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Inspektor Kles - 2. Die Jagd
Er blinzelte. Wo war er? Er konnte sich nur noch an einen großen Schmerz an seinem Hinterkopf erinnern, danach war alles schwarz geworden ... bis jetzt.
Er sah sich um. Er war an einen Stuhl gefesselt, der in der Ecke eines würfelförmigen Raumes befand. Wenige Meter vor ihm stand ein Mann, der jetzt auf ihn aufmerksam geworden zu sein schien, da er nun aufgewacht war.
„So ... endlich wach, hm?“
„Wer sind Sie? Wo bin ich hier?“
„Ich bitte dich ... was Abgedroscheneres ist dir wohl nicht eingefallen?“
„Ähm, ... nein. Ich dachte, das wäre das Abgedroschenste, was es gibt ...“
„Nun, und damit“, während der Mann sprach, kam er ganz nahe an das Gesicht des auf dem Stuhl gefesselten, „hast du auch ganz Recht! Du Süßer, du!“
„Wie bitte? Was soll das?! Sind Sie schwul?“
„Och, hundert Punkte für den Kandidaten.“
„Ich sag Ihnen gleich, ich bin zu hundert Prozent hetero!“
„Oh, wirklich? Ach, herrje. Aber ich sag dir was: Tief hier drin“, er drückte seinen Finger auf das Herz des Anderen (also natürlich nicht auf sein Herz, sondern auf seine linke Brust, ihr Besserwisser), „bist auch du einer von uns! Du willst es doch auch.“
„Weniger.“
„Wie heißt du überhaupt, Schnuckiputz?“
„Ernst.“
„Im Ernst?“ Der Schwule wollte schon über sein „lustiges“ Wortspiel lachen, als Ernst sagte:
„Nein, im Dieter.“
Das Lachen blieb der Schwulette im Halse stecken, da konnte der viele weiße Saft, der über die Jahre hindurch geflossen war, auch nicht als Schmiermittel herhalten.
„Was?“ fragte sie nach einigen Sekunden.
„Ach, nichts.“
„Nun, jedenfalls hast du nun die Wahl: Entweder, du opferst deinen Schwanz, oder die Welt geht unter.“
„Hä? Wie jetzt?“
„Oh, Verzeihung, falsche Geschichte.“ Der Schwule räusperte sich. „Kann ja mal vorkommen, der Stress, du verstehst, Ernst?“
„Und könnten Sie mal bitte aufhören, mich zu duzen?“
„Aber ja, Herr Ernst.“
„Hören Sie, verarschen kann ich mich alleine.“
Sein Gegenüber m – te verneinend.
„M – hm, das kann ich besser!
Aber wir sollten uns die Zeit etwas verkürzen ... erzähl doch mal einen Witz, Ernst.“
„Ich kenne keinen.“
„Was? So eine Stimmungskanone wie du muss doch n Witz kennen!“
„Na gut ... einen kenn ich: Also, da sind drei Kinder – “
„Fängt schon mal saugut an!“
Ernst atmete genervt ein. „Also, da sind drei Kinder. Und dann sagt das erste Kind zum zweiten: ‚Wie viel ist zwei und zwei?’ darauf sagt das dritte: ‚Die Postleitzahl, du Fisch!’“
Das Lächeln gefror dem Schwulen auf den Lippen. Nach einiger Zeit sagte er:
„Was n Brett hier der Witz ist, musst du mir mal aufschreiben, hier. Allein vom Literarischen her, da kann der Goethe abkacken, weißte des hier?“
„Sie wollten ja unbedingt, dass ich einen Witz erzähle.“
„Na ja, der Wille war ja da, Ernst.“
„Moooment ... Das kommt mir doch sehr bekannt vor ...“
„Was? Was meinst du?“
„Hm ... entweder alles oder nichts ...“
„Hör auf, in Rätseln zu sprechen!“
„Jetzt, wo Sie es erwähnen ... Sie sind derjenige, der Rätsel aufgibt. Wieso haben Sie mich hierher gebracht? Und woher weiß ich auf einmal, dass Sie es waren, ich war doch bewusstlos? Nun, wahrlich schwer.“
„Ah, ich dachte schon, du würdest mich nie fragen, Ernst. Ich habe dich hierher gebracht, um dir meinen Dicken in deine Rosette zu stecken! Ha, ha, ha!“
‚Okay, der Typ ist krank und stockschwul ... Ernst, nachdenken! Ts, ts. Das ist doch das Gleiche!’
„Aber ich lasse dir die Wahl: Entweder, ich ficke dich jetzt oder aber, ich bringe dich um, und lasse dich dann in Ruhe.“
„Hm, wirklich, das würden Sie tun?“
„Nun, um ehrlich zu sein, nein, aber da du ja nach eigenen Angabe stockhetero bist, wollte ich dich beruhigen.“
„Nun ... ich sterbe lieber, als es mir von ner Tucke besorgen zu lassen!“
„Wie du willst ... “
„Das ist schon die dritte Leiche diese Woche ... was ist das nur für ein Tier?“ fragt er.
„Hm, ein Kaninchen, glaube ich“, sagte sie.
„Echt jetzt?“ er legte die Zeitung mit der Meldung über die Morde beiseite und konzentrierte sich vollkommen auf den Tierfilm, der – was vielleicht einige verwundern dürfte – im Fernsehen lief.
„Nein, das ist doch kein Kaninchen. Mehr ein ... na, wie heißt dieses Tier noch?“
„Keine Ahnung ...“
„Na, dieses ... fängt mit einem K an ... oder mehr mit einem Z.“
„Hase?“
„Nein, so wie dieses Auto ...“
„Welches Auto denn?“
„Na, das, dass dieser Fußballspieler fährt.“
„Was denn für Fußballspieler nun wieder?“
„Der Blonde da. Der so aussieht wie dieser Schauspieler.“
„Was für ein Schauspieler?“
„Na der, der in diesem Film mitgespielt hat ...“
„Yo, yo, yo, ihr da draußen. Checkt mal unsere fetten Beats aus! Dieser Track geht an alle Homies aus meiner Hood!“
Das Lied wurde abgespielt.
„Ey, yo, ey, yo, ey, yo, krass, krass, krass, fett, fett, krass, Optik boom, Mothafucka, Mothafucka, ich fick euch alle, yo, krass, fett, fett, schwul, schwul, krass, fett.
Du bist so cool wie meine Socken,
du bist ein echter Kotzbrocken.
Yo, krass, Aggro bleiben. Peace out.“
„Yo, yo, yo, ihr da draußen, war das geil, oder was?
Ich krieg hier grad noch ne aktuelle Nachricht rein, Homeboyz: So n Mörder treibt sich hier rum, vier Typen hat er schon kalt gemacht. Also, passt auf euren Arsch auf und bleibt bei 97,6, dem besten Sender on air!“
Inspektor Kles betrat das Revier.
Er begrüßte den wachhabenden Beamten und begab sich dann in sein Büro. Dort warteten schon zwei Beamte.
„Hallo. Was haben wir heute?“
„Einen Mörder.“
Kles, der im Begriff gewesen war, sich hinter seinen Schreibtisch zu setzen, hielt mitten in der Bewegung an. Unangenehme Erinnerungen wurden wach.
„Mörder? So, so ...“
„Ja, ein Serienmörder.“
Oh, nein. Es wurde immer schlimmer. Jetzt fehlte nur noch, dass –
„Die Opfer scheinen alles Schwule zu sein.“
Kles setzte sich endlich auf seinen Stuhl – besser gesagt: Er ließ sich fallen. Das war zuviel für ihn.
„Nicht schon wieder“, murmelte er.
„Was haben Sie gesagt, bitte?“, fragte einer der zwei Beamten mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ach, nichts. Nichts.
Also. Wie geht er vor?“
„Keine Ahnung. Menschen verschwinden. Menschen tauchen wieder in ihrem Bett auf, tot und mit entjungfertem Analtrakt.“
„Moment. Sagten Sie, entjungfert?“
„In der Tat.“
„Deutet das nicht darauf hin ... dass ... die Opfer ... sozusagen vergewaltigt wurden? Daraus schließe ich, dass der Täter schwul ist und nicht die Opfer.“
„Wollen Sie damit sagen – “
„Ja, will ich.“
„Was? Sie wussten doch gar nicht, was ich sagen wollte.“
Kles machte eine auffordernde Handbewegung. „Dann bitte. Sagen Sie, was Sie sagen wollten.“
„Wollen Sie damit sagen, dass der Täter ein Schwuler ist, der Heteros hasst?“
„Ja, will ich.“ Kles verabscheute die Menschen manchmal. Wie konnte man nur so dumm sein? Wenn sein Gegenüber wenigstens noch einen Witz daraus gemacht hätte, zum Beispiel, dass er sagte: ‚Wollen Sie mich heiraten?’, aber er hatte genau das gesagt, was Kles vorhergesehen hatte, was ja auch nicht all zu schwer war.
Nun meldete sich zum ersten Mal der andere Mann zu Wort:
„Moment mal. Mir ist, als ob es so einen ähnlichen Fall schon mal gegeben hat. Ich werde veranlassen, dass man das in den Akten prüft.“
Kles knickte innerlich ein.
„Das müssen Sie nicht. Ich kenne den letzten Fall sehr genau. Mein ... Vater war damals der ermittelnde Beamte. Damals brachte ein Hetero
Scheiß Schwuletten, scheiß Schwuletten, scheiß Schwuletten
homosexuell orientierte um.“
„Dann mal runter mit der Hose.“
„Könnte es sich um einen Racheakt oder einen Nachahmungstäter handeln?“
„Das glaube ich nicht“, antwortete Kles. „Die Akten sind unter Verschluss gehalten worden, die Öffentlichkeit hat nichts davon erfahren.“
„Einen Moment mal! Wollen Sie uns hier an der Nase herumführen? Oder uns einen Bären aufbinden? Erst gestern las ich durch Zufall die Geschichte „Der Mörder“ und daher weiß ich, dass die Zeitungen von diesem Massenmörder berichteten!“
„Ja – ah! Aber: Mit keinem Wort wurden Gemeinsamkeiten der Morde erwähnt! Tja, was sagen Sie jetzt, Sie Besserwisser?“
„Ich bin ja schon ruhig.“
„Ist auch besser für Sie. Sie ... Sie ... Sie Person, Sie!“
Durch gerissene Ermittlungen gelang es Inspektor Kles junior schließlich, den mutmaßlichen Täter zu fassen. Aus Gründen der Geheimhaltung darf hier keine genauere Information gegeben werden (und weil ich zu faul bin, mir was auszudenken).
„So, Herr Täter, Sie sind hier, weil ich Sie zu den letzten Morden verhören will. Anwesend sind ich, Inspektor Kles, dann Herr Täter, der Verdächtige, dann Herr Brandecker und Herr Pohl, beide Kommissare. Wir gehen davon aus, dass ein Schwuler dafür verantwortlich ist. Nun, Sie sind schwul. Des Weiteren gehen wir davon aus, dass Sie die Tat begangen haben. Nun, Sie haben die Tat begangen. Sehen Sie? Alles deutet auf Sie.“
„Ich bin weder schwul, noch habe ich die Tat begangen.“
„A – ha! Woher wissen Sie denn, dass die Tat von einem Schwulen begangen worden ist? Sie haben sich verraten, guter Mann.“
„Äh, Sie selbst haben gerade gesagt, dass die Tat von einem Schwulen begangen worden ist.“
„Hören Sie, machen Sie sich nicht lächerlich. Das habe ich zu keiner Zeit gesagt.“
„Doch, haben Sie!“, rief Herr Täter aus.
„Nein, das habe ich nicht. ... Habe ich?“, fragte Kles zu seinen Kollegen gewandt.
„Ja, haben Sie“, sagte Brandecker.
„Ja, haben Sie“, sagte auch Pohl, als Kles sich ihm zuwandte.
„Alles Lüge!“, schrie Kles und spulte das Tonband zurück, das mitgelaufen war:
‚Wir gehen davon aus, dass ein Schwuler dafür verantwortlich ist.’
Inspektor Kles zerschmetterte wütend das Tonbandgerät, schmiss es zu Boden und trampelte darauf herum.
„So, Herr Täter, nun beweisen Sie mir mal, dass ich das gesagt habe!“
„Kein Problem“, entgegnete dieser lässig und deutete auf eine Videokamera, die in einer Ecke des Verhörraumes angebracht war.
Ein diabolisches Grinsen lag auf Kles’ Lippen, als er leise sagte:
„Ha, ha, Sie Trottel. Denken Sie wirklich, wir von der Polizei könnten uns Kameras mit Tonübertragung leisten?“
Herr Pohl hüstelte.
„Was ist?!“, schrie Kles ihn an.
„Nun, letzte Woche hat die Stadt eine tonfähige Videokameraausrüstung für die Reviere gestattet.“
Inspektor Kles knickte buchstäblich zusammen.
„Na, gut ...“, sagte er mehr zu sich selbst, „na, gut ... kein Grund, sich aufzuregen, kein Grund ... sich aufzuREGEN!“. Die letzten Silben schrie er wild heraus, zog seine Pistole und schoss das ganze Magazin auf die Kamera.
Er fuhr sich durch die Haare und wischte den Schweiß von seiner Stirn.
Pohl hüstelte wieder.
„Nun, Inspektor, die Bänder existieren weiterhin ...“
„Das ist mir so was von egal“, sang Kles und lud seine Pistole. „Tralalala, als ich ein kleines Bübchen war, jupheida, bei Regen und bei Sonnenschei – hei – hein!“
Die anderen drei Männer sahen sich beunruhigt an.
„Alles in Ordnung, Kles?“, fragte Brandecker.
„Alles in Ordnung? Alles in Ordnung? Sie fragen mich, ob alles in Ordnung ist? Tun Sie das? Sie fragen mich allen Ernstes, ob alles IN ORDNUNG IST?! Sie mich?“
„Entschuldigung, ich wollte wirklich nicht ... ich ...“
Kles richtete die Mündung seiner Waffe auf Brandeckers Stirn.
„Fragen Sie mich das?“
„Nun, ja, das tat ich, aber ...“
Kles steckte die Waffe weg.
„Dann ist ja alles in Ordnung“, sagte er in normalem Tonfall, „ich hatte es nur akustisch nicht verstanden.“
Die drei Männer atmeten erleichtert auf.
Kles grinste: „Reingelegt. Grins, grins.“
Bevor sich die anderen wundern konnten, warum jemand, der bei Verstand ist, ‚grins, grins’ sagen sollte, hatte Kles schon wieder seine Waffe gezückt und sie alle erschossen. Dann zog er ein kleines Bild aus seiner Tasche, sah es an und sagte dann:
„Ich werde nicht zulassen, dass sie mich kriegen. Mich werden sie nicht kriegen. Kriegen werden sie mich nicht. Sie werden vieles tun, aber ‚mich kriegen’ nicht. Sie denken vielleicht, dass sie mich kriegen, aber sie kriegen mich nicht. Mich nicht. Mich nicht. Mich nicht. Mich nicht. MICH NICHT! Muahahahaha, a – hahahahaha!“
Mit diesen Worten setzte sich Kles die Pistole an die Schläfe und drückte ab.
„Tja, der Mann hatte es nicht leicht.“
„Nicht leicht hatte er es.“
„Gar nicht leicht.“
„Nein, nein. Wahrlich nicht.“
„Fürwahr.“
„Kles, hm? Na, liegt wohl in der Familie, was, was?“, lachte der Pathologe.
„Ja, komisches Blut. Haben alle den Drang, sich für Taten, die andere begangen haben, umzubringen.“
„Ja, ja. Schlimme Zeiten ...“