Iphigenie (Antike)
„Kannst du wieder klar sehen?“
„Ja, kann ich.“
„Warum musstest du das nur tun?“
„Musste ich was tun?“
„Du weißt schon, jetzt komm mit!“
Die Stimme hatte einen kalten Unterton. Ich wurde hoch gehoben. Noch hatte ich kein Gleichgewicht und musste mich an der Wand abstützen.
Der Raum, in dem ich mich nun endlich umschauen konnte, musste der eines Schlosses oder Palastes sein. Er bestand, ausgenommen der Fenster, komplett aus Marmor. Viele Muster verzierten die Decke und die Wände.
Mein Begleiter war ein Junge von etwa 20 Jahren. Kurze, schwarze Haare, giftgrüne Augen und ein ernstes Gesicht.
Er eilte auf die nächste Tür zu. Ich versuchte ihm zu folgen, kam aber nur sehr langsam vorwärts.
Der Junge war lange fort, als ich die Tür endlich erreichte.
Ich öffnete sie und betrat den nächsten Raum. Als sich die Tür hinter mir geschlossen hatte, wurde mir schwindelig. Ich stolperte und fiel auf den Boden. Ich verlor das Bewusstsein.
„Wach auf!“
Wieder sah ich den Jungen.
„Jetzt wach endlich auf! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“
„Was ist los mit mir? Wer bist du? Was mache ich hier?“
Die Fragen sprudelten aus mir heraus. Doch bevor er irgendetwas erwidern konnte, ergriff mich die Panik und ich schlug ihm ins Gesicht.
Er blutete aus dem Mund und schaute mich mit einem verblüfftem Gesichtsausdruck an.
Ich wollte aufspringen und losrennen, doch meine Beine waren noch nicht bereit.
Der Kerl drückte mich zurück auf den Boden und hielt mich fest. Ich konnte mich nicht mehr bewegen.
„Es tut mir leid! Ich wollte das nicht! Ich...“
Ich bekam keine Luft mehr. Schon fiel ich wieder in Ohnmacht.
Diesmal brauchte ich länger zum Aufwachen.
Meine Augen ließen sich nicht öffnen. Ich hörte um mich herum mehrere Leute reden.
„Warum sie? Ausgerechnet sie?“...“Befehl ist Befehl“...“Wir könnten eine Waise nehmen und sie laufen lassen!“...“Und das Risiko eingehen, dass der Herrscher davon Wind bekommt?“
Die Stimmen zogen sich zurück. Stille legte sich über mich. Langsam öffnete ich die Augen.
Der Raum, in dem ich mich befand, erinnerte an einen Tempel.
Ich bekam es mit der Angst zu tun, als ich bemerkte, dass ich auf dem Altar lag. Immerhin war ich nicht gefesselt.
Ich drehte meinen Kopf und erschrak. Direkt vor mir stand ein maskierter Junge.
„Mögest du uns Wind bringen!“, waren seine Worte.
Seine Rechte, die einen Dolch hielt, schoss vor und durchbohrte meine Brust.
Ich verlor zum Letzten Mal das Bewusstsein.