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Im Tode
im tode
...und sie fanden einander unter einem purpurfarbenen Baum im vergangenen Frühling und ihre nackten Füße berührten die warme Erde der erwachenden Welt.
Vor lang verflossenen Jahren erblickte dereinst ein Kind das Licht der Welt, dessen Leben und Lieben durch einen grausamen Schwur ein tragisches Ende nahm.
Gúilbert wurde es liebevoll nach seinem verstorbenen Vater benannt und es war ein glückliches Kind, denn es kannte nichts als die Liebe der Mutter zu ihm, die nahrhafter war, als die Milch, die ihn säugte. Und so wuchs es auf und reifte zu einem Knaben, dessen Antlitz die Sonne selbst hätte geblendet, würde sie nicht droben am Himmelszelt ihre ewigen Bahnen ziehen.
Im steten Wandel nun diesen Lichtes fand der Knabe Erquickung in mancherlei Dingen, erging sich mit Freuden in der Musik und machte sich allerlei Freunde, sowohl Mensch als auch Tier und sein Glück schien vollkommen, da ihn nichts hatte betrüben können, als einzig die Abwesenheit seiner Mutter.
Diese aber wusste um ihres Sohnes Gefühl und suchte ihm Ablenkung zu schaffen, indem sie ihn, musste sie einmal fort nach der Stadt, oft zu des Nachbarn gab, dessen Tochter Amalýa ihm doch die Liebste all seiner Spielgefährten war. Sie verbrachten viel Zeit umeinander, Neckereien des einen vergnügten den anderen, und es begann sich ein Band zu knüpfen, ein Verlangen, zart wie das Blau des Himmels wenn der Winter gedenkt Abschied zu nehmen. Und so hätte er glücklich gelebt, sich verzehrt, wenn nicht die Allmacht des himmlischen Vaters ihm des alleinigen Wesens seiner Liebe beraubt hätte.
Der Tag folgte schwarz auf die Nacht und er wurde wieder zum Kinde, ein Waise, dem Gottes Erbarmen nicht zuteil fiel.
Und Gúilbert schwor zu Ihm, schwor, dass er nie wieder eines Seiner Geschöpfe auf Erden zu lieben imstande sein werde, denn die Qual, die Er ihn hatte leiden machen, brannte so tief innen in seiner Seele, so tief, dass er es nie wieder erlauben durfte und so wollte auch er Ihn verlassen und er kehrte sich ab von Ihm und Tränen rannen an seinen Wangen entlang, doch es waren nicht mehr die seinigen.
Und die Jahre vergingen wie Äonen in einer Sanduhr vergehen. Und Gräser setzten Samen, auf deren Ahnen die Soldaten fielen. Und Gúilbert reifte zum Manne und mit ihm sein Schwur um der Liebe...
Und er verließ das verwüstete Land, das er einst seine Heimat nannte und wandelte verloren in einer Welt, die er nicht liebte. Er erklomm Berge und scharfe Felsen schnitten das Fleisch seiner Hände. Er bezwang Wüsten und sein Körper dörrte in der brennenden Glut. Er durchschwamm Meere und sein Leib zerfloss in den Strömen der Gezeiten. Und er kämpfte den peitschenden Tränen Gottes, der um ihn weinte. Doch fand er nichts, seinen Schmerz zu lindern und er gedachte seiner Kindheit und wie unbekümmert sein Spiel einst gewesen unter dem purpurfarbenen Baum, dem er ein letztes Mal sein Leid klagen wollte.
Und da er ihn sah, saß sie darunter und winkte ihm, sich zu setzen. Und wie sie ihn sprach, war es an seinen Wangen, wie es der Welt, als sie den ersten Atemhauch des ersten Kindes vernahm, so plötzlich und wahr wie das Wesen der Liebe selbst, und er starb, starb tausend Tode durch ihre Stimme, denn er wusste um seinen Schwur.
Und die Sonne erwachte im Frühling und schien auf einen purpurfarbenen Baum, an dessen Wurzeln er seine wahre Liebe begrub und hörte den Schuss, der ihn zu ihr brachte...