Interessiert
Auf einer Anhöhe in Kalifornien steht das Physikmuseum. Eine Serpentinenstraße führt nach oben und ist von allen Himmelsrichtungen zugänglich. Täglich sieht man gelbe Schulbusse auf dem Weg dorthin, um Schülerinnen und Schülern die grossen Physiker nahezubringen, die unsere Welt erklären.
Nachts sind die riesigen Parkplätze beleuchtet, obwohl dort dann keine Wagen stehen, bis auf die der Security, die sich hin und wieder in Bewegung setzen und um das flache, ausgedehnte Gebäude patroullieren. Und zu unserer Zeit machte Brad im Museum seine Runden. Er hatte schon sechsundsechzig Jahre auf dem Buckel, doch die Pension, die er bezog, reichte nur aus, um seine Miete zu bezahlen. Was machte das schon, wenn er weiter arbeiten musste; denn Brad liebte das Museum. War doch interessanter, als bei Wal-Mart die Kundschaft zu begrüssen. Die Bildergalerie der Physiker mochte er besonders. Die hatten es ihm angetan. Das waren und sind Leute, die wissen, wie die Welt funktioniert, und teilweise konnten sie das sogar so erklären, dass eine Person wie er, die die Highschool abgebrochen hatte, es verstand. Jede Nacht, auf seinem Gang durch den Saal, strahlte er mit seiner kleinen Taschenlampe ihre Bilder an, und über jeden von ihnen wusste er etwas.
Zum Beispiel dieser hier. Der Strahl seiner Taschenlampe fiel auf das erste Bild.
Isaac Newton stand darunter, dann 1643 – 1727. Ein weiterer Text: Entwickler der Gravitationsgesetze und der Differentialrechnung.
Brad wusste. Der Isaac hatte erklärt, warum alles nach unten fällt. Er ging weiter und liess das Licht der Lampe auf Alberts Bild fallen. Der Einstein hatte gelehrt, dass jeder seine persönliche Zeit hat. Je schneller, desto jünger. Brad war ziemlich langsam, das wusste er selbst. Deswegen war er vermutlich auch schon so alt.
Der nächste war der Schrödinger, der mit seiner Katze. Der Erwin hatte geschrieben, wenn er seine Katze in eine Kiste sperrte, dann war sie am Leben und zur gleichen Zeit tot. Wer konnte das Gegenteil beweisen? Denn erst, wenn die Kiste geöffnet war, dann lebte sie entweder oder sie war tot. Aber dann war die Kiste offen, der Zustand also ein ganz anderer. Das begriff sogar Brad. Er hatte einen Hund, aber Brad wusste, das spielte keine Rolle. Ihm war klar, denn der Erwin hatte das gesagt, wenn er im Museum war, lebte sein Hund zu Hause und war zugleich tot. Wenn er dort eintraf, und Bobby ihn winselnd begrüsste, erst dann war er sicher, dass Bobby am Leben war. Dass er einmal tot sein würde, daran wollte Brad nicht denken. Eher wollte er, Brad, im Museum umfallen.
Über jeden Physiker gab es eine Geschichte und Brad konnte sich seinen Teil dazu denken. Er ging weiter. Hier war nun das letzte Bild, das von Penzias und Wilson, denen mit der Hintergrundstrahlung. Brad stutzte. Wieso war dahinter noch eines? Brad lenkte den Strahl seiner Lampe darauf. Es war ein Chinese, oder? Er hatte ein metallen schimmerndes Hemd an. Eigenartig, dachte Brad und las: Xiangfeng Huan, 3343 – 3655, Entdecker der Zeitreise.
In der folgenden Nacht stellte sich Brad einen Stuhl vor das Bild, setzte sich darauf und wartete, dass Xiangfeng zurückkehrte und ihm erklärte, wie er denn das gemacht hatte.