ ››Weil wir Marines sind und keine Touristen‹‹, entgegnete Jessica Green, die Spezialistin für schwere Waffen, mit einem Grinsen im Gesicht. ››Jaja Jesse, wenn ich du wäre...‹‹ ››Klappe zu jetzt ihr beiden‹‹, herrschte Captain Westhouse sie an, ››wir sind hier nicht zum Vergnügen! Johnson, versuchen sie ob sie das Eingangstor aufbekommen, Miller sie gehen mit und helfen. Barnes, versuchen sie Kontakt mit dem Wissenschaftsteam aufzunehmen. Green, McMasters, sie halten Ausschau, keine Ahnung was hier passiert ist aber ich will keine bösen Überraschungen erleben. Es ist jetzt 1800 Erdstandartzeit, wir treffen uns in fünf Minuten vor dem Haupteingangstor. Haben das jetzt alle verstanden?‹‹ Nach einigen "Ja Sir"s verteilte sich das Team über das Gelände vor der Station, um die Befehle auszuführen.
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››Sir, ich bekomme keine Antwort aus dem Inneren. Entweder ihre Funkanlage ist ausgefallen, was bei dem Sturm nicht ungewöhnlich wäre oder man hat dort drin keine Lust mit mir zu reden‹‹, lies Lieutenant Barnes, wie immer mit einer gewissen Ironie, verlauten. ››Captain, die Torkontrollen sind ebenfalls deaktiviert‹‹, meinte Dana Johnson, die Computerspezialistin des Teams. ››Was? Ich habe kein Wort verstanden Corporal‹‹, schrie Westhouse. Der Sturm hatte in den letzten 5 Minuten drastische Ausmaße angenommen und war so laut, das man sich nur noch lauthals schreiend verständigen konnte. ››Die Torkontrollen sind inaktiv‹‹, gab Johnson nun deutlich lauter zu verstehen. ››Können sie die irgendwie aktivieren?‹‹ fragte der Captain. ››Ich kann versuchen den Sicherheitsstromkreis zu umgehen und so den Schließmechanismus deaktivieren‹‹, mischte sich Aaron Miller, der Techniker ein. ››Fein, dann tun sie das.‹‹ Während sich Miller an die Arbeit machte, beobachtete Anthony, die zerstörerische Wut des Sturms, der vereinzelt stehende schwere Tonnen umwarf und durch die Gegend schleuderte, als wären sie aus Papier. Blechplatten wurden in die Höhe gehoben und konnten sich jeden Moment in tödliche Geschosse verwandeln, wenn sie nicht aufpassen würden. Der eisige Wind fraß sich förmlich unter Anthonys Haut und ließ ihn erschaudern. Sein Blick fiel alsbald auf Michael McMasters, der ebenfalls zitterte und scheinbar geistesabwesend vor sich hinstarrte. ››Hey Soldat‹‹, sprach ihn Anthony an, ››mach dir mal keine Sorgen, das hier geht schon alles glatt‹‹, und klopfte ihm auf die Schulter. ››Hoffentlich‹‹, gestand er sich selbst im Geiste zu. Ein lautes Surren holte ihn aus seinen Gedanken, als sich das Tor hinter ihm öffnete. ››Alles klar, ich habs geschafft‹‹, sagte Miller. Der Trupp betrat das Innere des Komplexes und fand sich in völliger Dunkelheit wieder. ››Na toll, da hat wohl einer die Stromrechnug nicht bezahlt‹‹, meinte Jessica Green. Alle Soldaten schalteten ihre Schulterlampen ein. Green, schalten sie ihren Bewegungsmelder ein. Sie aktivierte das Gerät und das typische abgehackte, monotone Klopfen ertönte. ››Ok...wir werden jetzt das Forschungsmodul aufsuchen und dort versuchen, dass Licht wieder in Gang zu bekommen und eine Funkverbindung zur Gryphon herzustellen.‹‹ ››Na dann mal los‹‹, sagte Miller. Daraufhin bahnten sich sechs Lichtkegel ihren Weg durch die dunklen Gänge.
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Einige Minuten später erreichten die Soldaten ihr Ziel. Das Forschungs- und Kommunikationsmodul des Außenpostens. ››Hey, was ist denn das hier, kein Empfangskomitee?‹‹ bemerkte Andrew Barnes. ››Scheint wirklich keiner da zu sein‹‹, engegnete ihm Green. ››Das gefällt mir alles ganz und garnicht, nein...ganz und garnicht‹‹, lies plötzlich McMasters verlauten, der bis dahin noch kein einziges Wort gesprochen hatte, und zog damit gleich sämtliche Blicke auf sich. ››Ok, dann müssen wir die Herrschaften wohl suchen‹‹, sagte Westhouse und daraufhin verteilten sich die sechs in dem kleinen Komplex. Kurze Zeit später ertönte es ››Captain kommen sie mal her, ich bin hier auf was gestoßen‹‹, von Dana Johnson, die sich in einem Nebenraum aufhielt. Captain Westhouse und der Rest des Trupps versammelte sich kurze Zeit später um eine riesige Pfütze in der Mitte des Umkleideraums für das Wissenschaftspersonal. ››Was ist das fürn Zeug?‹‹, wunderte sich Green. Westhouse kniete sich hin und fuhr mit dem Zeigefinger durch die kalte Flüssigkeit. Als er die Flüssigkeit genauer betrachtete wurde ihm plötzlich klar, was das auf seiner Fingerspitze war. Blut. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken und eine Flut von Gedanken schoss ihm durch den Kopf. Er hob seinen Kopf und schaute hinauf zur Decke. Noch bevor seine Augen den Zielpunkt erreichten, wußte er was er dort entdecken würde. Die anderen Soldaten taten es ihm gleich und ein Sturm des Schreckens erschütterte ihr Mark. ››Oh mein Gott...‹‹, schrie Johnson auf. ››Heilige Scheisse‹‹, rief auch Barnes, dessen Stimme zur Abwechslung mal keinen spaßhaften Unterton enthielt. Michael McMasters mußte sich übergeben und die rote Blutlache auf dem Boden mischte sich mit dem grünlichen Erbrochenen. ››Wer zur Hölle tut denn sowas?‹‹ fragte Green. ››Xenomorphs?‹‹ fragte ebenfalls Miller. ››Nein, das waren keine Bugs, nichtmal die tun sowas!‹‹ entgegnete Anthony Westhouse leise.
Was die Soldaten an der Decke erblickten waren die Leichen von vier Menschen, wahrscheinlich die der Wissenschaftler. Sie waren gehäutet und aufgehängt wie Rinderhälften in einem Schlachthaus. ››Barnes, Miller, holen sie die Leichen da runter, wir werden sie beerdigen.‹‹ ››Aber Sir‹‹, schoss es aus Andrew Barnes heraus. Der 1st Lieutenant war sichtlich geschockt. ››Kein "aber Sir", wir werden sie beerdigen oder wollen sie sie etwa dort oben hängen lassen? Widerwillig machten sich die Soldaten an die Arbeit. Im ganzen Raum lag schon der widerliche Geruch der Verwesung und jeder mußte sich zusammenreißen, das er nicht auch erbrach wie McMasters. ››Corporal McMasters‹‹, sagte Westhouse. Doch McMasters reagierte nicht. Er saß aphatisch in der Ecke und sein Gesicht war bleich wie Kreide. ››Corporal McMasters‹‹, rief Westhouse nun laut. ››Jjjj...ja Sir?‹‹ antwortete Michael McMasters mit zitternder Stimme. ››Schauen sie sich mal um, ob sie ein paar Säcke für die Toten finden und reißen sie sich zusammen! Das ist für uns alle ein Schock aber wir haben schließlich alle gewußt, was es heißt, Soldat zu sein‹‹, fuhr ihn Anthony an. ››Ja Sir, natürlich Sir‹‹, erwiederte McMasters nun mit kräftigerer Stimme, als hätte er neuen Mut aus der Aussage des Captains geschöpft. Denn er hatte Recht. Er war ein Marine und das hieß auch, dem Tod ins Gesicht zu sehen und damit verschwand er um wenig später mit ein paar großen schwarzen Säcken wieder zu erscheinen. Mittlerweile hatten Miller und Barnes die vier verstümmelten Körper von der Decke heruntergeholt und auf den Fußboden gelegt. ››Ich frage mich wo der Rest der Wissenschaftler ist. Vom Sicherheitspersonal hab ich auch noch nichts gesehen‹‹, meinte Dana Johnson. ››Setzen sie sich doch mal an den Computer und versuchen sie herauszufinden, woran diese Leute gearbeitet haben. Vielleicht finden wir so heraus, was hier passiert‹‹, erwiederte Captain Westhouse. Sofort machte sich Johnson an die Arbeit und versuchte dem Computernetzwerk Informationen abzugewinnen. ››Lieutenant Barnes, sie und Corporal Miller bringen die Leichen nach draußen und beerdigen sie‹‹, wies Westhouse die beiden Soldaten an. ››Aber Sir‹‹, klagte Barnes. ››Kein aber, wir haben alle unsere Pflichten zu erledigen.‹‹ Unwillig machten sich die beiden Soldaten daran, die toten Körper in die Plastesäcke zu packen um sie anschließend auf einen Hubwagen zu heben, mit dem sie kurze Zeit später den Raum verließen und sich auf den Weg machten, die Leichen schnellstmöglich unter die Erde zu bringen.
Einige Minuten später meldete sich Dana Johnson zu Wort. ››Sir, ich hab hier was gefunden.‹‹ Westhouse und die anderen umreihten sogleich die am Computer sitzende Frau. ››Was gibts denn Johnson?‹‹ ››Ich hab Einträge von einem gewissen Doktor Lambert gefunden nach denen wohl hier in der Nähe ein Schiff gelandet sein soll.‹‹ ››Ein Schiff?‹‹, schoss es aus Anthony heraus. ››Das ist unmöglich. Das Oberkommando hat von einem weiteren Schiff nichts erwähnt!‹‹
››Sir es...es scheint keines von unseren Schiffen zu sein.‹‹ ››Was soll das heißen?‹‹, fragte Westhouse ungläubig. ››Nunja, scheint nicht menschlichen Ursprungs zu sein, Sir.‹‹ ››Gott im Himmel‹‹, kam es von McMasters. ››Das Schiff scheint etwa...ähm sieben Meilen südwestlich unserer Position gelandet zu sein. Hier steht auch, das sich sofort ein Aufklärungstrupp auf dem Weg zu diesem Raumschiff machte, was erklären würde, warum wir kein Sicherheitspersonal gefunden haben... Hmm, was ist das denn hier...‹‹ Dana entdeckte ein Audiofile mit dem Namen "Notruf", was sie sogleich öffnete. Die panische Stimme eines Soldaten ertönte. Im Hintergrund hörte man wie mit Impulsgewehren gefeuert wurde. ››Aufklärungstrupp an Hauptquartier, wir...auf was gestoßen...Lieutenant Carlson...tot...es ist überall aber...nichts sehen...unsichtbar...scheisse, wir werden hier abgeschlachtet wie die Schweine...Ericson vorsicht! Wir...uns nicht mehr lange halten, wir...ahhhhhh.‹‹ Und damit endete die Aufnahme. Keiner sagte was. Alle standen nur da und starrten auf den flimmernden Computerbildschirm. ››W...was zur Hölle war das denn?‹‹, fragte Michael McMasters völlig entnervt. ››Das können unmöglich Xenomorphs gewesen sein, es sei denn sie haben inzwischen gelernt Raumschiffe zu bauen und zu fliegen!‹‹, entgegnete Jessica Green. Alle sahen Anthony Westhouse an, der immernoch wie zur Salzsäule erstarrt dastand und den Bildschirm ansah, als könnte er dort die Antwort endtecken. ››Nein...das waren keine verdammten Bugs...‹‹, sagte er schließlich, ››das hier, war etwas viel, viel schlimmeres.‹‹
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››Warum muss immer ich die Drecksarbeit machen?‹‹, maulte Lieutenant Andrew Barnes, der zusammen mit Miller den Hubwagen mit seiner grausigen Fracht durch den dunklen Gang zog. ››Tja, der Boss mag dich halt gaaaaanz besonders.‹‹, scherzte Miller und beide grinsten sich an. Nach einer Weile fragte Miller dann aber ernst ››Was denkst du, hat die Leute umgebracht?‹‹ ››Keine Ahnung man. Ist mir auch scheissegal, Hauptsache ich kann es umpusten, wenn es mir vors Rohr kommt! Teufel, diesem Bastard würd ich nur zu gern mein M41 in den Arsch rammen!‹‹, erwiederte Barnes wütend. ››Yeah...verdammtes Schwein. Weißt du was das schlimmste ist? Das...hey, was ist los?‹‹ Barnes blieb stehen und schaute zum Ende des Gangs. ››Hatten wir das Tor vorhin nicht zugemacht, nachdem wir reinkamen?‹‹ ››Ja, hast Recht...seltsam. Komm, gehen wir weiter, wahrscheinlich ein Kurzschluss im Schließmechanismus.‹‹ Die beiden Soldaten gingen weiter aber keiner sagte mehr was. Das einzige Geräusch das zu vernehmen war, war das leise Surren des elektrischen Hubwagens, den sie hinter sich herzogen. Als sie das Tor erreichten fiel Miller sofort das zerstörte Türschloss auf. ››Hey, was ist das denn? Die ganze Elektronik hier ist ja völlig zerfleddert. Sieht aus als hätte da jemand mit einem großen Messer oder etwas ähnlichem hineingestochen. Das war auf keinen Fall ein Kurzschluss...scheisse...Hörst du Andrew? Hey, was ist jetzt schonwieder?‹‹
Andrew Barnes stand mit angelegtem Gewehr neben Miller und zielte scheinbar ins Leere. ››Shhhhht‹‹, wies er Miller an. ››Andrew, was zum Teufel ist hier los?‹‹ flüsterte Miller nun. Ihm wurde langsam mulmig und er griff ebenfalls nach seinem geschulterten Karabiner. ››Ich hätte schwören können, ich hab da draußen etwas gesehen...‹‹
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Es war mittlerweile 20:40 Uhr und draußen begann es zu dämmern. Johnson hatte versucht noch mehr über das mysteriöse Raumschiff herauszufinden, leider vergeblich. McMasters saß in einer Ecke und wippte nervös hin-und her. Er war total mit der ganzen Situation überfordert. Sein erster Einsatz und sofort der Anblick vierer total verstümmelter Leichen. Green hatte die meiste Zeit damit zugebracht ihrer Wut Ausdruck zu verleihen, indem sie mit ihrem Kampfmesser an einem Stuhlbein rumschnitzte und wiederholte, wie weit sie diesen Bastarden die das getan haben doch "den Arsch aufreißen" würde. Anthony Westhouse rieb sich seine müden Augen und die Stirn. Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Zuviele auf einmal. Das bereitete ihm Kopfschmerzen. Das und sein Wissen. Sein Wissen darüber was hier geschehen ist. Vor einiger Zeit hatte einmal ein paar Soldaten darüber reden hören, wie eine Marine-Einheit von etwas überfallen wurde, das die Überlebenden als "den Geist" beschrieben. Sie sagten es wäre unsichtbar und tötete in sekundenschnelle. Ganz anders als die Xenomorphs aber tötete es nicht zur Verteidigung oder aus einem Urtrieb heraus, nein, es sammelte Trophäen. Schädel, Knochen, Abzeichen,...Häute. Man nannte das Wesen deshalb Predator.
Angeblich verfügen sie über einen sehr hohen Technologiestandart. Plasmawaffen, Lasertechnik und Tarntechnologie. Die Tarntechnik war so ausgefeilt, das ein Gerät es dem Predator möglich machte, sich für das menschliche Auge komplett unsichtbar zu machen. Nur bei ganz genauem Hinsehen konnte man seine Silhoutte sehen. Man sagt, es sähe dann so aus als würde sich die Umgebung dort wo der Predator stand verflüssigen. Wie warme Luft, die über einem Feuer aufsteigt. Aber ihre Hauptwaffen bei ihrer "Jagd" sind wohl zwei riesige Klingen am Handgelenk. Viel ist über sie nicht bekannt. Keiner weiß wo sie herkommen oder wie ihre Kultur aufgebaut ist. ››Wenn dieses Ding, was hier diese Leute getötet hat, ein Predator ist‹‹, dachte Anthony, ››dann sitzen wir ganz schön tief in der Scheisse.‹‹ Jessica Green rief ihn aus seinen Gedanken. ››Sir, was gedenken sie jetzt zu tun?‹‹ Anthony zog es vor sein Wissen um den Predator zunächst für sich zu behalten. Die Einheit war aufgekratzt genug, besonders McMasters. Er konnte nicht riskieren, dass seine Leute im falschen Moment die Nerven verloren. ››Zunächst sollten wir die gesammelten Informationen sicherstellen, so dass wir sie, wenn das Landungsschiff hier ankommt um uns abzuholen, mitnehmen können. Dann sollten wir das Gebäude für die Nacht sichern. Miller könnte zum Beispiel...‹‹ Anthony stockte, Miller und Barnes; sie waren noch garnicht zurück gekehrt. ››Wie lange war das jetzt schon her, seit sie aufbrachen?‹‹, dachte er erschrocken, ››Schon über eine Stunde!‹‹ ››Mist, die beiden hab ich ganz vergessen. Gut, ich werde mal nachsehen, was die beiden solange treiben. Green, McMasters, versuchen sie derweil die Türen und Gänge zu sichern, ich bin gleich zurück.‹‹ Anthony Westhouse hatte ein ungutes Gefühl im Magen. Er griff seinen M41 Karabiner und ging immer schneller werdend den Gang hinunter, er musste sich beeilen.
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Das erste was Anthony sah, als er um die Ecke bog, war der Hubwagen mit den immernoch nicht beerdigten Leichen, der draußen vor dem geöffneten Tor stand.
Er ahnte nichts gutes als er langsam, nach draußen ging. Mittlerweile war es schon dunkel und eine frische Brise wehte ihm ums Gesicht. Das erste was er bemerkte war der Geruch von Blut der in der Luft hing. Plötzlich erblickte er weiter hinten im Scheinwerferkegel seiner Schulterlampe eine auf dem Boden liegende Gestalt. Als er nähr kam wurde ihm klar das es Miller war. Er war tot. Enthauptet. Ein großer bräunlicher Fleck war da, wo das Blut aus seinem Hals geflossen ist und sogleich in dem sandigen Boden versickerte. In seiner Brust klafften zwei große Stichwunden.
Sein Kopf war nirgends zu sehen. ››Barnes, wo war Barnes?‹‹, schoss es Anthony plötzlich durch den Kopf. Er suchte die Gegend ab aber erst als er sich wieder zum Tor umdrehte entdeckte er ihn. Sein Körper war mit einer Art Harpune im Brustbereich an die dicke Stahlwand gespießt worden. ››Mein Gott‹‹, dachte Anthony, ››diese Waffe durchschlägt mühelos Stahl.‹‹ Auch der Kopf von Andrew Barnes fehlte. Seine Hände umschlossen noch den dicken Speer in seiner Brust, als hätte er kurz vor seinem Tod noch versucht ihn rauszuziehen. ››Dieses verdammte Mistvieh.‹‹ Anthony Westhouse kannte die beiden Soldaten schon lange. Sie dienten schon einige Zeit unter ihm und waren gute Leute. ››So zu sterben hatten sie nicht verdient‹‹, dachte Anthony ››verdammt, niemand hat es verdient so zu sterben! Was für eine Verschwendung...‹‹ Fassungslos stand Anthony im Staub der wüsten Einöde vor dem Gebäude und schaute bedrückt auf die beiden Leichen. Er ging zu beiden und nahm die Erkennungsmarken an sich, die noch immer um den verbliebenen Teil ihres Halses hingen. Doch plötzlich schoss es wie ein Blitz durch Anthonys Gedanken: ››Die Tür! Sie war offen! Möglicherweise war der Predator schon innerhalb der Forschungsbasis. Und seine Leute; sie wußten nichts von der unsichtbaren Gefahr!‹‹ Anthony rannte so schnell wie er nur konnte wieder zurück. Alles andere war nun nebensächlich. Er machte sich auch keine Gedanken mehr darum, das der Predator möglicherweise im Gang auf ihn lauern könnte. Zurück zu seiner Einheit und sie warnen, das war das einzige was jetzt zählte. Seine Atmung ging sehr stark und seine Schritte hallten laut auf dem Metallboden wieder, doch auf dem halben Weg wurde er plötzlich von einem anderen Geräusch übertönt. Es war das Kreischen von Jessica Greens schwerer Smartgun. ››Er ist bereits da!‹‹ Anthony Westhouse rannte nun noch schneller. Dicke Schweißtropfen rannen ihm von der Stirn und die salzige Flüssigkeit brannte in seinen Augen. Seine Lungen schmerzten aber das registrierte er garnicht mehr. Schreie wurden laut. Feuerstöße eines Impulsgewehres mischte sich nun in das Stakkato der Smartgunsalven ein und erzeugten eine Symphonie purer Gewalt. Es war nur noch ein kleines Stück bis zum Forschungslabor. Anthony trieb sich bis zum äußersten. Doch Sekunden später wurde es still. Die Schüsse waren verstummt, ebenso wie die Schreie seiner Kameraden. Als Anthony nach etwa einer halben Minute am Ziel ankam war schon alles vorrüber. Er kam zu spät, er hatte es nicht geschafft sein Team zu retten. Der Tod war ihm einen Schritt vorraus. Er stand über der Leiche von von Jessica Green. In ihrem Kopf klaffte ein großes Loch. Ein Plasmageschoss hatte sie getroffen. Aus der Wunde kam noch der Qualm verbrannten Fleisches, der Übelkeit in Anthony aufkommen lies. Dana Johnsons Leiche lehnte an einem metallenem Schrank. Sie hielt ihr Gewehr noch in den Händen doch die zwei Einschusslöcher in ihrer Brust ließen keinen Zweifel an ihrem Tod aufkommen. Anthony vernahm ein Stöhnen aus dem hinteren Bereich der Forschungsabteilung. Es war Michael McMasters und er schien am Leben zu sein, obwohl er eine große Wunde im Bauch hatte. Seine Augen waren weit aufgerissen als hätten sie in die Hölle selbst geblickt. Er zitterte am ganzen Leib und stammelte etwas vor sich hin. Anthony kniete sich zu ihm hinunter und fasste den jungen Soldaten bei der Hand. ››Wer war das Junge?‹‹, fragte er, obwohl er es in seinem Innersten wußte. Die Atmung des jungen Soldaten ging schnell, seine Augen blickten hektisch umher und seine Stimme überschlug sich. ››D...d...der Geist. Der Geist...er hat sie alle getötet...kam aus dem Nichts...hat sie alle getötet...der Geist...‹‹ ››Ruhig Junge, er ist ja weg.‹‹, versuchte Anthony ihn zu beruhigen. McMasters Atmung wurde flacher, die Augen hörten auf sich zu bewegen, die Stimme erstarb, er war tot. Mit gesenktem Blick schloß Anthony die Augenlider seines gerade verstorbenen Kameraden. ››Ich werde ihn finden und dann werde ich ihm den Kopf abreißen, das schwör ich dir McMasters, das schwör ich dir.‹‹, flüsterte Anthony leise als neben ihm plötzlich drei rote Punkte eines Laserzielgerätes aufleuchteten. Sofort sprang er zur Seite als direkt neben ihm ein Geschoss aus heißem Plasma einschlug und ein dampfendes Loch in der Metallwand zurücklies. ››Verdammter Bastard‹‹, schrie Anthony voller Wut und stürzte davon. Hastig öffnete er die Tür zu einem weiteren Korridor und rannte bis zu einer weiteren Tür an dessen Ende. Er betete, dass das Türschloss noch funktionierte und zog kräftig an einem Hebel. Mit einem lauten Zischen öffneten sich beide Türflügel und gaben den Weg nach draußen frei. Anthony rannte und rannte immer weiter ins Dunkel der hereinbrechenden Nacht. Er kauerte sich hinter einen großen Felsen und schob das Gewehr vorsichtig um die Ecke, bereit seinem Verfolger eine Salve entgegenzuschicken. Aber scheinbar wurde er nicht verfolgt. Er lehnte sich zurück an den kalten Fels und starrte hinaus in die endlose Leere.
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Das alles geschah vor einigen Stunden. Seitdem hatte Anthony Westhouse sich nicht mehr von der Stelle gerührt. Die Welt um ihn herum schien stillzustehen. Alles geschah so plötzlich. Seine Lage war hoffnungslos. Es würde noch einige weitere Stunden dauern, bis das Landungsschiff ankommen würde um ihn abzuholen. Aber was dann? Vielleicht würde er auf dem Weg dorthin getötet werden. Vielleicht würde dieser Predator auch das Schiff kapern und die Besatzung töten, höchstwahrscheinlich aber würde ihn das Vieh schon vorher finden und töten. Nein, Anthony hatte nur eine Wahl. Dieses Wesen zur Strecke zu bringen bevor es ihn zur Strecke brachte und seinen Kopf zu einer weiteren Trophäe machen würde. Alleine schon weil er es seinen toten Kameraden schuldig war. Die Hoffnungslosigkeit in ihm wurde nun von Gefühlen des Zorns verdrängt und langsam kehrte wieder Leben in seine kalten Augen zurück. Das Feuer der Rache begann in ihnen zu lodern. Jetzt
würde er die Jagd eröffnen. Vorsichtig spähte er um die Ecke des Felsens um sich zu vergewissern, dass dort keine Überraschung auf ihn lauerte. In geduckter Haltung schlich er sich bis zur Stahlwand des Gebäudes, aus dem er erst vor wenigen Stunden geflohen war. Er entschied sich nicht den gleichen Weg hinein zu nehmen, aus dem er kam, sondern den Weg über die Lagerhalle zu nehmen. Nachdem er einige Zeit der Außenmauer gefolgt war, erreichte er die großen Lagertore. Direkt daneben war die Tür für das Personal, die Anthony nun leise öffnete. Anders als die elektronischen Türen im Rest der Station, war diese eine einfache, schon leicht angerostete Stahltür mit Klinke. Sie machte keinen Lärm beim öffnen, was Anthony gelegen kam. Das Innere der Lagerhalle war von dem gedimmten, orangefarbene Licht der Notstromversorgung nur schlecht beleuchtet. Überall standen Container und Kisten, die Anthony eine gute Deckung boten. Die Lagerhalle selbst war zweistöckig, wobei der zweite Stock nur aus ein paar Gehwegen aus maschendrahtigem Stahl bestanden und in einer Ecke des Raums an einem kleinen Kontrollraum endeten von dem aus man einen kleinen Lastkran betätigen konnte. Anthony suchte mit seinen Augen, präzise wie ein Laser, die Halle ab. Ein plötzliches Geräusch lies ihn leicht zusammenzucken. Es war eine Art Knurren. Anthony konnte es nicht genau einordnen, doch dann sah er die Quelle des merwürdigen Geräusches. Es war der Predator, der auf dem Aufgang zum zweiten Stock der Halle stand. Ungetarnt. Glücklicherweise schien er nicht in Anthonys Richtung zu schauen. Zum ersten mal sah er das Wesen richtig. Seine Haut war grünlich aber das Wesen an sich menschenähnlich. Es lief aufrecht und hatte lange dicke schwarze Haare an seinem Hinterkopf. Zumindest glaubte Anthony, das es sich um Haare handelte. Das Gesicht konnte er nicht sehen. Der Predator trug eine Maske. Sein Körper war an einigen Stellen mit Panzerplatten geschützt. Wie erhaben diese Kreatur dastand...als ob ihr nichts in der Welt etwas anhaben könne. ››Was zu Hölle macht er da?‹‹fragte Anthony sich, ››Und was hat er da an seiner Hüfte hängen? Sind das...nein...dieser Bastard!‹‹ An der Hüfte des Wesens hing ein Netz, gefüllt mit den Köpfen von Johnson, McMasters und Green. Anthony kochte innerlich vor Wut. Doch gleich würde er dem ganzen Spuk ein Ende setzen. Er hob das Gewehr an seine Schultern und zielte. ››Jetzt hab ich dich Arschloch...‹‹ flüsterte er als der Predator plötzlich mit einem riesigen Sprung von der Rampe hinuntersprang. ››Mist! Das war die Gelegenheit!‹‹ Aber Anthony mußte seinen Ärger unterdrücken und bei klarem Verstand bleiben. Wie ein Jäger würde er die Verfolgung seines Opfers aufnehmen. Eine neue Gelegenheit würde sich ihm bieten, dessen war Anthony sich sicher. Leisen Schrittes schlich er um die Container herum auf die andere Seite der Halle. Am anderen Ende sah er wie ein Schatten in einem weiteren Gang verschwand. ››Sehr gut‹‹, dachte Anthony, ››jetzt sitzt er in der Falle!‹‹ Von der Karte aus dem Forschungsbereich, die er dort studiert hatte, wußte er, dass sich hinter diesem Gang die Lagerhalle für Restmüll befand und dieser eine Gang, war der einzige Weg nach draußen. Anthony grinste als er daran dachte. Es war das Grines der Rache. Am Gang angekommen duckte sich er sich hinter einer Kiste. Jetzt durfte er sich keinen Patzer mehr erlauben. Vorsichtig hob er den Kopf um den neuen Raum einzusehen doch von dem Predator war nichts zu sehen. Ein junger Rekrut hätte wahrscheinlich den Fehler gemacht und wäre in den Raum gestürmt, jedoch nicht Anthony. Er war schon lange bei den Marines und hatte im Laufe der Zeit ein Gefühl für brenzlige Situationen entwickelt, das ihm schon öfters das Leben gerettet hat. In solch einer Lage war es schwer die Gedult zu behalten aber irgendwann, dass wußte er, würde der Gegner einen Fehler machen und seine Position verraten, er mußte nur ruhig warten, nein...lauern. Alles um ihn herum war still. Nichtmal der Wind der draußen wehte war zu hören. Sein Blick wanderte durch die Halle als würde er sein Sichtfeld regelrecht rastern und analysieren. Minutenlang beobachtete Anthony jeden Winkel der Halle und nach einiger Zeit brannten ihm die Augen. Sein Blick wurde flimmrig. Er schloss seine Lider und Tränenflüssigkeit trat aus den kleinen Drüsen in den Augenwinkeln. Durch die Tränen sah Anthony alles für einen kurzen Moment verschwommen. Er rieb sich mit den Finger die Augen trocken aber immernoch flimmerte es vor ihm...es schien, als ob die Luft zu Wasser wurde. Das trübe Licht schien sich vor ihm um etwas herum zu brechen. Plötzlich stockte ihm der Atem, sein ganzer Körper war wie gelähmt als ihm ein grausiger Gedanke durch Kopf schoss. ››Konnte es sein, dass...?‹‹ Er bekam keine Gelegenheit ihn zu beenden. Er hatte das Wesen zu keinem Zeitpunkt gejagt...es hatte ihn gejagt. Anthony spürte den Schmerz der zwei Stahlklauen schon nicht mehr, die sich durch seine Schädeldecke bohrten, als ihn die ewige Dunkelheit umschloss.
Ende