Irene
Irene-der Name passte schon nicht zu uns.
Jeden Morgen der gleiche Anblick: Geflochtene lange Zöpfe, Strickweste, brauner Rock und Wollsocken.
Ein zurückhaltendes Mädchen, das sich gerade dadurch zu einer Ausgegrenzten machte.
Allein ihr Pausenvesper unterschied sich gravierend von unserem. Ihr Bio Vollkornbrot mit Öko-Aufstrich und der Traubensaft.
Doch gerade das gefiel den meisten aus der Klasse. Sie machten sich über Irene lustig. Klar, sie wurde zum Opfer vieler Späße.
Anfangs waren es noch lustige Späße, wie damals, als ihr Mäppchen durch das Klassenzimmer flog und auf dem Lehrerpult landete. Oder als erneut ihr Name reingerufen wurde, als etwas schief ging oder der Lehrer fragte, wer Tafeldienst habe.
Doch diese Späße wurden zu Beleidigungen, Beschimpfungen und Gemeinheiten.
Keiner merkte, dass es zu weit ging.
Nicht einmal ich verstand, dass sie Hilfe brauchte. Ich war blind, lachte sogar, als ihr einmal die Tränen kamen, denn sie wirkte doch sonst immer so stark und als nehme sie sich das nicht zu Herzen.
„Ein hartes Mädchen“- mit dem Eindruck lagen wir alle falsch.
Niemand hatte gedacht, dass es einmal so enden wird.
-Jetzt stehe ich hier..., der Sarg wird heruntergelassen.
Die Tränen laufen mir die Wangen hinunter... .
Gerade erst 5 Tage ist es her, als sie auf ein Gebäude kletterte, heruntersprang und sich somit das Leben nahm.
Ich stehe hier,... mit weichen Knien und verdammt schlechtem Gewissen,...vor dem Grab
Irene ist tot.