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Interpretationen eines Wachliegenden

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22.11.2005
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Interpretationen eines Wachliegenden

Ich liege wach! So wie es nicht sein sollte! Ich sollte schlafen, kann es aber nicht. Warum, das weiß ich nicht. Vielleicht habe ich in letzter Zeit zu viel geschlafen, so was soll ja vorkommen. Vielleicht liegt es auch am Theater der Töne, das um mich tanzt. Wenn ich das Fenster öffne, fahren mir Autos im Sekundentakt durch die Ohren und hupen. Wenn ich das Fenster schließe, ist es zu warm und das Theater ist wieder dar. Es kann nur ein kleines Kratzen sein, ein Schaben an der Wand, der Nachbar, der sich im Bette umdreht, oben, links, rechts, schräg rechts oder sogar unter mir – die sind ja überall.
Ich höre den Toilettendeckel, wie er hochgeklappt wird, vernehme das Plätschern des Urins in nächtliches Wasser und die wasserfallartige Spülung – müde, schwere Schritte, die über den Boden über, neben, schräg oder sogar unter mir tapsen – und erneut die Körper, die sich im Bett wälzen.
Auch ich wälze mich im Bett, abermals. Vielleicht wälzen sich die Köper um mich herum auch nur, weil ich mich herumwälze. Ich komme mir vor, wie in einem Karton, gegen den von allen Seiten Ketten geschlagen werden. Das sind Geräusche von der Heizung, neben der ich zu schlafen versuche. Im Halbschlaf – was der gefährlichste Schlaf ist – sehe ich Körper, die sich gegen meine Wände drücken, die versuchen, ihr Bett vertikal gegen die Trennwand zwischen ihnen und mir zu stellen und dort … was weiß ich, was die machen.
Vielleicht können sie auch nicht schlafen, so wie ich. Weil Vollmond ist, oder so. Ist es aber nicht. Kein Vollmond. Vielleicht haben sie Sex, die Körper um mich herum, in ihren aufgewühlten und erhitzten Betten, mit der Matratze oder auch ohne Matratze an der Trennwand zu mir gelehnt, die Frau (oder auch der Mann), der Geschlechtspartnerkörper jedenfalls, mit dem Gesicht an die Tapete, an die hautdünne Wand gedrückt, die sich direkt, unmittelbar neben meinem Körper, neben meinem wachen Körper und meinen Hörgängen befindet. Und das von allen erdenklichen Seiten. Ich glaube, sogar von unten wird ein Körper an die Decke gedrückt und stöhnt vor Lust. Die Gestelle der Betten schlagen im Gleichtakt gegen die Wände, von links, rechts, schräg rechts, unten und oben. Als hätten sie sich verabredet, im Gleichtakt gegen die zu mir liegenden Wände zu ficken, mich zu penetrieren.
Gerne würde ich die Wohnungen um ihre Wohnungen mieten und es dort treiben, fremde Körper dafür bezahlen, dass sie es dort ununterbrochen tun. Ich könnte auch die Polizei rufen, Ruhestörung. Aber es ist keine Ruhestörung, wird es heißen. Ich kann auch nicht einfach vorbeigehen, nach oben, nach unten, nach rechts und links, und klingeln und den Körpern sagen, dass sie nachts bitte stillzuliegen haben, wie im Grab, still wie im Grab zu liegen haben. Leichen ficken nicht. Leichen gehen nicht aufs Klo und Leichen flüstern nicht.
Aber das alles kann ich nicht. Ich kann sie auch nicht darum bitten, sich nachts wie Leichen zu verhalten. Das geht ja nicht. Ich müsste sie schon zu Leichen machen, aber das geht auch nicht, denn dann kommt die Polizei und stößt ihre Türen auf, weil sie angefangen haben zu stinken, die Leichen. Und dann ist es laut, extrem laut. Unter mir, über mir, neben mir und über mir. Und man wird bei mir klopfen und sich fragen, warum ich keine Leiche bin, nicht stinke. Aber wenn ich das mache, habe ich vielleicht zwei Tage Ruhe, ungestörte Ruhe inmitten von Leichenkörpern, getrennt durch zarte Wände.
Viel schlimmer noch ist das Geflüster, das Getuschel. Wenn sie versuchen, leise zu sein, aber das gar nicht geht. Dann bin ich erst recht wach, denn ich will hören, was gesprochen wird, was die Körper kommunizieren, welche Perversereien sich zugeleckt werden.
Desto mehr ich versuche zu schlafen, sehe ich die Körper um mich herum, wie sie alle möglichen Dinge tun, die zwei oder auch mehrere Körper in Anbetracht der Schwer- und Zentrifugalkräfte, der Fett- und Muskel-, Schwing- und Spannungsgesetzen, der Möglichkeitsvariablen und Gewicht plus Stoßkraft Grenzen imstande sind miteinander zu veranstalten oder sonst etwas tun, was Ausgeburt meiner Fantasie, Tagesrest ist. Ich sehe Peitschen auf Mädchenhaut knallen, Kerzenwachs auf Geschlechtsorgane tropfen, Sperma und „Natursekt“ von ekstatisch angespannten Körpern triefen oder Männermünder über stramme Pimmel lecken und Frauenfotzen, die sich gegenseitig verschlingen, triefend, nass, bepisst und besudelt. Mit Eintritt der unendlichen REM-Phase verlasse ich die Sphären der Normalität; die Vorstellungen, die ich mich während des Alltags nicht zu denken wage, die ich mit Gedanken an Banalitäten verdränge, unterdrücke unter einer Schicht aus Gedanken an Termine, Aufgaben, Erledigtes, Kunst, Erinnerungen, Schmerz, Mitmenschen, Gegenmenschen, Übermenschen, Nebenmenschen, Menschenmenschen, berühmten Menschen; aus der U-Bahn, aus dem Büro, aus dem Fernsehen, aus den Vorstellungen, aus der Vergangenheit, aus der Zukunft; ein Klumpatsch aus Körpermassen, die nicht mehr sind als reine Vorstellung und unterdrücktes Verlangen; ein Zusammenbau aus den Brüsten der Frau in der U-Bahn, dem Arsch meines besten Freundes, den Augen meiner Ex-Freundin, dem Rehnacken meiner Mutter, der Vulva Gottes und einem Eros von mir, der ich Jungfräulichkeit durch Sex spende.
Ich reibe mir den Schwanz, was soll ich sonst auch machen? Wenn es um dich herum brennt, wirst du auch brennen. Du wirst brennen, früher oder später und erst dann feststellen, dass du der Feuerherd warst.
Ich erhebe mich, ergreife meine Matratze, schmeiße sie gegen die Wand zu meiner Linken, werfe mich davor, fester, immer fester, bis es von unten zu klopfen scheint. Ich wache auf. Hatte wohl geschlafen. Habe mich aber offensichtlich besudelt. Die Wände um mich herum wackeln nicht mehr. Dafür aber die Zimmertür umso mehr; die Türklinke dreht sich im Uhrzeigersinn. Ich steh auf, unerschrocken, sicher, warum auch immer, und schaue durch den Türschlitz; ich sehe nichts mehr zuerst, nur schwarz, scheine meinen Körper zu verlassen; dann sehe ich mich in gebückter Haltung durch den Türschlitz spähen. Ich fühle mich ertappt und sehe mich wieder in voller Gänze. Aber nackt. Und fauchend – mein eigener Blick soll sich von mir lösen! Wende dich ab, Auge des Geistes! Verschwinde, lass mich. Was du siehst, bin nicht ich. Ich bin eine Vorstellung meiner selbst. Mein Blick kommt immer näher an mich heran; ich bin ich und mein Blick, aber eigentlich doch nur mein Blick, denn aus dem Ich, was ich sehe, kann ich nicht schauen, sehe keine Form meines Blickes.
Wieder wache ich auf, weil ich ja nicht schlafen kann. Ich reiße das Fenster auf. Unten, auf der wässrigen Straße brennt die lila Haut der Prostituiertchen von der schwarzen Sonne der berliner Nacht. Ich könnte jetzt einfach da runter gehen und eine von ihnen mit hier hoch nehmen, mich an ihr phallustieren, all meine angespannten Fantasien gebrauchen, mich so richtig tieren … zuerst müsste ich kurz zur Bank gehen, aber die ist nicht weit. Und dann könnte ich all das machen, was ich mir nicht einmal freiwillig zu denken wage; die Gedanken leben, die ich im Alltag aus meinem Kopf peitsche, dass sie sich festsetzen in den Hinterstübchen meines Verstandes, bis sie wie Blitze zurückkehren. Sie könnten heraus, diese Gedanken, sie könnten Tat sein, sie könnten Handlung sein, für ein wenig viel Geld befreit aus den Gefängnissen meines Verstandes, herausgeschossen aus meinem Schwanz und auf lila Prostituiertenhaut landen.
Aber das möchte ich gar nicht. Ich möchte keine Prostituierte ficken. Ich möchte „sie“ ficken, aus deren wirren Hirnwindungen die selben Gedanken sich hinter ebendiesen selben Gefängnissen wie Magnete zu meinen selben Gedanken hinter ebendiesen selben Gefängnissen anziehen und sich umtanzen, schließlich verschmelzen zu gemeinsamen Gedanken, die sich dann gemeinsam befreien und frei bleiben in den Erinnerungen an die praktische Handlung.
Ich brauche die Frau, deren Körper die Sprache ihrer eingesperrten Gedanken ist, die mich einlädt zu ihren Gedanken, mir die Gitterstäbe verbiegt, mich erlöst vom unnatürlichen Rechtfertigungsdrang, mir die Gedanken aufreibt, mich einlädt zu denken, was ich sonst nicht denken darf, wenn ich in ihre tiefen Augen schaue und die schwarze Sonne funkeln sehe und nicht mehr Freiheit mit Sklaventum meiner selbst verwechseln, wieder meinen Instinkten vertrauen kann. Genau so, wie wenn ich schreibe, nicht für den Satz, sondern für die Ewigkeit schreiben, ich also mehr meißeln als schreiben will, will ich sie nicht für den Moment, nicht für den einen, die anderthalb Orgasmen ficken, sondern mich in Ewigkeit in ihr festmeißeln, sie schreiben.
Danach will ich sie nie wieder sehen, aber auf ewig soll ich in ihr sein, in ihren Gedanken; ich will fassbare Erinnerung sein. Nachdem sie mit mir frei war, soll sie es anders nennen, nicht mehr Sex, nicht mehr Liebe, nicht mehr Akt, nicht mehr ficken – sie soll neue Wörter finden. Ihre Sprache soll sich danach ändern, ihr Blick soll sich danach ändern, ihre Welt soll sich danach ändern. Wenn sie malt, wenn sie schreibt, wenn sie kocht – immer soll die Erinnerung an die schwarze Nacht mit mir darin existieren, darin verständlich sein, darin leben, daran mahnen, daran zugrunde gehen, wie alles zugrunde geht.
Endlich schlafe ich. Wieder ist ein Tag zugrunde gegangen, endlich eine Nacht angebrochen, zugrunde zu gehen, auf das auch der morgige Tag zugrunde gehen möge und ich mit ihm.
Und im Traum rufe ich ihr zu: „Geh mit mir zugrunde!“ Und sie schreit, dass sie will, und dass sie es nicht bereuen wird, und dass

2. Version:

In den Nächten konnte Adam nicht schlafen und durchlitt die Tage in andauernder Müdigkeit. Er wälzte sich im Bett, schaute noch einen Film oder noch eine Serie auf www.kinox.to, sah sich Pornos bei www.youjizz.com an oder lag einfach nur herum ohne selbst zu wissen, auf was er wartete. In den Nächten quälten ihn die vielen kleinen Geräusche, die er zuvor nicht wahrgenommen hatte. Die Toilettenspülung, der leicht an den Wänden zitternde Bass einer Musikanlage und das Gekicher, das durch die Rohre des Neubaus kroch. Von Nacht zu Nacht kam dieses Theater der Töne näher, das um ihn tanzte. Ein nur leises Kratzen spürte er auf seiner Haut, die Spülung wurde zu einem Wasserfall, das Plätschern von Urin in nächtliches Wasser deutlich, und der Nachbar, der sich über, unter und neben ihm im Bett wälzte, vorstellbar. Er hörte die Dialoge aus den Nachbarbetten, was sich zugeleckt wurde; er vernahm die Geschlechtspartnerkörper, wie sie unter, über, links und rechts neben ihm nichts weiter taten, als das, was ihm versagt war. Die Gestelle der Betten schlugen im Gleichtakt in sein Gehirn, das Stöhnen drängte sich durch die Wände dünn wie Haut und er vernahm das orgastische Ausatmen eines Geschlechtspartnerkopfes direkt neben seinem übermüdeten aber wachen Körper, der sich hin und her rekelte. Oft onanierte er, aber ohne das Gefühl der Erleichterung oder der Befriedigung. Er wünschte sich die Ruhe eines Grabes. Desto mehr er zu schlafen versuchte, sah Adam die Körper um sich herum, wie sie alle möglichen Dinge taten, die zwei oder auch mehrere Körper in Anbetracht der Schwer- und Zentrifugalkräfte, der Fett- und Muskel-, Schwing- und Spannungsgesetze, der Möglichkeitsvariablen und Gewicht plus Stoßkraft Grenzen imstande sind miteinander zu veranstalten oder sonst etwas unternahmen, was Ausgeburt seiner Fantasie, Tagesrest war. Er sah Peitschen auf Mädchenhaut knallen, Wachs auf Geschlechtsorgane tropfen, Sperma und „Natursekt“ von ekstatisch angespannten Körpern triefen oder Männermünder über stramme Pimmel lecken und Frauenfotzen, die sich gegenseitig verschlangen – triefend, nass, bepisst und besudelt. Es krochen Vorstellungen in ihn, Gedanken an Erinnerungen, Schmerz, Mitmenschen, Gegenmenschen, Übermenschen, Nebenmenschen, Menschenmenschen, berühmten Menschen, aus der U-Bahn, aus der Uni, aus den Medien, aus den Vorstellungen, aus der Vergangenheit, aus der Zukunft. Ein Klumpatsch aus Körpermassen, die nicht mehr waren als unterdrücktes Verlangen, ein Zusammenbau aus den Brüsten der Frau in der U-Bahn, dem Arsch seines besten Freundes, den Augen seiner Ex-Freundin, dem Rehnacken seiner Mutter und der Vulva Gottes. In dieser Komposition des Verlangens, ausgelebt in Wahn und Schweiß, durchlebte Adam alles, was er sich nicht freiwillig zu denken wagte; er lebte die Gedanken, die er im Wachzustand aus seinem Kopf zu peitschen versuchte, die sich festgesetzt hatten in den Hinterstübchen seines Verstandes, bis sie wie Blitze zurückkehrten. Aus dem Gefängnis seines Verstandes schossen sie heraus und blieben doch ungelebt, blieben Verlangen der zu Wahnsinn führt. Und dieser Wahnsinn konstruierte ein Bild von einem weiblichen Wesen, welches ihn fortan plötzlich, unerwartet und immer wieder aufsuchen sollte. Und er wollte „sie“ ficken, aus deren wirren Hirnwindungen dieselben Gedanken aus Gefängnissen tropften, sich anzogen und sich umtanzten, schließlich verschmolzen zu gemeinsamen Gedanken, die sich dann gemeinsam befreiten und frei blieben in den Erinnerungen. Er begehrte dieses Wesen, deren Körper die Sprache seiner eingesperrten Gedanken war, die ihn einlud zu ihren Gedanken, ihm die Gitterstäbe verbog, ihn erlöste vom Rechtfertigungsdrang, ihm die Gedanken aufrieb, ihn zu denken einlud, was er sonst nicht denken durfte. Seine psychische Realität preschte in den Vordergrund und errang Herrschaft über das Symbolische und das Imaginäre. Unbewusste Wünsche äußerten sich – das Ausgestoßene, Verbotene, Verdammte kam ans Tageslicht. Der schwarze Schatten jenseits des Zugriffs der Vernunft ermächtigte sich seiner. Wenn er in ihre tiefen Augen schaute, die schwarze Sonne funkeln sah, dann fickte er nicht für den Moment, nicht für den einen, die anderthalb Orgasmen, sondern meißelte sich in Ewigkeit. Er schrieb sie in sich fest und verlebte sein Dasein im nächtlichen Wahn nach ihr und im täglichen Desinteresse und in Apathie an allem, was nicht Wahn war. Nur ein einziges Mal würde er sie treffen, unerwartet, irgendwo, und sie würde ihn erlösen, den Wahn wieder von ihm nehmen und ein unendliches Gefühl der absoluten Ekstase hinterlassen. Danach würde er sie nie wieder sehen, aber auf ewig würde sie in ihm sein, in seinen Gedanken. Nachdem sie miteinander frei gewesen waren, würden sie es anders nennen, nicht mehr Sex, nicht mehr Liebe, nicht mehr Akt, nicht mehr ficken – sie würden neue Wörter finden. Ihre Sprachen würden sich danach ändern, ihre Blicke würden sich danach ändern, ihre Welten würden sich danach ändern. Und immer würde die Erinnerung an die gemeinsame schwarze Nacht darin existieren, darin verständlich sein, darin leben, daran mahnen, daran zugrunde gehen, wie alles zugrunde geht.

 

Das zu lesen ist wirklich anstrengend und nicht unterhaltsam. Viel zu verschwurbelt und banal noch dazu. Es hat vielleicht Spaß gemacht, das zu schreiben, das Lesen ist weniger ein Vergnügen. Die Geschichten mit Handlung, Spannung und Pointe sind doch immer noch die besten, und deine Geschichte hat davon nichts.
Jannes

 
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Aris Rosentrehter,

mir hat dein Text nicht sonderlich gefallen. Es ist wirklich nicht ganz einfach den Text zu lesen - was für mich eigentlich schon fast ein Qualitätsmerkmal ist - aber am Ende bleibt bei mir ein Schulterzucken. Jo, jetzt hab ich den Text gelesen, aber mir gibt der nichts.
Ich versuch mal aufzuschlüsseln weshalb.
Ich habe das Gefühl, du trittst viel auf der Stelle.

Ich liege wach! So wie es nicht sein sollte! Ich sollte schlafen, kann es aber nicht. Warum, das weiß ich nicht.
Nur die ersten beiden Sätze geben mir relevante Informationen, die restlichen sind eigentlich nur wiederkauen und können folglich raus.

Es kann nur ein kleines Kratzen sein, ein Schaben an der Wand, der Nachbar, der sich im Bette umdreht, oben, links, rechts, schräg rechts oder sogar unter mir – die sind ja überall.
Den letzten Satzteil würd ich raus nehmen.

Vielleicht können sie auch nicht schlafen, so wie ich.
Auch hier - das dein Erzähler nicht schlafen kann, weiß ich ;)

Vielleicht haben sie Sex, die Körper um mich herum, in ihren aufgewühlten und erhitzten Betten, mit der Matratze oder auch ohne Matratze an der Trennwand zu mir gelehnt, die Frau (oder auch der Mann), der Geschlechtspartnerkörper jedenfalls, mit dem Gesicht an die Tapete, an die hautdünne Wand gedrückt, die sich direkt, unmittelbar neben meinem Körper, neben meinem wachen Körper und meinen Hörgängen befindet.
Du hast gern diese doppler drin. "Körper, Körper". etc. Mal funktioniert das, bei dir scheint es mir zu viel.

Ich versuche mal den Satz zu entschlacken. Ist nur ein Vorschlag.
"Vielleicht haben sie Sex, in ihren aufgewühlten und erhitzten Betten, mit der Matratze oder ohne gegen die Trennwand gelehnt, mit dem Gesicht an die Tapete, an die hautdünne Wand gedrückt, die sich neben mir, neben meinem wachen Körper und meinen Hörgängen befindet."
Wenn man wollte, könnte wohl sogar noch mehr raus. Ich glaube ähnlich kann man bei vielen deiner Sätze vorgehen. Sachen streichen, ohne das Inhalt verloren geht.
Logikproblem nebenbei noch. Wenn da ne Matratze lehnt, kann man das Gesicht nicht gegen die Tapete drücken. Vielleicht die Matratze also raus?

Und das von allen erdenklichen Seiten.
Weshalb erdenklich? Allen reicht doch völlig aus. Generell bin ich ja ein Freund von Adjektiven/Adverben, aber nur, wenn sie gut gesetzt sind. Man sollte sich wirklich bei jedem Fragen, ob es notwendig ist - zu mal bei solch abstrakten.

Ich kann auch nicht einfach vorbeigehen, nach oben, nach unten, nach rechts und links, und klingeln und den Körpern sagen, dass sie nachts bitte stillzuliegen haben, wie im Grab, still wie im Grab zu liegen haben.
Vorschlag:
Ich kann auch nicht einfach vorbeigehen und klingeln und den Körpern sagen, dass sie nachts bitte stillzuliegen haben, still wie im Grab.
Geht da wirklich so viel verloren?

Wenn es um dich herum brennt, wirst du auch brennen. Du wirst brennen, früher oder später und erst dann feststellen, dass du der Feuerherd warst.
Wenn es um dich herum brennt, wirst auch du brennen - und erst später feststellen/merken, dass du der Feuerherd warst.

Ich hoffe du verstehst meinen Punkt. Für mehr Beispiele bin ich zu faul.

Nächster Punkt: Dein Text ist für mich uninteressant. Du bietest mir nichts, außer Sprache. Und da kenn ich eben bessere.

Dein Erzähler ist als Person vernachlässigbar.
Ich weiß, dass er nicht schlafen kann, eine lebhafte Fantasie hat und, wie die meisten Menschen, Interesse an Sex.
Da ist mir nichts neues, nicht fesselndes dabei.
Handlung: Gibt es eigentlich nicht.
Was zum denken: Finde ich auch nicht. Da ist nichts, was mich anregt.

Gruß,
Kew

 

Hallo Aris,

von allen Texten, die ich bisher von dir las, ist das der erste, der mir sehr gut gefällt. er könnte schnell und sinnvoll nachbearbeitet werden, da sind zB zwei Sätze, die zu viel fordern, aber insgesamt ist der Text rund und stimmig in all seiner seltsamen Unangepasstheit.
ich versuche mich mal anzunähern.
wir sind bei einem, der liegt und nicht schlafen kann.
bei einem, dessen Geist sich in der Zone zwischen Wachen und Schlafen befindet, in der die Imagination und die Triebe die Oberhand gewinnen.
einer, der keinen Bezug zu den Menschen hat, obwohl er von ihnen umgeben, ja umstellt, ist. den einzigen direkten Bezug hat er zu sich selbst, in der Sicht von einem Doppelganger, von dem er fordert, das indiskrete Blicken abzustellen.
er will nicht erblickt und damit beurteilt, nicht gestaltet werden - und dieser Wunsch ist so übersteigert, dass er es selbst seinem Anderen Ich verbietet -, sondern er will selbst gestalten, ja, er will sogar in einer Art egomanischem Wahn Spuren in einer Anderen hinterlassen. das ist die einzige echte Motivation, das einzige zielgerichtete Denken des Textes, und die Persönlichkeitsstruktur und Motivation, die hinter diesem Wunsch steckt, lässt wiederum Raum für Interpretation ... :)

ich habe diesen Text gestern empfohlen, vor den ersten Kommentaren, und obwohl da außer den zwei Sätzen noch wenige andere Elemente in meiner Wahrnehmung unperfekt sind, empfinde ich den Text insgesamt als sehr gelungen. mir gefällt auch, dass er in der Tradition bestimmter Literaturen steht, deren Ideen ich unaufdringlich in diesen eigenständigen Text eingewebt finde.

Grüße
Kubus

 

Hi,
ich bin Kubus richtig dankbar, dass er so mutig war und sich vorgetraut hat, ich fand den Text nämlich auch sehr gut. Sperrig und eigenartig, aber auf eine eigentümliche Art und Weise gut.

Ich hab mich über mich selbst total gewundert, dass ich den Phantasien dieses schlaflosen Mannes und seinen Übersteigerungen überhaupt folgen mochte, es war ein bisschen, wie wenn man auf die Verpuppung und Entwicklung eines eigenartigen Insekts schauen würde. Versteh mich nicht falsch, aber mir war es, als wenn ich auf die Entwicklung eines Menschen schaue, der mir völlig fremd ist. Und bei dem man dennoch Bestandteile entdeckt, die es bei vielen Menschen gibt, auch bei einem selbst, aber sie sind so verzerrt und übertrieben wieder zusammengesetzt, dass etwas ganz Neues daraus entsteht. Ein Supernarzisst, der gottähnlich eine Spur hinterlassen will.
Ich fand es sehr spannend, wie du die Entwicklung des Protagonisten gestaltet hast. Am Anfang einfach ein schlafloser Mann mit dann immer stärker übersteigerten Sexphantasien, der irgendwann merkt, dass er der Quell seiner eigenen Phantasien ist und das alles kumuliert dann in der Vision von der Einzigen, der man seinen Samen einpflanzen kann. Also nee, das ist so daneben, dass es schon wieder gut ist.
Wenn ich deinen Protaginisten in der Kneipe treffen würde, und er würde mir sowas erzählen, ich würde sagen, der hat so eine Superklatsche, aber das zu lesen, das hat mir schon sehr gefallen.
Und ich fand es auch sprachlich schön, vielleicht gibt es einzelne Stellen, die man kürzten könnte, doch wer weiß, wenn man da zu viel des Guten tut, fetzt man vielleicht auch den Sog, den dein Text ausübt.

Bis denn
Novak

 
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Hallo,

ich hab den Text gelesen und fand ihn nicht schlecht. Er hat ein Thema, er hat Handlung, er hat auch eine Person.
Es ist für mich die Verarbeitung eines Themas, dass ein überbildeter Mann nachts nicht schlafen kann und sich dann einen runterholt, sich schämt und so einer sehnsüchtigen Phantasie nachhängt. Also eine Figur, die das, was sie tut, nicht klar sehen kann, sondern einen riesigen Komplex darum strickt. Während das ja wirklich - also: Was gibt es Banaleres als Masturbation? Kaffee kochen vielleicht noch, ein Ei aufschlagen, aber hier ist das eben ein Bedrohungs-Kontext, der da aufgebaut wird. Drei Absätze, damit sich der Protagonist dafür rechtfertigen kann, zu wichsen. Als wäre das alles folgerichtig. Und dann als Finale so eine Erklärung: Ich will ja nicht nur körperlichen Sex, sonst könnte ich ja jede haben, nein, ich will mehr, ich will DIE EINE. Das ist auch so typisch für den Text, das 3 Absätze lang so eine coole, bedrohlich-schwitzige Kafka-Rammstein-Ameisenbausexphantasie beschrieben wird, und die Postorgasmus- Sehnsucht wird in so einem halben Absatz weggehauen.

Das Problem mit so Texten: Es ist nur eine Figur. Nichts, was hier passiert, kann gebrochen oder hinterfragt werden.
Das ist auch ein erzählerisches Problem. Wenn Form der Funktion folgt, wie hier, und die Funktion ist dann etwas, das sich als Kern für eine Geschichte nur bedingt eignet, dann ist das Ergebnis auch seltsam.
Also Klartext: Ich hab das Gefühl den Text schon zu kennen. Weil das so Themen sind, die Leute, die schreiben möchten, einfach schreiben.
Man ist halt Schreiber und dann hat man nichts zu schreiben und dann schreibt man sowas. Ich les das echt oft. Weiß nicht, ob ich das lesen muss, ob mir das was gibt. Ich find das ist so ein "Ich schreibe, um zu schreiben"-Text, als Selbstrechtfertigung. Das Bedürfnis haben offenbar viele. Und das ist dann eben wieder Form folgt Funktion.
Der Text verhält sich zu einer Geschichte, wie sich Masturbation zu Geschlechtsverkehr verhält.

Es ist halt da, man kennt das schon, es ist nichts Neues, nichts Überraschendes, es gibt keine Elemente, keine Spannung. Ich finde es nicht schlecht, aber das ist so ein typischer Autoren-Text. Er ist unglaublich typisch.
So eine tiefe Erzählverdrossenheit. Ich frag mich, ob man dann schreiben sollte. Also für mich spricht aus dem Text und aus dieser Art von Text eine Erzählverdrossenheit bei gleichzeitigem Bedürfnis, zu schreiben, sich mitzuteilen.
Find das schwierig, lese viele so Texte hier, der hier ist sicher besser als vieles von dem Zeug, das sonst einfach gelöscht wird, aber mir reicht das als Text nicht.
Das ist halt auch in dem Text wieder drin. Die Figur hat nicht etwas in sich, das hinaus müsste, sondern er will etwas schreiben, etwas meißeln, damit was von ihm da ist. Was das ist, was er da meißeln will - ist ihm das wirklich wichtig? Und was ist dem Leser wichtiger? Wer gemeißelt hat, oder was?
Für mich: Zuviel Attitüde, zuwenig Substanz.

Gruß
Quinn

 

Hallo Aris!

Ich fand den Text interessant bis zu den drei Punkten im ersten Absatz. Du baust eine interessante Szene auf und vermittelst mir eine Stimmung, aber anstatt etwas mit der Szene anzufangen, baust du weiter und weiter. So kommt es mir vor. Eine Modelleisenbahngeschichte.

Ja, da kommt noch Handlung. Ja, da passiert etwas. Aber mir ist das zu wenig und ich habe das Gefühl, ich habe solche Texte schon häufig gelesen, da kommt nichts Spannendes mehr, nichts Neues.

Bis bald!
yours

 
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Hej Aris,

tja, was soll ich sagen ... dass mir die Geschichte gefällt, kann ich nicht behaupten, aber unterhaltsam fand ich sie, das schon. Das sind sie immer, diese gigant-o-matischen Gefühlseruptionen, wenn man drin steckt, hat man das Gefühl, das Berge zu Tal stürzen und von außen betrachtet wirkt es schnell schwülstig, ein wenig albern, aber vertraut.

Nimm es mir nicht übel, wenn ich das nicht ganz ernst nehme, ich hab mich darum bemüht und das hat alles noch viel schlimmer gemacht, also mit einem bestimmt nicht unfreundlichen Lächeln:

Ich liege wach! So wie es nicht sein sollte! Ich sollte schlafen, kann es aber nicht. Warum, das weiß ich nicht.
Das finde ich dermaßen unschön.

Ich höre den Toilettendeckel, wie er hochgeklappt wird, vernehme das Plätschern des Urins in nächtliches Wasser und die wasserfallartige Spülung
Welchen Toilettendeckel? Den von dem Pärchen mit Kind aus dem zweiten Stock oder den von Oma Stankowski von schräg gegenüber aus dem vierten? Oder handelt es sich um den universellen, den gigantischen Klodeckel, der über uns allen hängt und irgendwann, ja, irgendwann fallen wird.


Im Halbschlaf – was der gefährlichste Schlaf ist
Die Hölle, das ist ein Meer von unbegründeten Behauptungen, die jeder wahllos zum Besten gibt.

ihr Bett vertikal gegen die Trennwand zwischen ihnen und mir zu stellen
zwischen sich und mich

und dort … was weiß ich, was die machen.
Mit einem Quentchen Phantasie ...

Vielleicht haben sie Sex, die Körper um mich herum, in ihren aufgewühlten und erhitzten Betten,
Dass er da drauf gekommen ist, macht mich irgendwie dankbar.

Geschlechtspartnerkörper
Ein kleinliches, geiziges Wort.

mit dem Gesicht an die Tapete, an die hautdünne Wand gedrückt, die sich direkt, unmittelbar neben meinem Körper, neben meinem wachen Körper und meinen Hörgängen befindet.
Meinst Du seinen wachen Körper mit seinen Gehörgängen, die ihm das Hören überhaupt erst möglich machen, vorausgesetzt sie sind intakt? Dieses „und“ deutet an, dass die Gehörgänge eine Art Nebenexistenz führen.

Gerne würde ich die Wohnungen um ihre Wohnungen mieten und es dort treiben, fremde Körper dafür bezahlen, dass sie es dort ununterbrochen tun. Ich könnte auch die Polizei rufen, Ruhestörung.
Er könnte sich auch ein Eis kaufen gehen oder einen großen Salatteller auf den Küchenfußboden fallen lassen.

Leichen ficken nicht. Leichen gehen nicht aufs Klo und Leichen flüstern nicht.
Wer hat je etwas anderes behauptet?

Aber das alles kann ich nicht. Ich kann sie auch nicht darum bitten, sich nachts wie Leichen zu verhalten. Das geht ja nicht.
Das geht wohl. Ganz eindeutig geht das. Die Idee ist super.

Ich müsste sie schon zu Leichen machen, aber das geht auch nicht, denn dann kommt die Polizei und stößt ihre Türen auf, weil sie angefangen haben zu stinken, die Leichen. Und dann ist es laut, extrem laut.
Was bei dem alles nicht geht, ist deprimierend! Dabei wäre es doch leicht vorstellbar, dass man andere Menschen und speziell Nachbarn, erst recht wenn sie zu laut rascheln während man selber ungestört harmlosen Sexphantasien nachgehen möchte, zu Leichen macht. Gegen folgende Geruchs- und Lärmbelästigung könnte man sich mit Nasenklammern und Ohrstöpseln wappnen.

Und man wird bei mir klopfen und sich fragen, warum ich keine Leiche bin, nicht stinke.
Eine mögliche Antwort wäre: Leute, könnt ihr euch nicht einfach freuen, dass ich noch lebe, hm, wie wär's damit, versucht es einfach mal, ja?

Aber wenn ich das mache, habe ich vielleicht zwei Tage Ruhe, ungestörte Ruhe inmitten von Leichenkörpern, getrennt durch zarte Wände
Ja, da gilt es abzuwägen ... schwere Entscheidung.

in Anbetracht der Schwer- und Zentrifugalkräfte
Zentrifugalkräfte ... da denke ich an kopulierende Menschen, die sich wie ein Blutprobenkarusell im Kreis drehen. Könnte ich auch nicht schlafen, bei der Vorstellung.

der Fett- und Muskel-, Schwing- und Spannungsgesetzen
Fettgesetze!!!
Für mich ein nagelneues, wundervolles, vielversprechendes Wort! Meine Phantasie schlägt übermütig Purzelbäume.

verlasse ich die Sphären der Normalität; die Vorstellungen, die ich mich während des Alltags nicht zu denken wage, die ich mit Gedanken an Banalitäten verdränge, unterdrücke unter einer Schicht aus Gedanken an Termine, Aufgaben, Erledigtes, Kunst, Erinnerungen, Schmerz, Mitmenschen, Gegenmenschen, Übermenschen, Nebenmenschen, Menschenmenschen, berühmten Menschen; aus der U-Bahn, aus dem Büro, aus dem Fernsehen, aus den Vorstellungen, aus der Vergangenheit, aus der Zukunft; ein Klumpatsch aus Körpermassen, die nicht mehr sind als reine Vorstellung und unterdrücktes Verlangen; ein Zusammenbau aus den Brüsten der Frau in der U-Bahn, dem Arsch meines besten Freundes, den Augen meiner Ex-Freundin, dem Rehnacken meiner Mutter, der Vulva Gottes und einem Eros von mir, der ich Jungfräulichkeit durch Sex spende.
Die "Sphären der Normalität" vorm Verlassen zu beschreiben ist auf jeden Fall die sicherere Variante, so wird das Risiko einer Verwechslung nicht hundertprozentig ausgeschlossen

Mein Blick kommt immer näher an mich heran; ich bin ich und mein Blick, aber eigentlich doch nur mein Blick, denn aus dem Ich, was ich sehe, kann ich nicht schauen
Mein Blick hatte grüne Hosen an und sein linker Schuh quietschte leise bei jedem Schritt. Ich bin natürlich immer noch ich, klar. Aber ich stecke eben auch irgendwie in den grünen Hosen, frag nicht wie, okay. Falls es dir hilft, alles was grüne Hosen anhat, kann sehen, alles andere nicht, klar? Es können auch zwei grüne Hosen ineinander stecken, das ginge auch.

, sehe keine Form meines Blickes.
Ich sehe auch nie die Form irgendeines Blickes, ich will auch gar keine Form eines Blickes sehen, wer weiß, vielleicht ist das ein ähnlicher Effekt wie bei diesen Skelettpferden bei Harry Potter

Wieder wache ich auf, weil ich ja nicht schlafen kann.
Das muss so sein, denn abgesehen davon, dass man, um nicht schlafen zu können mindestens aufwachen oder schon wach sein muss, würde er, wenn er nicht aufgewacht wäre, immer noch schlafen, mit strubbeligem Haar und einer netten Spuckelache, die auf seinem Kopfkissen langsam größer wird - wie auch immer, die Geschichte gäbe es dann in dieser Form nicht. Er könnte natürlich auch träumen, dass er aufwacht, oder er träumt, dass er schläft obwohl er wach ist und das hat er wieder nur geträumt.

auf der wässrigen Straße brennt die lila Haut der Prostituiertchen von der schwarzen Sonne der berliner Nacht
"schwarze Sonne der Berliner Nacht" klingt nach einer ich-bin-ja-so-crazy Malzbier-Werbung.
Falls das "brennen" Synonym für sein Brennen von vorhin ist, läuft da also eine total geile Nutte rum, was 'n Wunder, die sind doch alle immer total geil, deswegen ham se sich ja auch genau den Job ausgesucht, oder?

Aber das möchte ich gar nicht. Ich möchte keine Prostituierte ficken. Ich möchte „sie“ ficken,
Man hat es geahnt ...

ich will fassbare Erinnerung sein.
Pfui Teufel, so ein kleines Arschloch.

Und sie schreit, dass sie will, und dass sie es nicht bereuen wird, und dass
Da gefällt mir, wie ihr da einfach der Ton abgedreht wird.

LG
Ane

 

Hallo Aris, hallo Ane

Aris, find deinen Text weiter klasse und lob dich, auch wenn Anes Luftballonreinstechtechnik zusammen mit unser aller Kommentare eine ganz neue Seite deines Textes hervorgezaubert hat.

Hab selten so einen frechen, witzigen und unterhaltsamen Kommentar gelesen wie den von Ane. Aris, ich hoffe, du besitzt ein ordentliches Pfund Humor. Vielleicht solltet ihr beide dann in Zukunft im Duett arbeiten. Verspricht Unterhaltung auf hohem Niveau.
Ich muss immer noch lachen über den Blick mit den grünen Hosen und "den universellen, den gigantischen Klodeckel, der über uns allen hängt und irgendwann, ja, irgendwann fallen wird."

Lg
Novak

 

»Hab' ich geschlafen? Eben schlaf ich ein,
und nun verwaltet mich ein andrer Sinn,
noch bin ich außerhalb, schon bin ich drin,
noch weiß ich es, und füge mich schon drein.«
Karl Kraus: Halbschlaf​

Hatte wohl geschlafen. Habe mich aber offensichtlich besudelt.

Schön, wieder von Dir zu lesen,

lieber Aris!

Nachdem Du an anderer Stelle gestanden hast,

Aber für mich ist alles Geschichte, daher brauchst du mir meinetwegen soviel Mühe auch nicht machen.
geht’s sofort an die Verwirklichung der Maxime in einer Erzählung, in der uns der Icherzähler (oder solltestu aus eigener Anschauung erzählen?) in einem Monolog in seinen Schlaf entführt. Und nachdem er wohl längere Zeit nicht einschlafen kann -
wohl auch wegen der dünnen Wände, in denen er wohnt -
wollte ich ihm schon empfehlen: aufstehn, was tun, bis der Kopf anständig schwer wird, oder ein einem selbst überaus langweilenden Buch zur Hand nehmen –
wie ich es mit Mitte-/Ende Zwanzig hielt mit dem Archipel GULAG, nach einer Seite war der Kopf zum Schlaf bereit -
was dann doch unterlassen wird (das kann ich Dir ja erzählen, Du sagst es ja nicht weiter).

Tatsächlich hat jeder Mensch einen Wachrhythmus (Alpha-Rhythmus) zu Anfang, dem durchs Alphabet hindurch weitere Schlafphasen folgen bis hin zum Traumschlaf, der wegen der schnellen Bewegungen der Augen auffällt. In dieses rapid eye movement treten wir dann doch ein mit ellenlangen Aufzählungen.

Mit Eintritt der unendlichen REM-Phase verlasse ich die Sphären der Normalität; die Vorstellungen, die ich mich während des Alltags nicht zu denken wage, die ich mit Gedanken an Banalitäten verdränge, unterdrücke unter einer Schicht aus Gedanken an Termine, Aufgaben, Erledigtes, Kunst, Erinnerungen, Schmerz, Mitmenschen, …
dem eine seltsame Galerie von
… Mitmenschen, Gegenmenschen, Übermenschen, Nebenmenschen, Menschenmenschen, berühmten Menschen …
kurz:
… ein Klumpatsch aus Körpermassen …,
folgt, die aber auch mit einem abgebrochenen Satz zu einem offenen Ende abbricht
Und im Traum rufe ich ihr zu: „Geh mit mir zugrunde!“ Und sie schreit, dass sie will, und dass sie es nicht bereuen wird, und dass

Aber die im Titel angekündigten
Interpretationen …
überlässt der Icherzähler weitestgehend dem Leser, der die Bilder auslegen und deuten kann wie er mag und will.
Allein die Dünnwandigkeit des Schlafraumes, die andererseits auch durch eine besondere HellHörigkeit des Schlechtschlafenden bloß so erscheinen braucht, mag zu Anfang der Erzählung einiges erklären. Wobei zu erinnern ist: Wach liegt der Schläfer in der Wachphase, um dann doch zu träumen. Vielleicht aber bleibt er nach der Erweckung noch ein bisschen liegen … und ich frag mich, ob Prof. Freud (oder einer seiner Jünger) eine Deutung fände? Wie sagt er doch lapidar zu Beginn der Traumdeutung: »Der Traum wird definiert als die Seelentätigkeit des Schlafenden, insofern er schläft.« [Studienausgabe Bd. 2, S. 30] Vielleicht hätt’ er, wenn wir das einleitende Zitat nehmen. Und Recht hastu in dem, was die Identität vom frühkindlichen bis zum alternden Icherzähler (wie jeder andern Person) stiftet
Ich bin eine Vorstellung meiner selbst,
mit dem „Selbst“Bewusstsein als Ziel des Individuationsprozesses und in der gegenseitigen Erwatungshaltung / Auseinandersetzungen zwischen Dir und dem / den Anderen.

Die Kleinkrämerseele, ach, in mir musste nahezu unbefriedigt bleiben, hat dann aber neben Wortschöpfungen auch offensichtliche Flüchtigkeit ausgemacht.

Drei Neologismen sind mir aufgefallen, wovon einer sicherlich in meinen Sprachschatz (endlich das 301. Wort!) einwandern wird:

Eine denkwürdige Stelle ist diese

…, dass sie nachts bitte stillzuliegen haben, …
Eigentlich keine echte Wortschöpfung, da es das Stillliegen gibt. Dieses hängt aber eng mit stilllegen zusammen und hat uns gerade erst mit Schlecker wieder heimgesucht und wird es absehbar für die Schwerindustrie, aber auch einen Autobauer. Stilllegen ist die Tätigkeit, dass ein Betrieb außer Betrieb komme (stillliege), was hier aufs Individuum übertragen wird, das aber außer Betrieb tot ist – wie Dein nächster Satz ja zeigt. Was nützte es da, dem Körper etwas zu sagen? Nach bürgerlichem Recht fällt er vom Personen- ins Sachenrecht.
Besser und korrekter also
…, dass sie nachts bitte still zu liegen haben, …

Misslungen erscheinen mir die
Perversereien
Da wäre m. E. Perversionen allemal besser angebracht.

Schöne, und wie ich finden, gelungene Wortschöpfung einer speziellen Art, sich zu verlustieren:

phallustieren

Bissken Flüchtigkeit

… und das Theater ist wieder dar.
Spendieren wir dem letzten r ’nen Urlaub!

…, der Fett- und Muskel-, Schwing- und Spannungsgesetzen, …
Spannungsgesetze

Ausgebaut ist das vielleicht ein Gegenstück zum letzten Kapitel des Ulysses, wenn der Gedankenstrom der Molly Bloom ohne Punkt und Komma dahinfließt ...

Gern gelesen vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

... da sind durchaus textimmanente Interpretationsmöglichkeiten - der Ich-Erzähler erscheint als übersensibler, dünnhäutiger Mensch, der einerseits sehr bestimmt wirkt, durch die wiederholten Varianten des "Schlafen-Sollens", andererseits brechen Formulierungen wie "oder so" dieses Diktat, was im kleinen und direkt zu Beginn eine Brüchigkeit anzeigt, die sich zum Schluss als Bruch erweist - zwischen tatsächlichem und fantasiertem Sexleben ...
seine rege emotionale Beteiligung, diese ständigen Ausrufezeichen am Ende banaler Sätze ... bauen ein gefühlsmäßiges Potential auf, das dem Alltagsproblem, schlaflos zu sein, nicht gerecht wird, die totalste Übertreibung! ... dieses Potential ist ein "Versprechen", das gegen Ende, mit der wahnhaften Übersteigerung spezifischen Liebemachens eingelöst wird ...

auf dem Weg dorthin werden die verschiedenen Elemente indirekt miteinander in Beziehung gesetzt, die in dieser abstrahierten Vorstellungswelt eine Rolle spielen - die Mitmieter als Gegenmenschen als Störfaktoren, von denen der Erzähler nichts erwartet, erhofft oder wünscht - außer dass sie ihn in Ruhe lassen.
dabei ist gar nicht tatsächlich der Raub einer möglichen Nachtruhe das Problem, sondern eigentlich die Potenz der Störkörper ... es ist ein Textfragment über die Machtlosigkeit des Einzelnen, Vereinzelten, dem es nicht gelungen ist, Bündnisse zu schließen, sich in die verschiedenen Gesellschaften einzubinden, in der Lage zu sein, zu gebrauchen und gebraucht zu werden ... und über seine größenwahnsinnigen Auswüchse.

Details:

Gerne würde ich die Wohnungen um ihre Wohnungen mieten und es dort treiben, fremde Körper dafür bezahlen, dass sie es dort ununterbrochen tun.

denn der Lärm ist zweitrangig, wichtig ist, dass er etwas erleiden muss und nicht zufügen kann ... oder, noch schlimmer, der Klassiker, hier:

Viel schlimmer noch ist das Geflüster, das Getuschel. Wenn sie versuchen, leise zu sein, aber das gar nicht geht. Dann bin ich erst recht wach, denn ich will hören, was gesprochen wird, was die Körper kommunizieren, welche Perversereien sich zugeleckt werden.

dass er, wie oben geschrieben, nicht dabei ist, nicht dabei sein kann - so wird der Ausgestoßene zum Voyeur, um immerhin auf diese Weise an dem Theater des Menschlichen teilzuhaben ... spätestens hier wird die Irrationalität deutlich - der Erzähler täuscht sich selbst nicht mit Rationalisierungen, er bleibt nicht bei dem einen, populären Vorwurf der ruhestörenden Nachbarn, sondern verrät sich und dem Leser, dass das nur ein Scheinvorwurf ist - dass ihn das eine so sehr stört, wie das andere legt den Schluss nahe, er sei eigentlich uneins mit dem Gegenmenschen an sich - in sich ... später wird Ich-Erzähler uns in Gestalt des Doppelgangers begegnen, dem Ich-Erzähler verbietet, sich selbst zu betrachten - bitte keine Reflektion! die Fassade täuscht kaum den flüchtigen Blick, hier will jemand nicht erkennen müssen, wer er ist ...

der Schwer- und Zentrifugalkräfte, der Fett- und Muskel-, Schwing- und Spannungsgesetzen, der Möglichkeitsvariablen und Gewicht plus Stoßkraft Grenzen imstande sind miteinander zu veranstalten oder sonst etwas tun, was Ausgeburt meiner Fantasie, Tagesrest ist.

ich bin jetzt mal vorsichtig ... in der Lyrik sagen wir, dass derartige Aufzählungen den poetischen Mehrwert einer Einkaufsliste besitzen - hier wird ja erzählerisch ein ungeheurer Rahmen gespannt, der mit seiner enormen Ausdehnung alle Dichte und Wirkkraft einbüßt - ich könnte diesen kleinen Katalog als paradoxes Beispiel einer inneren Welt verstehen, die weder für sich selbst, noch für ihre Umwelt echte erzählerische Kraft aufzubringen vermag - das schreibe ich, weil ich dem Text wohlgesonnen bin.
doch nach Stoßkraft muss auf jeden Fall was geschehen, da ist der Satz beschädigt - eigentlich eine schöne Gelegenheit, deinem Erzähler die Grammatik durcheinanderzubringen. da die Form hier sehr bestimmend ist, wäre das eine Möglichkeit, die Brüchigkeit darzustellen ... dazu eigneten sich noch ein, zwei andere Sätze hier.

Frauenfotzen, die sich gegenseitig verschlingen

es tut schon weh, das zu lesen. ebenso die inflationäre Verwendung von "ficken" - natürlich ist unsere Umwelt furchtbar sexualisiert und das häufig auf sehr vulgäre Art, das abzubilden ist legitim.
doch ist es nötig, für die Geschichte?
die Präsenz des Erotischen oder gar Pornografischen dürfte fast jedem bekannt sein, weil man ihr in der ersten Welt nicht entkommen kann. dass es welche gibt, die sich und ihre Umwelt permanent auf ficken und gefickt werden reduzieren, das ist alles allzu bekannt. es gibt den berechtigten Einwand, dass man durch die Abbildung dieser Verhältnisse diese reproduziert. natürlich hängen an der 'realen' Masturbation und an dem Nachdenken über den Sex der Anderen und den imaginierten Sex des Erzählers alles in diesem Text, das sind die Symbole, die den Kern deines unmenschlichen Menschen, dieses 'sich verpuppenden Insekts', beschreiben und also seine Brüche, die tief blicken lassen, hinter seine Schlaflosigkeit, hinter das Vorgeschobene. eben in den Kern eines asozialen Menschen, der Beziehungen auf Sex herunterbricht und Sex als Machtinstrument interpretiert ...
dass in so einem Text nicht von 'Beischlaf' und 'Kopfkissen teilen' geschrieben werden sollte, ist klar, aber es würde den Text stark aufwerten, die zwanghafte Fokussiertheit anders deutlich zu machen als durch die ständige Wiederholung eingeschränkten Vokabulars, denn das beschwört nichts herauf, sondern sorgt nur für ermüdetes Abwinken - so geht mir das ...

die Vorstellungen, die ich mich während des Alltags nicht zu denken wage, die ich mit Gedanken an Banalitäten verdränge, unterdrücke unter einer Schicht aus Gedanken

würde ich ebenfalls nicht so schreiben, das ist ein Allgemeinplatz, der etwas von der Atmosphäre nimmt, die Quinn ans Kafkaeske erinnert ... nachdem er das sagte, hatte ich so eine vage Assoziation zu Kafkas Fragment, in dem er - einen Maulwurf? - beschreibt, der sich in seinem Bau verschanzt und vergraben hat, da sind die als feindlich empfundenen Nachbarn durch ihre Grabgeräusche präsent ... ja ... zuerst fühlte ich mich an Becketts Kurzgeschichten erinnert, die haben auch so verschobene Sichtachsen, menschenfeindliche Figuren ... die große Kraft seiner Literatur speist sich mE aber auch aus dem weitestgehenden Verzicht auf Gewalt und Sex ... wenigstens auf die expliziten, erzählten Darstellungen ...

dem Arsch meines besten Freundes, den Augen meiner Ex-Freundin, dem Rehnacken meiner Mutter, der Vulva Gottes und einem Eros von mir, der ich Jungfräulichkeit durch Sex spende.

... kreativ! ... und wirklich bezeichnend für das nachfolgende Gestaltenwollen, dieser vorgestellte Frankenstein, das bringt ja die Selbstbespielung auf eine extreme Höhe, die unfruchtbare Künstlichkeit - wenn er seinen Samen einem künstlichen Wesen spenden will, das aus ihm heraus geschaffen wurde ...

Was du siehst, bin nicht ich. Ich bin eine Vorstellung meiner selbst

und obwohl das 'Image' eines Menschen nicht der Mensch selbst ist, verlangt Ich-Erzähler zu recht, sein Doppelganger solle den Blick abwenden. weil das Bild, das sich Andere von einem machen, auf einen selbst zurückwirkt. sehr selten sind Bild und Wesen kongruent, selten ist das überhaupt gewünscht, spannend und aktuell, so ein Thema, zu Zeiten der permanenten Selbstdarstellung auf 'sozialen Netzwerken'. da sehen die User ja ständig Bilder von sich, die nicht 'sie' sind.

sehe keine Form meines Blickes.

Ane ist dazu eine pointierte Bemerkung eingefallen, da fühlte ich mich so dumm. ich verstehe das nicht und plädiere daher für Streichung. :D

Prostituiertchen

nicht gut. nichts gegen Neologismen und den dahinterstehenden Gestaltungswillen, aber das klingt und wirkt nicht, warum etwas Neues erfinden, wenn man aus einem breiten Feld von Beschreibungen schöpfen kann?
siehe -> Perversereien?

wie bei dem Endlossatz, könnte man bei diesem Ich-Erzähler sprachliche Missgriffe als Gestaltungselemente verstehen, aber ich wenigstens könnte dieser Form der Gestaltung nichts abgewinnen

schwarzen Sonne der berliner Nacht

da bin ich unentschieden. zwar denke ich nicht an mein letztes Malzbier, sondern eher an Celans schwarze Milch, also an eine Chiffre, ein Zeichen, das wirkt, obwohl es sich nicht erklärt, schwarze Sonne, das ist eine Unmöglichkeit, wie seine Sexfantasien, die schwarze Sonne wird später im Text noch einmal geerdet, indem sie mit der Pupille einer Nebenfigur verbunden wird ...

mich an ihr phallustieren, all meine angespannten Fantasien gebrauchen, mich so richtig tieren

angespannt nicht. so eine Selbstbewertung passt nicht, vom Wortsinn träfe hier eher überspannt, aber das wäre die Bewertung eines 'vernünftigen Außenstehenden' ... tieren, ja, Tierzeiten leben ... die Form haut mich so bisschen raus, weiß nicht, die Detailbetrachtung zeigt, wie schwierig es ist, passende Neuerfindungen zu bringen, ich versuche mich immer wieder mal daran, häufig nicht erfolgreich ... beim Lesen ohne Lupe störte es meinen Eindruck kaum ...

mich erlöst vom unnatürlichen Rechtfertigungsdrang

das ist ein Mini-Zirkel, damit schließt du die von mir mokierten Rechtfertigungen. ist eine Frage der Vorlieben - ich würde ihn stärker designen, ohne innere Schwäche, ganz dem Wahn und der (imaginären) Aggression hingegeben - das habe ich von meinen Vorbildern irrationaler Ich-Erzähler gelernt - wenn Rechtfertigung, dann innerhalb des Wahngebäudes, für Gedanken und Handlungen, die so irrational sind, dass der Leser sich nicht vorstellen kann, wie das gerechtfertigt werden kann, vllt weil es paradox ist bspw ... das würde seinen Wahn abrunden ... Gedanken wie der zitierte sind Einsprengsel des Nachvollziehbaren, 'geistig Gesunden', die mir nicht zu dem Bild passen, das ich von der Figur habe.

wenn ich in ihre tiefen Augen schaue und die schwarze Sonne funkeln sehe

schön, wie die schwarze Sonne aufgegriffen wird

und nicht mehr Freiheit mit Sklaventum meiner selbst verwechseln, wieder meinen Instinkten vertrauen kann

ein sehr romantischer Gedanke

„Geh mit mir zugrunde!“ Und sie schreit, dass sie will, und dass sie es nicht bereuen wird, und dass

"und alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit" ...

so geht das Fragment zu Ende, mit der Aufforderung, die Frau aus seiner Vorstellung möge mit ihm Zugrundegehen. ich habe dir noch recht viel angestrichen und Vorschläge gemacht, das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich hinter dem Text stehe. der tatsächlich so klassische Moderne-Themen behandelt - das Leiden des Menschen an der Zivilisation, am Verstellen, die immer neuen Schwierigkeiten des Menschen in der Gesellschaft, an der Unverbundenheit, an den Machtverhältnissen und dem Gestaltet-werden - er hätte so ähnlich zu Zeiten der Fackel des Karl Kraus geschrieben werden können.

ich denke, es ist ein mutiger Text, mit seinem kraftvollen, ungebrochenen Gestus, der den Zeitgeist nicht hofiert. er gibt nicht vor realistisch zu sein, ist keine oberflächliche Zustandsbeschreibung, nicht durch Ironie gebrochen. das bietet dem Kritiker viel Angriffsfläche - es ist leicht, diesen Text herunterzubrechen, der hat Ecken und Kanten, den kann man anfassen. ich schreibe, es geht hier um alte Brüche unserer Gesellschaft, deren Verarbeitung zwar nicht originell, aber doch kreativ ist ...
die Kritik ist zum Teil nachvollziehbar, nichts Neues!, ja - es gab diese Texte schon, romantische Fantasien von Figuren, die sich nach Instinkt und Trieb sehnen, die dem Überbau der Zivilisation entfliehen wollen. es gab diese Texte schon und es wird sie weiterhin geben. seitdem die Romantiker damals Ähnliches schrieben, hat sich das Primat der Wissenschaft, des Rationalen weiterhin verstärkt in einer Welt, die immer komplexer wird.
auf der anderen Seite wundere ich mich, warum man diesem Text mangelnde Originalität bescheinigt?

Vor kurzem fand eine Tagung in Berlin statt, die sich 'Kulturen des Bruchs' nannte, auf der haben sich Vertreter aller möglichen Disziplinen und Künste getroffen und zB festgestellt, dass es tatsächlich nichts Neues in der Kunst gebe, und dass sich die Künstler in der Tradition all der Kunst der Jahrtausende ganz gut eingerichtet hätten, ohne darunter zu leiden - das ist doch mal eine unaufgeregte Bestandsaufnahme ... möglich, dass Aris da andere Ansichten hat ... aber diese Avantgarde-Diskussion, in der bestimmten Text reflexartig unterstellt wird, die gäben nichts Neues her, das ist doch Schattenboxen ...

 

Hallo liebe Leute,

ich antworte jetzt, weil ich nicht schlafen kann. Bin ganz aufgewühlt, bei so viel Kritik.
Vielen Dank an alle Beteiligten dafür. Ich werds nicht schaffen, auf alles einzugehen, aber ich werd mir Mühe geben, der Kritik gerecht zu werden.

Muss mich zuerst für die Empfehlung bedanken. Das rührt nicht nur mich, sondern zieht auch Kommentar mit sich, also in allen Belangen für die Geschichte nur von Vorteil.

@alle: Ich glaube euch, dass es viele solcher Geschichten gibt. Aber bitte, sagt mir doch, welche! Denn ich möchte sie lesen und dann möchte ich auch noch die Übereinstimmungen mit meiner Geschichte erfahren. Klar hat jede Geschichte Übereinstimmungen mit anderen. Und Kafka. ach ja, alles, was etwas merkwürdig und rätselhaft daherkommt, hat immer was von Kafka, weil den auch jeder gelesen hat. Kafkas Verfolgungswahn ohne Grund, den kann man hier erkennen. Aber ich habe bei Kafka niemals ficken oder so gelesen. Meistens wird dann immer Bukowski erwähnt, weil den auch jeder gelesen hat.


@Jannes ja, verdammt. es hat so richtig Spaß gemacht, diese Geschichte zu schreiben. Ich lag nämlich wach und konnte nicht schlafen. Weiß nicht, ob das im Text deutlich geworden ist. :)
Warum sollte ich eine Geschichte schreiben, die mir nicht zu schreiben Spaß bereitet? Machst du sowas? Habe ich Verantwortung dem Leser oder gar "der Geschichte" als solcher gegenüber?

@Kew.
danke auch dir, wie allen für dein Kommentar. Leseschwierigkeit und Leserschulterzugen sind nicht nur Ursprung der Geschichte. Es gibt immer Autor und Leser, die sich geben und nehmen. Wenn du nur nehmen willst, wirst du nicht bekommen.
Wenn du dich unwohl fühlst beim Lesen, dann hast du vielleicht einen anderen Rhythmus. der Rhythmus hier ist der eines Menschen, der sich im Bette wälzt, mal einschläft, sein irrationales Verlangen gesteigert wird usw. Wie soll der denn die Geschichte narrativ erzählen können?

Wiederholung ist ein Mittel. Gerade aus der Perspektive von Jemandem, dem seit Stunden nichts widerfährt außer der Qual seiner selbst. Ich werde auch darüber nachdenken, manches zu streichen. Deine Entschlackungsvorschläge sind gut.
Und auch ich, mein lieber, kenne besser Texte als den meinigen. Wäre auch schlimm, wenn nicht. Wir sind wieder bei geben und nehmen. Ich und mein Text wollten dir auch nichts geben, wir gaben dir allerdings die Möglichkeit, dich nach Lust auch Laune zu bedienen. Dass der Text diese Lust und Laune bei dir nicht hervorruft, stimmt mich traurig.

Aber gerade, dass du sagst, der Text gibt dir nichts neues, heißt doch, dass er nur Alltägliches, dir bereits bekanntes beschreibt. Das freut mich, denn der Text basiert auf den Untersuchungen von Freud, Lacan und vor allem Bataille.

@Kubus
Wenn du gerade Foucault bearbeitest, ist es interessant, dass dir dieser Text gefällt. Die Idee des Panoptikums der Gesellschaft, dass sich aus den Überwachungsstaaten automatisiert hat und Gerüst der modernen Gesellschaft nach Foucault geworden ist, kann doch hier gefunden werden, wenn ich mal kurz meine eigenen Geschichte interpretieren darf. Man findet hier das Individuum, was seine Mitmenschen gar nicth überwachen will, es aber tut, unabdingbar zu informationen, intimen infos über seine naheliegenden Mitmenschen gelangt, die es niemals haben wollte.

Der Sieg der Triebe ist ein Thema, einfach auszumachen, aber ja. Darauf werde ich bei Friedrichard zurückommen.

Raum für Interpretationen hat der Text wie jeder andere auch. Das erkannt zu haben ist schon der Blumentopf. Und dein Interpretation des egomanischen Wichsers im doppelten Sinne gefällt mir gut.
Mich würde auch bei dir interessieren, also wirklich, an welche bestimmten Literaturen dich der Text denn erinnert.

Und danke für deine Empfehlung. Du scheinst es zu bereuen. Das macht mir nichts. danke vielmals.

@novak.
du erkennst dich im Text, denn er ist menschlich, sogar von Menschenhand verfasst. Und auch. wenn freud mit seiner aussperrung des realen nicht recht haben sollte, scheint das dunkele Verlangen doch zu existieren.

Ihr merkt, meine Kommentar werden kürzer, ich werde Müde. Tut mir leid. Aber danke.

@Quinn
schön, wie du mit dem Mittel der Geschichte das Mittel der Geschichte kritisierst. danke dir.

Ich frage mich, was ein "Nichtautorentext" sein soll. Der Text, der sich selber schreibt, auf den warten wir alle. Die Bibel war vielleicht so einer. einfach da. zack.

Der Text verhält sich zu einer Geschichte, wie sich Masturbation zu Geschlechtsverkehr verhält.
:) das trifft es schon, wenn schreiben ein trieb ist. schrieben ohen sinn, ohne grundlage, ohne partner, nur für sich selbst, aus sich selbst heraus auf sich selbst drauf.
Sollten wir nicht trotzdem einen Schwangerschaftstest (-text) bei allen Beteiligten und dem Text selber machen?
Spannung ist noch etwas, dass ich bei einem Text über onanie, so wie du ihn ja liest, nicht in der Lage bin zu verfassen, aber gerne mal lesen würde.
Hinterfragt werden kann alles, wenn du mich fragst. und wenn du kant fragen würdest. auch so ein alberner Text. und du hast es doch getan. auch die albernheit und dummheit eines textes darstellen, heißt doch, ihn zu hinterfragen.

so, ich bin tatsächlich müde und befinde mich zudem in nicaragua und die moskitos schwirren um den laptop. wenn ich jetzt nicht ausmache, geht gar nicht mehr und anes toller kommentar würde viel zu kurz beachtung von mir bekommen. daher werde ich so bald wie möglich fortfahren. gute nacht und danke nochmal an alle beteiligten.

 

Hallo aris, ich freue mich mal wieder einen Text von dir zu lesen. Auch finde ich es klasse, dass diese Geschichte empfohlen wurde. Die Worte der Geschichte springen darin, wie die Leidenschaft, die Leiden schafft. Manches Mal verzogen sich meine Augebrauen nach oben, weil ich glaubte, du wärest doch ein wenig schlampig vorgegangen. Mir ist es jedoch zu mühselig, dir die Passagen zu präsentieren. Das kannst du auch alleine. Es ist deine Geschichte und ich will sie nicht zu meiner machen, indem ich deine SatzKreationen auseinanderfiesel. Mir hat nicht so gut gefallen, wie du das Wort Ficken genutzt hast. Das war fade, hohl leer und hat im Grunde die Triebhaftigkeit nur angekratzt. LG GD

 
Zuletzt bearbeitet:

also weiter im Text:

@yours. Dank auch an dich. Eine Modelleisenbahngeschichte finde ich wäre eine, die nach einem Prinzip aufgebaut ist und sich verschiedenartig variiren lässt. Variationen sind hier möglich, daher ja. man könnte wohl beliebig Satzteile verschieben, die Geschichte bliebe die selbe. Ich frag mich nur, wie ich gebaut habe. Nach Anleitung wohl kaum, dann doch eher nach Chaosprinzip und ich glaube, dass meine Eisenbahn nicht im Kreis fährt, sonder vielleicht sogar kollidiert. Gruß.

@Ane

ja, klar hab ich mich auch über deinen Kommentar gefreut. Niemand sagt, dass das hier eine Geschichte sein soll, die ernst verstanden werden soll. Klar hab ich sie ernst geschrieben, aber auch die Möglichkeit, den Prot der Lächerlichkeit preiszugeben, ziehe ich in Betracht. Er ist ja kein Held oder so.
Und er hat bestimmt einfach Ausstiegsmöglichkeiten aus seiner Misere, aber die sieht er nicht, will er vielleicht nicht sehen, da er als Depressiver sich gerne im Ehlend suhlt.
Du sagst es ja, es wirkt nur so bedrohlich und erruptiv, wenn man drinsteckt. Der Leser ließt von außen.

Und ja, in dem Moment gibt es den universalen Toilletendeckel. Er weiß nicht mehr, welchen er hört von den vielen. Ich werde wohl "einen" Deckel oder "einer der" schreiben, trotzdem. :)
Und natürlich werde ich vieler deiner Verbesserungsvorschläge beachten.
Ich glaube allerdings nicht, dass ich ihn logisch denken lassen werde. Der kann und soll verwirrtes zeug denken. Im semischlaf hat der Blick schon mal grüne Hosen an.
Wir sollten eine Geschichte über Blicke mit grünen Hosen schreiben. Wenn Beckett das nicht schon gemacht hätte.

@novak
du darfst gerne Geschichte und KOmmentar gut finden. Ist durchaus möglich.

@Friedel
Freuds Jünger Lacan hat dessen Verarbeitung des Verdrängten im Traum bearbeitet. Viel mehr aber hat George Bataille den "schwarzen Fleck" im Menschen als den Teil der Gedanken beschrieben, die sich der Mensch selbst zu denken verbietet. (wie es durch peitschen und drücken zu beschreiben versuche) Es sind Triebe, die nicht angebracht, nicht verwirklichbar scheinen und daher eingesperrt werden. "den schwarzen Schatten jenseits der Vernunft" heißt es wörtlich.

Habe Ulysses leider nicht zuende gelesen, aber vielleicht mach ich das bei Gelegenheit.
Vielen Dank für dein Kommentar.

schön, dass du mein stilllegen erkennst und beachtest. Ich denke, die zweite Version meiner Geschichte wird dir trotzdem mehr zusagen.

@kubus zum zweiten

find ich gut, dass du den Erzähler als dünnhäutigen Menschen erkennst. Denn nicht nur seine Wände sind es.
Deine Interpretation finde ich wunderbar und trifft viele meiner Intentionen. Ich lasse ihn auch bewusst nicht erzählen, dass er am folgetag arbeiten muss, was für gewöhnlich das Problem vieler Menschen ist. Ihm geht es darum, dass alle spaß haben oder schlafen können oder sich darüber keine sorgen machen, außer er selbst. Er ist neidisch und projiziert seine ihn verwirrenden Triebe auf die Außenwelt.

zur Verwendung von ficken und hier auch @GD: ich denke, mein Prot will das alles auch nicht so nennen, denn am ende sucht der ja auch den Sex mit der Frau, die es danach anders nennen wird, keine Wörter mehr dazu finden kann. ficken, so nennt es die Umwelt.

Den Abschnitt mit dem Blick werde ich wohl streichen. Ich hatte eine Szene aus Sartres "Das Sein und das Nichts" im Kopf, bei der sich der Mensch dabei ertappt, sich selbst zu beobachten. Für dich als "Strafen und Überwachen" Leser von großer Bedeutung, denn Foucault referiert auf Sartre. Dem Bürger wurde solange eingetrichtert, die anderen zu überwachen, Konventionen und Konformitäten aufzubauen, dass sich das Individuum am Ende selbst überwacht, indem es sich selbst fragt, ob das, was es tut, gesellschaftskonform ist oder nicht. Metaphysik der Macht bei F.
Aber das sollten wir hier nicht diskutieren, obwohl es in der Geschichte doch leicht angeschnitten ist, durch die verbotenen Gedanken, die Triebe, die beim PRot unwillkommen sind aber doch aufmerksamkeit erfordern, aber eben nur in der Abgeschiedenheit, in der Isolation. Zum onanieren muss man sich zurückziehen. die Frau in der U-bahn, die Reize in der täglichen Welt, triebe sind in der ersten Welt unangebracht, störend, umwillkommen und verbleiben allerdings in "schwarzen Schatten der Wahrnehmung", bis sie in momenten der totalen Isolation ihre Freiheit suchen.

Das Scharz ist eine chiffre. Es ist zum einer der schwarze Fleck bei Bataille, wie gerade beschrieben, zum anderen ist die Schwarze Sonne ein zeichen für Melancholie und Depressionen bei Duras, Heine und auch bei von Trier.

Nietzsche, den du hier passend zitierst, wird da wohl auch was passendes zu geschrieben haben.
Rechtfertigungsdrang, den fasst du auf und den sehe ich auch als Kern der ganzen Sache, denn so nennt man die Metaphysik der Macht, alles was man tut, ethisch abklären zu müssen, ob es mit den gegebenen Ethiken und Kulturen konform läuft. Wir war es normalerweise zu klar, dieses Wort überhaupt zu verwenden.

Die Romantiker. Da führst du endlich mal auf, wo es ähnliche Texte schon gibt. Ich denke an die (vielleicht Mescalverursachten) Visionen Novalis. Ich sollte vielleicht eine blaue Rose in meinen Text schreiben.
Vom Stil her erinnert es mich eher an Dadaismus oder Expressionismus, muss ich sagen.

Das es nichts neues gibt in der Kunst ist auch gleichzeitig die postmoderne Feststellung, dass es niemals etwas neues gab, weil alles schon immer nur memesis war und ist. Nachahmung. Auch schon vor den Griechen gab es die Mythen. Heute hat man ein Mischmasch der nicht mehr verlangt, neu zu sein. Trotzdem ist jeder Text neu, denn so wurde er noch nicht geschrieben. Ideen sind auch immer anders, auch wenn sie schon tausendmal gedacht wurden. und der text ist nicht zuletzt palimpsest der schon geschriebenen Geschichten.

Ich bedanke mich für einen super kommentar, den ich nicht nur mag, weil er dem Text wohlgesonnen ist, sondern weil er analytisch und kreativ ist.

Anes Kritik ebenso. Hat sehr zur Einsicht geführt. Ich bin mit der entstandenen Diskussionen sehr zufrieden, denn mein Text wird doch von allen seiten beleuchtet. Psychologisch, soziologisch, philologisch und philosophisch. Es wurde kreativ mit ihm gearbeitet, ob er der Lächerlichkeit preisgegeben wurde oder zu psychologischen Analysen angeregt hat.

Ich weiß, dass ich nicht auf alles eingegangen bin, auch wenn ich das sehr gerne würde. Als Grundantwort habe ich daher eine zweite Version des Textes verfasst, die ich unter den Ursprungstext setzen möchte.

Habe mich über eure Kommentar sehr gefreut.

@GD zur Verwendung von ficken hatten wir schonmal diskutiert, glaube ich. für mich ist es ein Wort wie Brot oder Tisch. die zeiten, in denen ein text als vulgär bezeichnet wird, weil er das "f-wort" verwendet, gehören der Vergangenheit an. Ich habe weiter oben noch etwas dazu geschrieben.

viele Grüße an Alle

 
Zuletzt bearbeitet:

zuerst dachte ich an Dostojewskis Aufzeichnungen aus dem Kellerloch, da gibt es ebenfalls einen Protagonisten, der keinen direkten Kontakt zur Welt hat, die er zu verachten vorgibt, über die er schimpft und sich lustig macht. ein Protagonist, der sich selbst entlarvt, was ein schönes Gegenstück zu Novaks 'Verpuppung' ist - denn beides stimmt. dort findet alles in dem Kellerloch statt, eine 'Welt im Kopf'

'Sartres Blick' - es kommt schon sehr deutlich, aber nicht plump, raus: seine Idee davon, wie der Blick, also das Beurteiltwerden durch den Anderen das Ich gestaltet - neu ist mir, dass der Mensch sich selbst dabei erwischt, aber es ist naheliegend, für einen Franzosen vor allem, so zu denken: 'Ich ist ein Anderer'/ 'in mir sind Vielheiten' - die französische Kunst hat sich scheinbar stets sehr gern mit diesem Thema beschäftigt.

und Beckett eben, Sartres Zeitgenosse und der wesentlich bedeutendere Literat in meinen Augen - diese letzte Assoziation ist jedoch nur sehr vage, ein gefühsmäßiger Eindruck, den ich nicht belegen kann ... wobei Beckett wesentlich weiter entfernt ist von der Nachvollziehbarkeit, als dein Text, wie ich bereits schrieb, hier sind mir zu viele 'normale' Gedanken, die stören den wahnhaften Eindruck. :)
das sind die drei Stile und Ideen, die für mich hinter dem Text stehen, die seine Paten und Geburtshelfer sind - aber was sie da zu Tage gefördert haben, das ist eigenständig, etwas Neues, sonst hätte ich es nicht empfehlen können - was du über das Neue in der Literatur schreibst, diese zweite Hälfte der Bestandsaufnahme wurde in dieser Tagung ebenfalls vorgenommen, ich habe die Erklärung nur etwas verkürzt, mein Komm war schon so lang ...

ich habe Geschichten mit expressionistischem Gestus eingestellt, direkt zu Beginn meiner Aktivität hier, da habe ich ähnliche Kommentare geerntet, 'schwarzfleckige' Irrationalität und die Abwesenheit ironischer Brüche ergeben zusammen ein rotes Tuch ... ich bin noch nicht bereit, mich mit dieser inhaltlich-formalen Enge abzufinden.

und nein, ich bereue es nicht, die Geschichte empfohlen zu haben, nur weil ich in den Feinstrukturen noch Potential für Veränderungen gefunden habe, so unbehauen könnte man es natürlich auch lassen, hat einen eigenen Reiz, es wirkt viel authentischer so ;-)

es sollte mehr solcher Geschichten geben, die anders an ihr Thema herangehen, als man es hier üblicherweise sieht. Vielfalt ist schön und sollte gefördert und erhalten werden, unabhängig vom gerade aktuellen Zeitgeist.

Bis dann,
Kubus

 

Hllo Aris,

ich freue mich sehr, anhand dieser KG zu erfahren, dass es dich noch gibt. Das ist für mich irgendwie kg-Nostalgie, deinen Namen hier wieder zu lesen ;-)

Die Geschichte gefällt mir nicht als Geschichte. Ein ermüdender Text über Schlaflosigkeit. Es sind ein paar schöne Stellen drin, ein paar besondere Formulierungen, aber insgesamt ist das einfach zu überfrachtet. Wie viel Symbolik und Gedankenvielfalt erträgt die gemeine Schlaflosigkeit? Bestimmt nicht so viel, wie du da abzuladen versucht hast? Ich kann damit nicht viel anfangen. Andere scheinbar schon, sonst hätte der Text keine Empfehlung bekommen. Ich habe keine anderen Kritiken gelesen, vermutlich stehe ich mit meiner negativen Meinung allein da.

Als nächstes wäre ein Text über Verdauungsprobleme fällig, über einen der auf Klo, sitzt, und sich Gedanken macht, warum da nix passiert. Nö, das ist mir einfach zu ... nichts sagend!

Rick

 

Anmerkungen zur zwoten Version / II. Lieferung zum Thema

»Ich bin der Geist der stets verneint! / Und das mit Recht; …«​

In den Nächten konnte Adam nicht schlafen und durchlitt die Tage in andauernder Müdigkeit.
Der Perspektivenwechsel ist selbst dem Blinden offensichtlich. Der Icherzähler wird ausgewechselt, der Protagonist trägt einen Namen: Adam, Stammvater des Menschengeschlechts nach hebräischer Auffassung, mit einem universellen Anspruch. Solltestu,

lieber Aris,

Deinen Joyce doch kennen, der im Gegensatz zum Tagebuch Ulysses zeitlebens an seinem Nachtbuch Finnegans Wake arbeitete, das mit der Geschichte Adam und Evas beginnt?

Dieser Adam ist ein anderer, als der Icherzähler der älteren Fassung: fürchtet dieser, eher zu viel als zu wenig geschlafen zu haben, quasi eine Schlafmütze zu sein, so bleibt der neue Adam ohne Schlaf und ständig müde, wahrlich kein Leben fürs Paradies, so dass der Leser sofort weiß: Mag er gleich ich sein (Er-ich lässt grüßen), so bin ich doch nicht er, es wäre denn im K-ich-er-n! Wie der verdoppelte Protagonist nun der Andere ist, so sind die Nachbarn nachts einzählig in allen sechs Himmelsrichtungen (oben + unten eingerechnet!).

…, und der Nachbar, der sich über, unter und neben ihm im Bett wälzte, vorstellbar.

Mit
…, … der Vulva Gottes
hastu – wie ich vermute, eher unbewusst - ein sprachliches wie gesellschaftliches Problem angesprochen, das hier eher durch seine grammatische als eine emanzipatorische Dimension hervorsticht und insbesondere durch das Mädchen, „die“ plötzlich zum grammatischen Weibchen mutiert, hier vor Ort grassiert.

Gott – im Gotischen guÞ klingt nicht der „liebe“ Gott, sondern eher „das Gute“ an – war auf germanistischer Zunge ursprünglich sächlichen Geschlechts. Ursache war aber nicht so sehr, dass got (ahd.)/god (engl.) als Sache oder neutral, sondern als Gesamtheit aller Asen/Götter angesehen wurde, so dass man unterstellen darf, dass Gott männliche wie weibliche Merkmale aufwiese – gäbe es ihn denn,
wie jeder Mensch auch, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Der christianisierenden Kirche war’s darum ein Leichtes, den einen christlich-jüdischen Gott trotz des Gebotes, sich kein Bild zu machen, ja nicht einmal den Namen zu nennen, sofort zu benennen und der politischen Ordnung entsprechend als Patriarchen mit Rauschebart (grund genug, den eigenen bei der Hitze wieder abzunehmen) darzustellen.

Du gehst dieses Problem konsequent ohne fickerig zu werden an mit einem Verlangen Adams

Und dieser Wahnsinn konstruierte ein Bild von einem weiblichen Wesen, welches ihn fortan plötzlich, unerwartet und immer wieder aufsuchen sollte.
Was dann sofort in die selbstgestellte Falle tappt, wenn der nächste Satz einleitet mit
Und er wollte „sie“ ficken, … usw.
Das Weib, das Wesen – das als „sie“ gefickt wird und im Begehr seinen Höhepunkt findet
Er begehrte dieses Wesen, deren Körper die Sprache seiner eingesperrten Gedanken war, …

Und Adam wird zu Onan!

Hier darf ich in Erinnerung rufen, dass nach Genesis 38 Onan, Sohn des Judas, in Leviratsehe – d. h., er heiratete pflichtgemäß die Witwe seines älteren Bruders – ohne Kinder zu zeugen. Klingt das nicht reichlich emanzipiert von der Zielvorstellung einer Arterhaltung? In der Tat:Sein - Onan Ben Judas - früher Tod wird darum als Strafe dafür gedeutet, dass er gegen die eigentliche Bestimmung des Geschlechtsverkehrs verstoßen hatte. Was widerfährt derzeit bis zum Selbstmitleid? Die Jungen sterben aus, wo die Lebensverlängerung bis hin zur Totalprothetik (die Verdauung wird einem abgenommen) erklärtes Ziel zu sein scheint.

Oft onanierte er, aber ohne das Gefühl der Erleichterung oder der Befriedigung. Er wünschte sich die Ruhe eines Grabes,
was der westlichen Kultur zu wünschen wäre.

Auch eine Art von Selbsterkenntnis!, die Goethe und Hegel auf den Nenner bringen

»…; denn alles was entsteht / Ist werth daß es zu Grunde geht; …«​

Ein Komma wäre nachzutragen:
Aus dem Gefängnis seines Verstandes schossen sie heraus und blieben doch ungelebt, blieben Verlangen[,] der zu Wahnsinn führt

Ich hoffe, dass eine potentielle dritte Lieferung nicht allzu sehr langweilen wird

Friedel

 

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