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Invasion der Rasenmäher

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21.01.2003
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Invasion der Rasenmäher

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Erst war es nur einer, dann wurden es immer mehr. Niemand weiß, woher sie kamen, jeder weiß, wohin sie wollen. Sie haben die Straße erobert. Doch unsere kleine Gemeinde gibt nicht auf. Sie hat sich formiert, fest entschlossen, den Kampf aufzunehmen, mutig und aufopferungsbereit, gegen

Die Invasion der Rasenmäher

Es war ein heißer Sommertag. Lerchen schraubten sich jubilierend in die Höhe, Eisverkäufer fuhren mit fröhlichem Glockengebimmel die Straßen entlang und auf dem Wochenmarkt herrschte geschwätziges Treiben. Lautes Summen durchbrach ein paar Straßenzüge weiter die Mittagsstille. Dietrich schreckte hoch, öffnete die Augen und starrte in die Sonne. Geblendet fiel er in den Liegestuhl zurück.
“Marta, doch nicht jetzt! Schalte den Rasenmäher ab!”
“Dietrich, hast du was gesagt?”, rief Marta aus dem Badezimmer.
“Ich sagte, schalte den Rasenmäher….” Verdutzt hielt Dietrich inne und sprang von seiner Liege hoch.
“Das ist doch….” Dietrich lief barfuß über die Terrasse zum Fischteich, blickte zum Rasen hinüber. Langsam glitt ein chromblitzender Rasenmäher über das Gras hinweg. Wer bediente den Apparat? Dietrich sah niemanden. Er trat näher an das Gerät heran. Es besaß keine Griffstangen, keine Räder, schwebte ein paar Zentimeter über dem Boden. Luftkissen? Gab es einen Abschaltknopf? Dietrich ging weiter auf den Rasenmäher zu. Urplötzlich änderte der seine Richtung, schoss mit einem wütend klingenden Heulton auf ihn zu, während sich eine rotierende Säge aus ihm herausschob. Erschreckt wich Dietrich zurück, stolperte und fiel rücklings in den Fischteich. Das schrille Signal verstummte, die Säge glitt zurück und der Apparat nahm seine Arbeit auf.
“Dietrich, was hattest du gesagt? Was machst du da im Fischteich?”
“Einen Schwimmversuch,” knurrte Dietrich wütend und rappelte sich hoch. “Sieh mal auf den Rasen.”
Marta drehte sich um und blickte verblüfft auf das Gerät, welches die letzten Stellen des Rasens zurückstutzte.
“Wo kommt der denn her?”
“Keine Ahnung,” murmelte Dietrich, so leise, als ob der Apparat mithören könnte. “Der ist von allein gekommen und wird hoffentlich auch von allein wieder verschwinden.”
“Dietrich, behalten wir ihn doch. Der nimmt uns die ganze Arbeit ab.”
Marta sah zur Pforte hinüber. Sie war verschlossen.
“Na, der kann ohnehin nicht raus.”
Der Rasenmäher glitt zur Gartenpforte, hielt vor dem Ausgang. Mit fauchenden Düsen hievte er sich auf eine Höhe von zwei Metern, flog über die Pforte hinweg, verharrte über dem Fußweg der Straße, senkte sich auf Luftkissenniveau und fing an, das Gras neben dem Gehsteig zu schneiden. Marta und Dietrich blickten über den Zaun, sahen, wie der Apparat plötzlich anhielt und auf dem nächsten Grundstück verschwand.
“Die Müllers werden sich wundern, wenn sie aus ihrem Urlaub zurückkommen.” Dietrich schüttelte den Kopf und ging wieder zu seinem Liegestuhl zurück.

Am nächsten Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, sah Dietrich, wie auf allen Bürgersteigen Rasenmäher patroullierten. Passanten, die ihnen zu nahe kamen, liefen vor Schreck auf die Straße, wenn sich die Apparate unter schrillem Gesumme mit ausgefahrenen Sägen auf sie stürzten.
Die meisten Zwischenfälle liefen glimpflich ab, dann aber gab es die ersten amputierten Füße.
Die Bevölkerung war alarmiert.
“Eine Gefahr für die Öffentliche Ordnung und Sicherheit,” erklärte der Bürgermeister in einer Pressenotiz. Die Polizisten rückten mit Lastwagen an, schwärmten aus und versuchten die Rasenmäher unschädlich zu machen. Es war ein aussichtsloses Unterfangen. Sie hatten keine Chance, als die Apparate auf sie zuflogen. Revolverschüsse, verzweifeltes Brüllen - blutende, verstümmelte Polizisten wälzten sich auf den Straßen - dann kam der Befehl zum Rückzug. Die Rasenmäher hatten den Kampf für sich entschieden.

“Petermann, machen Sie das Licht aus!” Assessor Petermann ging zum Eingang des Klassenzimmers und schaltete die Deckenbeleuchtung aus.
“Meine Damen und Herren,” das Licht des Diaprojektors warf den Schatten des Mannes auf die Leinwand. “Die Lage ist ernst. Wir haben hier in der Friedrich Ebert Schule das Operationszentrum eingerichtet, um Informationen über ein Phänomen zu sammeln, das sich unserer Vorstellungskraft entzieht. Es sieht so aus, als seien wir die einzige Gemeinde, die dieses Problem hat. Sehen Sie selbst.”
Bürgermeister Fischer betätigte den Projektor.
“Auf diesem Bild, dass von einem Polizeihubschrauber stammt, können sie gut erkennen, die Apparate kommen aus dem Sachsenwald in der Nähe unseres Ortes. Alle Versuche, ihnen den Weg abzuschneiden, sind fehlgeschlagen. Eine Hundertschaft von Polizeibeamten, die in den Wald eingedrungen war, ist nicht mehr zurückgekehrt.”
Fischer ließ ein neues Foto auf der Leinwand erscheinen.
“Hier sehen Sie nun einen der Invasoren.” Er blickte ernst in die Runde.
“Wir müssen herausbekommen, mit wen wir es zu tun haben, um sie bekämpfen oder uns mit ihnen arrangieren zu können. Einige Experten, die wir eingeladen haben, sollen uns dabei helfen. Petermann, schalten Sie das Licht wieder ein.”
Die Deckenlampen flammten auf.
“Herr Müller-Hagen,” wandte sich Fischer an einen der Anwesenden. “Sie sind Mechanikermeister und haben tagtäglich mit der Reparatur von Rasenmähern zu tun. Haben sie auf dem letzten Foto irgendetwas erkennen können, das Ähnlichkeit mit einem herrkömmlichen Gerät hat?”
Müller-Hagen erhob sich und blickte bedeutungsvoll um sich.
“Aus meiner langjährigen Praxis heraus kann ich Ihnen sagen: so einen Rasenmäher gibt es nicht. Das ist kein Rasenmäher. Auch wenn er Rasen mäht. Dieser Apparat hat nichts, was ein Rasenmäher haben muss. Er hat keinen Führungsholm, keinen Gasbedienungshebel. Das heißt, das Gerät ist nicht dafür bestimmt, von Menschen benutzt zu werden.
Ich sah keine Zündkerzen, keine Zündkabel. Was ist das für ein Motor?
Es gibt keinen Grasfangkorb, und wo ist denn die TUEV-Plakette?”
Müller-Hagens Stimme überschlug sich fast.
“Haben Sie, meine Damen und Herren, geschnittenes Gras gesehen, wo eines dieser Geräte tätig gewesen ist? Haben Sie mal darauf geachtet? - Es gibt kein geschnittenes Gras. Es verschwindet während des Schneidens!”
Müller-Hagens Augen traten fast aus den Höhlen, als er herausbrüllte.
“Wir werden von Rasenmähern aus dem Weltraum attackiert!”
Im Klassenzimmer wurde es unruhig. Nervös redeten die Leute durcheinander.
“Na, auf jeden Fall besser, als ein paar wildgewordene Handfeger,” lachte einer.
“Halten Sie Ihren Mund, das ist kein Spaß. Sehen Sie mal durch das Fenster.”
Eine dicke Frau schob den Vorhang zur Seite.
“Seht doch. Fünf Rasenmäher auf dem Gras und sie kommen auf uns zu!”
Einige der Anwesenden stürzten zum Fenster und starrten entsetzt hinaus. Doch die Rasenmäher bogen ab, setzten ihre Arbeit fort. Erleichtert kehrten die Leute auf ihre Plätze zurück.

“Vielen Dank, Herr Müller-Hagen.” Bürgermeister Fischers ruhige Stimme legte sich wie Balsam auf die erregten Gemüter der Anwesenden. “Ich möchte Ihnen jetzt Herrn Professor Schneider vorstellen, der die Robotik-Abteilung der Universität unserer Kreisstadt leitet. Herr Schneider, wie sollten wir mit diesem Phänomen umgehen?”
Schneider stand von seinem Platz auf. “Entspannter, meine Damen und Herren. Entspannter. Es handelt sich um autonome Einheiten, um Roboter, die nur für eines programmiert sind, Rasen zu mähen. Ich meine auch, dass sie nicht von der Erde stammen, aber das sollte doch kein Grund sein, nicht mit ihnen klarzukommen.
Ist Ihnen nicht aufgefallen,” wandte sich Schneider an die Anwesenden, “dass die Geräte nur dann aggressiv werden, wenn sie sich in ihrer Arbeit behindert fühlen? Ich schlage vor, solange wir sie nicht vertreiben oder vernichten können, sollten wir sie gewähren lassen. Das gebietet auch der Selbsterhaltungstrieb. Schließlich haben wir bis jetzt jedes Scharmützel gegen sie verloren.
Meine Damen und Herren. Das Verhalten der Rasenmäher erinnert mich sehr stark an die Vorgehensweise von Ameisen, die kooperativ interagieren, wenn es darum geht, ein Stück Arbeit zu bewältigen, welches für den Einzelnen zu aufwendig ist. Ameisen hinterlegen eine Pheromonspur, eine Spur von chemischen Substanzen, die andere Ameisen anziehen. Wenn ein Stück Arbeit zu bewältigen ist, wie das Zerschneiden oder der Transport eines großen Blattes, dann lockt die Ameise, welche die Arbeit nicht allein schafft, weitere Ameisen an, bis die Arbeit kooperativ durchgeführt werden kann.
Nun stellen Sie sich einen Sportplatz vor, der aufgrund seiner Größe von einem Rasenmäher nicht allein in einer bestimmten Zeit bearbeitet werden kann. Hier sehen Sie ein Foto, welches ich heute früh am Gemeindesportplatz gemacht habe.”
Schneider drückte auf die Fernbedienung des Diaprojektors.
“Auf dem Bild sehen Sie den Sportplatz und einen einzigen Rasenmäher, der durch Zufall auf dieses Objekt gestoßen ist.”
Ein neues Bild tauchte auf der Leinwand auf.
“Was macht er jetzt? Er fängt nicht sofort an, Gras zu schneiden, sondern er gleitet zur nächsten Straßenkreuzung zurück und von dort aus wieder zum Sportplatz. Dieser Vorgang wiederholt sich einige Male. Was schließen wir nun daraus?”
Schneider blickte triumphierend in die Runde.
“Gleich Ameisen hinterlegen auch diese Geräte eine Signalspur, welche andere Apparate anlockt.
Eine Stunde später teilen sich etwa dreißig Rasenmäher die Arbeit unter sich auf.”
Schneider zeigte das nächste Foto.

“Was bedeutet das nun für uns?” fragte Fischer. “Wie können wir das für uns nutzen?”
“Es ist zu früh, etwas sagen zu können. Wir benötigen mehr Informationen. Wenn eine Schwarmintelligenz wie die der Ameisen das Verhalten der Rasenmäher steuert, dann können wir davon ausgehen, dass ihre Königin sich im Sachsenwald versteckt. Wir brauchen mehr Information über sie. In der Zwischenzeit sollten wir die Bürger dazu anhalten, den Rasenmähern aus dem Weg zu gehen und alles zu melden, was über das übliche Maß derer Tätigkeit hinausgeht. Was ist, wenn sie für eine ausserirdische Macht spionieren und das Mähen von Rasen nur eine vorgeschobene Aktivität ist?”

Und so geschah es:

Lautsprecherwagen der Polizei fuhren durch die Straßen und wiesen die Bürger an, den Invasoren aus dem Weg zu gehen. Internationale Experten wurden eingeflogen, die helfen sollten, einen Kontakt mit ihrer Königin herzustellen.

Kann der Status Quo gehalten werden?
Ist Rasenmähen der wirkliche Grund der Invasion?
Gibt es verborgene Absichten?
Wenn ja, welche?

Wir werden darüber berichten, so lange es uns möglich ist. Bleiben Sie auf Empfang.

 

Witzig, und voll bescheuert, wenn du mich fragst. Als ob ein gelangweilter Radiomoderator versucht, einen Provinzkaff mit einer Art "Invasion vom Mars" aus dem Trott zu reißen. So Orson Wells mäßig. Kläglicher Abklatsch. An einigen Stellen hab ich geschmunzelt, aber im Großen und Ganzen ist das sinnloser Nonsens. Immerhin fühlte ich mich beim Lesen gut unterhalten.

Weltraumrasenmäher, die sich wie Ameisen verhalten... Auf sowas muß man erst mal kommen.

Gruß,
Poncher

 

Danke. War natuerlich nicht so ernst zu nehmen, sondern der Versuch, auf ein B-Movie noch eins drauf zu setzen.

Uebrigens: 'Sinnloser Nonsens'. Musst mir mal erklaeren, was das ist. LOL

Gruss,
Claudio

 

Das ist die metaphysische, imperiale Steigerungsform des durchschnittlichen Pi-Wertes, der sich... Ich muß weg! ;)

 

Hi claudio

Hm, hast du "Braindead" gesehn?
Dein Stil gefällt mir, liest sich flüssig, sehr angenehm.
Vielleicht ist es nur ein weiterer Orson Wells Abklatsch, aber wenn es innovativ gemacht wird, stört das nich. Auch Thomas Mann hat nen "Faust-Abklatsch" fabriziert :D
Sicher hat der Text noch schwache Phasen, aber mir sind auch viele kleine Details aufgefallen, die nicht übel sind. Hätte meiner Meinung nach aber besser in Humor gepasst.

Grüße
wolkenkind

 

Danke,
aber wir brauchen uns in SF ja nicht einzuschraenken.
Die Wege der Evolution sind wundersam :-)

Gruss,

Claudio

 

Hi

An ein paar Stellen find ich´s lustig, ich mag sinnlose Geschichten. Aber im großen und ganzen finde ich die Geschichte nicht so sehr unterhaltsam.

 

Ich find's gut wenn in SF auch mal was witziges steht und hier hab ich mich beim Lesen ziemlich amüsiert - und das will was heißen, weil ich gerade eher depri bin.
Zwar Schwachsinn die Story, aber ist ja beabsichtigt.

Eine meiner Lieblingsstellen kam schon am Anfang:

"Keine Ahnung," murmelte Dietrich, so leise, als ob der Apparat mithören könnte. "Der ist von allein gekommen und wird hoffentlich auch von allein wieder verschwinden."
"Dietrich, behalten wir ihn doch. Der nimmt uns die ganze Arbeit ab."
Den Ausdruck hier finde ich unpassend:
Lerchen schraubten sich jubilierend in die Höhe,
Soll vielleicht absichtlich so absurd erscheinen, aber mir gefällt es nicht.

Ein paarmal machst Du die wörtliche Rede falsch, z.B. hier

"Das ist doch ... ." .
Der Punkt ist da falsch.

LG
Ginny

 
Zuletzt bearbeitet:

Dazhunt,
Vielen Dank fuer Deine konstruktive Kritik *augenroll*
Man kann es nicht jedem Recht machen. Und Du bist sicher nicht der Einzige.

Gruss,
Claudio

Ginny,
>Soll vielleicht absichtlich so absurd erscheinen, aber mir gefällt es nicht.
Mir ja *g*.

Das mit der woertlichen Rede sehe ich mir mal an.

Und, um Dich wieder in die Depression zurueckfallen zu lassen. :baddevil: Just kidding. Ich habe auch dafuer was: 'Damned old train'. Die muss hier auch irgendwo stehen.

Gruss,
Claudio

 

Hi Claudio,

Sprachlich kann ich dir nur gratulieren,
Was mir etwas fehlt sind Überraschungen. Ist ja schon von Anfang klar, das es die Rasenmäher sind und da bleibt im Laufe der Geschichte nicht viel übrig. Vielleicht ein anderer Titel??

Grüße
Bernhard

 

Danke. Ich gebe zu, die Geschichte ist linear, ohne einen grossen Spannungsbogen. Es war ein Versuch von mir, der sich an B-Movies von Roger Corman u.ae. anlehnt.
Vor allen Dingen hatte ich rein bringen wollen: "Machen Sie das Licht aus." Das war in so vielen Filmen dieses Genres wie Tarantula usw., und ich fand das so cool. Und wenn dann die alten Schwarzweiss Projektoren losratterten oder die Dia-Projektoren klackten... Ich habe dann die Story mit den Rasenmaehern herumgewoben.

Gruss,
Claudio

 

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