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Inkasso - eine wahre Geschichte
Man möchte meinen, es sei sehr schwer, eine gute Geschichte auf die Reihe zu bekommen. Man sitzt vor dem leeren Blatt Papier und der Kopf arbeitet krampfhaft, um eine Idee einzufangen, die sich auf eine gute Story ausarbeitet.
So saß ich jenen Abend selbst an meinem Schreibtisch, den schwarzen Füller in der Hand, auf einen weißen Block blickend und wusste einfach nicht, was ich schreiben sollte. Ich erhob mich aus meinen Stuhl und ging gemütlich in die kleine Küche, öffnete den Kühlschrank und nahm mir einen Erdbeersmoothie. Mit einem leisen Klacken schloss sich die Tür wieder und meine Hand öffnete routiniert den Deckel der Plastikflasche.
Plötzlich klingelte es an der Wohnungstür und überrascht begab ich mich dorthin. Mit einem Auge lugte ich durch den Spion, den ich erst kürzlich einbauen ließ. Ich erkannte einen gut gebauten Mann in einem feinen Anzug mit einer rot-weiß karierten Krawatte. Vorsichtig machte ich auf und begrüßte ihn. „Hallo“, sagte ich und schaute ihn misstrauisch an. Er guckte auf einen Zettel in seiner rechten Hand und antwortete: „Grüß Gott, Inkasso Nervig Bayern, mein Name ist Schweiger. Ich komme zwecks ihres Mobiltelefonvertrages der Telekom. Ich würde gerne ihre Schulden begleichen.“
Dazu muss ich sagen, dass ich Inkasso hasse. Ich gebe zu, ich habe den Vertrag tatsächlich schon lange nicht mehr bezahlt und benutzt mein Handy sowieso nicht mehr. Nunja, weiter geht’s.
Ich setzte ein Grinsen auf und meinte: „Nun, wenn Sie das für mich zahlen wollen, nur zu!“ Herr Schweiger nahm das wohl weniger lustig auf. „Ich würde gerne Ihr Geld sehen, Herr Prehn. Ich werde solange hier warten.“ Das kam mir schon etwas seltsam vor. „Nun“, sagte ich, „ich habe oben im Dachboden ein Zelt, das kann ich Ihnen gerne bringen während Sie hier warten.“ Unschuldig guckte ich ihn an. Er erwiderte: „Ich denke es ist nicht der richtige Zeitpunkt für Scherze, Herr Prehn. Ich hätte gerne exakt Einhundertfünfundzwanzig Euro von Ihnen.“ - „Ah, okey. Nun, ich werde mich morgen vielleicht bei Ihnen melden, wenn ich das Geld auftreiben kann.“ Natürlich hatte ich das Geld locker zuhause, aber ich habe einen Gefallen daran gefunden, verschiedenen Menschen eben ihre Arbeit zu erschweren.
„Herr Prehn, es bleibt Ihnen keine Zeit mehr! Wir haben acht Mahnungen an Sie gesendet, ohne Reaktion!“
Er wollte eine Reaktion? Bitte, wenn er das so will! Ich versuchte die Tür zuzuschlagen, doch blitzschnell stellte er einen Fuß dazwischen. „Nun hören Sie mal! Sehen Sie zu, dass Sie Ihr Körperteil bitte aus meiner Wohnung entfernen!“ - „Herr Prehn! Ich sag es Ihnen im Guten! Wenn es sein muss werde ich mir Ihre Wohnung auch von Innen ansehen! Sie reden mit einer Behörde!“ - „Eine Behörde? Inkasso eine Behörde? Sie denken ich sei dumm! Sie sind vielleicht eine GmbH oder ähnliches! Wenn das Ihnen eine Berechtigung zum Eintreten gibt, dürfte sogar der Handwerker von Buxdehude jede Wohnung durchsuchen! SIE sehen jetzt zu, ihren werten Hintern hier weg zu bewegen! Ich rufe sonst die Polizei!“ Mit einem feurigen, genervten Blick und einem hochroten Kopf gab sich Herr Schweiger geschlagen. Er zog aggressiv seinen Fuß aus der Tür, guckte mir noch einmal böse in die Augen, drehte sich auf den Fersen um und stampfte die Treppen hinab.
Immer noch meinen Smoothie in der Hand ging ich grinsend zurück in mein Arbeitszimmer und setzte mich vor den unbeschriebenen Block. „Warum nicht?“, dachte ich. Nun hatte ich doch endlich etwas zu erzählen und begann eifrig zu schreiben.
So entstehen Geschichten eben manchmal. Durch Erlebnisse. Und dieses Erlebnis werde ich wohl nie vergessen.