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Im Wald der Ewigkeit
Im Wald der Ewigkeit
Sie wusste nicht, wie sie hierher gekommen war. Sie befand sich inmitten eines riesigen Waldes, dicht um dicht voller gewaltiger Bäume. Der Mond schien und sein fahles Licht schimmerte durch ihre Blätter. Sie trug ein weißes Nachthemd, das sich sanft im Wind bewegte und ihre glatten, langen Beine umschmeichelte. Inmitten schier unendlich vieler Bäume, durch deren Kronen der Wind rauschte, stand sie ratlos und hatte keine Ahnung, wo sie war und was sie tun sollte. Sie schaute nach oben zum Mond. Irgendwie schien es ihr, als ob sein Licht in eine bestimmte Richtung zeigte.
„Was tue ich hier?“, murmelte sie vor sich hin. Sie hatte ein komisches Kribbeln in ihrer Magengegend, konnte aber nicht genau sagen, warum. Sie beschloss, dem Licht des Mondes zu folgen.
„Vielleicht zeigt er mir, wohin ich gehen muss, obwohl ich immer noch keinen Schimmer habe, wo ich bin und was ich hier soll.“, dachte sie.
Und so tastete sie sich mit ihren nackten Füßen durch das Gras unter ihr, während sie ab und zu nach dem Mond schaute, der groß und rund über ihr am Himmel stand. Wie ihr auffiel, hatte er einen grünlichen Schimmer.
„Seltsam“, dachte sie.
Nachdem sie sich so eine Weile vorwärts bewegt hatte, sah sie durch die Bäume etwas hindurchschimmern. Etwas funkelte.
„Was kann das nur sein?“, murmelte sie.
Sie lief darauf zu. Sie kam auf eine Lichtung mit einem kleinen See, in dem sich das Mondlicht spiegelte.
Sie trat näher und betrachtete ihr Spiegelbild. Der See war vollkommen ruhig. Nicht das geringste Kräuseln war vorhanden.
Sie beugte sich herunter und hielt ihre Hand ins Wasser. Es war angenehm kühl. Der Wind rauschte in den Bäumen. Die Luft roch würzig. So stand sie einige Zeit und wusste nicht so recht weiter. Als sie nach dem Mond schaute, stellte sie fest, dass sein Licht nicht mehr in eine bestimmte Richtung zeigte.
Plötzlich spürte sie einen Lufthauch hinter sich. Sie drehte sich um. Da schälte sich aus der Dunkelheit etwas hervor. Zuerst war ein grüner Umhang zu sehen. Dann stand eine Frau mit leuchtenden grünen Augen und langen blonden Haaren vor ihr. „Wer bist du“, fragte sie erstaunt. „Ich bin die Natur“, erhielt sie zur Antwort. „Was?“ „Du hast richtig gehört. Ich bin die Natur.“ „Und wo bin ich hier?“ „Im Wald der Ewigkeit“, erwiderte die Natur. „Und warum bin ich hier?“ „Weil du die Dinge erkennst, die hinter der sichtbaren Realität liegen. Du siehst Dinge, die andere nicht sehen.“ „Und weiter?“, fragte das Mädchen. „Du bist hier, um Dinge zu erfahren, die dein Bewusstsein erweitern und dein Verständnis für die tiefgreifendsten Zusammenhänge verfeinern. Du sollst erfahren, wie die Dinge wirklich sind.“
„Bitte setze dich doch“, forderte die Natur sie auf. Daraufhin ließ sie sich ins Gras sinken. „Und jetzt höre einfach zu und lasse mich reden.“
„Ich bin die Natur, ich bin das Leben, ich bin das Licht, die Liebe und die Wärme. Ich durchdringe jedes Gramm der belebten Materie. Ich fühle durch jedes Lebewesen hindurch. Ich bin dem Menschen näher als Gott, denn ich bin natürlich. Ich bin nicht Geist, ich bin Seele. Ich bin die höchste Ausdrucksform jeglicher Existenz. Ich bin das Zentrum des Seins. In mich mündet alles ein, und aus mir geht alles hervor. Ich bin der Sexualtrieb, der jedes Lebewesen beseelt und die stärkste Energie im Universum ist.
Betest du mich an, dann betest du das Leben an.
Über dein Unterbewusstsein und deine Träume bist du mit mir verbunden. Deine Seele ist in mich eingebettet. Gott ist reines nicht denkendes bewusstes Sein. Er nimmt die Welt in Form von Gefühlsdifferenzen war, genau wie ich. Aus ihm bin ich hervorgegangen. Gott wiederum ist in die Ewigkeit eingebettet.“
„Und warum bin ausgerechnet ich hier und niemand anderes?“, fragte das Mädchen.
„Weil nur du diese Zusammenhänge emotional erfassen und verstehen kannst. Nur du wirst auch dieses Wissen zu nutzen verstehen. Wissen und Verständnis sind immer höher einzuschätzen als alle materiellen Dinge. Sie sind schlichtweg unbezahlbar. Und du weißt, was zu tun ist. Gehe in die Welt hinaus und teile den Menschen mit, was du wahrnimmst und was du fühlst.“
„Meinst du damit, dass ich eine religiöse Bewegung gründen und das, was du mir gesagt hast, den Menschen übermitteln soll?“
„Ja, das meine ich“, entgegnete die Natur.“
„Aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Ich habe zwar schon seit langem eine starke Ahnung in mir, dass mit mir etwas Besonderes passieren wird, aber ich war mir trotzdem nie ganz sicher. Oft war ich am Zweifeln und habe geglaubt, dass ich verrückt bin und mir nur etwas einrede. Und schon gar nicht habe ich daran geglaubt, eine neue religiöse Bewegung ins Leben rufen zu können.“
„Du wirst es schaffen. Das verspreche ich dir. Habe Geduld. Du wirst zum richtigen Zeitpunkt das richtige tun, ohne dass dir das immer bewusst sein wird. Ich sorge schon dafür, dass du zum richtigen Zeitpunkt in der Lage sein wirst, das Notwendige zu tun. Glaube einfach an mich und horche in dich hinein. Und achte auch auf deine Träume. Lüfte ihr Geheimnis und du bist einen großen Schritt weiter.“
„Ich werde es versuchen“, seufzte sie.
„Gut, und nun werde ich dich erst einmal wieder verlassen. Selbstverständlich bin ich auch weiterhin bei dir. Du wirst meine Gegenwart spüren. Ich wünsche dir alles gute, und verliere niemals deinen Glauben, das ist das wichtigste.“ Und noch etwas:
„Dieser Wald hier ist der Wald der Ewigkeit. Er ist das Zentrum des Seins und ein Ort der Ruhe und Meditation. Du kannst in deinen Vorstellungen und Träumen jederzeit hierher kommen und wirst mich wieder sehen. Und nun tue, was getan werden muss.“
Daraufhin löste sich die Verkörperung der Natur auf und entschwand im Nichts. Sie spürte, dass sich ihr Geist vernebelte und sie ihr Bewusstsein verlor.
Als sie erwachte, spürte sie, dass etwas sehr Bedeutungsvolles geschehen war. Sie erinnerte sich an ihre Begegnung mit der Natur. Nun war sie sich ihrer sicher, dass sie den Weg, der ihr von der Natur vorgezeichnet war, auch gehen würde. Sie würde eine neue religiöse Bewegung gründen und den Menschen mitteilen, was die Natur ihr vermittelt hatte.