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Immer weiter, bis zum Ende

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Immer weiter, bis zum Ende

Es knarrte. Verdammt, es knarrte. Ich hätte schwören können, daß er gesagt hat, die Treppe wird keinen Laut von sich geben. Eine Falle? Ich erstarrte in meiner Bewegung, wartete und lauschte. Es rührte sich nichts. Glück gehabt.

Und weiter. Eine Stufe nach der anderen, langsam näherte ich mich dem ersten Treppenabsatz, die erste kritische Stelle: hier konnte man mich vom Wohnzimmer aus sehen. Aber nur, wenn man auf dem Sofa vor dem Kamin saß, und genau in meine Richtung sah. Es war höchst unwahrscheinlich, dass ausgerechnet dort jemand sitzt und in diese Richtung sieht. Außerdem hatte er mir gesagt, dass die Tür zum Wohnzimmer geschlossen sein wird. Aber schon die Aussage, dass die Treppe nicht knarren würde, war falsch. Oder er war seit langer Zeit nicht mehr hier gewesen. Auch das war möglich. So genau kannte ich ihn nicht.

Und weiter. Zum Glück war die Treppe mit einem Teppich ausgelegt. Dennoch bewegte ich mich nun sehr vorsichtig, jedes Mal, wenn ich einen Fuß aufsetzte, dauerte es fast zwei Sekunden, bis die gesamte Sohle meines Fußes den Boden berührte. Ruhig aber stetig näherte ich mich dem Ende der Treppe. Es waren nun nur noch wenige Meter bis zur Tür des Raucherzimmers. Langsam überquerte ich den Flur bis zur Tür des Raucherzimmer. Ein klassisches Raucherzimmer, wie es sie häufig in alten Herrenhäusern im Englischen Stil gibt. Tatsächlich saß dort jemand, und rauchte. In einem Ledersessel vor dem Kamin. Ganz wie er es mir beschrieben hatte. Der Mann saß da, und hatte mich anscheinend wirklich nicht gehört, obwohl die Treppe geknarrt hat. Aber vielleicht hatte es keine Bedeutung für ihn gehabt, dass die Treppe knarrte, weil er daran gewöhnt war? Oder vielleicht erwartete er es einfach? Vielleicht erwartete er mich bereits? Obwohl ich zwei Tage zu früh erschienen war? Nicht so wichtig jetzt, ich hatte einen Auftrag.

Also weiter. Jetzt bloß nicht weich werden. Es graute mir etwas, ausgerechnet ihn zu töten, geraden jemanden wie ihn. Aber ich habe den Auftrag angenommen. Ich war meinem Auftraggeber verpflichtet, also konnte ihn nicht ablehnen. Auch wenn ich den Sinn nicht verstanden habe, aber mein Auftraggeber hatte es mir auch nicht wirklich erklären wollen. Alles was er sagte war, dass ich es irgendwann verstehen werde. Aber gerade in diesem Moment wollte es mir nicht klar werden, wo ich ihn das sitzen sah, Pfeife rauchend, und ich zögerte ein wenig, als ich mein Messer zog.

Und dennoch: weiter. Ich zog das Messer und näherte mich bis auf wenige Meter, ohne dass er etwas merkte. Oder zu merken schien, denn ich bin mir bis heute nicht ganz sicher. Ich tötete zu dieser Zeit übrigens immer mit einem Messer. Ich fand es eleganter, und auch professioneller. Nur Angsthasen töten mit Schusswaffen, sie brauchen den Sicherheitsabstand, den diese Waffen ermöglichen. Und wenn sie auch noch auf den Schalldämpfer verzichten, dann sind es meiner Meinung nach einfach Idioten. Brutalitätsverherrlichende Idioten, die nicht nur den Rückschlag fühlen wollen, sondern auch den Knall, und das ganze Feeling des plötzlichen Ausbruchs mordender Realität. Das ist brutale, rohe Gewalt. Das lehne ich ab.

Und weiter. Wie auf Katzenpfoten näherte ich mich ihm von hinten an, jeder Schritt dauerte ewig. Ich musste mich nur noch ein bis zwei Schritte nähern, um das Messer richtig ansetzen zu können, als er sich plötzlich in seinem Sessel aufrichtete. Ich wurde auf einmal starr vor Schreck. Wenn er sich umgedreht hätte, wäre ich nicht mehr schnell genug entkommen. Er streckte sich, und legte seine Zeitung beiseite. Er zog seine Hausschuhe an, und es sah so aus, als ob er das Raucherzimmer nun verlassen wollte. Ich stand mittlerweile nur noch zwei Meter hinter ihm. Mir gefror das Blut in den Adern, denn weder gab es für mich eine Möglichkeit, mich zu verstecken, noch konnte ich den Rückzug antreten. Beides wäre in der Kürze der Zeit, ohne aufzufallen, nicht möglich gewesen. Doch er schien sich nur gestreckt zu haben, denn nun nahm er ein Buch und fing an, dies zu lesen.

Nun erst recht: weiter. Ich schlich mich langsam weiter an ihn heran, mein Messer in der Hand, bereit die von meinem Auftraggeber anvisierte Person zu erlösen. Und „erlösen“ ist tatsächlich das richtige Wort, denn was diese Leute durchmachen müssen, scheint unglaublich zu sein. Mein Auftraggeber hat mir ein wenig von diesen Leuten erzählt. Leute, die krank sind, sehr krank. Leute die leiden, aber keiner hat Mitleid. Keiner hat Interesse, keiner will helfen. Fast keiner. Mein Auftraggeber hilft. Und ich helfe meinem Auftraggeber. Vor mir sitzt „unser Kunde“, ein ca. 40 Jahre alter Mann. Er scheint nicht mit mir zu rechnen. Sollte er auch nicht. Mein Auftraggeber hatte mir explizit befohlen, heute zu kommen - zwei Tage früher - damit dieser Mann auch nicht im geringsten ahnen kann, dass es schon soweit ist. Dieser künstlich herbei geführte Überraschungsmoment ist das große Erfolgsgeheimnis meines Auftraggebers. Interessenten bestellen bei meinem Auftraggeber diesen Service, gerade weil sie überrascht werden. Diese Überraschung lassen sie sich viel Geld kosten. Denn der Tod ist immer schwer, aber umso leichter zu ertragen, je mehr man von ihm überrascht wird. Und die Klienten meines Auftraggebers sind nicht nur krank, sie haben auch viel Geld. Und mit diesem Geld kaufen sie sich die Erleichterung, eine Befreiung von ihren Leiden.

Deshalb: weiter. Ich stehe jetzt direkt hinter dem Sessel, kann kaum atmen, bin kaum in der Lage, mich zu bewegen, um keinen Lärm zu machen. Langsam erhebe ich das Messer, führe es langsam in Richtung seines Halses. Er liest weiter, scheint nichts zu bemerken. Ich setze das Messer an, ein Schnitt, zielsicher und kraftvoll, er bäumt sich noch einmal auf, ich halte ihn nieder, drücke ihn auf den Sessel zurück. Das Blut läuft an seinem Körper runter, drückt pulsierend aus der Wunde am Hals. Langsam wird er schwächer, und es einfacher für mich, ihn auf dem Sessel zu halten. Nach und nach lockern sich seine Gliedmassen, erst sackt der rechte Arm, der mich bis dahin am Hemd gepackt hatte, dann der linke Arm, mit dem er sich die Wunde gehalten hatte. Eine Reaktion, die typisch für jeden ist, der im Todeskampf steckt, ob er den Tod nun gewollt hat, oder nicht.
Als sein Körper komplett zur Ruhe gekommen war, und es schien, dass er bereits Tod wäre, hörte ich ihn zum ersten und letzten Mal sprechen, besser gesagt hauchen:
„Endlich“

---Ende---

<span class="ssilver">[Beitrag editiert von: philipp am 27.02.2002 um 00:13]</span>

[ 22.04.2002, 14:29: Beitrag editiert von: philipp ]

 

Hallo Philipp,
du kannst wirklich spannend erzählen.
Ich höre noch, wie die Stufen knarren und sehe wie er jeden Schritt vorsichtig setzt.
Ich habe nur Probleme mit der Logik.
Das Töten mit dem Messer als professionell zu bezeichnen finde ich ein bisschen gewagt.
Das viele Blut, die Tatwaffe usw.
Wieso ist ein Mörder, der eine Pistole mit Schalldämpfer benutzt ein Idiot?
Ich meie, wenn er es nicht tut ist er einer.
Brutalitätsverherrlichende Idioten?
Und mit dem Messer ist es nicht brutal?
Jemand, der sich einen Mord mit dem Messer als Erlösung wünscht muss ein Masochist sein, der den letzten Kick sucht.
Zum Schluss haucht er "Endlich".
Geht das mit durchgeschnittener Kehle?
Sorry. Ich bin halt kein Mörder.
Mir fehlt die Praxis und das soll auch so bleiben. :)

 

Hallo Dreimeier,

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"du kannst wirklich spannend erzählen.
Ich höre noch, wie die Stufen knarren und sehe wie er jeden Schritt vorsichtig setzt."
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>> Vielen Dank für das schöne Feedback!

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"Das Töten mit dem Messer als professionell zu bezeichnen finde ich ein bisschen gewagt.
[...]
Und mit dem Messer ist es nicht brutal?"
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>> Doch. Aber ich wollte hier auch keine "normal"-denkende Person darstellen, sondern eher einen Psychopathen. Ist mir anscheinend nicht ausreichend gut gelungen.


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"Zum Schluss haucht er "Endlich".
Geht das mit durchgeschnittener Kehle?"
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>> berechtigter Einwand! Daran habe ich gar nicht gedacht. Auch mir fehlt offensichtlich die nötige Erfahrung, und auch bei mir soll das so bleiben :-)
Das Ende der Geschichte muss ich wirklich nochmal überarbeiten.

Viele Grüße,
philipp.

 

Hi Philipp!

Als routinierter Messer-Mörder kann ich Dir versichern: "Endlich" konnte der Mann gerade noch hauchen. Du schreibst ja auch "hauchte" und nicht "brüllte aus Leibeskräften". Also, kein Grund zur Sorge, das Ende krönt diese gelungene Story!

Gruß Ralf

 

Hi Philipp,
Du hast mir ja schon zu "killing me softly" geschrieben, daß wir einen sehr ähnlichen Ansatz gewählt haben!
Deine Geschichte hat mir sehr, sehr gut gefallen. Du schreibst spannend, anschaulich und hast Dich meiner Meinung nach in den Psychopathen wirklich gut eingefühlt!
-- mir schauert bei den Lesern, die alles unzensiert nehmen, was ein Story-Charakter so von sich gibt. Ich fand schon, daß der Killer eine abstruse Meinung hat - aber die steht ihm auch durchaus zu .. jedem Tierchen sein Pläsierchen ...

gerade, weil mir die KG so gut gefallen hat, muß ich jetzt mal Pedant werden, darf ich?
gut, danke!

Es war höchst unwahrscheinlich, dass ausgerechnet dort jemand sitzt und in diese Richtung sieht.

ich finde, der 2. HS ist in der falschen Zeitform.

Zum Glück war die Treppe mit einem Teppich ausgelegt. Dennoch bewegte ich mich nun sehr vorsichtig, jedes Mal, wenn ich einen Fuß aufsetzte, dauerte es fast zwei Sekunden, bis die gesamte Sohle meines Fußes den Boden berührte.
ich fine, bei "jedes Mal" muß ein neuer Satz beginnen (ich weiß, ich mach sowas selbst immer ... fand aber,hier ist das ein unnötiger Stolperstein )

Langsam überquerte ich den Flur bis zur Tür des Raucherzimmer.
da fehlt ein "S" am ( zu oft wiederholten ) Raucherzimmer.

Also weiter. Jetzt bloß nicht weich werden. Es graute mir etwas, ausgerechnet ihn zu töten,geraden jemanden wie ihn.

jetzt wüßte ich gern, welche Eigenschaften diese Person in diesem Zusammenhang zu etwas Besonderem machen ...

Doch er schien sich nur gestreckt zu haben, denn nun nahm er ein Buch und fing an, dies zu lesen.

was hat er getan, als er sic streckte und die Pantoffeln anzog? ist er aufgestanden ? so wirkt es auf mich ... dann hast Du vergessen, ihn wieder zu setzen, bevor err weiterliest ... jedenfalls sitzt er ja letzztendlich wieder.

alles in allem sehr gelungen.
nimmst mir die Erbsenzählerei nicht krumm, gelle?
bei anderen kann ich das sooo viel besser, als bei mir selbst...
nur bin ich für sowas immer dankbar, weil es die Sachen fehlerfrei macht ... was ja nicht heißt, daß man alles ändert. Manches ist ja beabsichtigt.

l.G.

Arc

 

Hallo arc en ciel,

wie bereits per PM geschrieben, finde ich diese Art von Kritik äußerst hilfreich. Man wird ja nach mehrmaligem Lesen einfach Betriebsblind, und findet einige Fehler einfach nicht mehr.

gruss,
philipp.

 

Hi,

hat mir sehr gut gefallen. Sehr spannend, gut formuliert...
Alles andere wurde ja schon gesagt.

Gruß, Pan

 

Achja, eins möchte ich noch anmerken:

Editier doch bitte den Punkt im Titel weg. Danke.

Gruß, Pan

 

schon geschehen. Hat der so gestört? :confused:

gruss,
philipp.

[Beitrag editiert von: philipp am 27.02.2002 um 00:18]

 

Danke schön...

Naja, fand ihn schon ein wenig störend, weil ein Punkt nunmal nicht in den Titel gehört..

aber nu isser ja weg :D

Gruß, Pan

 

Hi Philipp,

Im Gegensatz zu meinen werten Kollegen halte ich die Geschichte leider nicht so für den Burner. Und zwar deshalb:


1. Die Handlung ist bei weitem zu berechenbar. Ich habe keinen einzigen Moment während des Lesens damit gerechnet, dass der Handlungsverlauf umschwenken könnte (was ja dann leider auch nicht geschah). Es fehlt der turning point.

2. Der Leser wird nicht emotionalisiert (im Sinne der Empathie). Wenigstens mir ist es völlig egal, ob der 40 Jahre "alte" Mann nun drauf geht oder nicht. Dito für den "Psychopathen". Ich kann in der Erzählung praktisch nichts über sie erfahren. Damit ist auch keinerlei Identifikation möglich.

3. Dass der Auftragskiller ein Psychopath sein soll, das kommt nun wirklich nicht rüber. Außerdem gerät da die Logik ins Schleudern: Welche Agentur beauftragt schon wissentlich psychisch labile Killer? Außerdem: Jemand, der einer Pistole das Messer vorzieht und meinetwegen noch etwas sadistisch veranlagt ist... Tut mir leid, aber das reicht für das Prädikat "Psychopath" meiner Meinung nach noch lange nicht.

4. Zu viele Wiederholungen. Mit genau einer einzigen Ausnahme beginnt jeder Absatz mit exakt zwei nicht gerade originell gewählten Wortpaaren: Und weiter. oder Also weiter. mit unwesentlichen Varianten (dennoch, nun, deshalb). Das macht einen unbeholfenen Eindruck. Mehr Kreativität im Ausdruck würde der Geschichte mehr Farbe verleihen. Dasselbe gilt natürlich auch für das bereits erwähnte Raucherzimmer. Im dritten Absatz wird dem Leser regelrecht eingehämmert, dass es bei dem bevorstehenden Tatort des Mordes um ein Raucherzimmer handelt. Man könnte ja meinen, das wäre eine unglaublich wichtige Information, welche einem da geliefert wird. Aber was wird bis zum Ende daraus?

5. Der vierte Absatz hängt motivationslos in der Luft. Hier initiierst du mindestens einen neuen Handlungsstrang (Besonderheit des Opfers, Hinterfragen des Auftrags usw.), welcher die Geschichte aber um keinen Deut bereichert, da dieser kurze Einschub im weiteren Verlauf nirgendwo weitergeführt wird.
Stell dir vor, den Leser auf einem bestimmten Weg durch die Erzählung begleiten zu wollen. An einer bestimmten Stelle sagst du ihm dann ungefähr: "He, auf geht's! Jetzt geht's in die Richtung!" Und der Leser sagt daraufhin: "Okay, ich vertraue dir mal, dass da was interessantes daraus wird!" Aber dann kommen Erzähler wie Leser schon nach ein paar Schritten in eine Sackgasse. Daraufhin murmelt der Erzähler unverständlich vor sich hin: "Mist, jetzt weiß ich nicht mehr weiter! Na, dann lassen wir das halt und gehen wieder zurück. Auf geht's!" Und der Leser meint dazu: "Hä? Was sollte denn das jetzt?" Alles klar?


Um zum Ende zu kommen: Das Gerüst und das Treppenhaus sind gebaut und überzeugen. Fehlt nur noch der Keller, das Dach und die Farbe an der Fassade! ;) :cool:


(Wenn ich dich inspirieren konnte, hat sich meine Arbeit bereits gelohnt.) :)

 

Hallo philosophische Ratte,

Dein Beitrag war sehr interessant, da er mal eine völlig andere Perspektive gezeigt hast. Einiges hat mir zu denken gegeben, zu anderen Dingen habe ich aber noch eine Frage oder Anmerkung:

Es fehlt der turning point.
Braucht man den? Was stellst Du Dir darunter vor?

Ich kann in der Erzählung praktisch nichts über sie erfahren. Damit ist auch keinerlei Identifikation möglich.
beim Opfer fände ich eine Identifikation gar nicht so wichtig. Beim Protagonisten schon.
Daher sollte ich in diesem Fall nochmal darüber nachdenken, den Protagonisten doch deutlicher darzustellen.


Welche Agentur beauftragt schon wissentlich psychisch labile Killer
Ich glaube nicht, dass die Agentur davon etwas wusste. Ausserdem gehe ich davon aus, dass eine Agentur, die Profi-Killer vermittelt, nicht an dem Background der Killer interessiert ist.

Zu viele Wiederholungen
Das war eiin beabsichtigtes Stilelement. Wenn Du sagst, dass es unbeholfen wirkt, dann werde ich noch mal über den Sinn und Nutzen dieses Stilelements nachdenken müssen...

Der vierte Absatz hängt motivationslos in der Luft.
hhhm. Weiss noch nicht so recht, ob ich Dir da beipflichten kann.

(Wenn ich dich inspirieren konnte, hat sich meine Arbeit bereits gelohnt.)
Ich hoffe, das ist kein Standard-Abspann von Dir?

Vielen Dank, dass Du Dir soviel Zeit für diese Geschichte genommen hast. Ich habe durchaus den ein oder anderen Denk-Ansatz gefunden durch Deinen Beitrag.

gruss,
philipp.

 

Zum turning point:
Es stimmt schon, es kommt wohl darauf an, mit welchen Erwartungen der Leser einer Geschichte, gerade einer Kurzgeschichte, herangeht. Aber ich glaube, gerade einer so geradlinig verlaufenden Geschichte wie deiner würde eine 180-Grad-Drehung gut zu Gesicht stehen. (Beispiel: Der Kunde ist selbst ein Auftragskiller und ermordet in einem kurzen Gefecht seinen Killer, da er wiederum einen Auftrag erhielt, diesen zu ermorden (was ja auch ein Irrtum sein kann). Naja, so was ähnliches jedenfalls.
Was anderes wäre es allerdings, wenn du dem Leser mehr von der (kranken) Psyche des Killers vermitteln könntest bzw. gerade diese, und weniger die eigentliche Handlung, in den Mittelpunkt stellen könntest. Bei dieser Gelegenheit fällt mir unweigerlich Camus' "Der Fremde" ein. Im Zentrum dieser Erzählung ermordet die Hauptfigur völlig ohne ersichtliches Motiv oder irgendeinen Auftrag mitten an einem Strand einen Afghanen mit einem tödlichen Schuss aus seiner Pistole. Es ist ein heißer Tag. Er ist sich trotz dieser soeben begangenen Tat keiner zu sühnenden Schuld bewusst. Vor Gericht gestellt antwortet er auf die Frage nach seinem Mordmotiv unbeholfen: "Die Sonne schien so heiß!"

Außerdem: Solange die Tatwaffe nicht besonders exotisch ist, interessiert es zumindest mich nicht die Bohne, ob er nun eine Pistole oder ein Messer für die Tat benutzt. Ich finde, der Hinweis darauf, dass seine Kollegen "Angsthasen" sind, wenn sie eine Pistole oder, noch "schlimmer", eine mit Schalldämpfer benutzen lässt den Killer schon reichlich infantil (aber nicht krank) erscheinen. War das deine Absicht?

Außerdem gehe ich davon aus, daß eine Agentur, die Profi-Killer vermittelt, nicht an dem Background der Killer interessiert ist.
Das glaube ich nicht. Schließlich muss diese, der Zukunft ihrer Existenz wegen, um ihren guten Ruf Sorge tragen. Was ist, wenn die Auftragnehmer unzuverlässig sind, weil sie immer wieder in psychische Heilanstalten eingeliefert werden? Diesen Job macht schließlich nicht jeder. Das hat nichts mit dem Handwerk zu tun. Dafür ist auch ersteinmal eine bestimmte moralische Grundeinstellung nötig, welche nicht gerade zu den guten Sitten unserer Gesellschaft gehören. Sterbehilfe ist noch immer ein Tabuthema. Aus diesen Gründen ist es nicht gerade unwahrscheinlich, dass die Killer auch noch in anderen Bereichen entschieden "eine Schraube locker haben". Und deshalb braucht die Agentur Informationen (z.B. Lebenslauf) über ihre Auftragskiller.

Ich hoffe, das ist kein Standard-Abspann vor Dir?
Ich kann dir versichern, dass ich das so noch nie geschrieben habe. Ich hab bloß hin und wieder mal ein schlechtes Gewissen, wenn ich so viel kritisiere, an einer Geschichte, die ich selbst doch gar nicht geschrieben habe. Mit diesem Satz wollte ich all das wieder etwas auffangen, da ich ja auch nicht weiß, auf welchen Grund meine Kritik fällt. Aber du hast sie ja ganz positiv aufgenommen, so wie's aussieht.

 

Deine Kritik habe ich durchaus positiv aufgenommen! Das waren ein paar sehr gute Anregungen.

Allerdings werde ich die Geschichte nicht mehr ändern, rein aus Faulheit. So viel Herzblut habe ich nicht hineingesteckt, als dass ich sie noch mal so stark ändern würde. Stattdessen werde ich bei meiner nächsten Geschichte in der Rubrik Spannung an Deine Vorschläge denken.

Aber vielen Dank für Deine sehr ausführliche Kritik!

gruss,
philipp.

 

Hallöchen,

kommt vielleicht ein bisschen spät, mein Kommentar - aber ich habe "Spannung" bisher eher gemieden und bin erst jetzt dabei, die Rubrik für mich zu entdecken.

Ein guter turning point wäre z.B. auch gewesen, wenn sich herausgestellt hätte, dass die Agentur speziell für diese Leute arbeitet. D.h., für Schwerstkranke, die eigentlich genug vom Leben haben, aber vor Selbstmord aus Angst, religiösen oder anderen Gründen zurückschrecken. Die können sich dann einen Killer mieten, der's für sie tut. Der geheimnisvolle "Auftraggeber" wären dann am Ende die Opfer selbst...

Angesichts der Tatsache, dass Menschen zum Leiden bis zum Gehtnichtmehr verdonnert werden, ein Schäferhund hingegen keine Stunde mehr leidern soll als unbedingt nötig, hätte eine solche Agentur mit Sicherheit regen Zulauf!

Oder klingt dir das zu weit an den Haaren herbeigezerrt?

[Beitrag editiert von: Pipilasovskaya am 04.04.2002 um 11:43]

 

Wirklich spannend, nur der Schluss irritiert mich etwas: Man kann mit durchnittener Kehle eigentlich nur noch rumröcheln weiol ja die Stimmbänder futsch sind, die Luft nicht durch den Mund sondern durch den Spalt im Hals kommt ect....

Mit diesem "Endlich" hat der Typ seinen eignen Tod in Auftrag gegeben?

Ein seltsamer Satz:

erst sackt der rechte Arm, der mich bis dahin am Hemd gepackt hatte, dann der linke Arm, mit dem er sich die Wunde gehalten hatte.

Mit dem Arm eine Wunde zuhalten? eher mit der Hand oder?

*wink und wech*

jaddi

 

stimmt, das mit dem Röcheln wurde auch schon öfter mal bemängelt. Ich war nur zu faul, es zu ändern.
Natürlich hält er sich nicht mit gem Arm die Wunde zu ;) das ist in der Tat schlecht formuliert.

Ja, der Gedanke war in der Tat, dass es seinen eigenen Tod in Auftrag gibt. Ohne natülich genau zu wissen, wann sein Auftrag erfüllt wird.
p.

 

Oh, hatte die Kommets nicht gelsen - dazu bin ich meist zu faul :D

Dann lag ich ja richtig mit dem "Auftrag" weil der Killer ja eigentlich erwartet hatte das die Treppe nicht knarrt :)

 

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