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Im Visier
Ich liege im Bett und spüre, dass ich angestarrt werde. Neugierig, wer mich beobachtet, drehe ich den Kopf und blicke in acht gelbe Augen. Schnell sehe ich wieder nach oben.
Ich liege in einem Himmelbett und schneeweiße Gardinen hängen an den Seiten herab - Nein, da gibt es keine starrenden Augen! - es sieht wunderschön aus; ich fühle mich fast wie eine Märchenprinzessin.
-Wie im goldenen Käfig, schießt es mir kurz durch den Kopf.
Da knackt es neben mir und ich richte mich erschrocken auf. Die Augen! Mittlerweile blicken sie mich feindselig an. Ich beobachte sie weiter und plötzlich erkenne ich, was das neben mir ist: Ein riesiger Spinnenkopf!
Das Knacken kommt von den mahlenden Kieferbewegungen des Insekts. Ich halte die Luft an, denn ich habe panische Angst vor Spinnen, aber diese scheint mir wie eine Ausgeburt meiner persönlichen Hölle: Hasserfüllt, schwarz, böse und vor allem riesengroß!
Immer noch mahlend starrt sie mich an. Sie scheint auf irgendetwas zu warten …
Um mich zu beruhigen, will ich mir noch einmal meinen Baldachin ansehen, doch da ist nur ein schwarzes und haariges Etwas, dessen Spitze entfernt an eine Klaue erinnert.
Wie groß muss die Spinne sein, um solch ein Bein zu haben?
Plötzlich fühle ich mich eingesperrt. Die schneeweiße Gardine sieht irgendwie bedrohlich aus und noch dazu überwältigt mich meine Panik jetzt endgültig.
Ich schiebe die Gardinen beiseite und will weglaufen, aber die Vorhänge werden lebendig und halten mich fest – nein, sie kleben an mir fest. Erst da wird mir klar, dass ich mich gerade in einem überdimensionalen Spinnennetz verheddert habe!
Das Bein der Spinne über mir bewegt sich aufgeregt, die Geräusche schwellen an, werden aber nebensächlich, denn ich höre ein neues Rascheln, das sich mir nähert. Jetzt wird auch das Monstrum über mir aktiv und ich kann sein Gesicht sehen.
Die Augen glühen tieforange und der Schlund der Spinne ist so groß, dass ich problemlos ein- und ausspazieren hätte können.
Mittlerweile hänge ich in dem Netz wie eine kleine Fliege und jetzt kommt die Monster-Spinne auf mich zu und …
Ich schreie und werfe mich hin und her, doch es bringt nichts – sie wickelt mich ein!
Ihr Gesicht kommt mir immer näher und ich kann schon ihre Zähne und schleimige Speichelfäden erkennen; dann beißt sie mich.
Zuerst spüre ich noch einen stechenden Schmerz und danach kann ich nichts mehr fühlen. Ich bäume mich noch einmal auf und bin gelähmt.
Ein eigenartiges Rauschen erfüllt das Zimmer, es wächst zu einem Tosen heran und ich kann erkennen, was da auf mich zurollt: Ein Spinnenmeer!
Es sind alles kleine Spinnen, aber sie haben nur ein Ziel: mich.
Die ersten huschen über mein Gesicht krabbeln und in meinen Mund, dann verliere ich das Bewusstsein.
Als ich aufwache, spüre ich, dass ich angestarrt werde. Neugierig, wer mich denn beobachtet, drehe ich den Kopf und blicke in acht gelbe Augen …