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Iphigenie (Antike)

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06.06.2010
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Iphigenie (Antike)

„Kannst du wieder klar sehen?“
„Ja, kann ich.“
„Warum musstest du das nur tun?“
„Musste ich was tun?“
„Du weißt schon, jetzt komm mit!“
Die Stimme hatte einen kalten Unterton. Ich wurde hoch gehoben. Noch hatte ich kein Gleichgewicht und musste mich an der Wand abstützen.
Der Raum, in dem ich mich nun endlich umschauen konnte, musste der eines Schlosses oder Palastes sein. Er bestand, ausgenommen der Fenster, komplett aus Marmor. Viele Muster verzierten die Decke und die Wände.
Mein Begleiter war ein Junge von etwa 20 Jahren. Kurze, schwarze Haare, giftgrüne Augen und ein ernstes Gesicht.
Er eilte auf die nächste Tür zu. Ich versuchte ihm zu folgen, kam aber nur sehr langsam vorwärts.
Der Junge war lange fort, als ich die Tür endlich erreichte.
Ich öffnete sie und betrat den nächsten Raum. Als sich die Tür hinter mir geschlossen hatte, wurde mir schwindelig. Ich stolperte und fiel auf den Boden. Ich verlor das Bewusstsein.

„Wach auf!“
Wieder sah ich den Jungen.
„Jetzt wach endlich auf! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“
„Was ist los mit mir? Wer bist du? Was mache ich hier?“
Die Fragen sprudelten aus mir heraus. Doch bevor er irgendetwas erwidern konnte, ergriff mich die Panik und ich schlug ihm ins Gesicht.
Er blutete aus dem Mund und schaute mich mit einem verblüfftem Gesichtsausdruck an.
Ich wollte aufspringen und losrennen, doch meine Beine waren noch nicht bereit.
Der Kerl drückte mich zurück auf den Boden und hielt mich fest. Ich konnte mich nicht mehr bewegen.
„Es tut mir leid! Ich wollte das nicht! Ich...“
Ich bekam keine Luft mehr. Schon fiel ich wieder in Ohnmacht.

Diesmal brauchte ich länger zum Aufwachen.
Meine Augen ließen sich nicht öffnen. Ich hörte um mich herum mehrere Leute reden.
„Warum sie? Ausgerechnet sie?“...“Befehl ist Befehl“...“Wir könnten eine Waise nehmen und sie laufen lassen!“...“Und das Risiko eingehen, dass der Herrscher davon Wind bekommt?“
Die Stimmen zogen sich zurück. Stille legte sich über mich. Langsam öffnete ich die Augen.
Der Raum, in dem ich mich befand, erinnerte an einen Tempel.
Ich bekam es mit der Angst zu tun, als ich bemerkte, dass ich auf dem Altar lag. Immerhin war ich nicht gefesselt.
Ich drehte meinen Kopf und erschrak. Direkt vor mir stand ein maskierter Junge.
„Mögest du uns Wind bringen!“, waren seine Worte.
Seine Rechte, die einen Dolch hielt, schoss vor und durchbohrte meine Brust.
Ich verlor zum Letzten Mal das Bewusstsein.

 

Hallo oaky

Mit Interesse las ich Deine moderne Interpretation zu Iphigenie resp. eine Darstellung ihrer Todesstunde.

Was mich beim Lesen irritierte, waren die Begriffe, welche es im antiken Griechenland nicht gab, nämlich Schloss oder Palast. Schlösser gingen aus mittelalterlichen Burgen hervor. Im antiken Griechenland waren grosse Gebäude vorwiegend Tempel, später gab es weitere grosse Baulichkeiten wie Gymnasien, Leuchttürme etc. Die Leute wohnten in einem tectun (Haus), wahrscheinlich darf man den Propylon (Torbau) auch dazu zählen.

Dennoch gern gelesen.

Gruss

Anakreon

 

Wenn nicht die Überschrift wäre, dann könnte die Handlung auch sonstwo stattfinden. Zumal es bei Iphigenie doch um Mythologie geht, nicht um real in der Geschichte nachgewiesene Figuren oder Ereignisse. Ich glaube nicht, dass das als Historie im Sinne dieser Rubrik durchgeht, zumal die Wortwahl völlig modern ist.
Ich würde empfehlen, den Text verschieben zu lassen.

 

Hallo oaky & herzlich willkommen hierselbst!

Von der Iphi gibt's drei Varianten: zum ersten wird sie von Agamemnon vorm Feldzug gegen Troia den Göttern geopfert, was mich immer wieder'n bisscken an die Versuchung des Abraham in Sachen Isaak erinnern will, zum zwoten kann sie entkommen und wird Artemis Priesterin und diese Variante geht drittens nahtlos über ins Bündnis der Geschwister (Elektra zählt auch noch dazu) mit der Rückkehr des Orestes, dem Bruder, bei der Blutrache für den erschlagenen Vater.

Du hast daraus eine moderne Variante geschaffen, die wie alle historischen Stoffe und auch Mythen (schau mal bei Ranke-Graves rein, der sieht in den alten Mythen durchaus reale Ereignisse als Grundlage und stellt zugleich den Bezug zum älteren Kulturkreis Ägypten/Vorderer Orient her), und solang kein beteiligter auf seine Armbanduhr schaut bleibt mE alles im grünen Bereich. Ich halt mich dabei an den bürgerlichen Realisten schlechthin, Gottfried Keller, der mancherlei Kluges und dauerhaftes zu Form-, Struktur- und Stilwandel infolge gesellschaftlicher Veränderungen vermerkt hat. „Was ewig gleich bleiben muß, ist das Streben nach Humanität", womit er kein Gutmenschentum meint!,"in welchem uns jene Sterne, wie diejenigen früherer Zeiten, vorleuchten. Was aber diese Humanität jederzeit umfassen solle: dieses zu bestimmen hängt nicht von dem Talente und dem Streben ab, sondern von der Zeit und der Geschichte.“

Gruß

Friedel

 

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