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Thema des Monats In fünfhundert Metern rechts abbiegen: Letzte Ausfahrt

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03.07.2004
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In fünfhundert Metern rechts abbiegen: Letzte Ausfahrt

Auf dem Abschlussball seiner High-School nannte Robert F. Burger seine Lebensziele: Informatik studieren, nach Silicon Valley ziehen und viel Geld verdienen. In dieser Reihenfolge.

Kurz vor seinem Examen lernte Robert in Stanford Angela kennen. Beide schrieben in ihrer Freizeit maßgeschneiderte Programme für mittelständische Firmen. Schnell stellten sie fest, dass sie unterschiedliche Lösungsansätze und dadurch auch sehr verschiedene Programme entwickelten, die sich aber meistens in ihrer Effizienz kaum unterschieden. Sie arbeiteten zunehmend als Team und kamen oft zu überraschenden Ergebnissen, die übliche Lösungen an Geschwindigkeit und Einfachheit weit übertrafen und ihnen so einen stetig steigenden Verdienst einbrachten. Als sie an einem Freitag-Nachmittag an einer neuen Software für Getränkeautomaten bastelten und im bewährten Teamwork eine genial simple Lösung entwickelten, meinte Robert:
„Lass uns nach dem Examen zusammen bei Professor Fisher eine Doktorarbeit schreiben. Das wird sicher ein großer Wurf.“
„Ja, wahrscheinlich würde es eine fantastische Arbeit, aber es ist leider nicht möglich.“
„Warum denn nicht? Du studierst zwar am MIT und bist jetzt nur zu einem Forschungssemester in Stanford, aber du kannst doch sicher noch die Uni wechseln. Wir können genug Geld verdienen, so dass du kein Stipendium mehr benötigst.“
Angela schmunzelte: „Ich bekomme gar kein Stipendium. Professor Fisher ist mein Vater.“

Robert zeigte anderen Menschen gegenüber nie irgendwelche Gefühlsregungen und auch wenn er alleine war, ließ er nicht zu, von Emotionen gesteuert zu werden. In dieser Nacht nach diesem Gespräch war er so aufgeregt, dass er kaum schlafen konnte. Angelas geschliffener Verstand und ihre kühle Sachlichkeit gefielen ihm, aber in den letzten Wochen waren ihm auch andere Vorzüge an ihr aufgefallen und diese ungewohnten Gedanken quälten ihn geradezu. Denn er hatte sich bisher nicht für Mädchen interessiert und sich auch noch nie verliebt. Er war gerne alleine oder mit Menschen zusammen, die ihn nicht störten. Partys und andere Events der Studenten waren ihm dagegen ein Graus. Aber Angela war so anders als die Mädchen, die er von der Uni kannte. Sie interessierte sich nicht für Mode oder Partys und andere Belanglosigkeiten. Vielleicht wirkte sie deshalb auf ihn so anziehend. Er wollte mehr an ihr entdecken, auch wenn er gar nicht wusste, was er zu finden hoffte.
Auch Angela fiel es schwer, Emotionen zuzulassen, aber sie interessierte sich für Robert und sie ahnte, dass sie sich einander öffnen mussten, um sich näher zu kommen. Sie hatte keine Erfahrungen im Umgang mit Jungen außerhalb der üblichen Universitätsatmosphäre. In Gesprächen mit ihren wenigen Freundinnen war es oft um die Themen Flirt und Liebe und was noch kommen könnte gegangen. Jetzt wollte sie versuchen, ihr theoretisches Wissen in das Leben umzusetzen und aus den objektiven Fachgesprächen mit Robert etwas persönlicheres werden zu lassen. Robert machte wider Erwarten begeistert mit. Und nachdem sie begonnen hatten, sich gegenseitig zu erkunden, beschlossen sie, vor weiterführenden Experimenten abzuklären, ob sie sich auf eine gemeinsame Reise begeben wollten und wohin sie dann führen sollte. Nachdem sie einige Listen erstellt und ausdiskutiert hatten, beschlossen sie, zu heiraten. Dabei waren beiden die ungewohnten erotisch aufgeladenen Gefühle eher unangenehm, aber vor allem Robert hoffte, eine enge Bindung mit Angela würde auch ihre Zusammenarbeit vor Dritten schützen.

Robert und Angela hielten sich an ihre Listen. In den ersten beiden Jahren führten sie eher eine Fernbeziehung, da sie ihre Doktorarbeiten schrieben. Vor allem Angela pendelte zwischen der Uni und ihrem gemeinsamen Zuhause. Dort entwickelten sie gemeinsam Programme und installierten sie bei ihren Kunden. Nach Abschluss der Doktorarbeit zog Angela endgültig in ihr gemeinsames Haus, das sie zwischenzeitlich erworben hatten. Da sie vom ständigen Reisen eher genug hatte, war meistens Robert auf Achse, um bei Kunden Programme zu installieren und zu warten. Vier Jahre nach ihrer Hochzeit stellte Angela fest, dass Robert immer häufiger tagelang verreiste. Sie fühlte, dass ihn ihre Ehe nicht mehr besonders interessierte und fürchtete schließlich, er hätte irgendwo eine kleine Freundin. Sie versuchte, ihn näher an sich zu ziehen und erlebte, dass gelegentliche Ausflüge in die dunkle und geheimnisvolle Welt der Sexualität Folgen zeitigen konnten: Sie erwartete ein Kind. Angela war überglücklich und brauchte einige Tage, bis ihr aufging, dass Robert gar nicht so begeistert über den erwarteten Nachwuchs zu sein schien.
„Unser Kind wird sicher ein hervorragender Informatiker“, versuchte sie ihren Ehemann zu einem Lächeln zu bewegen.
„Aber es wird Jahre dauern, bis er uns unterstützen kann und wir haben jetzt schon so viel zu tun, dass deine Schwangerschaft unseren Arbeitsplan belastet.“
„Du denkst anscheinend nur an das Geschäft.“
„Du bist doch von deiner Familie einen gehobenen Lebensstil gewohnt. Aber so zu leben, kostet Geld, viel Geld. Und bis eine Software Geld einspielt, können Monate und Jahre vergehen. Aber das weißt du doch selber sehr gut, also warum streiten?“
„Du kannst doch sicher Studenten und Praktikanten einstellen, die unsere Arbeit unterstützen und für mich einspringen. Und du kannst dich dann auch mehr um deine Familie kümmern.“
„So einfach ist das nicht mehr. Wer gut ist, weiß auch, was er wert ist. Wir brauchen Spitzenkräfte, um verwertbare Ergebnisse zu erzielen, also müssen wir noch mehr Geld verdienen, um die Mitarbeiter angemessen entlohnen zu können. Manchmal kommt mir das Leben vor wie eine Endlosschleife.“
Angela hatte gehofft, dass Robert sich mehr um sie kümmern werde, aber nach diesem Gespräch war er nur noch unterwegs und hatte gar keine Zeit mehr für seine kommende Familie. Auch als Angela mit frühen Wehen vorsorglich in die Klinik kam, besuchte er einen wichtigen Kunden im Mittelwesten und fand nur wenige Minuten zu einem Telefongespräch.
Nach der Untersuchung führte die Ärztin mit Angela noch ein langes Gespräch und meinte schließlich:
„Es wird sicher noch acht Tage dauern bis zum Termin, aber für ihr Kind und Sie ist es besser, wenn Sie hier bleiben und sich in Ruhe und Gelassenheit auf die Geburt vorbereiten können.“
„Habe ich so weinerlich geklungen?“
„Entscheidend ist, dass Ihre Werte nicht optimal sind, aber wir bekommen Sie sicher wieder in Ordnung. Außerdem ändert sich in Ihrem Leben mit dem Baby einiges. Wenn dann weitere Schwierigkeiten auftauchen, kann es schon zu Verstimmungen und Ängsten kommen. Stimmungsschwankungen sind nicht außergewöhnlich. Und wir lassen Sie nicht allein.“

Angela wurde in ein Zwei-Bett-Zimmer gebracht. Ihre Bettnachbarin war auch erst vor einigen Stunden in die Klinik gekommen.
„Ich heiße Sarah Bennet. Entschuldigen Sie, dass ich so losplatze, aber ich bin sehr aufgeregt. Eigentlich sollte mein Sohn schon vor zwei Tagen kommen, aber die Ärztin meinte, ich könne mir noch einige Tage Zeit lassen. Meine Gefühle fahren mit mir Achterbahn.“ Sie lachte bei diesen Worten, aber in ihrem ausdrucksstarken Gesicht wechselten Freude und Anspannung schnell hintereinander, wie Angela fasziniert bemerkte.
„Und ich heiße Angela Burger-Fisher. Eigentlich ist mein Geburtstermin erst in acht Tagen, aber ich fürchte, meine Tochter hat es eilig.“
„Sie schauen mich so an, als ob wir uns kennen. Aber ich erinnere mich nicht.“
„Nein, wir kennen uns nicht. Ich staune über ihre ausdrucksvolle Mimik. Mein Ehemann und die Mitarbeiter in meiner Umgebung zeigen kaum jemals ihre Emotionen.“
„Mein Freund hat mich auch immer bewundert. Er sagte mir oft, er sei gefühllos wie ein Stein, aber meine starken Gefühle reichten auch für ihn aus. Und Sie sind verheiratet? Ich wundere mich nur, weil Sie bisher auch keinen Besuch bekommen haben.“
„Ich bin seit vier Jahren verheiratet und wir betreiben zusammen eine kleine Softwarefirma. Deshalb ist mein Ehemann häufig auf Reisen.“
„Das ist für Sie doch gewiss nicht einfach. Ich bin ledig, aber das stört mich nicht. So bin ich unabhängig und kann meine Schule für Ballett und Ausdruckstanz so führen, wie ich es möchte. Mein Kind wird eine neue Herausforderung und ich weiß noch nicht, wie ich alles unter einen Hut bekomme, aber ich freue mich auf meinen Sohn.“
Die beiden Frauen freundeten sich bald an. Nach drei ruhigen Tagen lief alles ganz schnell. Angela und Sarah kamen kurz hintereinander in den Kreißsaal und bereits am Nachmittag lagen beide glücklich mit ihren neugeborenen Kindern im Krankenzimmer, als die Tür aufging.
„Robert!“, freute sich Angela. Robert blieb in der Tür stehen, schaute kurz herein und verschwand wieder.
„Was war das denn?“, fragte Angela fassungslos. Als sie sich diese verwirrende Szene noch einmal vor Augen hielt, fiel ihr etwas auf: „Hast du eben auch ‚Robert!‘ gesagt?“, wandte sie sich an ihre Bettnachbarin.
Sarah hatte ebenfalls entgeistert auf die Tür geschaut. Jetzt lief sie dunkelrot an und stotterte: „Ja. Robert ist der Vater meines Sohnes. Aber bitte glaube mir, ich wusste es nicht, er hat mir nie gestanden, dass er verheiratet sei.“

Und dann trennten die drei ihre Lebenswege ohne Krach und hässliche Szenen. Angela zog mit ihrer Tochter Angelina zu ihrem Vater und bewarb sich um eine Assistentenstelle an der Uni. Sarah kam in ihrem Leben mit dem kleinen Roberto und ihrer Schule auch ohne Robert gut zurecht. Und Robert war ebenfalls zufrieden. Inzwischen hatte er ein so umfangreiches Wissen erworben, dass er auf eine Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau nicht mehr angewiesen war. Seine wenigen Angestellten erledigten ihre Aufgaben selbständig und so konnte er tagelang an neuen Programmen tüfteln, ohne durch Menschen oder Ereignisse gestört zu werden. Alle waren glücklich und zufrieden. Alle Erwachsenen.
Roberts Kinder begegneten sich erst, als sie zur Junior High-School kamen. Roberto fiel Angelina bald ins Auge, da sie ihm erstaunlich ähnlich sah und so pirschte er sich an einem Mittag in der Kantine an sie heran:
„Hallo, ich heiße Roberto.“
Sie schaute ihn lange und zunehmend interessiert an: „Du siehst mir wirklich ähnlich. Ich bin Angelina.“
„Wir könnten ja als Zwillinge auftreten. Ich bin am 19. Juni 2000 geboren.“
Angelina fiel die Gabel aus der Hand: „Ich auch.“
„Das gibt so viele Filme über Zwillinge, die sich nicht kennen. Denkst du, sowas kommt auch wirklich vor?“
Die beiden hielten aber nichts vom Drumherum reden und konfrontierten ihre Mütter mit der Zwillingsfrage. Schnell war beiden Kindern klar, dass sie tatsächlich nicht einmal Halbzwillinge waren, da sie ja unterschiedliche Mütter hatten. Aber sie fanden die Zwillings-Idee spannend und begannen, die gleichen Klamotten zu tragen und alles Mögliche zusammen zu unternehmen. In der Senior-High-School wurden sie von Beginn an für Zwillinge gehalten. Auch ihre Mütter, die sich nach dem gemeinsamen Klinikaufenthalt nicht mehr begegnet waren, fanden über die Kinder wieder zueinander und die vier bildeten schnell eine verschworene Gemeinschaft, während Robert alle Kontaktversuche abschmetterte.

Anfang November schrieb Angelina einen Brief an den Weihnachtsmann. Roberto meinte, mit fünfzehn Jahren sei man zu alt für den Weihnachtsmann, aber Angelina war sich sicher, dass es Wunder geben könne. Und warum sollte nicht auch in ihrer kleinen Familie einmal etwas geschehen, was bisher ein unerfüllbarer Wunsch zu sein schien. Als die Kinder den Brief zum Postkasten brachten und Roberto ein wenig weiter spottete, begegnete ihnen eine kleine Windbö:
„Mein Brief … .“
Angelina und Roberto sahen dem Brief nach, der nicht etwa wieder zur Erde trudelte, sondern immer höher in den Himmel stieg.
„Der fliegt jetzt direkt zum Weihnachtsmann. Naja, falls der da oben wohnen sollte“, witzelte Roberto.
„Der Brief wird ankommen, ganz gleich, wo der Weihnachtsmann lebt. Du wirst es erfahren.“
Eine Woche später erhielt Angelina einen dicken Umschlag aus Williams in Arizona. In dem Brief war eine Einladung für vier Personen, eine Weihnachtsferienwoche im Santa Claus Resort zu verbringen. Da auch Flugkarten und Mietwagengutscheine beigelegt waren, beschlossen die vier, diesen großartigen Gewinn anzunehmen und am 21. Dezember, dem ersten Ferientag, flogen sie von San Francisco nach Arizona um im Resort sieben hoffentlich wunderschöne Tage zu verbringen.

Am folgenden Tag erhielt Robert eine lange E-Mail. Er möge möglichst umgehend nach Williams in Arizona kommen, denn seine vor sechs Monaten installierte Buchungssoftware im Santa Claus Resort spucke unsinnige Ergebnisse aus. Aus den angehängten Beispielen erkannte Robert recht schnell, dass hier kein simpler Virus am Werk war. Entweder war sein Programm kenntnisreich manipuliert worden oder es lag tatsächlich ein schwerwiegender Programmfehler vor.
Robert verschwendete keinen Gedanken an die nahende Weihnachtszeit, sondern flog am Nachmittag Richtung Williams und nahm sich einen Mietwagen für die weitere Reise. Nach den detaillierten Angaben der E-Mail sollte er auf der Interstate 40 gen Osten fahren und nach zehn Kilometern auf die alte Route 66 abbiegen, dann würde er direkt zum Santa Claus Resort kommen.
Als Robert am Flugplatz losfuhr, wurde es bereits dunkel, aber das eingebaute Navi lotste ihn schnell auf die Interstate 40. Es gab wenig Verkehr und so fuhr Robert entspannt gen Osten, als die angenehme weibliche Stimme des Navi verkündete „In fünfhundert Metern rechts abbiegen. Letzte Ausfahrt.“
‚Wieso letzte Ausfahrt, habe ich eine Ausfahrt verpasst?‘ Aber schon sprach das Navi weiter:
„In zweihundert Metern abbiegen. Letzte Ausfahrt“ und dann „Biegen sie rechts ab. Letzte Ausfahrt.“
Robert hielt sich an die Anweisungen, bog ab und schon sah er ein großes angestrahltes Schild ‚Santa Claus Resort‘ und dachte über die eigenartige Anweisung des Navis nicht weiter nach. Im Hotel erhielt er die Schlüssel für eine traumhafte Suite im vierzehnten Stockwerk mit einem atemberaubenden Blick auf den Canyon. Das sagte jedenfalls die Dame am Empfang. In der Dunkelheit war allerdings nichts zu sehen. Der Canyon war nicht einmal beleuchtet. Aber Robert war von der Reise ohnehin abgespannt und ein wenig müde. Also bereitete er sich für die Nacht vor und legte sich schlafen. Am folgenden Morgen wollte er früh anfangen, um schnell fertig zu werden und am gleichen Tag wieder nach Hause fliegen zu können. Er wollte noch einige Arbeit im ablaufenden Jahr erledigen.

Um fünf Uhr in der Frühe wachte Robert aus einem verworrenen Traum auf. Die Traumerlebnisse liefen wie ein Film in seinem Kopf weiter und er fühlte sich benommen, Am liebsten hätte er weiter geschlafen, aber er spürte einen zunehmenden Kopfschmerz und stand auf, um einige Tabletten zu schlucken. Im Bad spülte er die Pillen mit einem Glas Wasser herunter und schaute in den großen Badezimmerspiegel. Beinahe hätte er die Tabletten wieder ausgespuckt, denn er erkannte sich selbst nicht mehr. Eine grüne Mütze mit einer langen Spitze thronte auf seinem Kopf, sein Gesicht war hinter einem dichten weißen Bart kaum zu erahnen, außerdem trug er eine grüne Jacke mit roten Aufschlägen. Er schaute an sich herunter und sah eine rote Strumpfhose und grüne Stoffschuhe mit langen hochgebogenen Spitzen.
„Ich stecke in einem Weihnachtswichtelkostüm“, stöhnte er. „Ich versteh das nicht, ich habe doch bis eben geschlafen, wie bin ich in dieses Kostüm geraten?“
Die Kleidung passte ihm wie angegossen. Dennoch wollte er sie ausziehen, Nur wurde ihm schnell klar, dass er sich geirrt hatte. Sein neues Outfit war nicht einfach angegossen, sondern angewachsen wie eine zweite Haut. Robert stürzte zum Telefon und verlangte den Zimmerservice und den Hotelarzt. Es vergingen nur wenige Sekunden, dann öffnete sich die Tür und herein kam ein Mann, der aussah wie Santa Claus. Er dröhnte auch sofort „Ho, ho, ho“ und Robert stand kurz davor, zuzuschlagen. ‚Sei ruhig‘, ermahnte er sich. ‚Bleib gelassen, lass dir deinen Zorn nicht anmerken.‘
Der Weihnachtsmann lächelte Robert verschmitzt an: „Nun setzen Sie sich erst einmal. Da kommt schon Ihr Frühstück und nach einer Tasse Kaffee wird es Ihnen gleich viel besser gehen.“
„Träume ich etwa noch? Was für ein Spiel treiben Sie mit mir?“
„Wir spielen kein Spiel. Ich benötige Sie ernsthaft als Helfer für eine Familie, die einen Weihnachtsurlaub gewonnen hat, den sie jetzt hier im Hotel verbringt. Im Tagesprogramm dieser Familie ist vorgesehen, dass sie heute Vormittag von einem meiner Wichtel besucht wird, der sich ihre Wünsche anhören soll. Das dürfte für Sie ja nicht schwer sein.“
Robert versuchte, ruhig zu bleiben und die gehörten Worte zu verstehen. Er erwiderte deshalb erst einmal nichts und wunderte sich, dass nach der ersten Tasse Kaffee sein Zorn wie Frühnebel in der Sonne verging. Langsam fand er den verrückten Auftrag von Santa sogar spannend. „Nun ja, Kundenwünsche aufzunehmen und zu bewerten, ist mein täglicher Job. Aber die Erfüllung der Wünsche dürfte dann ja wohl Ihre Aufgabe sein.“
„Ja, leider“, seufzte der Weihnachtsmann.
„Leider? Sind Sie die strahlenden Kinderaugen über? Wünsche zu erfüllen sollte doch eine tolle Sache sein.“
„Ist das so? Ich muss die Wünsche erfüllen, die mir genannt werden. Auch wenn ich deutlich vor Augen habe, dass ein anderer Wunsch für einen Menschen viel sinnvoller und hilfreicher wäre.“
„Sie schenken den Menschen das, was sie sich wünschen, auch wenn das Geschenk gar nicht das ist, was sie wirklich bräuchten?“
„Genau so ist es.“
„Warum sind Sie dann der Weihnachtsmann geworden? Oder wurden Sie etwa als Weihnachtsmann geboren?“
„Das ist recht kompliziert. Was die Menschen Weihnachtsmann nennen, sind eigentlich sehr verschiedene Gestalten. Da gibt es alte chinesische Glücksgötter mit langen weißen Bärten, die Kinder beschenken, oder den Bischof Nikolaus von Myra oder germanische Sagengestalten und viele andere, die heute als Weihnachtsmann tätig sind. Und wir alle sind aus sehr unterschiedlichen Gründen zu einer Personifizierung des Weihnachtsmannes geworden.“
„Ich verstehe. Es gibt also viele Weihnachtsmänner. Aber warum wurden Sie überhaupt Weihnachtsmann, wenn Sie gar keine Freude an der Arbeit haben?“
„Also wenn Sie es unbedingt wissen wollen. Meine Geschichte ist nicht sehr fröhlich. Vor vielen Jahren war ich der verantwortliche Beamte einer unbedeutenden Provinz. Die Priester des Landes forderten von mir die Bestrafung eines Bürgers. Ich hielt den Mann für einen harmlosen Spinner, aber ich wurde von den Priestern und Politikern unter Druck gesetzt, so dass ich schließlich der Menge, die sich vor dem Regierungssitz versammelt hatte, einen Wunsch frei gab: ‚Wen soll ich freilassen?‘ fragte ich sie: ‚diesen brutalen Räuber und Mörder oder diesen Landstreicher, der keinem Menschen etwas zu Leide getan hat.‘ Und so schlich ich mich aus meiner Verantwortung und erfüllte der Menge ihren Wunsch. Ich sah damals keinen anderen Weg, meinen Posten zu behalten und ich wagte nicht, gegen die aufgestachelten Menschen zu entscheiden. Und jetzt muss ich Jahr für Jahr Menschen nach ihren törichten Wünschen fragen und zusehen, wie sie sich und manchmal auch anderen nur Unheil bringen.“
Robert wusste nicht, was er sagen sollte. Die Geschichte dieses Weihnachtsmannes, der ihm gegenüber in seinem Sessel saß, erinnerte ihn an etwas, was er vor langer Zeit gehört hatte, aber er kam nicht darauf. Schließlich raffte er sich auf:
„Na gut, wo ist meine Familie, die ich beglücken soll?“

Als Robert die Familien-Suite betrat, stand er seinen eigenen Kindern und ihren Müttern gegenüber. Das hatte der Weihnachtsmann doch sicher beabsichtigt. Aber warum? Mit seiner Ehefrau und seiner Freundin hatte er seit fünfzehn Jahren nur sporadisch und sehr unwillig Kontakt gehabt. So fürchtete er sich ein wenig vor dem Wiedererkennen. Aber die vier sahen in ihm einen Weihnachtswichtel.
„Was wünscht ihr euch denn zu Weihnachten?“
Sein Sohn war am schnellsten mit seiner Antwort: „Wir möchten als eine Familie in einem Haus miteinander leben.“
„Aha und eure weiteren Wünsche?“
Robert schrieb den Wunsch gewissenhaft in ein großes Buch, das er von Santa erhalten hatte. Dann schaute er wieder auf die vier Menschen, die vor ihm standen.
„Ihr habt doch gewiss noch mehr Wünsche.“
„Nein, wir haben alle den gleichen Wunsch.“ , antworteten vier Stimmen im Chor.
„Also ihr möchtet zu viert zusammen wohnen.“
„Nein, zu fünft.“
„Ja, jetzt hier sind wir fünf Personen, aber ich gehöre doch nicht dazu.“
„Unser Vater gehört dazu, auf jeden Fall und unbedingt“, entgegnete Angelina
Robert fühlte sich hilflos. Was sollte er machen. Sollte er sich verraten? Nein, diesen Wunsch konnte und mochte er nicht erfüllen. Aber Santa Claus hatte ja gesagt, für die Erfüllung der Wünsche sei er zuständig. Also beschloss Robert, sich vor der Entscheidung zu drücken und alles weitere dem Weihnachtsmann zu überlassen.
„Ich werde euren Wunsch an Santa Claus weitergeben. Und ich wünsche euch schon jetzt frohe Weihnachten.“ Mit diesen Worten verließ Robert geradezu fluchtartig die Suite seiner Familie.

In seinen Räumen saß der Weihnachtsmann: „Nun, du hast deine Aufgabe erfüllt und deshalb darfst du dir auch etwas wünschen.“
Robert war hin- und hergerissen. Schließlich würde dieser Weihnachtsmann seinen Wunsch erfüllen. Sollte er sich wünschen, dass er alleine glücklich und zufrieden sein könne? Oder noch besser, dass die vier ohne ihn ihr Glück fänden? Er schaute unentschlossen auf den Weihnachtsmann, der schon so lange sinnlose und unüberlegte Wünsche erfüllen musste und dann entstand in seinen Gedanken eine wundersame Idee:
„Ich wünsche mir, dass das geschieht, was für meine Familie am besten ist.“
„Ho, Ho, Ho.“ erwiderte Santa und verschwand durch den kleinen Elektrokamin.
Robert starrte auf das künstliche Kaminfeuer, das lustig weiterbrannte, dann holte er sich aus der Minibar einen doppelten Whiskey. Dabei sah er sich im Spiegel in Anzug und Krawatte und verschluckte sich erst einmal. Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, zog er sein Jackett und dann auch noch das Hemd, aber der Wichtelanzug war offensichtlich restlos verdunstet. Dann meldete sich das Zimmertelefon.
„Sandra Debrett von der Rezeption. Herr Burger, wir haben Ihre Reiseunterlagen jetzt zusammengestellt und sie liegen an der Rezeption bereit. Sie werden heute Nachmittag nach dem Brunch mit unserer Hotellimousine zum Flugplatz in Gran Canyon Village gefahren. Ihr Flug für fünf Personen startet 7:50 nachmittags und sie landen um 0:45 in San Francisco. Ihr Chauffeur wurde bereits benachrichtigt und er holt die Familie am Flughafen ab.“
„Vielen Dank“, brachte Robert hervor und legte auf. Einmal mehr fragte er sich, ob er nicht doch träume. In seinem Kopf schien sich nur Watte zu befinden und es fiel ihm schwer, nachzudenken.

Der kleine Düsenjet hatte nur eine First Class und sie waren offensichtlich die einzigen Passagiere. Die beiden Kinder und ihre Mütter schliefen bereits kurz nach dem Start ein, aber Roberts Gehirn wachte jetzt langsam auf:
‚Was habe ich mir da bloß eingehandelt. Wieso habe ich so einen idiotischen Wunsch geäußert. Das wird doch nie was. Heile Familie, dass ich nicht lache. Was soll das überhaupt werden? Spätestens in zwölf Stunden bricht diese vorgetäuschte Harmonie doch zusammen. Und das soll dann das Beste für mich sein? Nein, Moment, für die Familie habe ich den Wunsch ausgesprochen. Gehöre ich eigentlich zu dieser Patchwork-Familie? Bisher habe ich mich da ja erfolgreich herausgehalten. Bekommen jetzt also nur die vier das Geschenk ihres Lebens? Ich gönne es ihnen, bestimmt, aber was mache ich dann? Soll ich weiter mitgehen oder steige ich lieber aus?‘
„Nehmen Sie die Letzte Ausfahrt“, hörte er die freundliche Navi-Stimme in seinem Kopf.
‚Das klingt ja wie ‚Jetzt oder Nie‘. Ich soll mich also entscheiden. Nach welchen Kriterien, was sind die Bedingungen und wohin soll die Reise gehen? Sollte ich nicht lieber mit Angela darüber reden? Würde sie mir überhaupt zuhören? Sollen wir wieder zusammengehen und unsere Ehe fortführen?‘
Robert schaute auf Sarah. „Oder eine Ehe zu dritt? Nein, Freundschaft, ab und an knuddeln und abends kuscheln, das würde mir liegen.“
„Ja, das würde mir auch gefallen.“ Robert starrte auf Angela. Sie sah ihn auch an und lächelte.
„Habe ich etwa laut geredet?“
„Jedenfalls habe ich etwas gehört. Ich finde die Vorstellung, in einer Familienwohngemeinschaft zu leben, richtig gut. Ein gemeinsamer Tisch und getrennte Betten. Das würde mir gefallen.“
Inzwischen war Sarah auch aufgewacht und hörte Angela interessiert zu. Dann fragte sie Robert: „Hast du denn eine neue Freundin oder lebst du auch alleine wie wir beiden?“
Robert lief leicht rot an vor Verlegenheit und meinte dann: „Ich hatte in meinem Leben nur zwei Freundinnen und die eine habe ich geheiratet.“
„Dann ist doch alles gut. Ich hatte nach dir auch keinen Freund mehr. Irgendwie brauche ich diese Intimitäten nicht. Aber wir vier knuddeln gerne miteinander. Da könntest du sicher mitmachen.“
Roberts analytisch ausgerichtetes Gehirn lief inzwischen auf Hochtouren. Programmablaufpläne, Prozeduren, alles letztlich glasklare Logik. In seiner Firma bestimmte er schließlich auch alleine, was ein Programm leisten konnte und musste.
‚Aber wahrscheinlich bin ich jetzt nicht mehr der Boss. Ich komme mir eher vor, wie ein kleines Digit, das durch ein Programm jagt und gar nicht weiß, wo es hin soll und wie es da hinkommt. Na ja, das Digit braucht es auch nicht zu wissen. Es macht sich schließlich keine Gedanken über seine Zukunft.‘
Sarah und Angela schienen wieder zu dösen. Robert merkte, dass ihn dieser Vergleich mit einem Digit zunehmend frustrierte, aber dann wuchs ein neuer Gedanke heran: ‚Das Digit kommt sicher dort an, wo es hin soll. Und wenn es wirklich einmal in der Lage wäre, über die Stränge zu schlagen und falsch abzubiegen, läuft es eben einen Umweg. Ich denke, dieses Programm, in dem wir ja wohl stecken, ist so gebaut, dass wir alle auf jeden Fall ankommen.‘
Robert beschäftigte sich weiter mit diesem Gedanken. ‚Sollte ich also alles falsch machen, würde ich mein Ziel dennoch erreichen. Aber wie erginge es mir dabei? Bevor ich mir da einige Schrammen zuziehe, sollte ich besser mitspielen. Aber wie, wenn ich gar nicht weiß, was hier abläuft?‘
Er schaute auf seine alte neu in sein Leben getretene Familie. ‚Meine Vorstellung vom Digit ist wahrscheinlich zu einfach. Menschen haben ja mehr Möglichkeiten, nicht nur Null und Eins. Es gibt auch vielleicht oder teilweise und was weiß ich noch alles. Und ich habe oft genug erfahren, dass Menschen etwas sagen, was sie eigentlich gar nicht meinen. Wie soll ich das erkennen und dann die richtigen Entscheidungen treffen? Auf jeden Fall sollte ich die Menschen um mich herum genau beobachten. Mir waren bisher Worte wichtig und auf Gesten und Blicke habe ich kaum geachtet. Mir scheint, ich muss mich intensiver mit Körpersprache und anderen versteckten Botschaften beschäftigen. Und das nicht nur in der Theorie, da weiß ich wohl schon einiges, aber bisher habe ich die Emotionen meiner Mitmenschen kaum beachtet. Ich glaube, das kleine Digit wird noch ganz heftig ins Schwitzen kommen. Mit einfachen Verzweigungen und Ja-Nein-Entscheidungen ist es nicht getan. Jede Interaktion mit anderen Digits führt zu einer Vielzahl von Alternativen. Und diese Möglichkeiten werden durch weitere Digits auch noch beeinflusst. Dabei sind wir hier doch nur fünf Personen, aber mit binärer Logik komme ich nicht weiter. Ich werde ein neuronales Netz entwickeln, um alle wechselseitigen Beeinflussungen darstellen zu können. Dieses Modell kann ich dann auf unsere Realität übertragen. Quatsch, mein Modell ist doch ein Abbild unseres wirklichen Lebens.‘
Als Robert seinen Zirkelschluss bemerkte, stöhnte er: „Ich bin ja so blöd.“
„Schön, dass du es bereits gemerkt hast“, schmunzelten Angela und Sarah, die ihm schon seit einiger Zeit beim Denken zusahen.
„Eines wird mir jedenfalls jetzt klar“, murmelte Robert: „Meine Familie zu bekommen, war eine einmalige Chance. Ich denke, ich habe wirklich gerade die letzte Ausfahrt genommen.‘

 

Puh, ich habe mich jetzt entschieden, diese kleine Geschichte zu veröffentlichen, bevor sie mir endgültig den Computer überwuchert. Ich hoffe sehr, sie ist nicht zu lang geraten.

Jobär :xmas:

 

Hallo jobär,

nur ganz kurz, hab leider wenig Zeit deshalb später mehr, aber ich glaube, da haben sich ein paar kleine Bindestrich-Fehler eingeschleust.
Oder ist das etwa Absicht?

laut Ge-burtsurkunde hieß er Robert Heinrich Friedrich Bürger.

Seine Eltern fuhren da-raufhin mit ihm zu einer Farm mit einem Maislabyrinth.

Lass uns anschließend zusammen bei Professor Fisher eine Doktorar-beit schreiben.

Nein, Moment, für die Familie habe ich den Wunsch ausge-sprochen.

Das zieht sich so durch den ganzen Text, nur ein kleiner Hinweis am Rande :shy:

Herzlichst, Joey

 

Hallo Joey,

oh je, ich dachte, das wäre endlich abgestellt. Aber da ich den Text mit automatischer Silbentrennung schreibe, setzt dieses Programm anscheinend alle Bindestriche automatisch um.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo jobär,

es ist Weihnachtszeit. Draußen ist es noch neblig und ich habe viel Zeit. So kommt es, dass ich mich durch deine lange Geschichte gekämpft habe. Zumindest war das so bis Seite 6. Ich finde, diese ganze Vorgeschichte hat großes Kürzungspotential. Um die Charaktere der beiden zu skizzieren und ihre Beziehungsgeschichte zu erzählen, hätte es mMn nur einer Seite bedurft.

Aber dann entwickelt sich doch noch eine echte Weihnachtsstory nach bewährtem Muster: Herzloser Mann wird dazu gebracht, die Werte des Lebens, hier der Familie, zu erkennen. Für meinen Geschmack hast du deine Geschichte dann aber zu stark ausgestattet. Zum Ende hin dachte ich, dass du da zu viel angehängt hast. Ich hätte mir alles griffiger und kompakter gewünscht. So habe ich zum Schluss das Gefühl, dass der Wert der Familie in ihrer Größe und nicht in ihrer Zusammengehörigkeit liegt. Das hast du sicher nicht beabsichtigt.
Ich finde, du solltest noch mal über deine Geschichte gehen und dir eine klarere Linie überlegen. So kommt sie mir manchmal wie eine Aneinanderreihung immer neuer (zum Teil wirklich guter) Ideen vor.

Mit einfachen Verzweigungen und Ja-Nein-Entscheidungen ist es nicht getan. Jede Interaktion mit anderen Digits führt zu einer Vielzahl von Alternativen.
Dieser Satz geht unter in seiner Tragweite. Wenn ich ihn richtig verstehe, so verweist er darauf, dass unsere Interaktionen (mit Menschen) komplexere Konsequenzen nach sich ziehen, als wir uns das in der Regel bewusst machen. Das erläutert deine Geschichte mMn nicht und dieser Satz wirkt deshalb für mich wie ein Fremdkörper in ihr. Kann aber sein, dass ich ihn falsch verstanden habe und den Zusammenhang zur Geschichte nicht erkenne.

Also, wenn ich alles noch einmal Revue passieren lasse, fand ich an deiner Geschichte die Situation im Weihnachtshotel am besten. Von hier aus sollten sich die Veränderungen in Roberts Leben ergeben. Und hier müsste sich dann doch auch so etwas wie Sinn und Reflexion einfinden. Das finde ich in deinem Text und bei deinen Personen nicht. Gehört aber, wie ich finde, in eine Weihnachtsgeschichte, wie du sie entwirfst, hinein.

Denn Robert hat ja wirklich die letzte Ausfahrt erwischt: Aus einem Egomanen ist ein Familienmensch geworden. Das hast du zwar dargestellt, aber es verliert sich nach meinem Empfinden in einer Handlung, die nicht gewichtet.

jobär, das sind meine Gedanken nach dem ersten Lesen. Schon möglich, dass ich meine Meinung noch ändere, wenn ich noch mal an sie rangehe. Aber ihre Länge ist schon ein Brocken, den man erst einmal schlucken muss. Dass du gut formulieren kannst, muss eigentlich nicht mehr erwähnt werden.

Es gibt ein paar kleinere Fehler, die ich jetzt nicht auflisten möchte. Aber diese Stelle solltest du noch betrachten:

„Robert!“(,) freute sich Angela. Robert blieb in der Tür stehen.(,) schaute kurz herein und verschwand wieder.
„Was war das denn?“, fragte Angela fassungslos. Als sie sich diese werwirrende Szene noch einmal vor Augen hielt, fiele ihr etwas auf: „Hast du eben auch ‚Robert!‘ gesagt?“, wandte sie sich (an) ihre Bettnachbarin.
Sarah lief dunkelrot an.

Jobär, ich wünsche dir weiterhin frohes Schaffen und eine schöne Weihnachtszeit.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Jobär,

verflixt, da wollte ich mir nur ab und zu 'ne kleine Geschichte gönnen, und nun wächst sich die Sache wieder aus.
In deiner nicht ganz so kleinen stecken einige wirklich hübsche Ideen, die aber teilweise untergehen. Deshalb kann ich es nicht lassen und steige mal ein:

In der Dunkelheit war allerdings nichts zu sehen. Der Canyon war nicht einmal beleuchtet.
Das ist schön formuliert, der Prot ist ja sich sowie der Natur völlig entfremdet, dieser Satz macht das prima deutlich. Und schon muss man lächeln :)

Hier lernte Robert Angela kennen. Beide schrieben in ihrer Freizeit maßgeschneiderte Programme für mittelständische Firmen. Schnell stellten sie fest, dass sie unterschiedliche Lösungsansätze und dadurch auch sehr verschiedene Programme entwickelten, die sich aber meistens in ihrer Effizienz kaum unterschieden.
Was für ein Beginn für eine Lovestory! Gefällt mir sehr, wie da zwei sachlich-fachliche Nerds aneinander geraten :lol: Und sie rationalisiert so niedlich:
Jetzt wollte sie versuchen, ihr theoretisches Wissen in das Leben umzusetzen und aus den objektiven Fachgesprächen mit Robert etwas P(p)ersönlicheres werden zu lassen.
Sehr schön! Widerspricht aber Roberts Klage weiter unten im Text, mit ihren (und Angelas) überstarken Emotionen nicht klar zukommen.
Bei Sarah und Angelina habe ich Schwierigkeiten, unter den überschäumenden Emotionen ihre wahren Wünsche zu erkennen.
Heißt sie jetzt eigentlich Angela oder Angelina, oder ist Letzteres ein Kosename?
Dann gerät mir die Schilderungen der vier Ehejahre zu ausführlich, schon zuvor hättest du meiner Ansicht nach die Episode mit der Feier beim Professor und die 'Enthüllung' zu dessen Vaterschaft weglassen sollen, das führt nirgendwo hin.
, aber nach diesem Gespräch war er nur noch unterwegs und hatte gar keine Zeit mehr für seine Familie.
Sie ist doch erst schwanger? Wo ist da die Familie? Ich würde schreiben: ... für sie (oder für seine Frau).
„Sie schauen mich so an, als ob wir uns kennen. Aber ich erinnere mich nicht.“
„Nein, wir kennen uns nicht. Ich staune über ihre ausdrucksvolle Mimik. Mein Ehemann und die Mitarbeiter in meiner Umgebung zeigen kaum jemals ihre Emotionen.“
„Mein Freund hat mich auch immer bewundert. Er sagte mir oft, er sei gefühllos wie ein Stein, aber meine starken Gefühle reichten auch für ihn aus. Und Sie sind verheiratet?
So einen Dialog kann ich mir einfach nicht vorstellen, das klingt gestellt. Und wer sagt über sich selbst im Ernst 'Ich bin gefühllos wie ein Stein?'
... ein wenig müde Also bereitete er sich für die Nacht vor und legte sich schlafen.
Da fehlt ein Punkt nach müde.
„Warum sind Sie dann der Weihnachtsmann geworden? Oder wurden Sie als Weihnachtsmann geboren?“
„Das ist recht kompliziert. Was die Menschen Weihnachtsmann nennen, sind eigentlich sehr verschiedene Gestalten. Da gibt es alte chinesische Glücksgötter mit langen weißen Bärten, die Kinder beschenken, oder den Bischof Nikolaus von Myra oder germanische Sagengestalten und viele andere, die heute als Weihnachtsmann tätig sind. Und wir sind aus sehr unterschiedlichen Gründen zu einer Personifizierung des Weihnachtsmannes geworden.“
An diesem Einschub gefällt mir viel, auch wenn Väterchen Frost und Coca-Cola fehlen ;). Aber die letzten eineinhalb Sätze, das ist so dozierend. Vielleicht: "... und viele andere, die im Weihnachtsmann stecken. Und der bin inzwischen ich."
„Ho, Ho, Ho.“ erwiderte Santa und verschwand durch den kleinen Elektrokamin.
Ach, das ist wieder fein, wie Mythos und moderne Technik hier zueinander finden!

Ein gemeinsamer Tisch und getrennte Betten. Das würde mir gefallen.
Kann man mal sehen, so verschieden ist das. Bei den kulinarischen Vorlieben meines Liebsten wünschte ich es mir manchmal umgekehrt ;)

„Dann ist doch alles gut. Ich hatte nach dir auch keinen Freund mehr. Irgendwie brauche ich diese Intimitäten nicht. Aber wir vier knuddeln gerne miteinander. Da könntest du ja vielleicht mitmachen?“
Kauf ich denen nicht ab, was soll das denn werden :confused:???


...dann ist etwas W(w)undersames geschehen.
Meine Eltern hielten zu mir und fragten mich nie nach dem Vater.
Was sind denn das für neugierlose Eltern? Glaub ich nicht, höchstens, dass sie irgendwann ihr Fragen aufgeben und das so akzeptieren.
Vielleicht habe i(I)ch wirklich gerade noch die letzte Ausfahrt zu einem befriedigenden Familienleben genommen
Hm, klingt, als ob er inzwischen durch Weihnachtsmanns Einfluss zum Sozialpädagogen mutiert wäre.

Die Idee, der Weihnachtsmann sei neben allem Anderen auch noch Pontius Pilatus, die ist interessant. Ich würde es aber in einer anderen Geschichte extra verwursten, sonst ist das hier too much. Und ich weiß nicht wie, aber das Zusammentreffen scheinbar rationaler Lebenswelten mit dem Weihnachtsmythos sollte noch nachvollziehbarer werden. Robert wundert sich nicht genug, seine Familie(n) auch nicht.
Vielleicht magst du der vielen schönen Ideen wegen noch mal drüber gehen und sie bei der Gelegenheit kürzen? Ich glaube, das könnte sich lohnen. Schon so, mit ihrem wildem Hin und Her, habe ich sie gern gelesen.

Viele Adventsgrüße und einen schönen Abend,

Eva

 

Erzählzeit und erzählte Zeit gehen heftig auseinander. Liest sich z.T. wie eine Inhaltsangabe bzw. ein Exposé. Hier z.B.:

Nachdem sie ihre Mütter eindringlich dazu befragt hatten, war beiden Kindern klar, dass sie tatsächlich nicht einmal Halbzwillinge waren, da sie ja unterschiedliche Mütter hatten. Aber sie fanden die Zwillings-Idee spannend und begannen, die gleichen Klamotten zu tragen und alles Mögliche zusammen zu unternehmen. In der Senior-High-School wurden sie von Beginn an für Zwillinge gehalten. Auch ihre Mütter, die sich nach den gemeinsamen Klinikaufenthalt nicht mehr begegnet waren, fanden über die Kinder wieder zueinander und die vier bildeten bald eine verschworene Gemeinschaft.

In diesem Jahr zog Robert Senior nach den Sommerferien aus seiner weitläufigen Villa im Silicon Valley in seine neue Ferienwohnung in den Bergen bei San Antonio. Er wollte im Beruf kürzer treten und hoffte, hier mehr Ruhe zu finden. Die beiden Kinder kamen jetzt gemeinsam am ersten Sonntag im Monat zu Besuch. Zu der Ferienwohnung gehörte auch ein kleiner Pferdestall und beide Kinder drängelten, bis Robert ihnen zwei Ponys kaufte, die Jonny betreuen durfte. Die Kinder ritten durch das bewaldete Gelände oder dösten am Swimmingpool.
Seine Residenz, wie er die Villa spöttisch nannte, ließ Robert inzwischen von einer alten Freundin, der Stararchitektin Charlene Scott, umbauen. Der Fitness-Bereich, der mehrere Räume umfasste, der Pferdestall, in dem bisher kein Pferd gestanden hatte und zwei ebenso ungenutzten Gästebungalows sollten abgerissen werden wie auch der lange verwaiste Bürotrakt. Anstelle der überflüssigen Gebäude wünschte Robert eine ausgedehnte Parklandschaft. Seine Firma residierte inzwischen in einem Glaspalast in Stanford und er hoffte, sich allein im Grünen wohler zu fühlen als unter den Mitarbeitern in seiner Firma.

Anfang November schrieb Angelina einen Brief an den Weihnachtsmann. Ihr Bruder hatte kein Interesse, sich an dieser Kinderei zu beteiligen.

 

Ja, da hat tortich recht. Und jetzt eben fällt mir noch auf, ich würde auch die ganze Charlene weglassen, auch sie ist 'des Guten zuviel'.

 

Hallo ihr Lieben,

ich komme gerade von einer anstrengenden Fahrt und sehe, dass zu meiner langen Geschichte viel geschrieben wurde. Ich werde versuchen, in den nächsten Tagen zu antworten. Eins jetzt schon: Angelina ist die Tochter von Angela.

Liebe Grüße

Jobär

 

Ja klar, da habe ich beim Lesen den Namen der Tochter überlesen irgendwie, also schon gelesen, aber mal als Tochter, mal als Mutter gedeutet. Für solche Vergesslichen wie mich würde ich die Namen noch ändern, auch bei Robert jun. steht nicht immer jun., und gerade in seinem Fall ist kaum nachvollziehbar, dass die Mutter ihn nach dem (seine Ehe verheimlichenden) Freund benennt, dem sie kurz darauf kaum eine Träne nachweint.
Erhol dich gut von der Fahrt, Grüße, Eva

 

Hallo Jobär,

Das ist ja eine witzige Idee! Plötzlich ein Weihnachtswichtel sein!
Ich musste so schmunzeln, als Robert erwachte und ein grüner Wichtel war.

Insgesamt fand ich aber die Geschichte etwas zu lang und teilweise langatmig erzählt. (Die Einführung mit dem Fachgeplänkel über Computerkunde) Ich weiss, dass damit die emotionale Steifheit der Hauptfigur erklärt werden soll, aber als ich "Sillicon Valley" las, war mir das eigentlich schon klar.
Auch der Umbau der Villa ist vielleicht etwas zu detailliert beschrieben.
Dass zum Schluss nochmal eine Frau autaucht, die zwei Kinder von ihm unter dem Herzen trägt, fand ich dann auch zu viel.

Grüße
Lind

 

Ihr Lieben,

nachdem ich mich eine Nacht mit meiner Geschichte gerungen habe, beschäftigt mich jetzt die Frage, wie ich auf eure ausführlichen Kommentare antworten soll. Und ich habe mich jetzt entschlossen, mit einem allgemeinen Part zu beginnen und dann auf die einzelnen Beiträge einzugehen.

Als dieses TdM ins Leben gerufen wurde, war der Plot zu meiner Geschichte in Windeseile fertig. Und dann habe ich geschrieben und gestrichen und neu geschrieben und umgestellt und irgendwann beschlossen, die Geschichte in die Tonne zu treten. Da war sie mir bereits aus dem Ruder gelaufen und hat sich dann immer weiter verselbständigt und immer neue Blüten getrieben. Und dann erkannte ich: Entweder radikal beseitigen oder ebenso rigoros mit Schreiben aufhören und ins Forum stellen. Dann habe ich auf der Linkliste nachgezählt: Dreiundzwanzig Geschichten. Dann fehlt ja noch eine zum doppelten Dutzend und so habe ich die Geschichte eingestellt und - zumal ich dringende andere Aufgaben vernachlässigt hatte - sie in Ruhe gelassen. Aber jetzt liegt sie wieder vor mir und ich fühle mich ein wenig hilflos. Ich schreibe keine langen Geschichten und irgendwie habe ich den Eindruck, dieser Bandwurm ist nicht meine Geschichte und ich weiß nicht wie ich mit ihr umgehen soll.

barnhelm
„großes Kürzungspotential … zu stark ausgestattet … zu viel angehängt.“ Ja, Du hast das große Mank der Geschichte gleich erkannt.
So habe ich zum Schluss das Gefühl, dass der Wert der Familie in ihrer Größe und nicht in ihrer Zusammengehörigkeit liegt.
An dieser Bemerkung ist mir eine Intention meiner Geschichte erst bewusst geworden. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit alternativen, besonders inklusiven Wohnformen. Und mir scheint, ich habe hier versucht, so eine alternative „Familie“ darzustellen. Das ist dann wohl auch ein Grund für die ausufernde Beschreibung. Es gibt eben viele - zu viele - Prots in meiner Geschichte.
Die andere Intention hast Du gut erkannt. Aber da das kleine Digit eher untergeht, muss geändert werden, denn diese Überlegungen sind für mich ein Kernpunkt der Geschichte.
Und die Story im Weihnachtshotel ist sicher die Kerngeschichte. Die stand von beginn an und ich denke auf ihr werde ich die Neufassung aufbauen.
Deine Korrekturen habe ich umgesetzt.

Eva Luise Groh
Die kleinen Fehlerchen habe ich verbessert. Freut mich, dass Dir mehrere Teile gefallen. An anderen Stellen gibst Du mir hilfreich Hinweise. Sarahs Eltern hätten noch mehr dargestellt werden müssen, damit ihre fehlende Neugier klar wird, aber das hätte die Geschichte nur noch länger gemacht. Ich hatte schon überlegt, die Geschichte zu zerschneiden und aus den Teilen eigene Geschichten im Rahmen einer Serie (?) zu gestalten. Mal sehen.

tortitch
Ja, ich hatte auch den Eindruck, dass diese Geschichte ein zu lang geratenes Exposé zu einem Romanentwurf ist. Aber Romane sind nun so gar nicht meine Sache.

Lind
Freut mich, dass Dir der Weihnachtswichtel gefallen hat. Die Charlene ist da hineingekommen, als ich den ursprünglichen Schluss gestrichen hatte. Irgendwie hat sie sich verselbständigt und hereingeschlichen. Da ja dieser Teil bei mehreren auf nach unten zeigende Daumen stößt, muss ich mich näher damit befassen.

Ich danke euch allen für eure Korrekturen und vor allem für eure Vorschläge, die Geschichte zu straffen und manches zu streichen. Ich werde mich mit der Geschichte beschäftigen, aber so wie es momentan aussieht, werde ich bis zum Abgabeschluss kaum dazu kommen. Aber das macht nichts. Mir hat es einfach viel Spaß gebracht, an einem Wettbewerb teilzunehmen,

Liebe Grüße

Jobär

 
Zuletzt bearbeitet:

Puh, 14 Seiten Manuskript erfordern Sitzfleisch und Konzentration,

lieber jobär,

und ich muss zugeben, dass ich auf dem Weg zur Lösung hoffte, dass Wolfgang Schmidbauer endlich ins Geschehen der Grenzgänger der x und y Generation Burger, Fisher und co. eingriffe.

Der Text kommt mir gelegentlich vor wie eine ausufernd soziale Studie Bobby Burger und das Werden einer vaterrechtlich organisierten Großfamilie, die – ob freiwillig und gewollt oder eher zufällig - feudale Züge annimmt, wenn das Gesinde, pardon, Hauspersonal in den Kreis der Familie aufgenommen wird. Letztgenanntes weist dann darauf hin, dass Familie mehr ist, als was Blutsverwandtschaft allein geben kann – Solidarität/Nächstenliebe und ein verschwiegener Vertrag, der nicht umsonst auf das Verb „vertragen“ zurückgeht und die Nähe zum „ertragen“ (in all seiner Vieldeutigkeit hier angewendet werden kann).

Eine skurrile Idee find ich die Geschichte des Weihnachtsmannes, die ich als Rache, pardon, Sühne des Pilatus interpretieren möchte

„… Vor vielen Jahren war ich der verantwortliche Beamte einer unbedeutenden Provinz. ....“

Bei der Länge des Textes bleibt nicht aus, dass immer wieder Flusen gefunden werden bzw. Flüchtigkeiten zu beseitigen sind (in der Reihenfolge ihres Auftritts, dass die Stellen leichter gefunden werden), dass ich nicht garantieren kann, dass das Problem nun gelöst sei:

„Bevor wir das Buffet eröffnen, möchte ich Ihnen noch diese junge Dame vorstellen, die sie gewiss schon gesehen haben. Sie wissen wahrscheinlich auch, dass Angela Informatik am MIT studiert, aber eine Information ist ihnen bisher nicht bekannt.“
Hier wäre die einmal gewählte (Ihnen) Höflichkeitsform durchzuhalten („die Sie gewiss …/// ist Ihnen bisher ...“)

Robert und Angela hielten sich an ihre Listen und führten eine ruhige[,] mit wenigen Gefühlen beladene Ehe.
(Komma zwischen gleichrangigen Eigenschaften/Adjektiven; kommt öfters vor)

Vor allem Angela pendelte zwischen der Uni und ihrem gemeinsamen Zuhause. Dort entwickelten sie gemeinsam Softwareprogramme und installierten sie bei ihren Kunden.
(warum zwomal „gemeinsam“, zwomal Possessivpronomen, wenn je einmal reichte, denn „ihr Zuhause“ kann als gemeinsam unterstellt werden, wie ja auch die Kunden beider Arbeit annehmen …) was wenige Zeilen später sich wiederholt
Nach Abschluss der Doktorarbeit zog Angela endgültig in ihr gemeinsames Haus, das sie zwischenzeitlich erworben hatten.
(da lässt sich doch gefahrlos aufgrund des Relativsatzes das Attribut des Hauses verkürzen auf das Possessivpronomen …)

Und dann mit der sehr förmlichen Krankenhausszene kommt Schwung auf, als die beiden Frauen sich duzen … und die Flut der Besitzansprüche in den Possessivpronomen mündet

Angela zog mit ihrer Tochter zu ihrem Vater und … Auch Sara[h] kam in ihrem Leben …
(Sara schrieb sich bis gerade mit h ..., ab hier bistu irgendwie auf der Flucht)

Sie hat aber eine andere Mutter als du, also ist sie tatsächlich deine Halbschwester“
(Punkt!)

Was ist das nur für ein Kotzbrocken von Vater?“
(Klingt das nicht eher wie ein erregter Ausruf?)

Jonny schwieg lieber. Robert schimpfte still vor sich hin ujnd überlegte, ...

Der Fitness-Bereich, der mehrere Räume umfasste, der Pferdestall, in dem bisher kein Pferd gestanden hatte[,] und zwei ebenso ungenutzten Gästebungalows sollten abgerissen werden wie auch der lange verwaiste Bürotrakt.
(Komma am Ende des Relativsatzes)

... flogen sie von San Francisco nach Arizona[,] um im Resort sieben hoffentlich wunderschöne Tage zu verbringen.
Robert hielt sich an die Anweisungen, bog ab und schon sah er ein großes[,] angestrahltes Schild ‚Santa Claus Resort‘ und ...

Die Traumerlebnisse liefen wie ein Film in seinem Kopf weiter und er fühlte sich benommen, Er hätte am liebsten weitergeschlafen, ...
(Komma, kleines er, Punkt großes ... Ähnlich im übernächsten Beispiel))

... grüne Stoffschuhe mit langen[,] hochgebogenen Spitzen.

Dennoch wollte er sie ausziehen, Nur wurde ihm schnell klar, dass …

„Nein, wir haben alle den gleichen Wunsch[...]“ , antworteten vier Stimmen im Chor.

„Ho, Ho, Ho[...//alternativ "!"]“[,] erwiderte Santa

Aber die Telefonnummer wiederholte nur „Kein Anschluss unter dieser Nummer“[.]

„Wo werden wir schlafen?“[,] murmelte Angelina.

Erstaunt stellte er fest, das er begann, sich auf den Einkauf zu freuen.

..., aber ich habe keine Ahnung, wie[...]viel Weihnachtsschmuck und so weiter wir benötigen.

Die beiden Kinder schauten erstaunt, während ihre Mütter versuchten, diesen unbekannten[,]entgegenkommenden und aufmerksamen Mann zu begreifen.

Die Weihnachtseinkäufe waren in diesem Augenblic[k] vergessen.

„Vielleicht sollten wir unser Haus ‚Twin[']s Home‘ nennen.“

Gleichwohl, gern gelesen vom

Friedel,
der noch schöne Tage wünscht!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey jobär,

oh je, Du Armer. Ich kann in der Geschichte richtig mitlesen, wie Du gelitten haben musst. Gelesen habe ich sie schon vor ein paar Tagen, jetzt komme ich dazu, Dir auch einen Kommentar zu schreiben. Ich habe so viel angemalt im Text, aber ich sehe davon ab, Dich damit zu erschlagen.

Der Plot ist natürlich ein Märchen. Ein kitschiges, rosarotes Familienmärchen. Samstagabendprgramm bei VOX oder RTL oder so und Hollywood würde aus der Idee sicher ein echtes Taschentuchdrama machen können (Werbung für Tempo und Merci und die neue Edeka Weihnachtswerbung dürften vor und während des Filmes nicht fehlen) mit leicht komischen Elementen, wenn er zum Wichtel wird.

Ich merk immer, wenn ein auktorialer Erzähler am Werk ist, wie fremd die einen geworden sind, weil sie ja in der Gegenwartsliteratur kaum noch anzutreffen sind. Da brauche ich immer eine Weile, um mich auf den einzulassen. Aber das ist ja mein subjektives Empfinden und hat nichts mit deiner Geschichte zu tun. Auch zu den Logiksachen wurde schon ein was gesagt, dass muss ich jetzt nicht wiederholen. Und weil ich mich für einen Schwerpunkt entscheiden muss, mach ich mal Streichvorschläge.

Roberts Urgroßeltern waren 1912 aus dem Erzgebirge nach Iowa ausgewandert. Als Robert 1975 geboren wurde, erhielt er die Vornamen seiner deutschstämmigen Vorväter, laut Geburtsurkunde hieß er Robert Heinrich Friedrich Bürger. Vermutlich hatte er auch Sturheit und Gründlichkeit von seinen Vorfahren geerbt. Als Sechsjähriger wollte er die Maisstauden in seinem kleinen Gärtchen unbedingt auf die gleiche Höhe zurechtstutzen. Seine Eltern fuhren daraufhin mit ihm zu einer Farm mit einem Maislabyrinth. Robert wandte sich sofort mit Feuereifer der Aufgabe zu, ein Labyrinth mit mehreren Ausgängen zu zeichnen. 1984 bekam er seinen ersten Computer geschenkt.

Streichen. Hier anfangen:

Auf dem Abschlussball der High-School nannte Robert F. Burger seine Lebensziele: Informatik studieren, nach Silicon Valley ziehen und viel Geld verdienen. In dieser Reihenfolge.

Robert F. Burger, wie er sich jetzt nannte, sog Informatik auf wie ein trockener Schwamm. Dieses Fachgebiet bestand erst seit dreißig Jahren und so gab es noch manches Neuland zu entdecken und neue Forschungszweige zu etablieren. Roberts Professor berief ihn in sein Team, das ihm beim Schreiben eines umfassenden Informatiklexikons zuarbeitete.

Streichen. Hier weiter:

Auf der Universtität lernte Robert Angela kennen. Beide schrieben in ihrer Freizeit maßgeschneiderte Programme für mittelständische Firmen. Schnell stellten sie fest, dass sie unterschiedliche Lösungsansätze und dadurch auch sehr verschiedene Programme entwickelten, die sich aber meistens in ihrer Effizienz kaum unterschieden. Sie arbeiteten zunehmend als Team und kamen oft zu überraschenden Ergebnissen, die übliche Lösungen an Geschwindigkeit und Einfachheit weit übertrafen und ihnen so einen stetig steigenden Verdienst einbrachten. Als sie an einem Freitag-Nachmittag an einer neuen Software für Getränkeautomaten bastelten und im bewährten Teamwork eine genial simple Lösung entwickelten, meinte Robert:
„Bald haben wir Examen. Lass uns anschließend zusammen bei Professor Fisher eine Doktorarbeit schreiben. Das wird sicher ein großer Wurf.“

Diese Vatergeschichte braucht es überhaupt gar nicht. Auch wirkt diese "Enthüllung" nicht wirklich überzeugend auf mich. Lass sie hier sagen, er ist mein Vater und gut ist. Enthüllungsszene kann weg, weil eh nicht glaubhaft.

Robert zeigte anderen Menschen gegenüber nie irgendwelche Gefühlsregungen und auch wenn er alleine war, ließ er nicht zu, von Emotionen gesteuert zu werden. Aber in dieser Nacht war er so aufgeregt, dass er kaum schlafen konnte. Angelas geschliffener Verstand und ihre kühle Sachlichkeit gefielen ihm, aber in den letzten Wochen waren ihm auch andere Vorzüge an ihr aufgefallen und diese ungewohnten Gedanken quälten ihn geradezu. Denn er hatte sich bisher nicht für Mädchen interessiert und sich auch noch nie verliebt. Er war gerne alleine oder mit Menschen zusammen, die ihn nicht störten. Partys und andere Events der Studenten waren ihm dagegen ein Graus. Aber Angela war so anders als die Mädchen, die er von der Uni kannte. Sie interessierte sich nicht für Mode oder Partys und andere Belanglosigkeiten. Vielleicht wirkte sie deshalb auf ihn so anziehend. Er wollte mehr an ihr entdecken, auch wenn er gar nicht wusste, was er zu finden hoffte.

Das geht auch alles so durcheinander und vor und zurück. Ich sortiere mal:

Robert zeigte anderen Menschen gegenüber nie irgendwelche Gefühlsregungen, zudem war er gern alleine. Partys und andere Events waren ihm ein Graus. Bisher hatte er sich nicht für Mädchen interessiert, sich noch nie verliebt. Doch Angelas geschliffener Verstand und ihre kühle Sachlichkeit gefielen ihm. Sie war anders als die Mädchen, die er von der Uni kannte. Robert wollte mehr über sie wissen, mehr an ihr entdecken, auch wenn er gar nicht wusste, was er zu finden hoffte. Diese ungewohnten Gedanken quälten ihn.

Und den nächsten Absatz befreie ich vom Überflüssigen:

Freitag Abend versammelte sich eine fröhliche Runde in der weitläufigen Wohnung von Professor Fisher.
Auch Angela fiel es schwer, Emotionen zuzulassen, aber sie auch sie interessierte für Robert und ahnte, dass sie sich einander öffnen mussten, um sich näher zu kommen. Sie hatte keine Erfahrungen im Umgang mit Jungen außerhalb der üblichen Universitätsatmosphäre. Aber sie nahm sich vor, aus den objektiven Fachgesprächen etwas persönlicheres werden zu lassen. Robert machte wider Erwarten begeistert mit. Und nachdem sie begonnen hatten, sich gegenseitig zu erkunden, beschlossen sie, vor weiterführenden Experimenten abzuklären, ob sie sich auf eine gemeinsame Reise begeben wollten und wohin sie dann führen sollte. Nachdem sie einige Listen erstellt und ausdiskutiert hatten, beschlossen sie, zu heiraten. Dabei waren beiden die ungewohnten erotisch aufgeladenen Gefühle eher unangenehm, aber vor allem Robert hoffte, eine enge Bindung mit Angela würde auch ihre Zusammenarbeit vor Dritten schützen.

Und jetzt haste paar Zeilen gewonnen, um die beiden etwas mehr im show zu zeigen. Denn bisher spielt sich ja alles im tell-Bereich ab. Und werde mal bei den Verben etwas mutiger. Die sind alle so brav, so gleich, so langweilig oder sperrig: werden zu lassen - das ist doch nicht schön, so was. Und variiere mal die in der Satzstellung, nicht immer SPO. Nicht immer muss der Satz mit Er/Sie/Robert oder Angela beginnen ;).

Wenn Du jetzt das Kursive mit ein bisschen show auffüllst und auch die Übergänge etwas glättest, wäre wirklich viel erreicht fürs Erste und dann eben weiter durch den Text. Verdammt viel Arbeit. Oder doch einen Roman draus machen - noch mehr Arbeit :D.

Ich weiß, es ist jetzt Hardcorerotstift - aber es zeigt vielleicht deutlich, wie viel man wirklich entbehren könnte. Ich schreib ganz bewusst: könnte, denn am Ende bist Du der Herr und Meister.

Ich wünsche Dir ein wunderbares Weihnachten und einen guten Rutsch, in ein hoffentlich tolles 2016.

Liebe Grüße, Fliege

 

Friedrichard und Fliege

Vielen Dank für eure Kommentare. Beide haben mir geholfen, mich wieder dem Text zuzwenden und die weihnachtliche Kettensäge anzulegen. Ich wollte eigentlich ohne Laptop verreisen, aber ich merke, ich sollte ihn doch mitnehmen und ein wenig Zeit in dieses Werk investieren.

Auf Einzelheiten werde ich noch eingehen.

Liebe Grüße

Jobär

 

Lieber Jobär

Ich konzentriere mich auf die Machart des Textes. Die Geschichte war mir gleichzeitig zu viel und zu wenig. Zu viel, weil du sehr viele Ideen, Informationen präsentierst. Zu wenig, weil mir konkrete Bilder, Szenen, Stimmungen etwas gefehlt haben. Ich versuche das mal am Verhältnis von Erzählung und Dialog zu verdeutlichen. Du hast einen auktorialen Erzähler. Daher kannst du sehr viele Informationen einfach so präsentieren und davon machst du auch Gebrauch. Du hast aber auch viele Dialoge. Mir scheint, das wäre eine gute Gelegenheit, die Figuren in Aktion zu zeigen, Stimmungen und Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Aber die Dialoge sind - zumindest am Anfang der Geschichte - häufig ebenfalls dazu da, Informationen zu transportieren. Zwei Beispiele:

„Warum denn nicht? Du studierst zwar am MIT und bist jetzt nur zu einem Forschungssemester in Stanford, aber du kannst doch sicher noch die Uni wechseln. Wir können genug Geld verdienen, so dass du kein Stipendium mehr benötigst.“

„Du bist doch von deiner Familie einen gehobenen Lebensstil gewohnt. Aber so zu leben, kostet Geld, viel Geld. Und bis eine Software Geld einspielt, können Monate und Jahre vergehen. Aber das weißt du doch selber sehr gut, also warum streiten?“

In der zweiten Dialogpassage ertrinkt das, was du zeigen möchtest, (das Verhältnis der Figuren, die mehr oder weniger unterschwelligen Vorwürfe) in der Fülle der Information. Die Figuren übernehmen zu einem grossen Teil den Part des Erzählers. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, hier anders zu gewichten und die (übriggebliebenen) Informationen stärker dem Erzähler zu überlassen und die Dialoge so zu entschlacken.

Ich hoffe, das ist hilfreich, nur so eine Idee, wo du bei der Überarbeitung ansetzen könntest. Und ich hoffe sehr, dass du auch mit Laptop im Gepäck eine erholsame und bereichernde Reise erlebst!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Lieber Peeperkorn,

ich danke Dir sehr für Deinen Kommentar. Ich sehe jetzt Möglichkeiten zum Eingreifen.

Liebe Grüße - in leichter Hektik

Jobär

 

Hallo jobär

die Geschichte ist schon verdammt lang und ehrlich gesagt bin ich zeitweise ausgestiegen, weil sie mir zu langatmig vorkam und ich die Figurenführung nicht nachvollziehen konnte. Also: erst findet sich ein Pärchen, das Gefühle verleugnet, ja lästig findet, heiratet und bekommt ein Kind. Plötzlich wird sie von Gefühlen überwältigt und er sucht sich eine Geliebte. Die innere Entwicklung der Figuren ist für mich nicht nachvollziehbar, was man aber bei solch einer langen Geschichte erwarten darf.

Stattdessen reihst du Handlungsstrang an Handlungsstrang. So geht es fort und so fort. Sie trennen sich und die Patchwork-Familie findet durch den Weihnachtsmann wieder zusammen. (wobei das mit dem Weihnachtswichtel echt lustig ist), doch die Figuren bleiben blass.

Ich hab's jetzt nicht ungern gelesen, müsste aber wirklich um die Hälfte gekürzt werden, vielleicht insgesamt reduziert auf die Weihnachtswichtel-Geschichte und auf die Charaktere.

Ein paar Ausschnitte aus dem Text:

Roberts Urgroßeltern waren 1912 aus dem Erzgebirge nach Iowa ausgewandert. Als Robert 1975 geboren wurde, erhielt er die Vornamen seiner deutschstämmigen Vorväter, laut Geburtsurkunde hieß er Robert Heinrich Friedrich Bürger.
gähn: so komme ich nicht in die Geschichte, werde mit Infos beschossen...

Denn er hatte sich bisher nicht für Mädchen interessiert und sich auch noch nie verliebt. Er war gerne alleine oder mit Menschen zusammen, die ihn nicht störten. Partys und andere Events der Studenten waren ihm dagegen ein Graus. Aber Angela war so anders als die Mädchen, die er von der Uni kannte. Sie interessierte sich nicht für Mode oder Partys und andere Belanglosigkeiten. Vielleicht wirkte sie deshalb auf ihn so anziehend. Er wollte mehr an ihr entdecken, auch wenn er gar nicht wusste, was er zu finden hoffte.
wie zeigt sich das? wieder eine aneinanderreihung von infos...

Sie versuchte, ihn näher an sich zu ziehen und erlebte, dass gelegentliche Ausflüge in die dunkle und geheimnisvolle Welt der Sexualität Folgen zeitigen konnten: Sie erwartete ein Kind. Angela war überglücklich und brauchte einige Tage, bis ihr aufging, dass Robert gar nicht so begeistert über den erwarteten Nachwuchs zu sein schien.
hä? ist das kind gar nicht von ihm?

Sarah lief dunkelrot an. Dann stotterte sie: „Ja. Robert ist der Vater meines Sohnes Robert. Bitte glaube mir, er hat mir nie gestanden, dass er verheiratet ist.“
bisschen viel zufall...

In diesem Jahr zog Robert Senior nach den Sommerferien aus seiner weitläufigen Villa im Silicon Valley in seine neue Ferienwohnung in den Bergen bei San Antonio. Er wollte im Beruf kürzer treten und hoffte, hier mehr Ruhe zu finden. Die beiden Kinder kamen jetzt gemeinsam am ersten Sonntag im Monat zu Besuch.
okay: er heiratet, seine firma läuft und schon nach etwa 10 jahren oder noch weniger will er sich zurückziehen, echt? (denn länger kann es eigentlich nicht sein)

Danach beginnt die Weihnachtsmann-Geschichte...

Soweit ein paar Anmerkungen
Frohe Weihnachten für dich und
viele Grüße
Isegrims

 

Lieber Isegrims,

müsste aber wirklich um die Hälfte gekürzt werden,
nun, ich habe die Weihnachtstage genutzt, nicht den Tannebaum, sondern meine Geschichte mit Axt und Säge zu bearbeiten. Dabei ist einiges abgehauen worden und die geschichte ist nun halb so lang. Ich hoffe vor allem, dass sie besser zu lesen ist.

Liebe Grüße

Jobär

 

Lieber jobär,

das war bestimmt schwer, soviel Ballast abzuwerfen ... Hat sich in meinen Augen aber sehr gelohnt! Das ist jetzt eine Geschichte, die sich nicht in Nebenschauplätze verliert. Und wenn mir das zum Ende hin auch den Prots zu leicht und unproblematisch gelingt, die Umorientierung auf Großfamilie, so gefällt mir deine Story doch jetzt insgesamt sehr gut.

Ein gutes Hinübersegeln in 2016 wünscht

Eva

 

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