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Irgendwann

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29.12.2013
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Irgendwann

Die Trennung von Juliette traf mich wie eine Atombombe und an den nuklearen Winter, die Zeit nachdem sie mich verlassen hatte, kann ich mich kaum erinnern. Ich muss lethargisch in irgendeiner Ecke gelegen haben – aber so genau weiß ich das nicht mehr. Und irgendwo, weit weg von Raum und Zeit, feierte ein anderer Bo eine Party. Je mehr sich mein Herz verkrampfte, je mehr Haut meine Fingernägel von meinem Arm kratzten, je mehr ich litt, desto größer wurde seine Party.
Die Dämonen fanden es wohl witzig, ihn mir wegen der Namensgleichheit zuzuteilen. Wobei er nicht Robert hieß. Er wurde Bo gerufen weil er ein boshafter kleiner fetter Bastard war. Boshaftigkeit war seine hervorstechendste Eigenschaft, und so nannten ihn alle „Bo“. Er sah aus wie ein fieser Buchhalter, der am liebsten seine Kundschaft auf einen fehlenden Cent aufmerksam macht. Selbst seine leicht schuppige Haut passte zu seinem Erbsenzähler-Outfit. Grauer Anzug, braunes Hemd, matt-grüne Krawatte. Nur seine gelbglühenden Katzenaugen ließen den Dämon erkennen.
Falls ich je einen Schutzengel hatte, so hatte Bo ihn schnell beiseite geschafft. Vielleicht hatte er ihn nur überredet, etwas anderes zu tun. Aber ich glaube eher, der Engel wurde mit vertrauensschaffenden Maßnahmen gefesselt und irgendwo hinabgelassen, wo er Jahre benötigte, wieder heraus zu kommen. Und so war ich „meinem“ Dämon Bo mehr oder weniger ausgesetzt. Und nun, da ich in einem wachkomaähnlichen Zustand in der Ecke lag, schaute er selbstgefällig auf mich herab. Seine Kumpel kamen und sie feierten eine Party. Sie genossen meinen Selbsthass in stilvollen Weingläsern. Sie schlemmten an meiner schmerzerfüllten Seele. Und meine Krämpfe und Anfälle bildeten eine liebliche Hintergrundmusik.
Ein wenig besonnen nippte Bo an seinem Glas mit meinem Selbsthass und erinnerte sich an eine andere Party. Die beste die er je hatte. Es war im Mittelalter, etwa Anfang des 13. Jahrhunderts. Der Junge, dem er zugeteilt war, hieß Friedrich.
Friedrich war ein lebhafter Junge mit blonden Haaren. Er liebte es, im Wald herumzurennen und Jagd auf Tiere zu machen. Und wie jedes Kind konnte er nie einen Hasen fangen. Er lag stundenlang auf der Lauer. Und tatsächlich sah er zwei Ohren von Meister Lamprecht. Doch ehe er auch nur im Entferntesten seinen Kinderbogen in die Hand bekam, war der Hase auch schon wieder verschwunden. Sein Onkel war öfter mit ihm im Wald und er lehrte ihn wie man eine Hasenfalle baut. Anfangs taten Friedrich die Tiere leid, doch schnell fand er gefallen am Jagen – besonders wenn er abends das selbst gefangene, von seiner Mutter zubereitete, Fleisch essen durfte.
Sein Vater Ruprecht hatte dem König in der Armee gedient und der Sold genügte, um der Familie ein gutes Leben zu ermöglichen. Sie waren in ihrem Dorf angesehen. Durch Ruprechts Stellung in der Leibgarde hatten sie manche Privilegien, so dass Friedrich im nahe gelegenen Kloster Lesen und Schreiben lernte. Seine ältere Schwester Martha beneidete ihn sehr, da sie als Mädchen nicht in das Kloster durfte. Doch Friedrich und Martha mochten sich und so brachte er ihr das Lesen bei. Manchmal schmuggelte er kleinere Schriften aus dem Kloster, damit sie etwas lesen konnte. Und sie lernte schnell, sehr schnell. Friedrich war der erstgeborene Sohn und dementsprechend stolz auf seinen Stand in der Familie. Sein Stolz verhinderte, dass er die Klugheit seiner älteren Schwester bemerkte. Nur in seinem Unterbewusstsein blieb nach endlosen Diskussionen über Gott, Religion und Politik immer ein Gefühl der Niederlage, obwohl sie ihm am Ende, wohl eher aus Höflichkeit, immer Recht gab.
Durch das Jagen und Ruprecht als Vorbild ging Friedrich freiwillig und sehr jung zur Armee. Er war ein guter Soldat, der die politischen Wirrungen und Hintergründe für manchen Kampf einfach nicht verstand. Oft hätte er gern seine Schwester Martha befragt, aber die war zu Hause, und er weit weg auf dem Schlachtfeld. Sie hatte immer eine Meinung zu politischen Geschehnissen und sie konnte ihre Meinung auch begründen.
Schon nach vier Monaten wurde Friedrich befördert. Er hatte eine Handvoll Männer zu kommandieren, die er vorher noch nie gesehen hatte. Sein erster Auftrag war ein besetztes Dorf zu befreien. Die Aktion war innerhalb einer Stunde erledigt. Doch seine Männer waren im Dorf verstreut. Friedrich ging auf die Suche und erwischte vier seiner zwanzig Männer auf frischer Tat, wie sie eine junge Frau des Dorfes vergewaltigten. Der Vater des Mädchens lag mit zertrümmertem Schädel neben der Eingangstür. Friedrich strafte sie lediglich mit einem bösen Blick. Sein militärischer Ehrgeiz sagte ihm, dass solche Burschen im Kampf besser waren als brave Ehemänner. Und tatsächlich entwickelte sich Friedrichs Truppe langsam zur Eliteeinheit. Ein Nachteil seiner Karriere war, dass er ununterbrochen an der Front war. Der Kontakt zu seiner Familie beschränkte sich auf zwei kurze Briefe im Jahr, die Martha ihm schrieb.
Friedrich kam mit dem politischen Geschehen nicht hinterher. Er reduzierte seine Gedanken auf seine Soldaten-Existenz und nahm Befehle an, ohne sie weiter in Frage zu stellen. Im Laufe der Jahre vergaß er die Diskussionen, die er mit Martha geführt hatte. Aber er wusste, dass er seine Familie, insbesondere Martha, sehr liebte. Sein erster Heimaturlaub nach acht Jahren war daher eine besondere Freude für ihn.
Kommandant Seibold war für ihn so etwas wie ein Freund geworden. Seibold kam aus dem Norden, Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben. Sein Vater fuhr zur See und nach einem Sturm kam er nicht wieder. Als Kind war er daher das, was man heute „schlecht erzogen“ nennen würde; als Mann war er ein Raufbold und Draufgänger. Aber genau diese Eigenschaften machten ihn auch zu einem der besten Kameraden den man sich in einer Armee wünschen kann. Er war da, wenn es brenzlig wurde, er scheute keine Schlacht und im Kampf konnte man sich hundertprozentig auf ihn verlassen. Er trieb auch seinen Schabernack mit den Kameraden, aber im Kampf war Verlass auf ihn. Da Seibold keine Familie mehr hatte, bot Friedrich an, ihn bei ihrem Heimaturlaub einfach mitzunehmen. Dankbar nahm er an und sie zogen zu zweit durch die Lande in Richtung Friedrichs Zuhause.
Zwei Tagesmärsche vom Ziel entfernt hörten sie von einer kommenden Ketzerverbrennung. Sie sollte schon am Nachmittag des nächsten Tages stattfinden. Seibold wollte das unbedingt sehen. Ihr letzter Kampf lag fast acht Monate zurück – er vermisste es Blut zu sehen. Er war ein Gewalt-Junkie auf Entzug. Friedrich war es einerlei, daher beschleunigten sie ihr Tempo, um die zwei Tagesmärsche in etwas kürzerer Zeit zu bewältigen. Je näher sie der Stadt kamen, desto mehr wurde darüber geredet. Sie hörten, dass es sich um eine Ketzerin handelte. Andere sprachen von einer Hexe. Wieder andere erzählten haargenau, wie die Angeklagte Papst und Kirche beschimpft hatte und waren der Meinung, eine gotteslästerlichere Schlampe habe es nie vorher gegeben. Ganz wenige waren entsetzt, wie ein so liebes Mädchen in solche Schwierigkeiten geraten konnte.
Am Tag der Verbrennung mussten sie nicht mehr allein laufen. Eine ständig wachsende Gruppe von Menschen lief mit ihnen mit, um das Spektakel nicht zu verpassen. Die Gespräche gingen ausschließlich um die Ketzerin in den verschiedensten Variationen. Aber in einem waren sich alle einig: sie wollten die Verbrennung sehen.
Sie kamen pünktlich auf dem Marktplatz an. Der Scheiterhaufen war bereit. Die Angeklagte stand mit einer Kapuze bedeckt auf einem Podest. Seibold schob Friedrich vor bis zur ersten Reihe. Er wollte ganz vorn stehen. Den Mann, der die Anklage verlas, hatte Friedrich noch nie gesehen. Aber die anwesenden Priester kannte er alle aus seiner Kindheit. Im Hintergrund sah er ein paar Mönche aus dem Kloster. Sie sahen irgendwie hilflos und verstört aus. Bruder Jonas, der ihm das Lesen beigebracht hatte, wischte sich mit seiner Kutte Tränen aus dem Gesicht. Die Anklage sprach von Lügen über die Kirche, aber auch von Verrat am Staat. Nach Zehn Minuten Angklageverlesung schubste der Mann die Angeklagte nach vorn und zog ihr gleichzeitig den Umhang mit der Kapuze vom Leib. Unter den rund 500 anwesenden Bürgern waren nur sechs von Seibolds Schlag. Aber diese sechs genügten, um die ganze Menge „verbrennt sie!“ grölen zu lassen. Es war kein Kampf, aber Seibold war in seinem Element.
Friedrich hingegen brachte kein Wort heraus. Er starrte seine Schwester Martha an, die als Angeklagte auf dem Podest stand. Wie war das möglich? Warum war ausgerechnet sie die Ketzerin? Seibold schlug ihm auf die Schulter und Friedrich deutete nur auf Martha und sagte „meine Schwester“. Es dauerte nur einen kurzen Moment und Seibold änderte die Strategie. Er war trainiert darauf sein Ziel zu erreichen und hier und jetzt wollte er die Hexe brennen sehen – egal wie. Ein schneller Rundum-Blick um die Lage zu sondieren. Dann riss er einem nahe stehenden Soldaten die brennende Fackel aus der Hand. Zu Friedrich gerichtet redete er in beschwörendem Ton auf ihn ein.
„Wenn das wirklich deine Schwester ist, hast du die Ehre und Pflicht dem Staat zu dienen. Aktiv ihre Verbrechen zu vergelten. Du hast die Anklage gehört – sie ist ein Verräter in den eigenen Reihen. Du weißt was wir mit Verrätern und Deserteuren machen, oder? Tu deine Pflicht Friedrich – sie muss brennen!“
Seine Pflicht tun – Friedrich hatte in den letzten Jahren gelernt seine Pflicht zu tun. Und sie waren mit dieser Strategie siegreich gewesen. Die Menge grölte „verbrennt sie“. Seibold brüllte ihn an „verbrennt sie!“. Friedrich drehte sich um und brüllte mit all den anderen mit: „Verbrennt sie!“
Martha war bereits an den Pfahl des Scheiterhaufens gekettet. Sie hatte keine Kraft mehr sich zu wehren. Sie wollte, dass es schnell vorbei ging. Jeder auf dem Platz wollte nun, dass es endlich begann. Alle spürten, dass es nun passieren würde. Seibold schubste Friedrich nach vorn und rief „Tu deine Pflicht“. Ohne weiter nachzudenken warf Friedrich die brennende Fackel in das vorbereitete Reisig, welches sofort die Flammen aufnahm und weitergab. Dass sechs weitere Soldaten ihre brennenden Fackeln ebenfalls warfen bekam er dabei nicht mit. Er schaute Martha in die Augen, die seinen Blick erwiderten. Friedrich erstarrte als er die Liebe in ihrem Blick erkannte. Sie erkannte ihn! Er konnte nichts hören, aber er las die Worte von ihren Lippen: „ich vergebe Dir!“. Seine Knie wurden weich, gaben nach und er sank zu Boden. Er sah wie die Hitze die Haut von den Füssen zog und sah wie sich Martha zappelnd und schreiend krümmte.
Als Seibold ihm ein weiteres Mal auf die Schulter klopfte, drehte er sich voller Wut um. Seibold erkannte, dass es Zeit war zu gehen. Kerle wie Seibold erkennen immer, wann es Zeit ist zu gehen. Seine Aufgabe war erledigt, der Blutrausch für eine Weile gestillt - sein Heimaturlaub war hiermit beendet. Er hob die Hand zum Abschied und verschwand in der Menge. Friedrich blieb auf den Knien und beobachtete weiter die Flammen. Für ihn waren die Qualen die Martha erleiden musste unerträglich. Er bekam nicht mit, dass Martha schon ohnmächtig geworden war, als die Flammen ihre Knöchel erreichten. Und er bekam nicht mit, dass sie am Qualm des brennenden Reisigs bereits erstickt war, als ihre Oberschenkel vor Hitze platzen. Er bekam nicht mit, dass ihr Sterben schnell ging. Er starrte noch in den Scheiterhaufen, als sich die Menge bereits auflöste und der größte Teil den Heimweg antrat.
Jetzt war für Bo die Zeit gekommen. Der Dämon schlich sich von hinten an Friedrich heran. Er durfte nicht gesehen werden – noch nicht. Neben den Menschen waren etliche Dämonen und Engel am Platz. Die Dämonen feierten selbstgefällig. Die Engel kümmerten sich rührend um Martha und trauernde Menschen. Bruder Jonas hatte sogar zwei Engel um sich. Aber Bo kümmerte das alles nicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch keinen Anzug und mit seinem Fell, welches eine seiner Schultern frei lies, sah er aus wie ein zurückgebildeter Neandertaler. Groteskerweise machte dieses Urzeitaussehen ihn fast unsichtbar. Er legte die Hände auf Friedrichs Schultern und setzte flüsternd nur einen Gedanken in Friedrichs Kopf fest: „Du bist schuld“.
Zwei Engel rissen Bo zu Boden und hielten ihn fest, während drei andere Engel auf Friedrich einredeten.
„Jesus vergibt!“
„Christus ist für Dich am Kreuz gestorben!“
„Gott liebt Dich!“
Lächelnd ließ sich Bo von den Engeln am Boden halten. Der Samen war gesät. Friedrich hielt sich mit beiden Händen die Schläfen. Die Stimmen in seinem Kopf machten ihn fast wahnsinnig. Gedanken breiteten sich aus. Er war ein gottesfürchtiger Mann, aber mit Jesus konnte er noch nie viel anfangen. Daher schob er die Gedanken von Kreuz und Vergebung beiseite.
‚Hätte ich ihr nicht das Lesen beigebracht, wäre sie nicht zur Ketzerin geworden. Ich habe die Fackel geworfen und sie verbrannt. Mit mir hatte sie Diskussionen über Religion und Politik – ich hätte sie vom Richtigen überzeugen müssen! Ich habe versagt. Ich habe Schuld!‘
Von Vergebung hatte er nur gehört. Aber dass er Martha das Lesen beigebracht hatte, dass er Diskussionen mit ihr hatte, dass er die Fackel geworfen hatte, das alles waren Tatsachen. Diese Erkenntnis bereitete den Weg vom Gedanken im Kopf zum Schuldgefühl im Herzen. Wie die Pest einen Körper schwarz werden lässt, verdarben die Gedanken sein Herz. Es schnürte sich zu und wurde zu einer eisenschweren Last, die Friedrich nie wieder aufrecht gehen ließ.
Als er über den Platz schaute, sah er seine weinenden Eltern. Dieser Anblick gab ihm den Rest. Er stand auf und wankte fort. Langsam schlich er in Richtung seiner Kompanie. Er verspürte keinen Lebenswillen mehr. Nachts plagten ihn Albträume. Bo hatte seinen Spaß daran ihm die Verbrennung seiner Schwester in zwanzig verschiedenen Versionen zu zeigen. Und in jeder Version sagte sie nicht „ich vergebe dir“, sondern „du bist schuld“. Friedrich war gebrochen. Er wollte nur noch einsam leiden. Er wollte in die Hölle. Kein Engel hatte eine Chance ihm etwas anderes zu sagen. Friedrich stürzte sich eines Tages ohne Rüstung in den Kampf und wurde vom Gegner niedergewalzt.
„Bo?“
Ich bin Bo. Bo machte eine riesige Party. Er lud alle ein, die er irgendwie kannte und sie vergnügten sich mit Friedrichs Elend, Selbsthass und seiner letztendlichen Verzweiflung.
„BO!!!“
Bin ich Bo? Die Party war so ausgelassen, dass er noch Wochen danach einen Kater hatte.
„Robert Derliner!! Hörst du mich?“
Das war ich! Bo lachte über mich! Ich riss die Augen auf und schrie „Ich will das nicht!“. Mein Mitbewohner wich etwas zurück.
„Hey Bo. Ist alles in Ordnung mit Dir“
Ich stotterte etwas.
j..j…ja.“
Ich war in Ordnung. Zumindest atmete ich. Was war das denn für ein Trip? Aber ich wollte nicht, dass der Dämon Bo meinetwegen weiter feiern konnte! Egal ob das nur ein Traum war oder ob ich die Grenze zwischen unserer und der unsichtbaren Welt überschritten hatte: Ich wollte nicht wie Friedrich enden! Plötzlich musste ich an „himmelblau“ denken und mir ging es etwas besser.

 

Hej pantoholli,

ich hab nicht verstanden, inwiefern für den Erzähler Gefahr besteht, wie Friedrich zu enden. Einmal geht es um eine gescheiterte Beziehung, einmal um die Vollstreckung der Hinrichtung der eigenen Schwester.
Meinst Du das Ganze wiedergeburt-mäßig?

Die Trennung von Juliette traf mich wie eine Atombombe
Könnte man für einen starken Auftakt halten, aber genau besehen sagst Du damit nicht viel aus: Weiß ich jetzt, ob und warum Juliette so eine verdammt tolle Frau war, dass man die Trennung mit ihr nur mit Mühe verkraftet oder ob Robert ein psychisches Wrack oder solch ein Sensibelchen ist, dass er alles, was ihm in seinem Leben zustößt mit Atomexplosionen vergleicht? Keinem von beiden bin ich dadurch wirklich näher gekommen.

Die Dämonen fanden es wohl witzig, ihn mir wegen der Namensgleichheit zuzuteilen.
Ist das so? Teilen Dämonen anderen Dämonen jemanden zu?

Die ganze Friedrich-Passage hat was von Säulen der Erde (nicht so mein Ding), hier und da sind Redewendungen drin, die ich unpassend finde, z.B.

Er war ein Gewalt-Junkie auf Entzug.
Ehre und Pflicht dem Staat zu dienen. Aktiv ihre Verbrechen zu vergelten.
Dieser Anblick gab ihm den Rest.

Davon abgesehen fand ich es aber erfreulich klar formuliert und Fehler sind mir auch nicht groß aufgefallen, nur das hier:

aber er las die Worte von ihren Lippen: „ich vergebe Dir!“.
„Ich vergebe Dir!“.

Zusammengefasst finde ich die Mischung nicht so gut gelungen.

Ich wünsche Dir trotzdem noch viel Spaß hier & beim Schreiben,

LG
Ane

 

Hallo Ane.

Danke fürs Kommentieren.

Einige Anmerkungen dazu:

Stimmt. Die Rahmenhandlung ist etwas kurz ausgefallen. Da habe ich mehr im Kopf, als ich aufgeschrieben habe :)

Ist das so? Teilen Dämonen anderen Dämonen jemanden zu?
Bei mir schon ;)
Ich bin von dem Gedanken "mein Schutzengel" ausgegangen und habe das mal umgedreht. Wenn Engel zum persönlichen Schutz da sein können, wieso nicht auch "persönliche Dämonen"?

ich hab nicht verstanden, inwiefern für den Erzähler Gefahr besteht, wie Friedrich zu enden.
gut - Muss ich mal überlegen ob/wie ich das klarer formuliere. Der dahinter stehende Gedankte ist: oft propagieren die Christen "Wenn du nicht ...., dann kommst du in die Hölle". Also ein "ich will in den Himmel, muss in die Hölle". Friedrich will in die Hölle. Robert will nicht, dass der Dämon ihn soweit bringt, dass er in die Hölle will.
zu wirr? :) (und das ist noch einer der einfacheren Gedanken, dei mir im Kopf rumschwirren :))

Danke für das Lob der "klaren Formulierungen", und trotzdem ist die Grundidee des Textes nicht "klar" geworden. *grummel*
Aber deshalb bin ich ja hier :)

Gruss
pantoholli

 
Zuletzt bearbeitet:

„armee, f. it. armata, sp. armada, ein mit dem feind überall vorgedrungnes,
völlig entbehrliches wort, das unsere sprache längst mit heer und haufen
hätte zurückschlagen sollen.“ Brüder Grimm, Deutsches Wörterbuch​

Sein Vater Ruprecht hatte dem König Friedrich II in der Armee gedient ...
Was irgend es auch sein soll,

lieber pantoholli –
gleichwohl gebietet diu hoevesceit erst einmal vorweg ein herzlich willkommen hierorts –

es sprudelt aus Dir heraus. Da Plappert’s vor sich hin – und, was beim gesprochenen Wort im kleinen Kreis flüchtig daherkommt und hingenommen wird, tappt niedergeschrieben in jede Falle. Ane hat schon einiges gesagt und in der Tat müssen die ersten Sätze eher abschrecken als einladen:

Die Trennung von Juliette traf mich wie eine Atombombe und an den nuklearen Winter, die Zeit nachdem sie mich verlassen hatte, kann ich mich kaum erinnern.
Da ist die maßlose Übertreibung, als reichte nicht, vom Schlag getroffen zu werden. Und selbst wenn man den überstünde, wäre es mehr als verwunderlich, sich der folgenden Kälte zu erinnern, geschweige zu erzählen.

Ich muss lethargisch in irgendeiner Ecke gelegen haben – aber so genau weiß ich das nicht mehr.
Der zwote Satz(teil) hier ist eher entbehrlich – schwingt doch im ersten bereits mit der Vermutung (muss … haben) mit. Aber wenn man Namen, die historisch belegt sind, verwendet – selbst wenn man Stoff auf einer Party genommen hat - trifft der zwote Teil des Satzes dann idealerweise den Inhalt:
… aber so genau weiß ich das nicht …
Wir können sogar verstärken, denn da wird vorgegaukelt, der Icherzähler wüsste ja immerhin etwas.

Schon Friedrich II., Enkel Barbarossas und Roger I., des Normannenkönigs beider Sizilien, war ein selbst für heutige Verhältnisse „moderner“ Mensch. Gebildet (sein Falknerbuch ist noch vollständig erhalten) Gewalt als letztes Mittel ansehend (er hat den einzigen Kreuzzug angeführt, der nahezu ohne Blutvergießen durch Vertrag mit dem Sultan erfolgreich abgeschlossen wurde). Eben dieser Namensvetter glaubte an keine überirdischen Kräfte (was der Papst seinerzeit erkannte und ihn trotz des Kreuzzuges mit dem Kirchenbann belegte) wie Dämonen oder Engel, war allem Aberglauben abgeneigt – der in einigen, sich „modern“ nennende literarische und filmische Gattungen wieder aufwärmen). Hinzu kommt, dass es dazumal kein feststehendes Heer gab und erst recht keine Dienstzeit. Stehendes Heer und Dienstzeit kamen erst mit dem Übergang vom Lehenswesen zur ständischen Gesellschaft auf (sichtbar in den Landsknechten, besoldete – daher kommt’s Wort Söldner - Knechte mit Lanzen) usw. usf.

In seinem letzten Dienstjahr war er in der Leibgarde des Königs mit nach Rom zur Krönung des Königs zum Kaiser gefahren.
Im 13. Jh. "fuhren" die wenigsten, schon gar nicht die "Gefolgschaft", man "zog" nach Rom - auf dem Pferd sitzend (Reiter = Ritter) oder als Fußvolk.

Aber das Nichtwissen beschränkt sich nicht auf die Historie. Ein Beispiel:

Er sah aus wie ein fieser Buchhalter, der am liebsten seine Kundschaft auf einen fehlenden Cent aufmerksam macht.
Buchahlter haben in aller Regel keinen Publikumsverkehr, folglich auch keine Kundschaft - sofern sie nicht als Büroservice oder dergleichen selbständig sind - da wäre keine Kundschaft das Ende der Selbständigkeit.

Man sollte schon wissen, worüber man schreibt!

Bissken Beistand zur Fehlersuche

Nur seine Gelb-glühenden Katzenaugen
gelbglühende
Vielleicht hatte er ihn nur überredetKOMMA etwas anderes zu tun.
Aber ich glaube eherKOMMA der Engel wurde mit
Er liebte esKOMMA im Wald herumzurennen und Jagd auf Tiere zu machen.
Warum nicht einfach: "Er liebte die Jagd" oder "er liebte zu jagen"?
Und Tatsächlich sah er ...
tatsächlich
... und er lehrte ihnKOMMA wie man eine Hasenfalle baut.

Nun ein letzter Hinweis
Kammeraden
sind zwar Zimmer-(Kammer-)genossen, schreiben sich aber, da aus dem frz. (wie die „Armee“) entlehnt, mit nur einem m.

Alles kein Beinbruch, aber es ist ein klassischer Fehlstart,

findet der

Friedel

 

Verstehe. Und das Denken beginnt neu... (endlich mal Einer, der das Halbwissen durchschaut.)
Danke für den "Klassiker" - auch wenn es nur der Fehlstart ist ;)

 

Ist ja lustig,

lieber pantoholli,

nachdem ich mir meinen Beitrag noch mal angetan habe. Manchmal sprech ich ein wenig Pdgin darin (da hatte ich am Anfang des Satzes ein anderes Satzende im Schädel, als nachher im zwo Finger Suchsystem auf der Klaviatur heruaskam (siehste!). Na, guck ich ma'.

Schönen Restsonntag wünscht der Friedel,

der noch'n Vorschlag zum Titel hat (weil er Konstruktionen mit "irgend..." eigentlich verabscheut wie das "eigentlich" eigentlich. Wie wär's mit dem mhd.

"iendar" - natürlich am Anfang des Titels oder Satzes mit Großbuchstaben!?

 

:lol: Mindesthaltbarkeitsdatum? - joo - eigentlich passt das irgendwie zum "irgendwann", obwohl ich auch schon an "irgendwo" dachte. :)

Die Idee ist nicht schlecht, obwohl (ein Wort, das ich eigentlich nicht mag) ich den Titel mehr in Bezug zur Rahmenhandlung haben wollte.
Ich werd an den Text nochmal rangehen und dann den Titel nochmal mit überdenken - wird aber eine Weile dauern...

Schöne Restwoche
pantoholli

 

Hi pantoholli,

man sollte sich IMMER Zeit lassen, sonst könnten wir auch am Fließband (und wenn's die Kasse beim Aldi wäre) stehen/sitzen. Und wer KEINE Zeit hat, ist "eigentlich" (so gut wie) tot.

Tschüss und gutes Schaffen,

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,
ich finde das super, wie du dich hier im Forum einbringst, deswegen will ich gerne was zu deinem Text sagen. Das wird leider ein wenig negativ klingen, aber auch ganz ehrlich sein.
Ich habe deinen Text nicht zu Ende gelesen, weil er nach meinem oberflächlichen Eindruck keinen roten Faden hat. Jetzt kann man mir vllt vorwerfen, ich hätte mich mehr darauf einlassen sollen, ihm eine Chance geben, aber hier im Forum geht es halt sehr schnell weiterzuklicken, und wenn du den Leser nicht gleich packen kannst, ja, das wird schwierig.
Man merkt, du hast auf jeden Fall Lust am Erzählen, aber du willst irgendwie gleichzeitig so viel erzählen, und da kommt ein Kuddelmuddel raus, der einfach nicht funktioniert.
Hier sollen es wohl zwei Geschichten sein, von dem Ich-Erzähler und von Friedrich, es wird später wahrscheinlich auch eine Verbindung hergestellt, aber irgendwie fällt dieser Friedrich aus heiterem Himmel, und dann gibt es eine Menge tell, tell, tell, und die Ereignisse springen von hier nach da - das geht nicht auf.
Da kommt der Onkel, und die Schwester und der Krieg und die Vergewaltigung, und am Anfang war da noch Bo, und das kommt alles auf einer Seite oder so, dann habe ich den Rest überflogen, die Schwester soll dann noch brennen, also wirklich, das ist auf dem kleinen Raum einfach too much. Ja, man denkt sich, hmm... sehr zweifelhaft, dass er jetzt all die Info zusammen verbindet, dass sie im Ausgang insgesamt von Relevanz war. Ich habe jetzt bei einer anderen Geschichte von dir, in deiner Antwort auf Fliege gelesen, du hättest immer so viele Ideen, ja, man merkt schon, dass du hier sie alle reinbringen willst. Das Problem ist dann natürlich, dass sie auf einem so kleinen Raum, wie den deine KG bietet, kaum zur Entfaltung kommen können. Entweder du gibst jeder Idee einen angemessenen Platz zum Atmen, oder du reduzierst deren Anzahl, so sehe ich das jedenfalls.
Ist auch immer erzähltechnisch stärker, tiefer in einen Konflikt hineinzugehen, sich mehr Gedanken zu den einzelnen Punkten machen, das schätzt der Leser mehr, glaube ich. So ist das irgendwie ein Galopp durch die Ereignisse, und man findet so schlecht in den Text hinein. Auf jeden Fall meine ich, das ist so ne Sache, die man als Autor sich begreiflich machen muss, eine Geschichte braucht immer eine ausgewogene Informationsökonomie, Caharakterökonomie, überhaupt Ökonomie ist irgendwie überall. Wenn du halt viel erzählen möchtest, dann mach den Text wesentlich länger, aber dann hast du die Schwierigkeit, dass er unter Umständen eben Längen hat. Um diese zu vermeiden, muss dann mehr Komplexität rein. Dann braucht die Geschichte verschiedene Ebenen, Schichten, Blickwinkel, Überraschungen, Wendungen, so Zeugs halt. Ich glaube, es würde dir am Anfang echt viel bringen, die Geschichten klarer zu erzählen, und wenn du da positive Resonanz bekommst, weitergehen und deine Gedanken entfächern.
Dann noch was, dieses show, don´t tell-Ding, das hast du ja hier im Forum bestimmt schon mehrmals als Hinweis gelesen. Dieses szenische Schreiben, das ist echt sehr wichtig, gerade für den Anfang. Es gibt natürlich auch sehr gute Geschichten, die fast ausschließlich mit tell auskommen, aber die brauchen dabei einen besonderen Blickwinkel, eine interessante Erzählstimme, eine eigenartige Sprache, eine dynamische Erzählstruktur. Das sind halt Dinge, die mMn in deinem Text gerade fehlen.
Da ist schon eine gewisse Ironie drin in einigen Wendungen, die würde ich ausbauen, ich glaube, da kannst du echt einiges noch rausholen.
Sprachlich finde ich das schon gut, du findest teilweise originelle Formulierungen, aber auch da musst du noch ein wenig feilen. So ein paar Beispiele vom Textanfang.

Die Trennung von Juliette traf mich wie eine Atombombe und an den nuklearen Winter, die Zeit nachdem sie mich verlassen hatte, kann ich mich kaum erinnern.
Also der Anfang ist gut, bis zu dieser Stelle
die Zeit nachdem sie mich verlassen hatte
Das ist so ein grundsätzliches Ding, finde ich, du findest eine gute Metapher und machst die selbst wieder kaputt, indem du sie erklärst. Auf die Explosion einer Atombombe folgt doch immer ein nuklearer Winter, oder? Der Leser wird es schon zusammensetzen können, und fühlt sich durch den Text auch eher gefordert. So ist jedenfalls immer mein Ansatz.
Ich muss lethargisch in irgendeiner Ecke gelegen haben – aber so genau weiß ich das nicht mehr.
Der Teil nach dem Gedankenstrich ist redundant, der Erzähler hat ja in dem Satz davor schon gesagt, dass er sich nicht erinnern kann.
Und irgendwo, weit weg von Raum und Zeit, feierte ein anderer Bo eine Party. Je mehr sich mein Herz verkrampfte, je mehr Haut meine Fingernägel von meinem Arm kratzten, je mehr ich litt, desto größer wurde seine Party.
Hier hast du diese Wiederholung mit der Party. Der Textfluss würde gewinnen, das Bild würde reicher werden, wenn du es anders ausdrücken würdest. Keine Ahnung, in etwa: "Je mehr sich mein Herz verkrampfte, je mehr Haut meine Fingernägel von meinem Arm kratzten, je mehr ich litt, desto lauter ließ er die Korken seines Champagners knallen."
Boshaftigkeit war seine hervorstechendste Eigenschaft, und so nannten ihn alle „Bo“.
Hmm... Man ist hier geneigt zu sagen, es wäre an den Haaren herbeigezogen.
Falls ich je einen Schutzengel hatte, so hatte Bo ihn schnell beiseite geschafft. Vielleicht hatte er ihn nur überredet etwas anderes zu tun. Aber ich glaube eher der Engel wurde mit vertrauensschaffenden Maßnahmen gefesselt und irgendwo hinabgelassen, wo er Jahre benötigte, wieder heraus zu kommen.
Nach meinem Empfinden spinnst du hier einen Satz zu weit. Ich würde grundsätzlich auch schauen, dass man eine Information auf nur eine Art und Weise rüberbringt und nicht in so einem Fluss sich aneinander reihender Vergleiche oder Erörterungen verliert. Solche Dinge machen den Text nur wässrig.
Ja pantoholli, ich hoffe, du kannst mit meinen Vorschlägen etwas anfangen. Ist natürlich alles total subjektiv alles. Bleib auf jeden Fall dran, und noch viel Spaß hier.
lg, randundband

 

Hallo randundband,

Ja pantoholli, ich hoffe, du kannst mit meinen Vorschlägen etwas anfangen.
Klar. Ich bin in einer Phase des Schreibens, wo jede Meinung hilft. Ich experimentiere halt. Dazu gehören eben auch Fehlschläge. und soo negativ ist Dein Kommentar doch garnicht. Konstruktive Kritik ist gut. vielen Dank dafür.

pantoholli

 

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