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In der Fremde

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09.01.2019
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In der Fremde

Manche Leute pfeifen durch die Nase, wenn sie schlafen. Es ist kein Schnarchen, aber ähnlich unangenehm zu ertragen.
Ich pfiff nicht durch die Nase. Der Herr neben mir schon.
Ein leichtes Zucken seiner Nüstern, das bald in ein nervöses Flattern überging, verriet den nächsten Pfiff immer schon im Voraus.
Ich kannte ihn nicht. Und er mich nicht. Aber wir hatten diese Reise gemeinsam.
Dieses eine Ereignis in unserer beider Leben verband uns. Kurz hatten wir uns unterhalten, ich hatte ihm von meiner kleinen Jause ein Stück abgeben. Ich sprach seine Sprache nicht, er meine nicht und dazu noch sehr gebrochenes Englisch.
Ich schloss die Augen, versuchte noch einmal mich den Wogen der Straße hinzugeben. Das Pfeifen hatte mich bisher daran gehindert. Wie eine nervtötende Rückkopplung verfolgte es mich bis in die diffusen Träumereien meines Halbschlafs.
Dann war das Pfeifen fort. Ich schlug die Augen auf.
Der Mann, mein Reisegefährte dessen Namen ich nicht kannte, stand im Mittelgang des Busses und werkte an der Gepäckablage über mir herum.
Niemand außer uns war mehr im Bus. Das fiel mir erst jetzt auf.
Hatte ich geschlafen? Hatte das störende, aber doch monotone Pfeifen aus der Nase des Herrn neben mir mich bis in den Schlaf verfolgt, hatte ich es die meiste Zeit über nur geträumt ohne es tatsächlich zu hören?
Ich streckte mich. Eine harte Bremsung. Der Bus hielt.
Der Herr, den ich als meinen Gefährten erachtet hatte, mit dem ich meine Mahlzeit geteilt hatte und mit dem ich mich gut unterhalten hatte, trotz seines schlechten Englischs, das ich gelobt hatte um nett zu wirken, zog einen Koffer aus der Gepäckablage.
Meinen Koffer. Ich wollte den Irrtum schnell aufklären. Die Verwechslung richtigstellen.
Aber der Mann mit der pfeifenden Nase riss den Koffer schnell herum, als er bemerkte, dass ich die Augen aufgeschlagen hatte und rannte zur Tür.
Ich sprang auf. Hechtete hinterher, drei Meter bis zur Tür. Sprang aus dem Bus.
Ein Motor heulte knatternd auf und der Mann mit der pfeifenden Nase hastete auf den Rücksitz des Mopeds, das an der Haltestelle parkte, meinen Koffer fest umklammert.
Ich schrie. Schrie ihnen nach sie sollten zurückkommen. Dann fluchte ich, auf alles das mir einfiel. Der Bus war schon wieder abgefahren. Auch darauf fluchte ich.
Dann schlug ich die Augen auf.
Der Herr neben mir rüttelte sanft an meinem Arm.
Er erklärte mir in seinem schlechten Englisch, dass er neben mir nicht schlafen könne.
Ich pfeife im Schlaf.

 

Hi @ziegy_stardust :xmas:

Trotz der Kürze der Geschichte rasant und wendungsreich. Besonders das Ende hat mir gefallen.

Hallo @UntalentedWriter

Warum hat es dir gefallen?
So DaumenHochKommentare helfen nicht weiter.
Schau dich mal im Forum um, wie andere Kommentatoren Texte analysieren.
Was würdest du selbst mit einer solchen Antwort unter deinen Texten anfangen können? Inwieweit würdest du daraus etwas lernen, etwas Brauchbares mitnehmen?

Gruß, GoMusic

 

Hallo @UntalentedWriter

Warum hat es dir gefallen?
So DaumenHochKommentare helfen nicht weiter.
Schau dich mal im Forum um, wie andere Kommentatoren Texte analysieren.
Was würdest du selbst mit einer solchen Antwort unter deinen Texten anfangen können? Inwieweit würdest du daraus etwas lernen, etwas Brauchbares mitnehmen?

Gruß, GoMusic

Hi @GoMusic

Ja hast Recht, werde in Zukunft mehr ins Detail gehen.

 

Danke für deine Rückmeldung, ich werde mir deine Kritik zu Herzen nehmen!

Na ja, und wenn er nicht gestorben ist, dann pfeift er vermutlich weiter in seinem Schlaf. Die Ironie darin ist eigentlich schon gut beschrieben, lieber @ziegy_stardust, aber ansonsten ist das für mich nicht mehr als ein kleiner Witz mit einer Pointe, die funktioniert, aber solange ich noch das hier schreiben. Sorry, aber das ist echt kurz und na ja … nicht wirklich toll und es fehlt einfach alles, was eine Kurzgeschichte ausmacht.
Tja, du hast recht. Es ist weniger eine Kurzgeschichte als eine Anekdote, allerdings gibt es hier leider kein eigenes Forum für literarische Anekdoten, daher dachte ich, ich versuche hier mein Glück:D.
Wie du ja selbst schreibst funktioniert die Pointe, daher betrachte ich es mal als positive Wertung für eine Anekdote. Wenn dir etwas abseits der literarischen Gattung daran nicht gefallen hat, würde ich gerne wissen woran das liegt, immerhin will ich mich ja verbessern.

Gruß,
ziegy

 

Hey ziegy_stardust,

und Herzlich Willkommen bei uns!

Ja, klein aber (fast) fein, schnell gelesen und auch bald wieder vergessen. An dem Text ist ja nix, woran man sich jetzt abarbeiten könnte, den liest man, lächelt gegen Ende, und gut ist. Der will unterhalten, das hat er getan, inhaltlich kann man da jetzt nicht so viel zu sagen. Also guck ich mal bisschen auf die Sprache. Als erstes frage ich mich, warum hier fast jeder Satz eine eigene Zeile beansprucht, ergibt für mich überhaupt keinen Sinn.

Hatte ich geschlafen? Hatte das störende, aber doch monotone Pfeifen aus der Nase des Herrn neben mir mich bis in den Schlaf verfolgt, hatte ich es die meiste Zeit über nur geträumt ohne es tatsächlich zu hören?

Hatte ist jetzt nicht so ein schönes Wort, als dass man es so oft wie möglich im Text unterbringen muss. Und da fängt kreativer Umgang mit Sprache an, wie komme ich aus der "hatte" Kiste raus? Sätze umstellen? Anders verbinden? Vielleicht generell die Zeitform ändern? Möglichkeiten gäbe es da einige.

Der Herr, den ich als meinen Gefährten erachtet hatte, mit dem ich meine Mahlzeit geteilt hatte und mit dem ich mich gut unterhalten hatte, trotz seines schlechten Englischs, das ich gelobt hatte KOMMA um nett zu wirken, zog einen Koffer aus der Gepäckablage.

Hab hier weiterhin viel Freude!
Beste Grüße, Fliege

 

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