Isoliert
Der Wagen rumpelte plötzlich über einen Feldweg. Scheiße! Hatte gerade die Straße aufgehört? Mark verfluchte im Stillen sein Navi. Seit dem Ausfall des GPS-Signals konnte es die Position nur mehr sehr grob bestimmen. Ein Waldweg wurde da schon mal zur überregionalen Landstraße hochgestuft. Unbrauchbar. Mark hielt den Wagen an.
„Papa“, erklang eine verschlafene Stimme vom Rücksitz. „Sind wir schon da?“
„Fast“, seufzte Mark. Lisa würde wohl so schnell nicht mehr einschlafen. Mühsam entfaltete er die Straßenkarte und versuchte im schwachen Licht der Innenbeleuchtung etwas zu erkennen.
„Boah, schau mal, die vielen schönen Sterne!“, rief Lisa. Mark lächelte sie an. Seine Tochter hatte bis jetzt nur den städtischen Nachthimmel gekannt. „Komm! Steigen wir mal aus!“, sagte er. Mark sah sich gerne das nächtliche Spektakel an, auch wenn es ihn traurig machte.
Er öffnete seiner Tochter die Tür. Es war warm draußen. Die Grillen veranstalteten ein Galakonzert. Um sie herum waren keine Gebäude, keine Autos, nur ein riesiges Feld. Mark musste grinsen. Wie er es mit seiner Orientierungslosigkeit nur geschafft hatte, an den Job zu kommen?
„Papa?“
„Ja?“
„Mama hat heute zu Thomas gesagt, der kaputte Satellit ist schuld daran, dass wir jetzt alle sparen müssen. Das habe ich nicht ganz verstanden.“
„Sonst hat sie nichts dazu gesagt? Nur dass wir sparen müssen?“
„Nein.“
Marks Mine verfinsterte sich. Welche Kleingeister die Menschen doch waren. Seine Ex war keine Ausnahme.
Er wandte den Blick von der Show am Sternenhimmel ab, blickte seine Tochter an, und versuchte wieder zu lächeln. „Okay, ich werde es dir erklären! Dieser Satellit, Oreosat 7, ist nicht nur kaputt gegangen, sondern explodiert. Das heißt, dass er sich in viele kleine Teile aufgespalten hat. Diese Teile haben wieder andere Satelliten kaputt gemacht, immer weiter, bis kein einziger mehr übrig war. Und weil wir die Satelliten für viele Dinge benötigt haben, für das Fernsehen, die Navigation von Schiffen, und vieles andere, leidet die Wirtschaft. Das heißt nichts anderes, als dass wir alle ein bisschen weniger Geld haben.“
„Und wird das immer so bleiben?“
„Nein, mein Schatz. Wir Menschen sind so weit gekommen, weil wir uns an Veränderungen anpassen können. Die Welt ist ein bisschen durcheinander, aber das wird sich schon wieder einrenken. Nur eines wird sich nicht mehr ändern.“
„Was denn, Papa?“
„Kein Mensch kann mehr in das Weltall fliegen. Nie mehr wieder.“
„Das ist aber schade.“
„Ja, mein Schatz. Schade.“ Während Mark die Tausenden von Sternschnuppen betrachtete, konnte er die Tränen nicht mehr zurück halten. In zwei Monaten wäre er auf der ISS gelandet.