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Irrsinn wie er singt und lacht

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12.01.2010
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Irrsinn wie er singt und lacht

Fastnacht, Fasching, Karneval – Irrsinn wie er singt und lacht!

Ich schwitze furchtbar. Mein Gesicht ist verschmiert. Meine Kleider kleben an mir. Meine Kopfhaut juckt als hätte ich eine besonders aggressive Läuseart und ich fühle mich wie in einer Zwangsjacke, kann nicht mal meine Arme bewegen. Millimeter für Millimeter schiebe ich mich nach vorne. Werde immer wieder zurückgedrängt und ständig läuft mir dieses klebrige Zeug über die Hände, mein einziges Körperteil, das nicht überhitzt, sondern eiskalt ist.

Nein, ich habe keinen besonders schlimmen Albtraum. Im Gegenteil, ich habe sogar, wie ungefähr 1000 andere, Geld bezahlt, um hier sein zu dürfen. Jedes Jahr schieben sich Abertausende Deutsche in völlig überfüllte Gemeinde-, Sport- und Saufhallen um sie in ein Irrenhaus zu verwandeln. Sie müssen quetschen und drängeln und grölen und trotzdem sind alle guter Laune.

Nüchtern betrachtet, klingt Fastnacht ziemlich brutal.
Und genau deshalb - damit ich es nicht nüchtern betrachten muss - stehe ich hier, eingekeilt zwischen einem Engel, dessen Flügel mir ständig über das Gesicht wischen, einem dicken Zwerg, der mir andauernd von hinten seinen unechten Bauch ins Kreuz drückt und einem schwulen Polizisten, der erschreckend wenig an hat.
Ich selbst kam auf die glorreiche Idee mich als Spinnenfrau zu verkleiden, was ich mittlerweile herzlich bereue. Meine Haare wurden mithilfe von einer Dose Haarspray, zwei masochistisch veranlagten Freundinnen und etlichen Bürsten und Kämmen so toupiert und bearbeitet, dass sie jetzt klebrig und zerzaust wie ein ganzes Knäuel von Spinnweben von meinem Kopf abstehen. Allein bei dem Gedanken daran, wie ich mir heute Abend die Haare waschen soll, steigen mir Tränen in die Augen.
Mein Kostüm, ich gebe es offen zu, habe ich in letzter Minute im Aldi gekauft und das sah man bis vor Kurzem auch. In letzter Minute wollte ich also selbst Hand anlegen um dem kartoffelsackartigen Gebilde wenigstens etwas Charme zu verleihen. Eigentlich hatte ich vor, den meterlangen Rock nur auf Knielänge zu kürzen, da hatte aber dieser fiese, billige Nylon-Plastik-Polyester-Stoff was dagegen und franste unaufhaltsam immer weiter aus.
Jetzt steh ich hier mit einem breiten Gürtel.

Und nie hätte ich mir träumen lassen, das dieser Gürtel zusammen mit einer Netzstrumpfhose mich so kurz vor einen Hitzschlag bringen könnte.
In der Halle steht die Luft. Und nicht nur die. Ich habe mich ergeben von meinen lustigen Saufkumpanen dazu abkommandieren lassen Getränke zu besorgen und jetzt stehe ich hier eingekeilt.

Der Hinweg zur Bar war schon eine Tortur. Unglaublich, wie aggressiv Superman werden kann wenn er Durst hat. Statt mich vor dem Erdrücktwerden zu retten, hat er mich doch glatt beiseite geschubst! Ich wollte ihn gerade fragen, warum er denn nicht einfach fliegt, als mir seine Begleiterin – Catwoman - mit ihrem Megaabsatz den großen Zeh zu Brei zerstampfte und ich lieber meinen Mund hielt. Wenn die Welt das nächste Mal untergeht, weiß ich wer dran schuld ist.

Als ich es dann endlich geschafft hatte einer schwerhörigen Krankenschwester meine Bestellung ins Ohr zu brüllen, dachte ich, es könne ja nur besser werden. Bis ich von meiner eigenen Dummheit überrascht wurde! Mir fehlten eindeutig die sechs zusätzlichen Beine, um mich zu einer echten Spinne zu machen, die dann auch bestimmt vier Schoppengläser auf einmal tragen kann. Ich konnte es jedenfalls nicht und starrte erstmal eine Weile nur dämlich auf die vier Gläser und meine zwei Hände.
„Am besten erstmal abtrinken“, riet ein netter Cowboy neben mir und ich ergab mich in mein Schicksal und würgte ein paar Schlucke des lauwarmen, klebrigen Gebräus herunter.
Tja und jetzt steh ich hier - ich armer Tor und bin so nüchtern als wie zuvor - und komme weder vorwärts noch rückwärts.
Der nackte Polizist scheint der Einzige zu sein, dem die Situation gefällt. Er schiebt sich immer näher zu dem dicken Zwerg hinter mir, der mich immer heftiger in Panik anrempelt, sodass mir ständig der klebrige Schoppen über die Hände schwappt.
„Himmel hilf!“, murmele ich, was der Engel vor mir zum Anlass nimmt, sich suchend umzudrehen und mir mit seinen Federn in der Nase zu kitzeln.
Jetzt bloß nicht niesen! Nein! Reiß dich zusammen! „Ha-Ha-Hats...“ „Soll ich dir den Weg freischießen?“ Der nette Cowboy! Gott sei Dank, ich schlängele mich hinter ihm durch die Menge, wo der Zwerg allmählich doch Gefallen an dem Gesetzeshüter zu finden scheint.
Puh! Luft! Atmen! Ich bin so damit beschäftigt meine Körperteile durchzuzählen - Nicht dass ich unterwegs was verloren hab und noch mal zurück muss! - , dass der Mann aus dem wilden Westen leider schon ohne mich in den Sonnenaufgang geritten ist, als ich endlich Zeit finde mich zu bedanken.

Schade, aber leider gibt es dringenderes, als ihn zu suchen, denn meine Hände und Unterarme haben beim Durchzählen heftig angefangen zu protestieren, immerhin halte ich jetzt schon seit mindestens 10 Minuten ca. 2 Kilo in meinen Spinnenfingern! Doch wo sind meine Saufkumpane wenn man sie braucht? Natürlich! Mitten in der Polonäse, die sich gerade wie eine überdimensionale Boa Constrictor mit Bauchkrämpfen und zwei Köpfen durch die Halle zieht. Super!

Als ich endlich meine Freunde - Marilyn Monroe, Graf Dracula und Puh der Bär - entdecke, scheinen die den Ernst der Lage überhaupt nicht zu verstehen! Ich versuche ihnen verzweifelt das Problem mit den Spinnenbeinen, dem wilden Westen und Superman zu erklären, doch sie brüllen nur etwas von Löchern im Käse und belegten Broten mit Schinken - Ich gehe nicht noch was zu Essen holen! - und Schwups hat die Boa Constrictor auch mich verschlungen und trotz aller Proteste nehmen mich eine Milkakuh und der Weihnachtsmann zwischen sich und brüllen mir Fastnachtslieder ins Ohr.
Noch mehr als mein Trommelfell leiden allerdings meine Hände, die sich mit Mühe um die überschwappenden Gläser krallen. Was jetzt noch fehlt ist Schunkeln, aber so weit lasse ich es nicht kommen! Den Schoppen drohend erhoben (Jaja, um den Alkohol haben sie Angst!) schubse und drängele ich mich aus den Eingeweiden der Polonäse heraus und sehe endlich die Rettung: ein wackeliger verschmierter Stehtisch, auf dem ich die Gläser mit einem lauten Klirren abstelle. Erlösung!

Gott sei Dank ist am Aschermittwoch alles vorbei!
Und dann kommt die erholsame Fastenzeit und in meinem von Gegröle und Gejohle strapazierten Hirn erscheint der Gedanke an Fastentee und Meditation mittlerweile richtig verlockend.

 

Hallo Mops!

Eine Geschichte, so bunt wie eine Fasching-Feier; sehr viele gut beobachtete und beschriebene Details.
Aber ich meine, es fehlt etwas: der Gegenpol. Ohne Kontrast ist die Geschichte immer auf der Kippe zu einem (unlustigen) Nörgeltext. Auch frage ich mich die ganze Zeit, warum ist sie da hingegangen?

Überlege dir, ob du nicht noch einen Absatz der ungetrübten und euphorischen Vorfreude dem Text hinzufügen möchtest. Dann wirkt auch der letzte Absatz stärker, so wie eine (wirklich) neue Erkenntnis.

Die Klammern () könntest du auflösen und Gedankenstriche verwenden; die bremsen weniger den Lesefluss.

Gruß

Asterix

 

Hey Asterix!

Danke fürs Lesen und Kommentieren! Die Klammern hab ich gleich umgewandelt, ich hoffe ich hab alle gefunden ;o)
Deine Idee mit dem zusätzlichen Absatz finde ich sehr gut, ich werd mir was überlegen, aber das dauert bei mir immer ein Weilchen... vielleicht überkommt mich ja auf den Fastnachtsparties am Wochenende die Inspiration ;o)

Liebe Grüße,
sara

 

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