Was ist neu

It can happen to You

Mitglied
Beitritt
17.02.2002
Beiträge
3

It can happen to You

Der volle Mond schien auf das Wäldchen nieder, die Abermilliarden Sterne funkelten in ihrem schönsten Licht. Grillen, versteckt in dieser natürlichen Unendlichkeit, zurpten ihr einsames Lied. Manchmal war auch eine Eule zu hören, aber sonst tat sich nichts. Sicher gab es hier noch mehr Tiere, die sich an diesem unberührten Fleck Natur erfreuten, aber sie blieben unentdeckt und spielten instinktiv nicht Schicksal.
Wyas Prof war ein kleiner Hügel, auf dem eine kleine Kirche stand. Früher gab es hier noch ein Kloster, aber das war schon lange verfallen. Heutzutage wurde der Ort nur von Sternenguckern und Liebespärchen aufgesucht, besonders in der Nacht. Viele kamen sehr oft hierher, da man trotz der Bekanntheit des Ortes, hier doch recht ungestört sein konnte. Auch heute hatten sich einige Pärchen eingefunden und sich strategisch verteilt, so dass jeder sein persönliches Erlebnis genießen konnte.
Auch der Straße nach Wyas Prof gesellten sich zwei Scheinwerfer, die zu einem alten Auto gehörten, ein neues Paar. Kenny liebte diesen Ort, doch kam er eigentlich nicht hierher, um der Liebe zu frönen, sondern die Sterne in ihrer Unendlichkeit zu betrachten und über vieles nachzudenken. Heute jedoch war er in Begleitung eines Mädchens, Ann.
Die ganze Fahrt über hatten sie beide nicht viel gesagt, war doch ihrer beider Stimmung nicht die beste. Deswegen fand Kenny es auch ganz gut, nach hier zu kommen, damit die wundervoll ruhige Umgebung sich auch sie beide auswirken konnte, vielleicht das Eis brach.
Kenny fuhr zu einem leeren Platz und machte den Motor aus. Obwohl das Licht der Scheinwerfer fehlte, war es nicht dunkel, da der Vollmond die ganze Gegend in ein silbernes Licht tauchte. Kenny lehnte sich zurück und sah Ann an. Ihr rotes, langes Haar glänzte im Mondenschein und ihre wunderschönes Gesicht wurde durch das silberne Licht erhellt. Sie sah wie ein Wesen aus einem Märchen aus, und doch war ihre Traurigkeit nicht zu übersehen.
"Was sollen wir hier?" fragte Ann. "Dies ist doch ein Platz für Liebespärchen." Schon sah sie Kenny vorwurfsvoll an. Er lächelte und band sein langes, braunes Haar wieder zu einem Zopf zusammen, der sich während der Fahrt gelockert hatte. Dann machte er seine Tür auf. "Keine Angst, ich werde dir schon nichts tun. Komm." Kenny stieg aus und Ann folgte ihm missmutig. Kenny beobachtete sie und sie sah ihn an, aber ihr Blick blieb verhärtet. Beide gingen sie auf eine Lichtung am Hang, wo eine Bank stand, auf der sie sich niedersetzten. Eine Weile saßen sie nur da und sahen in die Sterne. Kenny bemerkte Anns anhaltenden Missmut und legte einen Arm um sie.
"Mark ist ein Idiot und das weißt du", meinte er und drückte Ann etwas an sich. Ann ließ den Kopf hängen und nickte.
"Ja, und trotzdem glaube ich, dass ich nicht ganz unschuldig bin. Kann doch sein, dass ich was falsch gemacht habe." Ann sah Kenny direkt an, dessen Gesichtsausdruck zeigte, dass er damit nicht einverstanden war.
"Klar, er schmeißt sich an eine andere rann und du bist schuld, was auch sonst? Er ist ein Arschloch, mehr nicht. Du bist die letzte, die daran Schuld hat."
Ann wirkte nicht überzeugt.
"Wir verstanden uns immer so gut, es war alles so toll und plötzlich..." Ann brach ab und sah zum Boden.
"Tja, alles war so toll", meinte Kenny etwas schnippisch, "und plötzlich rennt er hinter anderen her. Da stimmt was nicht. Wenn es so toll war, warum lässt er dich dann plötzlich links liegen, nur um mit einer Braut anzubandeln, die eh jeder haben kann? Sieh es ein, der Typ ist ein Schwein."
Kenny war wütend auf Mark, hatte dieser sich doch einfach Ann gegriffen, obwohl er klar wusste, dass Kenny Ann liebte. Aber Mark gefiel es nun mal, andere zu provozieren und nutzte jede Gelegenheit. Keine Beziehung hielt bei ihm länger, er war immer auf der Suche, auf der Jagd. Das alles war hinlänglich bekannt und doch fielen immer wieder Mädchen auf seinen Charme herein. Kenny hatte dies alles mit einem Kopfschütteln beobachtet, hatte aber mit den Mädchen, die sich auf Mark einließen und auf ihn hereinfielen, kein Mitleid. Aber dann schnappte Mark sich Ann, und damit Kennys heimliche Liebe.
Von Anfang an hatte Kenny gespürt, dass Mark nicht wirklich was von Ann wollte, sondern nur ihn ärgern wollte. Nur leider verstand Mark sein Handwerk und Ann war glücklich wie nie, kam sie sich doch richtig geliebt vor. Mark tat scheinbar alles für sie, so dass Kenny gar keine Chance hatte, Ann aus Marks Einfluss zu ziehen, er konnte es nur hilflos beobachten. Hilflos? Nein, es wäre ihm ein leichtes gewesen, Mark nachts einfach einen Besuch abzustatten und ... Nein, Mark währe dann bloß in Anns Augen zum Märtyrer geworden. Doch nun lag alles anders, wenn es nicht schon zu spät war. "Dann kann es doch sein, dass ich was falsch gemacht habe", warf Ann ein. "Vielleicht habe ich ihn ja auch verjagt. Ich bin halt nicht so schön und so unterhaltsam wie Lucy oder Sil." Ann war den Tränen nah. Kenny jedoch machte dies nur wütender. "Mann, Mark ist das Arschloch. Er ist deiner gar nicht wert. Soll er sich doch mit Lucy amüsieren, hält ja eh nicht lange. Wenn er sie flachgelegt hat, sucht er schon die Nächste." Kenny sah Ann an und merkte, dass er so nicht weiterkam. Seine Wut nützte Ann gar nichts, so berechtigt sie auch war. Er stand auf und sammelte sich erst einmal, um sich zu beruhigen. Der Mond schien auf ihn hernieder und er spürte, wie sein Körper darauf reagierte. Noch nicht, dachte er bei sich, noch nicht, und sein Herz schlug wieder etwas langsamer, sein Puls regulierte sich, wenn auch nur für gewisse Zeit, das wusste er.
Er ging zu Ann zurück und kniete sich vor sie, um in ihre niedergeschlagenen Augen zu sehen. Ann blickte ihn mit Tränen in den Augen an, während der leichte, warme Sommerwind genüsslich mit ihrem Haar spielte.
"Ich liebe ihn immer noch." Eine einzelne Träne rann über Anns Gesicht, als sie dies sagte und nun schlug Kenny die Augen nieder, war er sich doch Anns Gefühle nur allzu bewusst. Bei ihm würde sie nicht weinen, wenn sie zusammen wären. Sie wäre seine Erlösung und er ihre. Er würde sie lieben und achten, ihr versuchen, nie Kummer zu bereiten, darauf bedacht sein, dass niemand dieses Glück zerstörte. Aber Mark war gekommen und hatte alles zerstört, bevor es hätte gedeihen können. Jetzt konnte alles zu spät sein, zu spät für immer.
Kenny streichelt ihr übers Gesicht und wischte ihr die Träne ab. "Er ist es nicht wert, dass du um ihn trauerst. Er hat dich verraten und hintergangen, ließ dich einfach ohne ein Wort stehen, um sich mit jemand anderes zu amüsieren. Solche Typen sind es einfach nicht wert, dass man ihnen nachweint, sie interessiert es nicht die Bohne." Kenny versuchte überzeugend zu klingen, aber er wusste im Innersten, dass er keine Chance hatte, zu Ann durchzudringen.
"Es ist sehr leicht, so was zu sagen, wenn man nicht betroffen ist. Er hat mich einfach verlassen, nicht dich." Ann war wütend und konnte sich nur sehr schwer zurückhalten, Kenny nicht direkt anzubrüllen. Er war nun mal da und Mark nicht, so dass sie ihre Wut nur an Kenny auslassen konnte, der zwar unschuldig war, aber das machte im Augenblick nichts, da es Ann so vorkam, als sei sie auf der Anklagebank und müsste sich verteidigen.
"Ann, ich bin nicht dein Feind und ich habe dir das auch nicht angetan. Ich war immer auf deiner Seite, aber ich werde nicht zusehen, wie du diesem Idioten nachweinst, der das in keinsterweise verdient hat. Ich hätte dir das nie angetan und das weißt du." Kenny musste sich schwer zusammenreißen, um nicht Ann anzuherrschen, da ihre Unvernunft ihn aufregte. Für ihn war alles offensichtlich, aber sie schien davon gar nicht zu sehen. Nun war Ann vollends sauer und schlug Kennys Hand grob zur Seite. "Meinst du, nur weil du nicht so bist wie Mark, würde ich mich jetzt für dich entscheiden?" zischte sie Kenny an, der wie von ihrer Faust getroffen, erschrocken zurückwich. "Ich habe mich vorher nicht für dich entschieden ich werde es auch jetzt nicht tun, kapiert. Wenn ich Mark nicht haben kann, dann will ich niemanden, schon gar nicht dich." Sie stand auf und blickte mit wutentstellten Gesicht auf Kenny nieder, der sie verständnislos anblickte. Auf seinem Gesicht standen dicke Schweißperlen und sein Körper schien zu zittern. Ann merkte, dass ihre Rede gesessen hatte, wohl etwas zu herb, aber das war jetzt egal, sie war halt nur wütend und machte sich keine weiteren Gedanken, sondern wand sich zum Gehen. Dann ging es los.
Kenny wich weiter zurück und wurde plötzlich von einer Schmerzwelle getroffen. Nichts würde das Kommende aufhalten. Er fiel auf den Bauch, während sein Körper von Krämpfen geschüttelt wurde. Der Schmerz war so groß, dass es ihm unmöglich war, zu schreien. Der Mond schien auf ihn herab und störte sich nicht an seinem Leid.
Ann war schon beinahe beim Auto, als sie sich umblickte und Kenny im Gras liegen sah. Erst wunderte sie sich etwas, merkte aber doch, dass etwas nicht stimmte und lief zu ihm zurück. Als sie bei ihm ankam, wurde Kenny noch immer von schweren Krämpfen geschüttelt, so dass es Ann etwas ängstlich wurde. Langsam beugte sie sich runter und berührte Kenny an der Schulter. Plötzlich schleuderte Kenny herum und Ann sprang entsetzt zurück, als sie in sein entstelltes Gesicht sah, woraus sie zwei glühend gelbe Augen anstarrten, während sich das gelbe riesige Gebiss bleckte. Das war nicht mehr Kenny, sondern ein Monster.
Ann lief so schnell sie konnte zum Auto und versuchte die Tür aufzubekommen, vergeblich, es war abgeschlossen, Kenny hatte die Schlüssel. Als sie zu ihm blickte, sah sie dass Kenny aufgestanden war und grinsend die Schlüssel in seiner Hand hin und her schwang. Dann fiel er wieder von einer Schmerzlawine getroffen zu Boden. Seine Kleidung spannte sich und zerriss, gaben den Blick auf einen über und über mit Haaren bedeckten Körper frei. Sein Gesicht verformte sich zu einer langen, verzerrten Schnauze, woraus zwei Reihen scharfer Zähne hervorfletschten. Die Hände bogen sich zu Klauen und die Fingernägel verwandelten sich in rasiermesserscharfe Krallen.
Ann riss sich von dem entsetzlichen Anblick los und rannte weg. Hinter sich hörte sie noch die unnachahmlichen, ekelerregenden Geräusche von Kennys Verwandlung. Sie blickte nicht zurück und lief so schnell sie konnte die enge Straße entlang, bewusst, dass irgendwo ein Auto parken musste, wo sie Hilfe holen konnte. Hätte sie doch nur ihr Handy, womit sie jemanden hätte verständigen können. Aber die wären eh zu spät dagewesen. Vor ihr stand zwischen zwei Bäumen ein großer Wagen, dessen Fenster total beschlagen waren. Die Geräusche aus dem Inneren des Wagens ließen auf die Heftigkeit des vollzogen Aktes schließen, doch das war Ann egal. Donnernd klopfte sie ans Fenster und zog an der Tür, doch nichts rührte sich, so dass sie weiter schreiend dagegen hämmerte.
Plötzlich senkte die Scheibe sie etwas und gab den Blick auf ein nacktes Pärchen in eindeutiger Position frei, das sie ungläubig und erschrocken ansah. Noch bevor Ann was sagen konnte, flog etwas mit lautem Gebrüll durch die Frontscheibe und sofort spritzte Blut gegen sämtliche Fenster und durch den Spalt in Anns Gesicht, die entsetzt zurückwich. Der Wagen schleuderte hin und her und schmerzerfüllte Schreie waren zu vernehmen, die sich mit reißenden Lauten paarten.
Ann ging stockend zurück, unfähig den Blick vom machtvoll erschütterten Auto zu nehmen. Da flog plötzlich die Tür auf und der Mann sprang heraus. Die Hälfte seines Körpers war zerrissen, so dass der Blick auf zum Teil total entblößte Knochen freilag und sein Blut seinen ganzen Körper bedeckte. Sein Kiefer war offensichtlich gebrochen und ein Auge hing ihm aus der Höhle. Sein rechter Arm baumelte herab und wurde nur noch von ein paar Fetzen Haut gehalten. Fast flehend kam er auf Ann zugetorkelt, die nur noch mehr zurückwich.
Da flog auch schon seine Freundin mit dem Kopf voran durch das hintere Seitenfenster, deren Kopf fast vom Körper gerissen war und lose hin und her pendelte. Eine krallenbesetzte Hand schnellte vor und traf den Mann in den Rücken und zog ihn mit einem Ruck zurück ins Auto, wo sich die Bestie sofort dranmachte, ihn den Rest zu geben und total zu zerfleischen.
Ann rannte wieder los, rannte und rannte, ohne zu wissen wohin. Schon war sie tief im Wald und hörte nichts mehr von den schrecklichen Geräuschen von eben. Nur in ihrem Kopf, vor ihrem geistigen Auge wiederholte sich immer wieder die Szene, wie plötzlich die Frontscheibe zerbarstete und alles mit Blut bedeckt wurde. Unwillkürlich griff sie in ihr Gesicht und wischte sich das Blut ab, aber auch ihre Kleidung war schon mit Blut bedeckt, und sie rannte schneller.
Was war bloß passiert? Wie konnte das alles denn sein?
Sie kannte Kenny schon seit Jahren, seit einer Ewigkeit, er war immer da gewesen, aber das? Es machte doch keinen Sinn, oder doch? Kenny, dieser nette Junge, hatte sich vor ihren Augen in eine Bestie verwandet, die dann dieses Pärchen umbrachte, es war unglaublich. Er war doch immer so gut und einfühlsam, so lustig, ganz anders als das Ungetüm da. Sie konnte es nicht verstehen. Hatte sie das ausgelöst? Ann schob den Gedanken beiseite und versuchte sich zu orientieren. Wo war sie bloß? Eigentlich war es egal, solange sie nicht stehenblieb. Nur so weit wie möglich von hier wegkommen, alles andere war egal. Sie beschleunigte ihren Schritt, hastete durchs dichte Gestrüpp. Ohne nach hinten zu blicken. Ihre Ohren lauschten auf jedes Geräusch, das die Bestie machen konnte, aber sie vernahm nichts. Zu sehen war auch nichts, obwohl der volle Mond durch die Blätter brach und die Gegend gut erhellte.
Schon sah sie vor sich das Ende des Waldes, wohinter der Stadtrand sein müsste und...
Mit einem gewaltigen Ruck wurde sie von den Füßen gerissen und gegen einen Baum geschleudert. Ihre Besinnung schwand und sie verlor sämtliche Gefühle in den Gliedern. Trotz ihrer Benommenheit, versuchte sie aufzublicken. Etwas von ihr entfernt stand die Bestie und blickte sie mit hochgezogen Lefzen und gespreizten Krallen an. Erst nach und nach wurde ihr bewusst, dass sie auf die Bestie etwas hinabblickte, obwohl diese in ihrer vollen Körpergröße dastand. Sie sah schwankend an sich herunter: ihre Beine hingen in der Luft, sie war an den Baum genagelt. Anscheinend war sie beim Aufprall gegen einen Ast gekommen, der ihren Körper aufgespießt hatte und sie nun über den Boden festhielt.
Kaum war diese Erkenntnis da, kam auch schon der unwahrscheinliche Schmerz, der sich immer mehr in ihren Körper ausbreitete und sie zu einem lauten Schrei drängte. Die Bestie schien zu lächeln.
Langsam kam sie näher, wobei sie mit ihren Krallen klackernd spielte. Die Bestie war sich ihrer leichten Beute nur allzu bewusst. Ann riss sich zusammen, versuchte den entsetzlichen Schmerz zu betäuben und sich zu konzentrieren. Sie sammelte alle Kraft.
"Kenny, ich weiß dass du noch da drin bist", sagte sie stockend. "Du willst das doch gar nicht tun." Die Bestie blieb kurz vor ihr stehen und legte den Kopf schief, als wäre sie verwirrt und würde überlegen. "Kenny, du liebst mich doch." brachte sie hervor und sah der Bestie direkt in die Augen. Da war keine Liebe. Die Bestie schlug ihr ihre Krallen in den Körper und riss Ann vom Baum zu Boden, wo Ann mit einem matschigen Geräusch auftraf.
Ann Schmerz übertraf alles, was sie je gespürt hatte. Sie blickte an sich herab und sah, wie ihr Blut im hellen Mondschein zu glänzen schien. Ungläubig hielt sie ihre blutbedeckten Hände vors Gesicht und sah wieder verständnislos zur Bestie. "Aber du liebst mich doch?" entfuhr es ihr stockend. Die Bestie verzog das Gesicht zu einer wutentstellten Fratze, als hätte Ann sie direkt zutiefst beleidigt. Mit einem unheimlichen Knurren stürzte sich die Bestie auf Ann und riss ihr die Gedärme aus dem Leib, während das lächelnde Gesicht des Mondes, der jede Nacht über die Liebenden wacht, zufrieden herniederblickte und die Pärchen auf Wyas Prof zärtlich eins waren. Kenny wachte abrupt auf und wusste erst einmal nicht, wo er war. Sein Kopf schmerzte, als hätte er die Nacht durchgemacht und zuviel gesoffen. Dass er was getrunken hatte, das wusste er ganz wohl, klebte doch noch reichlich Blut an seinem Mund. Er sah an sich runter und betrachtete seinen verdreckten, blutbeschmierten Körper und musste erst mal schlucken, da seine Kehle total ausgetrocknet war. Blut gerann sehr schnell und einiges davon klebte noch in seinem Hals.
Kenny machte sich darüber keine Sorgen, da er schon sehr oft so aufgewacht war, es stellte einfach nichts besonderes mehr für ihn dar. Das komische war, dass sein menschlicher Körper, durch die häufigen Verwandlungen auch immer muskulöser geworden war und er sich mittlerweile richtig sehen lassen konnte. Zu schade nur, dass das Mädchen seiner Träume dies nicht bemerkt hatte und er sie töten musste, wirklich zu schade.
Der Tisch knarrte als Kenny sich erhob und streckte, damit alle Wirbel an ihren rechten Platz gerückt wurden. Die Anatomie eines Werwolfes war doch etwas anders als eines Menschen, aber dies war halb so wild. Ein ruhiges, warmes Bad würde ihn wieder entspannen und vor allem wieder sauber machen, aber damit hatte er es nicht eilig. Im Laufe der Zeit hatte er sich an das Blut an seinen Körper gewöhnt, was seine Haut irgendwie geschmeidiger und sanfter machte, fand er jedenfalls. Er hatte mal von einer Gräfin gehört, die im Blut junger Mädchen badete, um sich selber jung zu halten. Anscheinend hatte diese Gräfin Recht. Tja, vielleicht brauchte er nur noch ein paar blutige Orgien und er würde der begehrteste Typ am Platz sein.
Kenny kannte die Mädchen und wusste worauf sie standen, aber das Getue langweilte ihn. Er wollte jemand besonderes, jemand, der es schaffen würde, ihn von seiner Doppelidentität zu erlösen, denn so spaßig es war, würde er doch irgendwann entdeckt und wohl gelyncht. Ann war seine Auserwählte gewesen, er hatte sie wirklich geliebt, da sie etwas besonderes war. Leider verliebte sie sich in den falschen, womit sie letztendlich genauso gewöhnlich wurde wie die anderen. Tja, Weiber.
Überall in der Küche klebte Blut, was nur bedeutete, dass er wieder schnell wischen musste, bevor seine Eltern aufwachten, aber das bekam er schon hin. Erst brauchte er einen starken Kaffee, damit er richtig aufwachte, denn die Küche würde nicht das einzige Problem sein. Irgendwo fand er immer ein paar Stücke seiner Opfer und musste sie schnell beseitigen, bevor sie jemand anderes entdeckte. Dies war mühsam, aber auch spaßig, gab es dem ganzen doch den richtigen Kick.
Der Kaffee lief langsam durch und Kenny blickte aus dem Fenster. Draußen spielten seine beiden Hunde mit dem abgerissenen Arm von Ann. Diese kleinen Racker erfreuten sich an allem, was er von seinen nächtlichen Touren mitbrachte und hatten für alles eine Verwendung. Eine Zeitlang würde er ihnen den Spaß mit Anns Arm noch gönnen, aber dann musste er auch diesen verschwinden lassen, da es schon etwas auffällig wäre, wenn zwei Hunde mit dem Arm einer vermissten Person spielen würde.
Kenny lächelte bei dem Gedanken, wie Miss Rogers, die alte Frau von gegenüber, das hier sehen würde, sie wäre wohl auf der Stelle tot. Er hoffte, dass er die anderen Stücke von Anns Leiche genauso gut platziert hatte, damit er, und nicht andere, sie schnell finden und entsorgen konnte. Zu Glück war heute Abend wieder großes nachbarschaftliches Grillen, womit er mit der Entsorgung kein so großes Problem hatte, er musste nur die unansehnlichen und angefressenen Stücke aussortieren.
Der Kaffee war fertig und er goss sich eine Tasse ein. Dann ging er zum Kühlschrank, um Milch zu holen. Als er den Kühlschrank öffnete, lag dort schön säuberlich auf einen Teller Anns rausgerissenes Herz. Kenny lächelte und holte den Teller raus und setzte sich damit an den Tisch. Er nahm das Herz in die Hand und betrachtete es. Letztendlich hatte er doch Anns Herz gewonnen, nur nicht so, wie er es vorher geplant hatte. Nun, vielleicht war sie doch nicht die richtige gewesen, sonst hätte er sich besser beherrschen können. Warum hatte sie auch nur gesagt, dass sie ihn nicht liebte? Er hatte alles für sie getan, nur um am Ende der Dumme zu sein. Mark hatte sie tief verletzt und doch weinte sie ihm nach und hätte ihn wohl noch mit offenen Armen zurückgenommen, wenn er angedackelt gekommen und sich entschuldigt hätte, Scheiße so was.
Kenny nahm das Herz und hielt es über seine Tasse. Dann drückte er zu, so dass ein Strahl Blut in den Kaffe floss, was ihm ein besonderes Aroma gab. Kenny nahm einen Schluck und legte sich zufrieden zurück. Es war schon eine Ironie des Schicksals: immer war er für Ann dagewesen und trotzdem verliebte sie sich in ein Arschloch. Mark hatte ihr Leben zerstört, aber er, Kenny, hatte ihr Leben beendet und wohl kurz davor all ihre Illusionen genommen: Wenn der beste Freund, dem man am meisten vertraut und der zudem einen auch noch eröffnet hatte, dass er einen liebt, sich plötzlich in ein Monster verwandelt und einen das Herz rausreißen will, dann kann dies schon belastend für die Beziehung sein.
Gedankenverloren saß Kenny da und blickte auf den Küchenschrank vor sich. Warum nur hatte er Anns Kopf zwischen die Gewürze gestellt? Anns tote Augen blickten ihn an und er konnte sich ihrer nicht entziehen. Was hatte sie wohl gedacht, als er sich auf sie stürzte, um sie zu zerfetzen? Er schmunzelte beim Gedanken an ihren ungläubigen Gesichtsausdruck und bis genüsslich in ihr Herz hinein. Da er nicht mehr die starken, scharfen Zähne der Nacht hatte, musste er kräftig zubeißen und reißen, damit er ein Stück heraustrennen konnte.
Mit schweren Kaubewegungen versuchte er das Stück zu zerkleinern, während er überlegte, was er als nächstes tun sollte. Nun, ein Blick auf den Kalender zeigte ihm, dass heute noch mal Vollmond war, womit er die Möglichkeit hatte, Mark einen kleinen Besuch abzustatten. Wenn er Glück hatte, würde er ihn mit Lucy zusammen erwischen, was ihn doppelt erfreuen würde.
Mark würde er seine eigen Eier fressen lassen, das garantiert. Kenny hoffte nur, dass er so berechnend agieren konnte, da die Bestie in ihm ziemlich ungestüm war und meist eine Riesensauerei anstellte, die er dann wieder beseitigen musste.
Es gab nur wenige, die es schafften, die Bestie in ihm zu besänftigen, Ann war eine von ihnen gewesen. Sie hätte ihm Frieden geben können, aber das Schicksal wollte es so, dass er zu ihrem Mörder würde. Die Situation war schon fast biblisch: da Ann sündigte, indem sie sich mit dem Falschen einließ, wurde er zu ihrem Henker, um sie zu richten. Wer weiß, vielleicht hatte er sie auch bloß vor weiteren Enttäuschungen bewahrt und alles war gut so.
Tja, vielleicht war es doch wahr, was die Gelehrten sagen: Die Welt ist ohne Liebe und die Bestie ist König.

 

/lektormode on

Es heisst Werwölfe. Ohne h.

/lektormode off

Und wieder an die Arbeit...

 

Well... Ich hab bei Horrorgeschichten normalerweise ein angenehm gruseliges Gefühl, aber hier hab ich mich eher gelangweilt. Zum einen ist die "American Teenwolf - Story" nun echt nichts Neues mehr, zum anderen hast Du auch nichts sagenhaft Neues draus gemacht. Schade, aber es hat mir zumindest nicht den Appetit verdorben! Daß Leichen zu Barbecue verarbeitet werden, wissen wir ja spätestens seit "Grüne Tomaten", aber da war es wenigstens spannend geschildert.
Gruß,

chaosqueen :queen:

 

Hi,

arg spannend und überraschend war die Geschichte nun wirklich nicht.
Und die lange Erzählung und Schilderung ermüdet etwas... Interessanter wäre gewesen, wenn Du die Gefühle Deiner Protagonisten miteinbezogen hättest... Das hätte das Ganze vielleicht noch vertiefen und erfrischen können...
So ist es halt leider eine Horrorgeschichte wie viele andere auch; man liest sie zu Ende, legt sie weg und nimmt sich einer Neuen an... :(

Griasle und nicht böse sein!
stephy

 

Endlich mal eine lustige Geschichte. Ich hatte schon vorher mal das Vergnügen, eine Geschichte von Dir lesen zu können. Das war "Puppets on the String" in der Anthologie "Love an other demons", die sich auch wohltuend von den anderen Geschichten abhob.
Schon damals habe ich schmunzeln müssen, wie Du dort die gute alte Vampir-Geschichte fast parodierst und mit Erotik kombiniertest. Besonders die Gestalt des Morissen hat mir sehr gut gefallen.
Hier nun hast Du das Werewolf-Thema etwas variiert, schon fast zynisch. Mir gefiels sehr gut, besonders der bitter-böse Schluß, so schön amoralisch. Oder doch eher moralisch! So gibt es -soweit ich weiß - doch Legenden, wonach Werewölfe durch Liebesentzug entstehen. Das würde hier ja passen, denn solange Ann Kenny nicht ungerechtfertigt angreift, hat Kenny sich anscheinend unter Kontrolle. Sie holt also die Bestie in ihm hervor und schafft so das Monster, das ihr den Tod bringt, selber. Und damit ist der Titel auch sinnig, da er im Rückschluß verdeutlicht, daß im übertragenem Sinne uns dies Geschichte ebenfalls passieren kann: wir schaffen unsere Bestien selbst.
Mach weiter so. Mir gefällt es. :D

[Beitrag editiert von: Nicolas DeChambre am 19.02.2002 um 23:50]

 

Da denkt man, man tut mal was Gutes und schon wird es gegen einen verwendet. Ich habe nur die Geschichten von C.J. diskutiert, da ich schon mal eine Geschichte von ihm gelesen habe und hier endlich mal die Möglichkeit hatte, mich zu den Geschichten zu äußern. Das war gestern und es war sehr spät. Aber die Kritik hat auch ein Fünkchen Wahres: Ich sollte echt auch mich zu den anderen Werken äußern! Das ist nicht die Site von C.J. und es gibt noch andere talentierte Autoren. Deswegen habe ich mich ja auch angemeldet.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom