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Insektizid

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27.02.2002
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Insektizid

Verschlafen und müde öffne ich meine vom Schlaf verklebten Augen, wie so oft sagt mir ein Blick auf den Wecker, daß die Nacht viel zu kurz war. Doch erneutes Einschlafen scheint unmöglich.

Langsam ziehe ich mir einen Jogginganzug an und schleiche in die Küche, welche düster und verschwommen in der Morgendämmerung auf mich wartet. Mit der Sicherheit der Gewöhnung taste ich mich mit dem Finger zum Lichtschalter und lege ihn um. Wie jeden Morgen nehme ich mir halb noch im Schlaf Milch aus dem Kühlschrank, an dessen Rückwand grün-schwarzer Schimmel wuchert, doch den sehe ich nicht mehr.

Auf dem Weg zum Geschirrschrank fällt mir ein dunkler Punkt an der Wand auf, der dort gestern noch nicht war, und da noch einer. Sie bewegen sich, zucken stetig von oben nach unten, streben Richtung Küchendecke. Dick und vollgefressen kriechen acht beinige Maden meine Küchenwand hinauf und scheinen mich, der sie dabei beobachtet aus nicht vorhandenen Augen anzustarren und zu verspotten, sie seien nicht die einzigen ihrer Art in meiner Küche. Hektisch reiße ich ein Stück Küchenpapier von der Rolle, greife mir die Eindringlinge und drücke zu. Durch das Papier spüre ich wie ihr fetter Körper unter dem Druck meiner Hand knackt und aufplatzt. (Höre ich ein Stöhnen?)

Gerade erst durch die zerquetschten Maden darauf aufmerksam gemacht, beginne ich panisch die Restlichen ihrer Art zu suchen. Ich rücke Schränke von den Wänden, sehe hinter Bildern nach (könnten sie etwa auch dort ihr Nest haben?) und wende mich zuletzt dem Kühlschrank zu. Der Blick, den ich durch die Küche schweifen lasse sagt mir, es kann nur noch hier sein, alles andere ragt in wildem Chaos abgerückt von der Wand in den Raum hinein. Ächzend beginne ich den schweren mannshohen Kühlschrank zu bewegen.

Langsam bekomme ich ihn weit genug von der Wand, um dahinter zu blicken. Alles was ich dort sehe ist Dunkelheit. Schnell krame ich meine Taschenlampe hervor und blicke ein zweites Mal in die Lücke. Der Boden scheint zu leben, es winden sich dicke und dünne Larvenkörper, oben braun, unten mit acht Beinen und weiß. Es sind hunderte dieser in zehn Segmente aufgeteilten Würmer, die sich hinter und unter meinem Kühlschrank über herabgefallene Essensreste und abstoßender Weise sogar über sich selbst hermachen. Die Großen fressen die Kleinen, die Kleinen in Gruppen die Großen. Angewidert wende ich den Blick ab und fast augenblicklich setzt ein Kribbeln und Krabbeln auf meiner Haut ein.

Ich erinnere mich, daß ich noch eine Flasche Insektenvertilgungsmittel habe, welches mir gegen die Blattläuse auf meinen Zimmerpflanzen nie den Dienst versagt hat. Ich hoffe, ja bete fast, daß es auch mit diesen Parasiten fertig wird. Hastig hole ich die Sprühflasche, knie mich vor den wabernden Boden und beginne mit der Tötung. Sobald das Gift die braunen Körper berührt, fangen diese an zu zucken und sich wie unter starken Schmerzen zu winden. (Höre ich Schreie?)

Im Todeskampf sehen diese Dreckfresser noch abstoßender aus. Fast zwei Minuten kann ich meine Augen nicht von diesem Massensterben nehmen, bis sich fast gleichzeitig alle Maden wie in einem spastischen Krampf aufbäumen und zusammenziehen, wieder aufrichten und für immer bewegungslos liegen bleiben. Der beißende Duft des Giftes liegt in der Luft, ich schaue immer noch fast würgend auf die toten Körper. Das Kribbeln und Krabbeln auf meiner Haut läßt jedoch nicht nach, im Gegenteil es wird schlimmer und schlimmer, macht mich fast Wahnsinnig. Tastend und schauend überprüfe ich ob es tatsächlich Würmer an meinen Körper geschafft haben, kann natürlich aber nichts entdecken.

Langsam gehe ich ins Badezimmer und lasse mir eine Wanne heißes Wasser ein. Verwundert stelle ich fest, daß ich das Insektizid immer noch in der Hand halte und jetzt langsam beginne, die Flasche zu öffnen und den Inhalt in die Wanne zu schütten. Der beißende Geruch legt in Sekunden über das gesamte Badezimmer. Ohne eingreifen zu können ziehe ich wie mechanisch meine Kleider aus und lege mich in die Wanne. Mir wird schlecht und dann sofort schwarz vor Augen. Von oben kann ich sehen, wie mein Körper im Todeskampf zuckt und sich windet, bis er nach einem letzten fast spastischen Aufbäumen im grünlichen Wasser versinkt. Ich kann noch nicht einmal schreien.

[Beitrag editiert von: SignoreSalami am 10.03.2002 um 13:27]

 

auch hier äußere ich die bitte um einige absätze, damit ich mich an entspannteres lesen machen kann... ;)

gruß,
franzl

 

Absätze sind jetzt eingfügt, bitte versteht sie nicht als inhaltliche Absätze, es soll nur das Lesen ein wenig vereinfachen. Also viel Spaß

So long

SignoreSalami

 

Sehr realistisch beschrieben, als er die Insekten zerdrückt. Die Stelle habe ich dann rasch übersprungen, weil sie mir zu ekelig war.

Hatte der Typ noch nen Surbel vom Vorabend? Oder weshalb steigt der in ne Wanne mit "Gift"? Etwa nur, weil er dieses Kribeln und Krabeln auf dem ganzen Körper spürt?

Mir hat deine Geschichte jedenfalls gefallen.

 

Hallo ihr beiden.
Schön, das euch meine Geschichte anscheinend ein wenig gefallen hat. Zu deiner Frage LoC: er steigt in die Wanne, da er vor kurzen gerade den vielfachen Tod von anderen Lebewesen ausgelöst hat, das Krabeln und Kribeln steht für seine Schuldgefühle, die er deswegen hat. Hauptsächlich liegt es aber auch daran, daß er in der gesamten Geschichte eine negative, wie von rpb schon bemerkte, verrückte Grundtendenz in sich trägt.

So long und vielen Dank noch mal für die bisher positive Resonanz

Signore Salami :)

[Beitrag editiert von: SignoreSalami am 28.02.2002 um 12:27]

 

he, nich schlecht, nich schlecht. gefällt mir deine hintergründige art zu schreiben. auch hatte ich keine mühe mit dem schluss, nur sah ich es irgendwie noch philosophischer. ich dachte jetzt bringt er sich um, weil sterben ohnehin nichts besonderes mehr ist, leben ohnehin keinen wert mehr besitzt.

einige kleinigkeiten habe ich aber zu bemängeln: also erst mal schreibt man kriBBeln und kraBBeln und denke nicht, dass die NR daran was geändert hat. aber wissen kann ich es nicht, da ich ein offizieller verweigerer dieser bin.
bessert mich aus, wenn ich falsch liege.

....und scheinen mich, der sie dabei beobachtet , aus nicht vorhandenen Augen anzustarren und zu spotten, sie seien nicht die einzigen ihrer Art in meiner Küche.

also da ist ein wort (oder eine silbe-je nachdem) zuwenig, denn sinngemäß lautet es: .....scheinen mich [.....] zu spotten.

also entweder : '...scheinen mich [...] anzustarren und mir zu spotten' oder '....mich [...] anzustarren und zu verspotten'

auch eine sache verwirrte mich etwas:

Gerade erst durch die zerquetschen Maden darauf aufmerksam gemacht, beginne ich panisch die Restlichen ihrer Art zu suchen.

also mir gefällt nicht, dass er schimmel im kühlschrank hat -es lässt ihn kalt- er sieht maden -er holt sich ein tuch und zerdrückt sie lässig- aber dann erst wird er aufmerksam und panisch. passt mir persönlich nicht ins bild.

die fragenden gedanken in klammern gefallen mir am besten, deswegen würde ich auch noch das 'höre ich stöhnen?' in ebensolche setzen.

also in summe stören mich wirklich nur winzigkeiten.

grüße,
franzl

 

Hallo Franzl.

Recht hast du: KRIBBELN und KRABBELN heißt es, sowohl vor als auch nach der Rechtschreibreform.

Zu deiner Anmerkung, daß du nicht verstehst warum er auf einmal Panisch wird: Ein Feuerwehrmann läuft auch in ein brennendes Haus, sucht in verrauchten Räumen nach Überlebenden, wenn ihm aber ein brennender Balken den Rückweg versperrt, dann wird er panisch. Was zu viel ist, ist halt zu viel.

Werd mich noch mal ransetzen und störende Kleinigkeiten ausmerzen.

So long

Signore Salami

 

Et viola. Die Absätze sind jetzt da wo sie hingehören, bb´s sind eingesetzt. Hab versucht noch mehr Rechtschreibfehler auszumerzen, sind aber bestimmt noch genügend da.

So long

Signore Salami

 

Eine schön kranke Geschichte nach meinem Geschmack. Der Stil und gut und seltsam, paßt hervorragend.

@franzl
endlich mal einer, der das daß genauso liebt wie ich.

 

Schöne ekelige Story. Hast es plastisch und flüssig rüber gebracht. Das Ende find ich gelungen. :thumbsup:

Gruß avni

 

Gute Story!
Ich verstehe zwar nicht, warum er sich am Ende selbst umgebracht hat, aber schön abstoßend ist es! Genau wie die Vorstellung, alles wäre voller Maden.
Nur dies sei noch angemerkt:

Wie jeden morgen (-> Morgen)
zu letzt (-> zuletzt)

 

Hallo.

Nochmals danke, hätte echt nicht gedacht, daß diese Geschichte so gut ankommt. Gibt wohl doch noch mehr kranke Gehirne als mein eigenes... :)

Tja, die Rechtschreibung und ich, wir haben uns nur mal kurz getroffen, waren uns aber von Anfang an unsympathisch. Vieleicht könnt ihr ja mal an meiner Stelle mit ihr reden...

So long

Signore Salami

 

Tja, die Rechtschreibung und ich, wir haben uns nur mal kurz getroffen, waren uns aber von Anfang an unsympathisch.

Es sind ja nur Kleinigkeiten. Du gehörst sogar zu den Leuten mit guter Rechtschreibung (lies dir mal die anderen Texte durch).

Nur dies noch:
die zerquetschen Maden (-> zerquetschten)

Alles was ich dort sehe ist Dunkelheit. (-> dort, sehe)

Der Boden scheint zu leben, es winden sich dicke und dünne Larvenkörper oben braun, unten mit acht Beinen und weiß. (-> Larvenkörper, oben)

 

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