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Irrlicht

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24.10.2017
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Irrlicht

Der Schnee stürzte herunter wie eine weiße Flut. Himmel und Erde verschmolzen zu einer grau-weißen Masse. Als Klaus stolperte und der Länge nach in das weiße Nass fiel, begriff er, dass er nicht mehr auf der Straße sondern querfeldein marschierte. Dichte Flocken bedeckten Haare und Schultern, drängten sich zwischen Kragen und Hals, durchweichten seine Schuhe, und tränkten Kleider und Haut mit eisigem Wasser. Mit zusammengebissenen Zähnen rappelte er sich nach jedem Sturz wieder hoch und stapfte weiter und weiter durch Nacht und Schnee. Lena hatte angerufen und erklärt, sie sehe keine gemeinsame Zukunft, es sei eine nette Zeit gewesen, aber nicht das was sie sich wünschte. Klaus brachte nichts als „Warum?“ heraus und begriff nichts, von dem was sie sagte. Er fühlte sich, als stürze er ins Bodenlose. Am liebsten hätte er sich in eine Kneipe verkrochen. Statt dessen trieb ihn sein verfluchtes Pflichtgefühl dazu, meilenweit über Land zu fahren, bloß weil Tante Agnes sich auf seinen Besuch freute, und er sie an ihrem Geburtstag nicht enttäuschen wollte! Und nun das! die letzten paar Kilometer vor ihrem Dorf blieb sein Wagen einfach stehen. Alle Versuche, ihn wieder zu starten blieben erfolglos, ebenso die Suche nach seinem Handy. Wohl oder übel musste er seinen Weg zu Fuß fortsetzen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit funkelte in der Ferne ein winziges Licht. Er verdoppelte seine Anstrengung und betete, das Licht möge nicht erlöschen. Und dann rieb er sich verwundert die Augen: In einem gläsernen, achteckigen Gebäude loderte ein gewaltiges Feuer und erhellte die Nacht wie eine riesige Laterne. Klaus wusste nicht ob er wachte oder träumte. Da
öffnete sich eine gläserne Türe, und eine Frau in einem langen, weißen Gewand trat heraus.
„Guten Abend“, sagte Klaus. „Mein Auto hat den Geist aufgegeben. Ich wollte ins nächste Dorf laufen, aber offensichtlich habe mich verirrt und weiß nicht, wo ich gelandet bin. Darf ich Ihr Telefon benutzen?“
Die Frau musterte ihn. „Mit einem Telefon kann ich dir nicht dienen“, erwiderte sie. „Komm herein und sei willkommen in meinem Haus.“
Umgeben von einem Kreis aus Feldsteinen lohte ein offenes Feuer inmitten des Gebäudes und verbreitete herrliche Wärme.
„Wie heißt du?“
„Klaus.“
„Ich bin Alvara, die Hüterin des heiligen Feuers.“
Verwirrt starrte Klaus sie an. Nie zuvor war ihm eine schönere Frau begegnet. Dichte, schwarze Locken umrahmten ein Antlitz, fein und ebenmäßig, wie das einer Göttin der Antike. In ihren großen, dunklen Augen spiegelte sich der Feuerschein, das tiefe, samtige Rot ihrer Lippen erinnerte an eine Rose. Sie lächelte.

„Nun Klaus, ich denke du hast keine Wahl. Also tritt näher und lege deine nassen Kleider ab.“
Sie reichte ihm eine Tunika aus weißer Wolle. Dann wandte sie sich ab und verschwand auf die andere Seite des Feuers. Schwarze, unebene Steinfliesen bedeckten den Boden der gläsernen Behausung. Die spartanische Einrichtung bestand aus ein paar dunklen, hölzernen Möbeln und hellen, grob gewebten Teppichen. Ein rundes Wasserbecken war nahe dem Feuer in den Boden eingelassen. Bilder, Zimmerpflanzen oder anderer Zierrat fehlten und waren auch überflüssig: Das hoch lodernde Feuer verlieh dem Raum Farbe, Licht und Wärme. Klaus fühlte sich, als sei er zu Hause angekommen. Gleichzeitig wusste er, er befand sich außerhalb er Realität. Er mühte sich diesen sonderbaren Traum abzuschütteln.

Die Bewohnerin des gläsernen Hauses lud ihn zu einem einfachen Mahl, einem feingewürzten Eintopf aus Gemüse und Fleisch ein. Klaus aß und konnte den Blick nicht mehr von ihr lösen.
„So weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Elfenbein,“ ging es ihm durch den Sinn.
„Jetzt lass uns den Abend mit einem Glas Wein beenden.“
Sie brachte zwei edle Gläser und eine Karaffe mit dunkelrotem Wein.
„Auf deine Gesundheit, Klaus!“
Der Wein entfaltete ein Aroma, leicht und süß wie Sommerfrüchte, und dabei doch stark, dass er Klaus rasch zu Kopfe stieg. Ein Gefühl von Freude und Glück erfüllte ihn.
„Ich komme mir vor wie im Märchen. Wer bist du? Und wo bin ich?“
Sie lachte. „Ich bin Alvara, die Hüterin des Feuers. Du bist in meinem Haus, im Heiligtum der Taneba. Du hast nie von ihr gehört? Gut, ich erzähle dir von ihr:
„Vor undenklich langer Zeit gab es auf der Erde kein Feuer. Die Menschen jagten Tiere und sammelten Wurzeln, Beeren und Pilze. Sie verzehrten ihre Nahrung roh, eine andere Möglichkeit kannten sie nicht, manchmal wurden sie davon krank, denn viele Pflanzen sind roh nicht bekömmlich, einige sogar giftig, und das Fleisch ist zäh. Wenn die Sonne hinter dem Horizont versank, irrten sie in der Finsternis umher. Bei Kälte hüllten sie sich in Tierfelle und drängten sich in Höhlen frierend aneinander. Sie fürchteten sich vor dem Winter, der sie mit Kälte, Eis und Schnee, Hunger und Krankheit peinigte. Sie mussten von ihren kargen Vorräten an Nüssen und Wurzeln zehren, denn häufig erschwerte tiefer Schnee die Jagd. Oftmals überlebten Kinder, Alte und Kranke die eisigen, dunklen Wochen nicht. Schmerzlich sehnten sie das Frühjahr herbei, sie flehten zu den Göttern, der Sonne Kraft zu verleihen, damit sie wieder Wärme spendete.

Eines Tages erbarmte sich Taneba, die Göttin des Feuers, der Not der Erdbewohner. Sie sandte einen Blitz herab und entzündete einen abgestorbenen Baum. Anfangs ängstigten sich die Menschen vor den lodernden Flammen. Schließlich fasste der älteste und weiseste von ihnen Mut und näherte sich dem Feuer. Sogleich spürte er, wie wohltuende Wärme seine eisigen Glieder durchströmte. Als er sich ganz nahe heranwagte, schrak er ob der Hitze zurück. Aufmerksam beobachtete er das hell leuchtende, prasselnde, knisternde Ding. Es erschien ihm wie ein lebendiges Wesen. Allmählich verbrannte der Baum, dem Feuer ging die Nahrung aus, es schrumpfte, die Wärme ließ nach. Taneba erfüllte seinen Geist mit Wissen, sie lenkte seinen Blick auf einige dürre Äste. Er legte sie auf die restliche Glut, und erneut lohten die wunderbaren Flammen zum Himmel.

Die Menschen gerieten ausser sich vor Freude und Glück über das göttliche Geschenk. Sie dankten den Göttern und hegten und pflegten das Feuer. Sie bewachten es Tag und Nacht und beteten, es möge nicht wieder von der Erde verschwinden. Eines Nachts erschien Taneba dem weisen Ältesten und offenbarte ihren Willen: Sie verlangte ein Opfer - ein Mensch sollte den Flammen übergeben werden, und zwar derjenige, den sie erwählte. Am anderen Morgen versammelte der Weise die Bewohner der Höhle und verkündete ihnen den Befehl der Göttin. Und die Menschen erwiesen sich bereit, für dieses Lebenselixier das geforderte Opfer zu bringen. Demütig baten sie um ein Zeichen, auf wen die Wahl Göttin fiel. Taneba sah ihren Gehorsam mit Wohlgefallen. Am Abend des folgenden Tages trat eine junge Frau vor und schritt auf das große Feuer inmitten der Wohnhöhle zu. Sie fühlte, Taneba hatte sie erwählt. Stolz über die Auszeichnung zu Ehren der Göttin zu sterben, nahm sie Abschied und stieg umhüllt von den Gesängen ihres Volkes in die Flammen.

Immer besser lernten die Menschen den Umgang mit dem Feuer, und viele Jahrhunderte vergaßen sie nicht, der Göttin den schuldigen Tribut zu erbringen. An besonderen Orten unterhielten Priesterinnen und Priester beständig ein heiliges Feuer, und jährlich feierten sie mitten im Winter zum Gedenken an die Ankunft des Feuers ein großes Fest und brachten ihr das erwählte Opfer dar.

Später verbreiteten sich neue Religionen, die Menschenopfer verboten, und Könige und Priester überwachten dieses Verbot und bestraften die treuen Kinder der Göttin mit dem Tode. Dennoch loht das heilige Feuer verborgen vor den Augen der Ungläubigen weiter, und Jahr um Jahr wählt Taneba ein Opfer. Und bald ist es wieder soweit.“

„Ein seltsames Märchen“, meinte Klaus. „Ein bisschen grausam.“
„Was ist daran grausam? - Das erwählte Opfer geht freudig in den Tod, im Bewusstsein, seiner Bestimmung zu folgen. Die Flammen behandeln es zärtlich, es leidet keine Qualen.
Ganz anders als die armen Menschen, die von den Verblendeten als Ketzer verbrannt wurden.“

Alvara schenkte ihm Wein nach und lächelte. Sie war schöner als sämtliche Prinzessinnen in den Märchen. Klaus erlebte eine Liebesnacht, wie er es nie erträumt hatte. Bevor der Morgen graute, erwachte er. Dunkel erinnerte er sich an Alvaras Geschichte.

„Sie sagt, sie ist die Hüterin des Feuers, dem bald ein Opfer dargebracht wird“, grübelte er, und ein banges Gefühl erfasste sein Herz. Vorsichtig kroch er aus dem Lager, betrachtete die schlafende Alvara. Schöner als der wunderbarste Traum. Er starrte hinaus auf die weiße Einöde. Flammendes Morgenrot ließ den Schnee aufleuchten. „Ich sollte jetzt gehen“, dachte er. „Es ist alles so unwirklich. Ich träume, oder sie ist verrückt.“
Alvara richtete sich auf.
„Komm“, murmelte sie. „Ich freue mich, dass du da bist. Manchmal fühle ich mich ein bisschen einsam.“

Als sie später am Tisch saßen, sagte Klaus: „Du hast mir gestern ein seltsames Märchen erzählt.“
„Oh nein, es ist kein Märchen. In drei Nächten ist Neumond. Dann findet die heilige Zeremonie statt.“
„Und das Opfer für Taneba?“
„Sie wählt es und führt es hier her. So wie dich. Ob du der Erwählte bist wird mich die Göttin wissen lassen und dich auch. Wenn du es nicht bist, darfst du bei dem Fest nicht anwesend sein.“
Klaus suchte nach seinen Kleidern.
„Es ist schade, wenn du jetzt gehst. Wir werden uns nie wieder sehen, denn nach jeder Opferung bestimmt sie für das heilige Feuer einen neuen Ort, damit möglichst viele ihrer Kinder einmal am heiligen Ritual teilnehmen können.“

Klaus blieb, obwohl ihm sein Verstand sagte, dass er sich besser aufmachen sollte, fort von dieser verrückten, verführerischen Frau, die sich als heidnische Priesterin gebärdete. Die nächsten drei Tage erlebte er als reines Glück. Sie liebten sich, dazwischen schlief er oder aalte sich im Bad. Er vergaß alles, was bisher wichtig für ihn gewesen war. Indessen bereitete sich Alvara mit Meditation und Gebeten auf die Opfernacht vor.

Am Nachmittag des dritten Tag sagte Alvara: „Heute wird Taneba ihr Opfer ausersehen.“
Klaus starrte sie ungläubig an. „Falls du glaubst, dass ich es bin, würdest du mich wirklich - verbrennen!“
„Ich führe die Erwählten in die heiligen Flammen, wie ich es schon seit ewigen Zeiten tue. Und sieh, ich bin unversehrt. Du würdest zu der Göttin aufsteigen. Und wenn einst mein Dienst beendet ist, sehen wir uns wieder.“
„Nein!“ rief Klaus entsetzt. „Ich will nicht sterben!“

Er warf die Tunika ab und suchte seine Kleider. Er stürmte durch den tiefen Schnee, rannte und rannte, nur fort von dem trügerischen Haus. Wie aus einer anderen Welt drang ein vertrautes Geräusch an seine Ohren - dicht vor ihm fuhr ein Auto vorbei. Er befand sich auf der Straße. Ein Wagen hielt neben ihm. Der Fahrer kurbelte die Scheiben herunter und fragte, ob er Hilfe benötige. Klaus schlüpfte in das warme Fahrzeug und spürte wie er zitterte. Er merkte, wie der freundliche Mann ihn musterte und stellte fest, dass er ohne Jacke, nur im Hemd fortgelaufen war. Der Mann erkundigte sich jedoch nur, wohin er ihn bringen solle.

„Ich habe es nicht weit - nur ins nächste Dorf.“

Als sie kurze Zeit später das erste Gehöft erreichten, sah Klaus plötzlich Alvaras Gesicht vor sich, und es erschien ihm unmöglich, sich weiter von ihr zu entfernen. Die Vorstellung, sein gewohntes Dasein weiter zu führen, erfüllte ihn mit Grauen. Neben der Begegnung mit Alvara verblasste alles in seinem Leben was ihm zuvor wichtig und gut dünkte. In Gegenwart und Zukunft herrschte nur noch fades, freudloses Grau.

„Hier sind wir schon! Bitte halten Sie an!“, rief er.

Inzwischen brach die Dämmerung herein. Klaus stapfte querfeldein, durch Schnee, über Hügel, durch Gräben. Mit unbarmherziger Klarheit wusste er, ihm blieb keine Wahl. Sein altes Leben lag hinter ihm, er konnte nicht mehr zurück. Nie würde er Alvara vergessen, und so lang er lebte umher irren auf der Suche nach dem gläsernen Haus. Er hatte ein unvergleichliches Glück erlebt, danach konnte nichts mehr kommen. Ob er Tanebas Opfer war oder nicht, sein Schicksal war vorgezeichnet. Seine Beine fanden wie von selbst den Weg. Erstaunt bemerkte er, dass noch ein Wanderer in seine Richtung marschierte. Nein, nicht nur einer, von allen Seiten pilgerten Menschen durch den Abend. Manche trugen Fackeln, andere Taschenlampen, die meisten verzichteten auf ein Licht. Eine tiefe Ruhe senkte sich in sein Herz, er spürte weder Kälte noch Angst. Er folgte seiner Bestimmung. Als er sich den lodernden Flammen näherte, scharten sich bereits viele Anhänger der Feuergöttin um ihr Heiligtum. Ein Murmeln ging durch die Gläubigen. Während Alvara ihm entgegen ging und ihn hinein führte, stimmten sie ein Lied an, einen fremdartigen, dunklen Gesang, der eine Sehnsucht aus Urzeiten verströmte.

 

Hallo niebla,

Romantik ist zwar nicht gerade mein Genre, aber dass deine Geschichte jetzt den vierten Tag ohne Reaktion hier herumliegt, ist ja kein Zustand. Mal sehen, was mir dazu einfällt.

Die Geschichte ist sehr märchenhaft erzählt, auch vom Erzähltempo und von der Sprache her, in gewisser Weise klassisch oder gar altmodisch. Das passt natürlich gut zum Fantasy-Genre, unabhängig davon, dass die Story in moderner Zeit spielt. Der Text liest sich entsprechend flüssig. Es dauert allerdings eine Weile, bis es spannend wird; es kann sein, dass du da schon einige ungeduldigere Leser verloren hast. Ich muss zugeben, dass ich selbst nach den ersten Absätzen nach rechts auf den Scrollbalken geschielt und u.a. deshalb weitergelesen habe, weil ich wusste, dass der Text relativ kurz ist.

Von der Handlung her erfindest du das Genre natürlich nicht neu, aber wer von uns tut das schon? Eine Priesterin, ein Menschenopfer, eine kleine Liebesgeschichte - das ist auch inhaltlich recht klassisch. Der versierte Fantasy-Leser winkt da womöglich schon ab (weiß ich aber nicht genau, ich zähle mich selbst nicht dazu). Umso mehr kommt es da m.E. auf die Stimmung und die Charaktere an, und in der Hinsicht finde ich deinen Text ganz ordentlich, aber nicht herausragend. Alvara ist vor allem schön und mysteriös, das passt schon so. Klaus hingegen könnte noch etwas detaillierter gezeichnet sein. Da erwähnst du am Anfang ein paar biographische Daten, und der Rest ist Kälte und Schnee. Was bewegt ihn, was ist ihm wichtig im Leben, dass er so empfänglich für Mystizismus ist? Wie ist sein bisheriges Verhältnis zu Frauen, dass ihn Alvara so umhaut? Das kannst und sollst du natürlich in einer Kurzgeschichte nicht detailliert auserzählen, aber ein paar kleine Pinselstriche könnten ihm mehr Farbe verleihen und es dem Leser erleichtern, mit ihm zu fühlen. So kommt für mich insbesondere der Schluss etwas unvermittelt (siehe unten).

Der Name Alvara lässt mich übrigens sofort an Alwara Höfels denken, die auch sehr sympathisch ist, aber nicht deiner Beschreibung der Feuerpriesterin entspricht. Ist sicher mein persönlicher Hänger. Der Name scheint so etwas Ähnliches wie "Elfenheer" zu bedeuten, was sicher passend ist.

Dann noch ein paar vermischte Flusen:

Die Straße wand sich einen Hügel hinauf, als plötzlich der Motor verstummte,[Komma weg] und sein Auto langsam zum Stehen kam.
Dass ausgerechnet im dichten Schneetreiben nicht nur das Auto, sondern auch noch das Handy den Geist aufgibt und dann partout kein Mensch vorbeikommt, ist natürlich ein ziemlich gewolltes Aufeinandertreffen. Aber vielleicht ist hier ja schon Alvaras Magie am Werk.

die Hügel am Horizont [und?] die Bäume entlang der Landstraße verschwammen

Aber bald häufte sich der Schnee so hoch, dass er nicht mehr spürte[Komma] ob Asphalt unter seinen Füßen lag,[Komma weg] oder ob er jenseits der Straße querfeldein trabte. Als er über eine Unebenheit stolperte und der Länge nach in das weiße Nass fiel, bestätigte sich seine Befürchtung: die Straße lag irgendwo, nur nicht da[Komma] wo er sich bewegte. Das Grau des Himmels färbte sich dunkler und dunkler. Dichte Flocken bedeckten Haare und Schultern, drängten sich zwischen Kragen und Hals, durchweichten seine Schuhe,[Komma weg] und tränkten Kleider und Haut mit eisigem Wasser.

„Nur keine Panik,“ ermahnte er sich laut.
Das Komma gehört hinter die Anführungsstriche. Kommt mehrmals vor.

möglicherweise handelte es ich um das Versteck einer Verbrecherbande, vielleicht wurden geheime Experimente mit gefährlichen Stoffen durchgeführt,[Komma weg] oder verbotene Drogen hergestellt

In einem auffälligen gläsernen Gebäude mit einem riesigen lodernden Feuer darin? Nun ja, Klaus ist ein wenig verwirrt ...

Sanft wiegten die Wellen seinen müden, geschundenen Körper,[Komma weg] und wuschen seine Erschöpfung ab. Erfrischt stieg er aus dem Bad, hüllte sich in das lange Gewand und streifte neugierig durch die eigenartige Behausung. Schwarze, unebene Steinfliesen bedeckten den Boden. Unter einem einem ovalen Tisch, um den sich drei hölzerne Hockern [Hocker] gruppierten, breitete sich ein heller, grobgewebter Teppich aus, ebenso vor einer mit Fellen gepolsterten breiten Sitzbank. Ein großes Bett aus dem selben dunklen Holz wie Bank, Tisch und Hocker. Ein rechteckiger Tisch, daneben ein gemauerter Herd, ein Regal mit Hausrat bildete[n] die Küche. Eine stattliche, eisenbeschlagene Truhe und ein schlichter Schrank vervollständigten die spartanische Möblierung, Bilder, Zimmer-pflanzen[Zimmerpflanzen] oder anderen [anderer] Zierrat fehlten und waren auch überflüssig

Als sie kurze Zeit später das erste Gehöft erreichten, sah Klaus plötzlich Alvaras Gesicht vor sich, und es erschien ihm unmöglich, sich weiter von dem gläsernen Haus zu entfernen.
Das kommt ziemlich plötzlich, vielleicht auch deshalb, weil du das Erzähltempo zum Ende hin merklich anziehst. Wenn du im gleichen gemächlichen Tempo weitermachen würdest wie am Anfang, hättest du Gelegenheit, während Klaus' Flucht durch den Schnee schon ein paar Zweifel oder widerstreitende Gefühle einzustreuen; ein (nochmaliges) Bedauern, Alvara zurückzulassen, oder einfach nur irgendeine innere Unruhe, deren Bedeutung du eine Weile offenlässt. Nur so als Idee.

Er hatte ein unvergleichliches Glück erlebt, danach konnte nichts mehr kommen.
Okay, er hatte eine fantastische Liebesnacht mit Alvara, aber das ist dann doch etwas dick aufgetragen. Vielleicht findest du ja einen Weg, das noch etwas stärker zu motivieren: Wenn Klaus nicht nur eine Nacht, sondern eine Woche oder einen Monat bei Alvara bliebe, so dass er noch stärker in ihren Bann gerät; wenn er noch etwas mehr als den Opfertod in Aussicht hätte, z.B. irgendwann im Jenseits wieder mit Alvara vereint zu sein; irgendwas in der Richtung - dann würde mir das stärker einleuchten. So kommt mir Klaus vor, als würde er "nur" unter dem Einfluss eines Zaubers (oder einer Droge) stehen, was bedeuten würde, das er nicht aus freiem Willen zurückgeht und dass Alvara (und/oder die Feuergöttin Taneba) ein ziemlich fieses Miststück ist. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass das deiner Intention entspricht.

Oder vielleicht doch? Ist Alvara am Ende eine böse Dämonin auf der Jagd nach unschuldigen Seelen? Falls das die Pointe sein sollte (was ich weiterhin nicht annehme), kommt sie m.E. nicht deutlich genug zum Vorschein. Auch falls du in dieser Hinsicht bewusst zweideutig sein wolltest, wird mir das nicht klar genug. Denn meine Interpretation ist, dass Alvara die Wahrheit sagt und Klaus' Sinneswandel nur etwas hastig erzählt ist.

So weit meine Gedanken, vielleicht hilft dir das weiter.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Holg,

vielen Dank für Deine fundierte Kritik! Ich habe mich sehr darüber gefreut, denn sie ist sehr hilfreich. Oft ist man in seiner Geschichte "gefangen" und nimmt die Schwachstellen gar nicht wahr! Ich bin sehr froh über dieses Forum.
Die Geschichte werde ich überarbeiten, denn so ist sie wirklich nicht gut.
Was die Kommas angeht hast Du natürlich recht, mit den Regeln steh ich ein bisschen auf dem Kriegsfuß.

Herzliche Grüße
Niebla

 

Hallo Holg,
Deine Kritik habe ich mir zu Herzen genommen und die Geschichte noch einmal überarbeitet.
Ich hoffe, sie ist nun plausibler. Leider ist es mir nicht gelungen zu kürzen.
Gruß
niebla

 

Hallo, niebla

Insgesamt finde ich die Geschichte schon sehr stimmig. Ich möchte Holg zustimmen, dass der Anfang sehr lang(-atmig) ist. Es dauert ewig, bis etwas passiert. Das verlangt Durchhaltevermögen vom Leser. Versuche doch bitte, noch zu kürzen. Ich weiß, jeder Cut tut erstmal weh, aber meistens lohnt es sich. Wenn Du Verlustängste hast, empfehle ich Dir, die alte Version des Textes aufzubewahren. ;) Wichtig ist, dass Du Dich traust, auch weniger zu machen.

Nach kurzem Zögern streifte er seine Kleider ab, warf sie auf die Bank neben dem Bad und glitt in das angenehm warme Wasser, das sogleich anfing zu sprudeln. Erfrischt stieg er aus dem Bad, hüllte sich in das lange Gewand

Das wiederum geht mir viel zu schnell. Ich komme in ein fremdes, gläsernes (!) Haus zu einer rätselhaften Frau, die nach einem kryptischen Satz einfach verschwindet. Ich ziehe mich also nackt aus und gehe baden. Klingt für Dich nach einer logischen Reaktion? Für mich überhaupt nicht. Das würde ich in einer solchen Situation als Allerletztes tun. Erst würde ich versuchen, Kontakt zu der Frau aufzunehmen, sie zu fragen, ob ich telefonieren kann und solange Alarm machen, bis sie mir hilft. Also entweder gibst Du einen Hinweis darauf, dass er irgendwie verzaubert wurde, oder du beschreibst das Zögern mehr.

„Gut. Dann erzähle ich dir, wie es weitergeht.
Vor undenklich langer Zeit gab es auf der Erde kein Feuer.

Hier gefällt mir der Umschwung zwischen "Du erzählst eine Geschichte" und "Alvara erzählt eine Geschichte" nicht wirklich. Das ist ein deutlicher Bruch im Text. Vielleich erzählst Du kurz, wie sie tief Luft holt, sich aufrechter hinsetzt... Dann wissen wir, dass sie sich darauf vorbereitet, weiter auszuholen.

Generell musst Du an Deiner Zeichensetzung bei der wörtlichen Rede arbeiten. Das wurde schon angesprochen, das Problem ist aber trotz Überarbeitung immer noch da. Bei einer wörtlichen Rede mit angestelltem "sagte/fragte/..." ist die Abfolge der Zeichensetzung so: Anführungszeichen, wörtliche Rede, Anführungszeichen, Komma, sagte/fragte/... Schließt die wörtliche Rede mit einem Fragezeichen oder Ausrufezeichen, bleibt dieses bestehen. "Was soll das?", fragte er. "Hallo!", rief sie. Schließt die wörtliche Rede allerdings normal mit einem Punkt, schreibt man diesen nicht. Z.B. "Aha", murmelte er. Da musst Du nochmal komplett rüberrutschen.

Viele Grüße,
Maria

 

Hallo Maria,
herzlichen Dank, für Deine Hinweise! Es stimmt, mir fällt es schwer zu kürzen! Und was die Logik angeht, hast Du ebenfalls recht. Ich bin sehr froh, Kritik zu bekommen; beim Schreiben sehe ich nur die Bilder vor mir. Das Geschriebene objektiv zu betrachten, daran muss ich auch noch arbeiten.
Ich werde einen neuen Anlauf machen.
liebe Grüße
niebla

 

Hallo Maria, hallo Holg,
inzwischen habe ich die Geschichte noch etwas gekürzt und, wie ich hoffe, verbessert. Nochmals danke für die Zeit und Mühe, die Ihr mir geschenkt habt.
niebla

 

Hallo, niebla

Also, ich habe die Geschichte nochmal durchgelesen.

Als erstes fällt mir auf, dass Du nicht an der Zeichensetzung in wörtlicher Rede gearbeitet hast. Das solltest Du dringend tun. Ich hatte es oben schonmal erklärt:

Bei einer wörtlichen Rede mit angestelltem "sagte/fragte/..." ist die Abfolge der Zeichensetzung so: Anführungszeichen, wörtliche Rede, Anführungszeichen, Komma, sagte/fragte/... Schließt die wörtliche Rede mit einem Fragezeichen oder Ausrufezeichen, bleibt dieses bestehen. "Was soll das?", fragte er. "Hallo!", rief sie. Schließt die wörtliche Rede allerdings normal mit einem Punkt, schreibt man diesen nicht. Z.B. "Aha", murmelte er.

Du setzt sehr oft Punkte am Ende der wörtlichen Rede, obwohl Du einen Begleitsatz anhängst, z.B.:

„Sie sagt, sie ist die Hüterin des Feuers, dem bald ein Opfer dargebracht wird.“, grübelte er

Der Punkt vor dem Anführungszeichen gehört da nicht hin. Der Fehler tritt immer noch auf, obwohl Du schon mehrmals darauf aufmerksam gemacht wurdest. Wenn Du weißt, dass Du an diesen Stellen Probleme hast, lohnt es sich, sie immer noch einmal extra zu prüfen. Für mich als Kommentatorin ist es etwas frustrierend, wiederholt darauf hinweisen zu müssen, zumal die Regel nicht sonderlich schwierig ist.

„Ich bin Alvara, die Hüterin des Feuers. Du bist in meinem Haus, im Heiligtum der Taneba. Du hast nie von ihr gehört? Gut, ich erzähle dir von ihr:
„Vor undenklich langer Zeit

Das Anführungszeichen nach dem Absatz kann weg.

Hier kommen wir zu dem, was mich jetzt beim zweiten Lesen wirklich gestört hat: Alvara redet halt ewig. Das Märchen nimmt fast ein Drittel der Geschichte ein. Eine Geschichte in der Geschichte zu erzählen, kann gut funktionieren, finde ich aber hier sehr langweilig. Vielleicht kannst Du das mit dem Märchen anders lösen. Ich frage mich, ob das überhaupt wichtig ist, das so ewig auszubreiten. Würde es nicht reichen zu sagen: "Ich diene Taneba. Sie ist eine Göttin, die einst den Menschen das Feuer brachte. Um das Feuer zu erhalten, verlangt sie jedes Jahr ein Menschenopfer."

Das Problem ist, dass das Märchen ziemlich langweilig ist. Weil es eben auch kein Märchen ist. Damit es spannend wird, bräuchte es einen eigenen Prot, der für den Erhalt des Feuers kämpft. Alvara könnte also z.B. erzählen, wie die erste Feuerpriesterin, ein mutiges Mädchen namens, keine Ahnung, Daria, sich aufmacht, um das Feuer zu suchen, und am Ende ein großes persönliches Opfer bringen muss. DANN wäre es spannend, und der Raum, den die Geschichte in der Geschichte einnimmt, wäre gerechtfertigt.

So wie Alvaras Geschichte momentan erzählt wird, raubt sie leider jegliche Spannung. Sie nimmt ein Drittel des Raumes ein, hat keine Hauptpersonen, keine Emotionen und keinerlei Spannungsbogen. Entweder kürzt Du es auf das Wesentliche, oder Du machst eine richtige Geschichte draus. So, wie das jetzt ist, bringt einen das einfach komplett raus. Es könnte so ähnlich in einem Geschichtsbuch stehen - ein kurzer Handlungsabriss mit gesichtslosen Personen ohne Emotionen. *gähn*

Ansonsten fand ich den Anfang sehr stimmig. Finde es gut, dass Du jetzt direkt in die Situation einsteigst. Das hat sich schon stark verbessert.

Ich hoffe, Du kannst mit meinen Anregungen etwas anfangen.

Viele Grüße,
Maria

 

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