Im Zauberwald
- Im Zauberwald -
Ich ging in den Wald hinein und schon nach ein paar Schritten gelangte ich an eine Wegkreuzung. Welchen Weg sollte ich nehmen? Während ich noch überlegte, trat zwischen den Bäumen ein alter Mann hervor. "Alle Wege sind gleichermaßen gefährlich und doch wunderschön", erklärte er mir. "Du wirst auf jedem Weg Abenteuer und Prüfungen bestehen müssen. Mit der Hexe ist nicht zu spaßen. Auch der Distelkönig Quastarax ist ein übler Geselle. Und wer den Drachen stört, hat nichts zu lachen! - Wenn du die Prüfungen bestehst, die dir gestellt werden, wirst du genau an dieser Stelle wieder aus dem Wald herauskommen. Wenn nicht dann..." Er brach ab. Ich überlegte lange, dann traf ich meine Entscheidung: "Ich werde zum verwunschenen Tümpel gehen." "Eine gute Wahl", meinte der Alte, "dann kann ich dir nur viel Glück wünschen! Hier! Nimm' diese Zauberfeder. Vielleicht hilft sie dir, wenn es gefährlich wird." Bevor ich mich bedanken konnte, war der Alte verschwunden.
Meine Knie waren ziemlich weich, aber ein Zurück gab es jetzt nicht mehr. Ich steckte die Zauberfeder ein und marschierte los. Was ich nun erlebte, werde ich niemals vergessen. Als ich eine ganze Stunde gegangen war, kam ich an den Tümpel. Dort stand ein großes Schild: BITTE NICHT HIER KLOPFEN! Natürlich klopfte ich. Auf einmal fing der Tümpel zu brodeln an. Grüne, rote, ja sogar gelbe und blaue Blasen stiegen heraus. Der Wald verdunkelte sich. Plötzlich, stieg aus dem Tümpel ein riesengroßer Thron. Darauf saß: " Ich bin König Quastarax. Der größte der Großen. Wieso störst du mich?", rief der riesige Mann, mit langem weißen Bart und einer Harpune in der Hand. Mich packte die Angst und ich stotterte: " Ha- Hallo! Ich bin Ka- Katha..." "Schweig still! Ich weiß was du willst. Du willst sicher die drei Prüfungen bestehen, die ich dir aufgebe. Nun! Die sollst du haben! Die erste Prüfung lautet: Tauche in den Tümpel der Verdammnis und hole meine Tasse heraus, denn sie ist ein Erbstück. Vor 100 Jahren ist sie mir beim Teetrinken ins Wasser gefallen. Bis jetzt, hat es noch niemand geschafft, sie heraus zu holen. Nun geh!", befahl mir der Tümpelkönig Quastarax. Ohne noch ein Wort zu sagen, ging ich los.
Zum Tümpel der Verdammnis führten viele Schilder und Wegweiser: Mir war nicht geheuer, als ich den Tümpel erreichte. Er war riesig, matschig und stank nach gefährlichen Seuchen. Mir blieb jedoch nichts anderes übrig, als hinein zu springen. Als ich auf den Grund getaucht war, sah ich viele Skelette liegen. Mir kam es vor, als ob sie sagen wollten: Schwimm nicht weiter! Gefahr! Gefahr! Doch ich musste weiter. Schon nach kurzer Zeit kam ich an einen Berg mitten im Tümpel. Davor lag- ich traute meinen Augen kaum- ein großer, schlafender Skorpion. Er schnarchte so laut, dass der Erdboden des Tümpels bebte. Leise schwamm ich zu ihm. Irgendein Gefühl sagte mir, ich müsste im Berg nach der Tasse suchen. Auf einmal wachte der Skorpion auf. Seine großen, wütenden Augen funkelten rot. Ich wollte zurückschwimmen, doch schon hatte er mich gepackt. Er rüttelte mich ordentlich durch und versuchte, mich mit seinem Giftstachel zu treffen. Immer wieder, schleuderte er mich herum und ich versuchte, mich zu befreien. Es war hoffnungslos. Plötzlich fiel mir die Feder des Alten ein und ich holte sie hervor. Er blitzte. Zweimal. Dreimal. Als ich meine Augen die ich vor Schreck geschlossen hatte wieder öffnete, war der riesige Skorpion verschwunden! Schnell, steckte ich die Feder ein und schwamm in die Höhle. Auf einem großen Podest stand die Tasse. Ich holte sie mir, tauchte auf. Als ich mich ansah, musste ich lachen. Mein Körper war voller Wasserpflanzen. Ein bisschen ekelte ich mich auch davor. Wieder erschien Quastarax. " Das war die erste Prüfung. Wie ich sehe, hast du sie bestanden. Die zweite erkläre ich dir jetzt: Gehe zum Fleck der Dunkelheit. Von da bringst du mir ein Buschwindröschen!", sagte Quastarax. Sofort machte ich mich auf den Weg.
Nach ein paar Minuten stand ich vor einem Schild auf dem stand: HIER LANG ZUM FLECK DER DUNKELHEIT. Mit den vielen weiteren Schildern gelangte ich an einen Fleck, auf dem es sehr hell war. Plötzlich hörte ich einen lauten Schrei. Auf einmal, brannten die Bäume um mich wie eine Kette. Ich holte die Zauberfeder hervor und hielt sie gegen die Flammen. Wie durch ein Wunder waren die Flammen gelöscht. Als das erledigt war, schoss aus dem dunklen Fleck ein Buschwindröschen. Schnell pflückte ich es ab und verließ diesen schrecklichen Ort. Am Tümpel angekommen erschien Quastarax wieder. " Meine Hochachtung! Das hat noch niemand geschafft", sagte er als ich ihm das Blümchen gab. "Überlebst du die dritte Prüfung, darfst du nach Hause. Geh' ins Wolkenreich und kämpfe gegen den schrecklichen König Celdor. Besiegst du ihn, bin ich der einzigste König und habe die Macht, dich nach Hause zu schicken", erklärte er mir weiter. Mir viel ein winziges Flugzeug in der Nähe auf. Sofort lief ich hin, stieg ein und obwohl ich keinen Flugschein hatte, flog ich wie ein Profi zum Wolkenreich. Gleich auf der ersten Wolke versperrten mir zwei hässliche Wachen den Weg. Ja! Ich sage hässlich! Sie waren grün und hatten riesige Warzen auf der Nase. Auf den Schildern die sie trugen, konnte ich ihre Namen lesen: Kickemicke und Heckemeck hießen sie. "Was willst du Fremder?", fragte Kickemicke. "Ich will versuchen König Celdor zu besiegen. Wenn ich es schaffe, seit ihr alle frei", sagte ich feierlich. Heckemecke zog Kickemicke ein Stück weg und fragte misstrauisch: " Also ich weiß ja nicht. So weit wie sie ist noch nie jemand gekommen! Sie ist mir nicht geheuer!" "Quatsch!", sagte Kickemicke und ging zu mir. "Natürlich kannst du durchgehen. Aber nimm' dich vor König Celdors Wolkenmaschine in Acht. Viel Glück!", sagte er. Ich ging zu dem großen Palast. Gleich im ersten Raum erwartete mich König Celdor und obwohl er es wusste, fragte er: " Was willst du?" "Ich will dich besiegen!", rief ich. Celdor fing laut zu lachen an. "Was? Du kleiner Knirps willst mich besiegen? Ha! Aber weil du so mutig bist, kriegst du eine Chance. Ich zähle bis 10! 1 ,2 ,3 ,4 ,5..." Ich wusste nicht was ich tun sollte. Das Herz klopfte mir bis zum Hals. "10!", rief Celdor und hatte auch schon seine Wolkenmaschine auf mich gerichtet. Sie war aus Metall, hatte dünne Fangarme und sah fürchterlich aus. Sie schoss lauter Wolken so, dass ich mich in einem Nebel befand. Plötzlich, als mich Celdor fast erwischt hatte, viel mir meine Feder wieder ein. Ich holte sie heraus, doch sie hatte keine Zauberkraft mehr! König Celdor rief: " Jetzt bist du fällig! Komm' her, damit es kein so schmerzhafter Tod wird!" "Ich denke ja nicht daran!", brüllte ich und versuchte krampfhaft, mich aus dem Umfang der Wolkenmaschine, die mich eingefangen hatte, zu befreien. Plötzlich erschien der alte Mann und sagte: " Nur ein Mensch mit einem reinen Herzen kann Celdor besiegen. Deshalb will ich dir helfen." Dann zeigte der Alte mit seinem Finger auf König Celdor und seine Wolkenmaschine. "Oh nein! Verloren! Ich habe verloren!", rief Celdor und löste sich zusammen mit der Wolkenmaschine in Luft auf. Ich danke dem Alten und er sagte: " So! Geh' nun raus und erzähle es den Leuten. Dann wird sich genau da wo du stehst ein Tor öffnen, durch das du zurück nach Hause kommst." Dann verschwand der Alte und ich erzählte dem Volk wie ich Celdor besiegt hatte. Alle Menschen jubelten. Ich konnte nicht mal aussprechen, doch das brauchte ich auch nicht Dann ging ich ins Schloss, wo sich ein lila Tor öffnete. Ich ging hindurch und lebte glücklich und zufrieden in meinem Häuschen am Zauberwald... Natürlich behielt ich die Feder als Andenken. :-)
- Sonynos -