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infinity

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10.07.2015
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infinity

Dezember 2015

Die beiden Diener standen auf einer Treppe oberhalb der Rampe und beobachteten stumm das Verladen der Kisten auf einen klapprig wirkenden Lastwagen Sie bildeten ein ungleiches Paar. Der Jüngere der beiden war stämmig, trug Jeans und Leder, die Tätowierungen auf seinen vor der Brust verschränkten Armen waren voller Schweißperlen. Der ältere Diener war eher hager und trug trotz Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit einen teuren Anzug. Er machte einen altmodischen Gesamteindruck und bildete einen Kontrast zum hektischen Wirrwarr des südostasiatischen Hafens.

Als die letzte Kiste auf der Ladefläche des Lasters verschwand, gingen die beiden zu ihrem im Schatten geparkten Auto. Kurz danach fuhren sie dem Lastwagen hinterher, eine kurvige, mit Palmen umrandete Landstraße entlang, tief ins Hinterland.

Auf dem zwischen den Berghängen versteckten Anwesen würden sie die nächsten Jahre verbringen... und warten, bis die Alten wieder erwachen.


Oktober 2015

Die Speditionsfirma arbeitete schnell und professionell, der kleine Gabelstapler verlud die langen, seetauglich verpackten Kisten mit einer beeindruckender Geschwindigkeit. Der ältere Diener unterschrieb die Papiere und die beiden Lastwagen fuhren los. Kurz danach übergab er die Schlüssel und den unterschriebenen Kaufvertrag an den geduldig wartenden Immobilienmakler und ging langsam über den mit feuchtem Laub bedeckten Innenhof zum Auto. Der jüngere Diener schnippte die Zigarettenkippe weg, schaute sich noch mal um und setzte sich ans Steuer. Als das voll beladene Fahrzeug langsam losfuhr, setzte kalter Herbstregen ein.

September 2015

Die beiden Frauen gingen zielstrebig auf die alte Villa am Ende der Straße zu. Sie blickten mit ausdruckslosen Augen nach vorn und bewegten sich auf eine Art, die an Schlafwandler erinnerte. Wie ferngesteuert gingen sie zum schmiedeeisernen Tor und blieben davor stehen. Als die Ältere der beiden die Klingel betätigte, öffneten sich kurz danach die beiden Torflügel. Die Frauen betraten wortlos das Anwesen.

Sie gingen durch die bereits geöffnete Eingangstür, ohne den Mann zu erkennen, der ihnen die Tür aufhielt. In der riesigen Eingangshalle wurden sie von einem älteren, distinguierten Mann empfangen, der sie umgehend in die weitläufigen Räume im Untergeschoss führte.

Dort warteten bereits die Alten. Als der Altvordere mit seinen Eckzähnen die Halsschlagader einer der Frauen zerfetzte, wehrte sie sich nicht. Sie verspürte keine Schmerzen und merkte auch nicht, dass sie nun Teil von einem unendlichen Kreislauf wurde. Ihre Freundin reagierte ebenfalls nicht, als die durstigen Alten über sie herfielen und mit dem Mahl begannen.

Seit einer Ewigkeit vereinigten sich so das Leben mit dem Tod und das ausgelöschte Leben der einen verlängerte das Leben der anderen.

August 2015

Die Nadel durchbohrte die Haut der jungen Frau, dann noch mal und noch mal... Immer wieder verspürte sie den Schmerz unter ihrem Schlüsselbein. Die winzigen Blutstropfen auf ihrer Haut glänzten, auf ihrer Oberfläche bildeten sich winzige, schwarze Rinnsale, die sich immer wieder verzweigten, um sich gleich auf der anderer Seite des Tropfens zu verbinden. Es machte den Eindruck, als hätten die Tropfen ihr eigenes Innenleben. Ihre Freundin schaute interessiert zu und freute sich schon die Nächste zu sein. Für beide Frauen war es das erste Mal und sie waren froh, es gemeinsam durchzustehen.

Auf dem Heimweg hatten beide ein seltsames Gefühl, eine Mischung aus einem nicht näher definierbaren Kribbeln, Unwohlsein, freudiger Erregung und stumpfer Teilnahmslosigkeit.

Juli 2015

Der Altvordere erwachte als erster. Er rief den alten Diener zu sich und sie sprachen lange miteinander, wie jedes mal nach dem Erwachen. In der darauf folgender Nacht ritzte der Altvordere mit seinem Eckzahn die Innenseite seines Handgelenkes auf. Sein Blut tropfte in ein von seinen Dienern bereit gestelltes Gefäß.

Am nächsten Morgen brachte der jüngere Diener das Gefäß in den Laden, der sich am Rande der Innenstadt befand. Noch bevor der Laden öffnete, dosierte er vorsichtig einige Tropfen in eine kleine, weiße Kunststoffflasche, die er anschließend markierte und zu den anderen ähnlichen Flaschen ins Regal stellte.

Um neun Uhr öffnete er den Laden und wartete auf Kundschaft, bis zum ersten Termin hatte er noch eine Stunde Zeit. Irgendwann sah er zwei junge Frauen die auf den Laden zusteuerten.

Die beiden Freundinnen überquerten die Straße. Sie betrachteten kurz den Schriftzug „Infinity Ink“ im Schaufenster und betraten den Laden.

„Hallöchen!“, riefen sie einstimmig.

„Guten Morgen, was kann ich für Sie tun?“, fragte der stämmige Mann an der Theke.

„Wir möchten beide ein Tattoo... eine Schleife für uns beide... als Zeichen unserer Freundschaft... die ewig bestehen soll... die Unendlichkeit hat eine Bedeutung für uns... da sind wir hier richtig, der Laden heißt ja auch so... haha...wann wäre denn ein Termin frei?“ Sie redeten schnell und beide gleichzeitig, so dass der Mann Probleme hatte ihnen zu folgen. Trotzdem antwortete er umgehend, ohne in sein Terminkalender zu schauen - „Oh, Mitte August hätte ich noch was frei. Ja, die Infinity-Schleife, eine wirklich gute Idee. Da kommen sie der Unendlichkeit etwas näher, das garantiere ich ihnen“

Er lachte laut und die gut gelaunten Frauen lachten mit ihm.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, ich war lange nicht hier, aber die letzten Monate waren sehr stressig, so dass ich viele Aktivitäten, sowohl online als auch offline stark drosseln musste. In den letzten Tagen hatte ich etwas Zeit um an meiner dritten KG zu werkeln, die ich nun hier vorstellen möchte. Auch wenn das Thema an sich eins der am meisten breit getretenen Themenbereiche ist, so hoffe ich, dass die Idee hinter der Geschichte doch etwas neu und anders ist.

 

Hallo marcbischof,

ich finde den Ansatz prinzipiell gelungen. Das Rad und das Genre nicht neu erfunden, das ist klar. Und ich hatte auch schon in der ersten Szene die Ahnung, dass es sich um Vampire handelt. Dieses Kistenverladen und das Erwachen der Alten - das ist schon ein recht deutlicher Hinweis. Ich weiß ja nicht, ob das beabsichtigt war.

Aber das Rückwärtserzählen ist eine schöne Idee, die natürlich keiner so umwerfend genutzt hat wie Jonathan und Christopher Nolan mit Memento. Und Vampire rekrutieren per Tattoo, das kannte ich noch nicht. Find ich neckisch, auch mit dem Detail, dass schon der Diener mit Tattoos rumläuft; das wird also häufiger so gemacht.

Was mir fehlt, ist etwas Spannung. Im besagten Memento entsteht die Spannung daraus, dass man sich fragt, wie es wohl zu dem zuvor Gezeigten (aber später Geschehenen) gekommen ist. In deiner Geschichte stelle ich mir aber die Frage nicht oder nur relativ spät. Warum da Kisten mit Vampiren verladen werden, frage ich mich nicht, weil das schon seit Bram Stoker irgendwie "normal" ist. Da reist halt ein Vampir irgendwohin - ich frage mich eher, was danach passiert als davor. Die Frage "Wie kam es dazu?" kommt bei mir erst dann ansatzweise auf, als die beiden Frauen auf den Plan treten. Aber das ist eben ein bisschen spät. Leider habe ich aus dem Stand keine Idee, wie du das besser machen kannst.

Also als Fazit: ein erfrischender Ansatz, aus dem man aber mehr machen sollte.

Grüße vom Holg ...

 

Hallo marcbischof

also, ich muss gestehen, dein Text gefällt mir nicht so besonders. Da fehlt mir einiges zu einer ansprechenden Kurzgeschichte, ein Protagonist z.B.. Deine Geschichte wirkt eher wie eine Aneinanderreihung von Berichten. Sprachlich ist es ja weitestgehend ok (wenn auch ein paar Fehler drin sind), aber packen tut mich dein Text in keinem Moment. Mit Horror hat das für mich nichts zu tun.

Wie gesagt, es fehlt einfach zu viel. Es gibt keinen Protagonisten, mit dem ich mitfiebern könnte. Ich bin gewiss kein Experte fürs Horrorgenre, aber lebt dieses Genre nicht üblicherweise davon, dass man mit dem oder den Protagonisten leidet, mit ihnen Angst hat, sich mit ihnen fragt, was zur Hölle eigentlich los ist? Es fehlt auch komplett an Atmosphäre, mitunter sicher deswegen, weil eben ein Protagonist fehlt, durch den man etwas wie eine Atmosphäre erleben könnte.

Dass du in deinem Text so viel Zeit abdeckst, ist auch problematisch. Normalerweise beschränken sich Kurzgeschichten auf deutlich kürzere Zeiträume. Natürlich kann man das auch anders machen, aber da läuft man dann auch schnell Gefahr, eine Geschichte ohne jede Dynamik zu schreiben. Das trifft in diesem Fall leider zu. Wie gesagt, es gibt nichts in dieser Geschichte, das mich packt, keinen ansprechenden Spannungsbogen. Der lange Zeitraum ist sicher ein Grund dafür, aber mehr noch die oben genannten Aspekte. Und wenn wir gerade beim Thema Dynamik sind: Ich verstehe wirklich nicht, warum es wichtig ist, direkt am Anfang, das Aussehen der beiden Typen zu beschreiben. Dadurch kommt direkt Langeweile auf. Die Kerle sind ja nicht einmal besonders wichtig, da ist es umso unwichtiger wie sie aussehen. Selbst wenn sie deine Protagonisten wären, wäre ihr Aussehen erstmal sekundär.

Also, kein Protagonist, keine Atmosphäre, keine Dynamik. Tut mir Leid, mir sagt dein Text nicht zu. Er liest sich mehr wie ein Bericht als wie eine Geschichte. Dabei hast du sprachlich sicher Potential. Dein Stil ist flüssig, lässt sich prinzipiell gut lesen. Wenn du deine Geschichte weiter ausarbeitest, ihr einen klareren Fokus verleihst, vor allem einen Protagonisten, der den Leser führt, dann könnte meiner Meinung nach etwas draus werden (auch wenn deine rückwärtsgerichtete Erzählstruktur die Sache sicher erschwert).

Es grüßt
Mix

 

Erstmal danke für Eure Kritiken.

Hallo marcbischof

(auch wenn deine rückwärtsgerichtete Erzählstruktur die Sache sicher erschwert).


Und das ist des Pudels Kern.
Für mich stand die Idee mit dem Vampirblut in der Tattootinte im Vordergrund.
Ich habe leider keine andere Lösung gefunden, als diese Idee erst am Ende zu präsentieren, dadurch musste ich rückwärts schreiben. Ich glaube, wenn ich es andersherum gemacht hätte, wäre aus der KG gar nichts geworden, weil ich nicht wusste, wie ich in dem Fall die Handlung gestalten sollte. Und dadurch, dass die Handlung nun rückwärts verläuft, ergaben sich die anderen Probleme. Um einen Protagonisten einzubauen, hätte ich die Story a) erweitern müssen und b) wahrscheinlich auch auf die Rückwärtserzählung verzichten müssen. Aber je mehr ich nachdachte, umso mehr wurde mir klar, dass ich die KG entweder sofort so wie sie jetzt ist schreibe, oder womöglich gar nicht...

Trotzdem werde ich mir einige Ansätze aus den Beiträgen merken, damit es beim nächsten mal besser wird. Und womöglich gibt es irgendwann eine neuere Version dieser KG, wenn ich erst mal ein Konzept habe...

 

Für mich stand die Idee mit dem Vampirblut in der Tattootinte im Vordergrund.
Ich habe leider keine andere Lösung gefunden, als diese Idee erst am Ende zu präsentieren, dadurch musste ich rückwärts schreiben. Ich glaube, wenn ich es andersherum gemacht hätte, wäre aus der KG gar nichts geworden, weil ich nicht wusste, wie ich in dem Fall die Handlung gestalten sollte. Und dadurch, dass die Handlung nun rückwärts verläuft, ergaben sich die anderen Probleme. Um einen Protagonisten einzubauen, hätte ich die Story a) erweitern müssen und b) wahrscheinlich auch auf die Rückwärtserzählung verzichten müssen.

Wäre es denn nicht eine Möglichkeit, den Teil mit den Kisten, die verladen werden, wegzulassen (der Sinn dahinter erschließt sich mir sowieso nicht so ganz, speziell wenn du sagst, dass es dir vor allem um die Tattoosache geht), stattdessen mit dem Zerfleischen der beiden Frauen zu beginnen, eine von ihnen zur Protagonistin zu machen und von dort in ausführlicherer Form als in der aktuellen Fassung rückwärts zu gehen und dabei ihre mysteriösen Tätowierungen in den Mittelpunkt zu stellen? Oder du schreibst doch chronologisch, lässt dabei aber erstmal den Prozess des Tätowieriens, der deine Grundidee offen legen würde, weg und offenbarst dies erst am Ende in einem Flashback. Oder du machst den Tätowierer zum Protagonisten (den fand ich noch am interessantesten) und erzählst das Geschehen aus seiner Sicht. Oder, oder, oder ... es gibt schon ein paar Möglichkeiten ;)

 

Hej marcbischof,

hab mich mal an deine Geschichte gewagt, auch weil sie kurz ist.
Leider zu kurz für mich. Ich habe leider nicht viel im Hirn zusammen bekommen. Die Absätze, die verschiedenen Menschen, Diener, die ich in "meiner Welt" nicht zuordnen konnte, und dann muss ich auch noch rückwärts denken ... nee, das hat bei mir so nicht funktioniert. :shy:

Und dabei hat mir dann im Nachhinein die Symbolik gefallen und der Verlauf. Aber ich hatte überhaupt gar keine Zeit und Möglichkeit, mich irgendwem zu nähern. Hab's nur so herunter gelesen und gehofft, dass irgendetwas passiert, damit ich es kapiere.

Vielleicht nützt dir der Leseeindruck zu irgendetwas ... ansonsten sind wir quitt. :lol:

Freundlichst Gruß, Kanji

 

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