In Ewigkeit Amen
In einer katholischen Kirche, in der gerade ein Gottesdienst stattfand sollten sich Jugendliche
vorne beim Priester einfinden, um das Abendmahl in Empfang zu nehmen.
Ich war damals mit den Bräuchen nicht so vertraut und hatte schon ein mulmiges Gefühl mit
vorzugehen, da ich wusste, dass man das Abendmahl nicht einfach so nehmen durfte. Aber allein
in den Bänken zurückzubleiben, war mir auch zu gefährlich. Jeder hätte gewusst, dass ich gar
nicht dazugehöre. Also schritt ich mit meiner Freundin mutig vor zum Altar - konnte ja nichts
passieren.
Dort standen wir jetzt in einer langen Reihe. Der Priester begann ganz am hinteren Ende. Er
murmelte etwas, die Jugendlichen antworteten und bekamen eine Oblate. Ich gab mir grösste
Mühe zu verstehen, was er sagte, um auf keinen Fall als schwarzes Schaf erwischt zu werden.
Der Priester kam näher und näher, murmelte, das Kind antwortete etwas und es bekam eine
Oblate. Aber ich verstand einfach das Gesagte nicht. Ich wurde langsam nervös. Behutsam nahm
der Priester wieder eine Oblate aus der Schale und murmelte für mich völlig unverständlich etwas
vor sich hin. Kurz bevor ich an der Reihe war, glaubte ich es entschlüsselt zu haben.
Die Frage musste lauten "Wie alt biste" und das Kind antwortete "Neun".
Ja klar, das war ja auch logisch, weil man erst ab einem gewissen Alter das Abendmahl bekam.
Ich war also an der Reihe, der Priester stellte mir die Frage und ich antwortete:
"Dreizehn".
Versteinert blickte er mich an. Hätte ich vielleicht "Neun" sagen sollen?
Der Priester wanderte - immer noch mich eindringlich musternd - zu meiner Freundin weiter. Und
jetzt verstand ich auch, dass es gar keine Frage war. Es war ganz deutlich zu verstehen. Der
Priester sagte "Der Leib Christi" und meine Freundin antwortete : "Amen"
Die Kinder neben mir krümmten sich, bei dem Versuch, nicht in lautes Gelächter auszubrechen.
Ich lief rot an und passte somit farblich ganz gut zu dem Teppich vor dem Altar.
Mir war das ganze furchtbar peinlich und langsam bekam ich es auch mit der Angst zu tun, dass
ich da etwas ganz Schlimmes angerichtet hatte. Aber - ich hatte es hinter mir. Gott sei Dank.
Dies sollte sich allerdings als Irrtum herausstellen.
Am Ende der Reihe angekommen, begann ein neue Zeremonie. Der Priester nahm einen Kelch,
murmelte etwas, die Kinder antworteten und jeder durfte einen Schluck trinken.
Meine Kniee wurden weich.
Wieder versuchte ich angestrengt das Gesagte zu entschlüsseln. Und wieder versagte mein
Gehör. Mir tief in die Augen blickend und immer noch mit einem komplett versteinerten Gesicht
kam der Priester auf mich zu und ich verstand anstelle
"In Ewigkeit Amen"
- für mich völlig einleuchtend -
"Deinen Namen".
Klar er wollte rauskriegen, wie die Leute heissen, die hier nicht dazugehören. Ich gab auf und
sagte klar und deutlich
"Günther", nahm den Kelch und trank einen Schluck. Es war Apfelsaft.
Als ich den Kelch absetzte und den Blick wieder frei bekam, durchbohrten mich die Augen des
Priesters wie Laserstrahlen. In meinem Umfeld gluckste und prustete es, ohne das wirkliches
Gelächter aufkam.
Es war wie ein Vulkan, der jeden Moment hochgehen konnte. Nur der Priester sass wie ein Fels
auf dieser hochexplosiven Magmakammer und kontrollierte die Gesichtszüge der teilnehmenden
Menge.
Wir durften uns wieder auf die Bänke setzen. Eine Erlösung war dies allerdings nicht, da wir uns
permanent zum Lachen animierten. Ein Blick genügte und es ging wieder los.
Es dauerte lange, bis ich mich wieder einmal in eine Kirche getraut habe und ich hoffe, das man
mir da oben verziehen hat.