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Immer nur Ich

uwp

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18.01.2001
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Immer nur Ich

Immer nur Ich

"Nun erzählen Sie doch mal, Herr Meins. Was ist denn nun genau Ihr Problem ?"
"Ja, wie soll ich sagen..."
"Entspannen Sie sich einfach, fangen Sie an mit dem Tag an zu erzählen, als Ihnen zum ersten Mal auffiel, daß etwas nicht stimmte. Sie werden sehen, der Rest geht wie von alleine."
"Gut, ich versuche es mal. Also, vor 3 Wochen saß ich in der U-Bahn. Wissen Sie, ich hatte schon immer diesen Tick, mit mir selbst zu reden, aber natürlich nur, wenn ich alleine bin. Sonst hält einen ja jeder für bekloppt, Hahaha. Aber an diesem Tag in der U-Bahn hatte ich so ein starkes Bedürfnis, mit mir selbst zu reden, daß ich an der nächsten Station ausstieg und wartete, bis ich halbwegs alleine auf dem Bahnsteig stand. Dann versuchte ich, mit mir selbst zu reden, aber es ging nicht. Da war irgendeine Art Sperre."
"Wie äußerte sich die Sperre ? Also: hatten Sie Angstgefühle, oder kam es mehr einer physischen Barriere nah ?"
"Nein, keine Angst, mehr so eine Art Barriere. Ich war nicht verängstigt oder so, ich war höchstens erstaunt oder verwirrt."
"Erzählen Sie ruhig weiter, frei von der Leber weg."
"Ja, da hatte ich die einzelnen Personen in der U-Bahn-Station nicht bemerkt, ich war zu sehr mit meiner eigenen Situation befaßt. Aber am nächsten Tag passierte mir etwas ähnliches beim Einkaufen. Am Dosensuppen-Regal war ich alleine und merkte, daß ich intuitiv wieder anfing mit mir zu reden, da war die Sperre wieder da. Ich war wie erstarrt und versuchte eine Art 'Selbstbeaobachtung' der Art: Habe ich noch alle Tassen im Schrank ? Bin ich noch ganz dicht ? Ein Mann hinter einem anderen Regal murmelte mir zu: 'Ach was, ist doch alles ok !'"
"Ein Mann ? Wie sah er aus ?"
"Nun ja, zuerst fiel es mir gar nicht so auf, aber später dann hatte ich schon eine Ahnung. Eigentlich hatte ich ihn nur einen Sekundenbruchteil gesehen. Ein paar Tage passierte gar nichts und dann ging es richtig los. Jemand sprach mich an, während ich an einer Ampel stand und auf grün wartete. Ich hatte vorher zur Straße gesehen und drehte mich erst zu diesem Mann um. Und da sah ich MICH !"
"Sie sahen sich selbst ?"
"Ja, und er, äh, ich..."
"Bleiben Sie bitte beim 'er' !"
"Also er fragte mich, ob ich ihm Geld leihen könne, schließlich hätte ich ja gestern erst Gehalt bekommen. Ich war so perplex, daß ich nichts gesagt hatte. Und ruckzuck war der Mann wieder verschwunden. Spurlos. Ich versuchte, Passanten anzusprechen, ob wie jemand gesehen hätten, der so aussähe wie ich, bekam aber nur blödsinnige Antworten."
"Sah er denn exakt so aus wie Sie ? Ich meine, hatte er auch die gleiche Kleidung an ?"
"Nein, die Kleidung war anders. Es gingen wieder ein paar Tage ins Land und ich bemerkte, daß in meinem Büro auf der Arbeit drei Albert Meins rumstiefelten. Ich versuchte, mir einzureden, daß ich Streß hätte, aber dem war nicht so. Ich war eigentlich relativ zufrieden mit meinem Leben. Bis gestern ist das Ganze eskaliert. Ich sehe überall nur noch mich selbst. Es werden sogar immer weniger Frauen um mich rum. Zig Albert Meins rennen in Frauenkleidung rum, ich sah sogar einen Hund, der einen ähnlichen Kopf hatte. Wissen Sie, ich habe Angst durchzudrehen."
Im Raum blieb es still. Als der Doktor nach wie vor nicht antwortete, drehte sich Albert um und sah den Doktor neben der Couch sitzen.
Logisch: er sah aus wie Albert Meins. Nun auch der Doktor !
"Tja, das klingt zwar nach einem Problem, aber so richtig interessiert mich das nicht. Wissen Sie, ich finde die Welt, die Sie dort beschreiben, ganz nett. Warum lassen Sie nicht alles so wie es ist ?"
Die Sprechstundenhilfe mit Alberts Gesicht brachte ihn an die Tür. Der Türknauf hatte mittlerweile Alberts Gesichtszüge und durch die offene Tür sah er die ersten Autos mit Kühlerhauben, die seinem Kopf nachempfunden waren.
"Das muß doch Einbildung sein" murmelte er vor sich hin. Und schreiend kam die Antwort von überall: "NEIN, DAS IST DIE REALITÄT !!!"

--
Udo Wolter
uwp@dicke-aersche.de
www.dicke-aersche.de

 

Hmmmm...
auf den ersten Blick dachte ich es ginge um eine multiple Persönlichkeit - was meiner Ansicht nach besser gepaßt hätte, aber ne kleine Macke haben wir ja alle, also was solls (um mal wie der Psychologe zu sprechen).

 

Ich weis nicht so recht... ist diese Geschichte wirklich surreal? Zum einen wohl schon, denke ich aufgrund des Themas, zum anderen sind hier aber überhaubt keine sprachlich surrealen Elemente enthaten.
Gut , ich lege die Aufgabenstellung auch so aus , das man nicht in jeden Satz eine abgedrehte Methaper einbauen muss, ich denke es können sogar ganze Textpassagen ohne auskommen, aber eine surreale Geschichte ganz ohne diese Elemente... ich weis nicht....

 

Muß "surreal" grundsätzlich sprachlich überhöht sein ? Ich empfinde sprachliche Überhöhung als "über das Ziel hinausschießen". Lesbar sollte es schon sein, das Surreale sollte aus dem Inhalt hervorgehen. Aber die Geschmäcker sind verschieden und das ist halt meine Meinung dazu.

 

Ja, im prinziep hast du recht, nur finde ich , in einem Challenge mit dem Thema " Surreale Geschichten" sollte das Surreale deutlich erkennen können. Wenn du die Geschichte in Seltsam oder in Philosophisches postest bin ich der Letzte der etwas sagt, aber in diesem Fall.
Auserdem geht es ja auch gar nicht um Geschamck, schlecht finde ich die Geschichte ja nicht, blos bin ich mir einfach nicht sicher ob dies noch als surreal gilt. Aber wenn du eine Abneigung gegenüber dieser "überzogene" Sprache hegst , könntest du vieleicht versuchen, das surreale Element inhaltlich stäker einzubringen.

 

Nunja, im Nachhinein ist das schwer. :-) Grundsätzlich finde ich den Inhalt surreal genug. Wenn es nicht reicht, um die Jury zu überzeugen, dann habe ich halt Pech gehabt. Wenn ein Mann, dessen Welt sich immer mehr dem Stillstand durch Gleichheit nähert, nicht surreal genug ist, dann weiß ich's nicht. Da ich aber bis zum Ende des Wettbewerbs nicht erreichbar bin, werde ich wohl auf eine weitere Geschichte verzichten müssen. Aber wie so oft: Dabeisein ist alles. :-)

 

hey uwp
die geschichte gefällt mir. ließ sich flüßig lesen.
aber meine meinung: nicht surreal. vielleicht kenn ich auch zuviel verrückte, so dass mich ein bisschen verfolgungswahn nicht abheben lässt. und mehr als verfolgungswahn, oder wie auch immer ein psychologe das nennen würde, ist das nicht.
cu bigmica

 

Hi uwp,

ich finde die Geschichte auch nicht surreal.

Ansonsten liest sie sich ganz gut. Am Schluß vielleicht den Wahn noch ein bissle mehr herauskitzeln und sie eignet sich wunderbar in einer anderen Rubrik.

Gruß,
Bella

 

Liebes UWP!

Habe deine Geschichte gelesen und muss sagen, dass sie gut war. Mittelmaß allemal. Vielleicht nicht immer astrein zu lesen, an manchen Stellen etwas holprig, Wortwiederholungen, etc... aber wir sind ja alle Menschen.

Der Plot ist gut und du könntest etwas mehr daraus machen. Lass die Stelle in der U-Bahnstation weg und arbeite dafür den Wahn des Protagonisten besser heraus. Will dir jetzt nichts vorschreiben, nur so hätte ich es gemacht.

Ich hätte die Geschichte außerdem in einem anderen Forum gepostet, denn surreal ist sie überhaupt nicht. Auch der Inhalt ist nicht surreal. Surrealismus in Literatur ist schwer und es empfiehlt sich SEHR! den Rat der Moderatoren zu folgen und sich die Beispieltexte durch zu lesen.
Eine Geschichte über einen Geisteskranken ist nicht surreal. Die Sprache träge viel mehr zum Surrealismus bei, als man denkt.

Mein Tipp: Überarbeite die Geschichte, lass sie nach "Seltsam" verschieben und mach dich erneut an das Thema Surrealismus.

Liebe Grüße aus Wien,
P.H.

 

Hi uwp!

Auch ich kann nichts in Deiner Geschichte entdecken, was surreal wäre.

Wenn ein Mann, dessen Welt sich immer mehr dem Stillstand durch Gleichheit nähert,...
Wolltest Du Dich lustig machen über diesen Mann? Ich hatte jedenfalls viel mehr das Gefühl, Du wolltest einen Witz erzählen, als Dich mit dem Thema auch nur ein bisschen ernsthaft auseinanderzusetzen. - Schade.

Wußtest Du eigentlich, daß es in den meisten Fällen ein Zeichen von Intelligenz ist, wenn man mit sich selbst spricht?

Alles liebe
Susi

 

Hui, man fährt 2 Wochen weg und schon übberschlagen sich die Dinge. Aber gut, ich versuche mal eine Antwort.

An alle, die meinen, ich würde mich lustig machen: dem ist nicht so. Ich habe oft eine etwas "übersteigerte Wahrnehmung" wenn es um das Thema Verfolgungswahn geht, soll heißen, ich leide hin und wieder selbst ein wenig unter Paranoia (wer nicht ?). Dementsprechend versuche ich mich an Variationen dieses Themas. Nichtsdestotrotz kann man es auch übertreiben wie in dieser Geschichte, die nichts mehr mit normalem Wahn zu tun hat. Im Gegenteil, sie wird ja nach hinten immer unwahrscheinlicher (ich bezweifle, daß es so ein Krankheitsbild gibt) und irrealer.

An Häferl: Um das mit sich selbst sprechen ging es mir gar nicht. Es ging mir darum, zu beschreiben, wie "normaler" Wahnsinn in völlig "ausgeticktem" Wahnsinn enden kann. Und ja: die größten genies waren kurz davor, verrrückt zu werden. Die intelligentesten leute, die mir begegnet sind, hatten alle irgendwelche Ticks. aber eine Wertung, ob der Mann minderbemittelt o.ä. ist, habe ich ja nie gemacht.

An die nicht-surreal-Meinungen: in einer demokratischen Entscheidung scheint ihr Recht zu haben. :-) Nur überzeugt es mich leider nicht. Ich lasse die Geschichte in dieser Rubrik, alleine, weil die Diskussion so nett ist. :-)))

 

Hi,
die Geschichte an sich fand ich gut, aber habe ich mir auch die Frage gestellet, ob sie überhaupt surreal ist. Am Anfang finde ich, defenitiv nicht. Das ist schließlich ein ganz "naormales" (sind gespräche beim psychiater jemals normal? ^^) Gespräch beim Psychiater. Aber hinterher wurde mir erst bewusst, was für einen Umfang der Wahn dieses Mannes wirklich hat. Aber dan muss man sich fragen: ist sowas denn surreal? Also im Fremdwörterlexikon steht als Üersetzung: unwirklich, truamhaft. Für den Mann in der geschichte war das ganze Geschehen sicherlich traumhaft (im negativen Sinne) aber für Außenstehende war es wohl eher ein ganz realer Geistesgestörter.
Naja... Was ich mich noch gefragt habe war, was der Wahn des Mannes überhaupt ausdrücken soll. Hat er jetzt solche Angst vor sich selber, dass er sein Abbild überall sieht oder ist er einfach ein selbstsüchtiger Mensch, der nur sich sieht. Vielleicht ist sein ganzes Leben aber auch nur auf sich bezogen, ohne dabei selbstsüchtig zu sein, einfach weil er keinen Kontakt zu anderen hat.
Mh naja, also so ganz klar war die geschichte für mich noch nicht.. ^^

Sasami

 

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