In Deutschland gibt es keinen Krieg
In Deutschland gibt es keinen Krieg
I.
Der Junge lehnt sich gegen die Hauswand und blickt den vorbei treibenden Wolken nach. „Bumm, bumm“, flüstert er und hält sich die Ohren zu.
Aber vom Himmel fallen keine Bomben.
II.
„In Deutschland gibt es keinen Krieg“, hatte ihm die Mutter vor der Ausreise erzählt, doch er glaubt ihr nicht mehr.
Warum ist er jeden Tag so traurig, wenn hier Frieden sein soll?
III.
Wenn der Junge am Horizont ein Flugzeug entdeckt, läuft er in den Keller. Hier in der Fremde erzittert der Boden nicht mehr unter seinen Füßen. Trotzdem wartet er immer einige Minuten, bevor er wieder ins Freie geht.
IV.
Der Junge schaut den auf der Wiese spielenden Kindern zu. An einige seiner eigenen Spiele kann er sich erinnern, aber nicht mehr an die Gesichter seiner Freunde.
V.
Auf der Straße halten ihn zwei junge Männer fest. Einer drückt seinen Zeigefinger gegen die Schläfe des Jungen und ruft: „Peng!“ Sie lachen, als er schreiend davon läuft.
VI.
Manchmal träumt der Junge von grasenden Schafen und Wiesen mit wildem Klatschmohn. Am Ende seines Traumes erscheint immer wieder der gleiche Soldat mit gezückter Waffe. Dann wacht er weinend auf.
VII.
Einmal sieht der Junge ein Mädchen, das allein mit ihrem Ball im Hof spielt. Der Junge geht zu ihr und sagt: „Ich möchte mit dir spielen!“
Das Mädchen zuckt nur mit den Schultern.
VIII.
„In Deutschland gibt es keinen Krieg“, hatte ihm die Mutter vor der Ausreise erzählt, doch er glaubt ihr nicht mehr.
Warum muss er jeden Tag Angst haben, wenn hier Frieden sein soll?
IX.
In der Nacht spiegeln sich rote Flammen auf dem Fensterglas. Als der Junge aus dem Fenster schaut, sieht er das brennende Haus auf der anderen Straßenseite.
Die Mutter hat die Wohnungstür abgeschlossen, so kann er nicht in den Keller laufen.
X.
Vor dem brennenden Haus stehen johlende und kreischende Menschen. Ihre Sprache ist ihm so unverständlich wie das Gebrüll der fremden Soldaten in seiner Heimat.
XI.
Die Mutter sagt: „Du darfst nicht mehr allein auf die Straße gehen. Es ist zu gefährlich.“ Der Junge spielt den ganzen Tag in der Wohnung und fürchtet, Männer in Uniform könnten ihn holen.
XII.
„In Deutschland gibt es keinen Krieg“, hatte ihm die Mutter vor der Ausreise erzählt, doch er glaubt ihr nicht mehr.
Warum muss er sich verstecken, wenn hier Frieden sein soll?
XIII.
Der Junge lehnt sich gegen die Hauswand und blickt den vorbei treibenden Wolken nach. „Bumm, bumm“, schreit er und hält sich die Ohren zu...