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Immer kalt
Ich erinnere mich an diese Tage , wie an einen Traum. Wir sitzen auf der Veranda. Alle drei. Eng aneinander. Meine Mutter zur Rechten meines Vaters und ich zu seiner Linken. Es ist warm hier draußen, doch das Atmen ist leicht und kühl. Diese alte Hollywoodschaukel, die quietscht sobald wir uns bewegen, gehört eigentlich längst weggeworfen. Der Atem der beiden wird schwerer. Sehr vertraute Geräusche. Das sind die Momente in denen ich sie am meisten hasse. Sie sitzen dort in Ruhe und ohne Hast, ohne Leidenschaft. Sie sind Eins mit sich und ich eins mit meiner Wut. Als ich aufstehe, quietscht die Schaukel, Vaters Arm sinkt herab, doch sie blicken nicht auf.Ich weiß sie werden mir nicht folgen, also trete ich Barfuß auf den kühlen Boden der Diele. Dann in die Küche. Ich sehe mich um. Es hat sich nichts verändert in diesem Raum, seit Jahren nicht mehr. ich sehe zum Fenster hinaus,während ich die Schublade öffne; Ich sehe die Fische im Teich von hier, und ein Küchenmesser herausnehme. Auf dem Weg aus der Küche wird mir das Herz schwer, doch ich weiß das mir keine Wahl bleibt. Ich öffne die Tür zum Bad, kann mich im Spiegel sehen. Die Fliesen sind auch kalt. Hier ist alles kalt. der Mut verläßt mich in diesem Augenblick, wenn ich mich auf dem Badewannenrand niederlasse , immer. Immer, immer kalt. Ich berühre mit meiner linken hand das Messer in meiner Rechten. Es ist schwer. Schwerer , als das Letzte. Ich löse meine Hand und betrachte die Klinge und meine Arme. Es ist so still. Ich würde gerne schreien, jedesmal könnte ich schreien. Doch nie tue ich es. Schweigend lasse ich die Klinge meinen Arm hinabgleiten und dann wieder hinauf. Immer wieder. Ich fülle die weißen Stellen rot. Kleine saubere Schnitte, zwischen längst vernarbter Haut. Es tut weh und es brennt. Es tut gut. Mir tritt der Schweiß auf die Stirn. Ein Lächeln schleicht sich in mein Gesicht. Das Blut verschmiert leider alles. Ich kann die weißen Stellen auf meinem Arm schwer erkennen. Die jetzt noch zu finden ist reine Glückssache. Ich mache trotzdem weiter. Dunkles, rotes Blut tropft in das Becken.
Draußen höre ich, wie mein Vater schnarcht.