Immer wieder
Er wollte es nicht tun. Er hatte die Beherrschung verloren, aber er wollte es nicht tun.
Er griff die Fernbedienung und schaltete den Apparat aus, mit dem er versucht hatte sich abzulenken.
Wo sie wohl jetzt waren?
Sie wird wiederkommen, sie alle, sie wird nicht weggehen. Nein, niemals! Niemals!
Unruhig ging er im Zimmer auf und ab.
Er liebte sie, er brauchte sie, sie alle, aber es passierte trotzdem.
Es passierte trotzdem immer wieder.
Sie fingen dann an zu Weinen und er sah die Tränen in ihren Augen.
Dann wurde er wütend und dann passierte es wieder.
Es hat nie lange gedauert, es gescah blitzschnell.
Dann die Schreie, das Kreischen, die Angst, die Enttäuschung.
Sie rannten dann jedesmal in panischer Angst nach oben.
Er rannte hinterher, doch er kam zu spät, die Tür war bereits verschlossen.
Das machte ihn wütend, er wollte das nicht, wirklich, aber es machte ihn trotzdem wütend und dann trat er gegen die Tür, er schimpfte, fluchte und schrie.
Er hörte das Wimmern hinter der Tür und das Weinen.
Trotzdem trat er weiter gegen die Tür.
Doch das nutzte nichts, sie kamen erst am nächsten Tag wieder heraus.
Er versprach ihnen dann, das es nie wieder passieren würde und war ganz besonders nett und aufmerksam.
Aber es passierte trotzdem immer wieder.
Doch er weigerte sich irgendetwas dagegen zu unternehmen, er würde es alleine schaffen.
Er lief in die Küche.
Wo war er, wo hatte sie ihn versteckt?
Die verschwitzten Haare klebten ihm an der Stirn und sein unrasiertes Gesicht war krebsrot als er ihn endlich gefunden hatte.
Sie hatte ihn gut versteckt, aber er hatte ihn gefunden.
Ein dünnes Lächeln glitt ihm über den Mund als er mit zittrigen, verschwitzten Händen den Verschluss der Flasche aufdrehte.
Erst als er die gesamte Flüssigkeit vom Flaschenkopf direkt in den MUnd geleert hatte, ging es ihm ein wenig besser.
Aber er musste wissen wo sie waren.
Als es wieder passiert ist, sind sie einfach weg gewesen, nachdem er vom Kiosk zurückgekommen war.
Er hatte sie gesucht.
Er hatte geschrien, getobt und randaliert, aber sie kamen trotzdem nicht, auch nicht am nächsten MOrgen.
Aber jetzt musste er endlich wissen wo sie waren.
Er rannte nach oben, er wusste wo sie in ihrem kleinen Nachtschränkchen das Geheimfach hatte.
Er würde es öffnen.
Mit einem Blick sah er das Kärtchen, das Kärtchen mit der Adresse.
Die Adresse von einem Frauenhaus.
Er wurde wieder sehr wütend und er warf das Schränkchen um und trat dagegen.
Sehr lange und verzweifelt und wütend, ja vor allem wütend.
Nein, das konnte sie nicht mit ihm machen, das durfte sie nicht, das würde er nicht zulassen.
Er rannte wieder nach unten und griff nach den Wagenschlüssel.
Ob er das Risiko, sich in seinem Zustand ans Steuer zu setzen eingehen sollte?
Doch da hatte er schon den Zündschlüssel umgedreht und der Motor heulte auf.
Er fuhr schnell, zu schnell.
Aber zu dieser Zeit war ja keiner mehr auf der Straße.
Es ging alles gut.
Endlich war er da.
Er schaute sich suchend um, da fand er den Klingelknopf, er drückte ihn, er drückte ihn lange und kräftig.
Die Frau die ihm öffnete schien im ersten Augenblick erschrocken, aber sie wollte ihn nicht zu ihnen lassen.
Und dann tat er es wieder, das was er eigentlich nie gewollt hatte.
Er holte aus und schlug sie, mitten ins Gesicht.
Schon zehn Minuten später waren die Polizisten da, er wollte wegrennen, doch sie hielten ihn fest und nahmen ihn mit.
Fünf Stunden später verließ er das Polizeirevier.
Er sah seinen Wagen.
Der Beamte begleitete ihn hinaus.
Er setzte sich ins Auto.
"Haben sie gehört was ihre Frau gesagt hat und was passieren wird wenn sie sich nicht an das halten was wir ihnen gesagt haben."
Er antwortete nicht.
Er drehte den Zündschlüssel um und fuhr los.
Sie hatte auf dem Revier angerufen und er hatte mit ihr gesprochen.
Nun lenkte er den Wagen in eine felsige abschüßige Gebirgsgegend ein.
Er hatte sie angefleht zurückzukommen.
Es war nicht leicht den schmalen Gebirgsweg zu befahren.
Er hatte ihr versprochen es nie wieder zu tun, doch sie hörte ihm gar nicht zu.
Nun erreichte er die schmalste Stelle des Gebirgswegs.
Auch alles andere was sie noch sagte ging ihm durch den Kopf.
Jetzt war er nur noch 600 Meter von dem Abhang entfernt, von dem Abhang in dem dieser Weg mündete und der 50 Meter steil nach unten in eine Felsengruppe führte.
Jetzt fuhr er langsamer, er war nur noch 300 Meter entfernt.
Er hielt nochmal inne und in Gedanken spielte sich das ganze Telefonat nocheinmal ab.
Er schloss die Augen und seine Hände hielten verkrampft das Lenkrad umschlungen.
Gab es wirklich keine Hoffnung mehr für ihn?
Hatte der Polizist ihm nicht Hilfe angeboten?
Hatte er nicht gesagt, das man ihm helfen könne, wenn er nur wollte?
Doch jetzt war es zu spät, es gab keine Hilfe mehr für ihn.
Niemand kann mir helfen.
Er hatte es einfach immer wieder getan.
Er wollte es nicht, wirklich, aber er hatte es trotzdem immer wieder getan.
Nein, es gab keine Hilfe für ihn, er würde es trotzdem immer wieder tun.
Es war zu spät, alles war zu spät.
Es gibt keine Hilfe
Für einen kurzen AUgenblick öffnete er nochmal die Augen und sah das er nur noch 100 Meter vom Abgrund entfernt war.
Es gibt keine Hilfe
Er schloss die Augen wieder.
Es gibt keine Hilfe
Der Schweiß rann ihm aus allen Poren.
Es gibt keine Hilfe
Sein Herzschlag beschleunigte sich.
Es gibt keine Hilfe
Er spürte wie er am ganzen Leib zitterte.
Es gibt keine Hilfe
Dann trat er auf das Gaspedal.