In der alten Frau
Eine alte Frau sitzt auf der Veranda und strickt einen Schal aus roter Schurwolle. Sie konzentriert sich mit gerunzelter Stirn ganz auf ihre Arbeit. Sie hat keine Ahnung was gerade passiert. Wobei es wiederum auch nicht unbedingt wissenswert oder wichtig ist, was gerade passiert. Nichts würde sich dadurch ändern. Ich zoome an das Gesicht der alten Frau. Es ist über und über mit tiefen Falten und Furchen versehen. Ich zoome noch näher heran. Jetzt kann ich jede einzelne Pore von ihr wahrnehmen, als wäre es ein schwarzes Loch, in das ich hineingesogen werde. Noch näher. Auf ihrer Haut zwischen den einzelnen Poren erkennt man noch kleinere Falten, ganz fein und dünn, wie ein weit verzweigter Fluss bahnen sie sich ihren Weg über die Haut. Bald kann ich die einzelnen Hautzellen erkennen, hier erinnert nichts mehr an die alte Frau auf der Veranda mit der roten Schurwolle. Ich höre Stimmen, die aus der Haut zu kommen scheinen. Ich zoome noch ein ganzes Stück näher heran und die Stimmen werden lauter. Bald bin ich auf atomarer Ebene. Ich steige hinein in die Haut der alten Frau und falle einige Meter weit auf einen harten Grund. Ich öffne die Augen und bemerke, dass ich mich auf einem Felsen mittenim Meer befinde und richte die Augen gen Horizont, wo sich endlose Weite vor meinen armen Menschenaugen erstreckt. Ich befinde mich auf einem Planeten in einem Universum in einem Atom in einer Zelle in der Haut der alten Frau. Auf einmal ist alles so klar.