Was ist neu

Im Supermarkt

Mitglied
Beitritt
06.12.2017
Beiträge
9
Zuletzt bearbeitet:

Im Supermarkt

Der Plan war folgendermaßen: Noch schnell ein paar Kleinigkeiten besorgen und ab nach Hause. Die Kopfschmerzen brummten schon und die Augen waren schwer. Es war ein langer Tag im Büro gewesen. Aus dem „schnell“ wurde nichts.

Was ich nämlich nicht sah, als ich mich an die Kasse stellte, war, dass zwei Frauen, vermutlich syrischer Abstammung, sich bereits neben der Kasse befanden. Sie standen nicht an der Kasse, sie standen neben der Kasse. Zunächst starrten sie die Kassiererin einfach nur an. Diese fühlte sich selbstredend davon gestört, wenn nicht sogar belästigt und fragte immer und immer wieder, was sie wollen würden. Die eine der syrischen Frauen konnte weder Deutsch noch Englisch und redete immer nur aggressiv auf Arabisch auf die arme Kassiererin ein. Die andere konnte ein paar Brocken Deutsch, aber eher schlecht als Recht. Diese trat dann auch sehr nah an die Kassiererin ran und schaute hinter ihre Kasse und zeigte auf etwas.

Ein Typ, der zwei Positionen vor mir stand, sprach mit den Frauen. Er konnte offensichtlich Arabisch und für uns anderen dolmetschen. Er erklärte der Kassiererin, dass die Frauen wohl einen Pfandzettel abgegeben hätten, aber kein Geld bekommen. Die Kassiererin glaubte die Geschichte zwar keine Sekunde, aber es wurde so lange auf sie eingeredet, dass sie sich gezwungen fühlte all ihre Pfandzettel durchzugehen und die die „4 Euro noch was“ wert waren zu checken – jeder der Zettel war bereits gescannt und somit nicht der verlorene Bon der Frauen.

Währenddessen: Hinter mir standen drei alte Damen. Zunächst begann die typische Flüchtlingsdiskussion. Eine der „Omis“ hatte die simple AFD-Einstellung: „Die sind hier, dann sollen sie Deutsch lernen“. Eine andere wiederum die ebenfalls beliebte Mutter Teresa Ansicht: „Die sind ja nicht freiwillig gekommen, die tun mir so leid.“ Irgendwann während des Pfandzettel Debakels, bot Mutter Teresa dann den Frauen Geld an. Zunächst jedoch ohne Erfolg.

Trotz allem nahm die Kassiererin ihre Arbeit wieder auf und versuchte sich nicht beirren zu lassen. Dann war der arabisch sprechende Typ an der Reihe. Die Kassiererin, immer noch unter der Beobachtung der syrischen Frauen, scannte seine Ware: eine Packung Toastbrot und ein Glas Würstchen. Der Typ holte eine alte, abgeranzte und verbeulte Sprite Flasche aus seinem Rucksack und hielt sie ihr vor die Nase. Die Kassiererin war wenig überrascht, dass der Automat die Flasche nicht annahm, der Strichcode war bereits völlig verblasst. Der Typ begann zu argumentieren: „Es geht ums Prinzip. Nur weil sie so schlechte Qualität herstellen, verzichte ich nicht auf meine 25 Cent“ Ich rollte mit den Augen. Auftritt Mutter Teresa von hinten: „Hier, ich gebe ihnen 5 €“
„Es geht ums Prinzip.“
„Sehen sie doch mal, wir sind drei alte Frauen und möchten nach Hause.“
Aber dem Typen ging es ums Prinzip. Irgendein Ausländer-Kommentar wurde hinter mir gemurmelt, vermutlich von der AFD-Wählerin, doch die Kassiererin versicherte: „Ne, er ist Deutscher. Es geht ums Prinzip! Das ist so Deutsch.“ Mutter Teresa bot erneut Geld an und die Kassiererin war so verzweifelt, dass sie sie bat, ihre 5 € an die syrischen Frauen zu geben – ja, die standen auch noch da. Fast vergessen, oder? Sie diskutierten noch weiter, aber die Kassiererin blieb hartnäckig und zwang den Frauen die 5 € auf. Kurz darauf gingen sie – endlich!

Der Typ mit der Sprite Flasche und dem Prinzip begann Weisheiten zu verteilen. Er wandte sich an Mutter Teresa und sagte: „Wenn ich ihnen einen intelligenten Ratschlag geben darf: Stellen sie sich an die andere Kasse.“ An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass ich, zugegebener Maßen, mit dem Gedanken gespielt hatte, die Kasse zu wechseln, aber ich, und ich vermute auch die drei alten Damen und die Frau, welche noch vor mir stand, die übrigens nur ein (!) Paket Nudeln auf dem Kassenband liegen hatte, verspürten die Pflicht die arme Kassiererin zu unterstützen und ihr den Rücken zu stärken. Also bewegten wir uns nicht, weshalb wir von dem Typen offensichtlich als dumm abgestempelt wurden.

Die Kassiererin versuchte dem Typen klar zu machen, dass sie die Sprite Flasche nicht annehmen konnte. „Nicht einmal ein Discounter würde diese noch annehmen.“ Ihr Tonfall war schon fast flehend. Der Typ wehrte sich jedoch vehement, das zu akzeptieren: „Wenn sie so schlechte Qualität herstellen…“ Die Kassiererin unterbrach: „Kaisers stellt das nicht her, da müssen sie sich an Coca Cola wenden.“ Mutter Teresa bot Geld an, der Typ: „Ich brauche kein Geld, ich verdiene sehr gut. Es geht ums Prinzip.“ Die Damen jammerten – zu Recht – sie wollen nach Hause. Der Typ hätte wohl die ganze Nacht Zeit: „Intelligente Menschen brauchen keinen Schlaf,“ sagte er direkt an die Kassiererin gewandt. An irgendeinem Punkt verriet der Typ, dass er Medizin studieren würde – Oh man, er ist ja so intelligent! *Schmacht* - NOT

Die Kassiererin war nun sichtlich verletzt und sauer. Den Tränen nahe argumentierte sie mutig weiter und überspielte ihre Betroffenheit mit falschem Lachen. Der Typ legte jedoch noch einen drauf: „Naja, wenn man mit 45 an der Kasse sitzt braucht man wohl viel Schlaf.“ Die Kassiererin tat amüsiert und würgte ihm einen rein: „45? Ich bin 62, Baby! Und jetzt hören sie mal: Ich habe Abi und ich habe studiert: Zweimal!“

Die Kassiererin gab nach – Gott sei Dank knickte einer der Beiden ein. Sie rief eine Kollegin zu sich und bat diese, ihr einen Pfandzettel für die alte Sprite Flasche zu erstellen. Die Kollegin eilte los. Der Typ, zwar seinen Willen bekommen, ließ trotzdem weiterhin Weisheiten von sich. Der Pfand-Zettel kam. Oh mein Gott, das Ziel ist so nah! Eingescannt. Endsumme: 1,64 €. Der Typ warf der Kassiererin ein paar Münzen vor die Nase. Sie zählt rasch. Selbstbewusst sagt sie: „Sie haben mir nur 1,52 gegeben. Es sind 1,64. Trotz Pfand-Abzug.“ Stichwort Mutter Teresa: „Wie viel fehlt?“
Kassiererin: „Nein, er will kein Geld.“
Der Typ war nun sichtlich verunsichert. Er starrt auf seine Münzen und murmelte vor sich hin: „1,52, 1,64…“ Mit versteinerter Miene wühlte er in seinem Rucksack. Schließlich holte er eine EC Karte raus. Es fiel wohl jedem auf, wie still er plötzlich war und ich beobachtete wie seine Hände und sein Kiefer bebten. Mit zittrigen Fingern tippte er den 4-stelligen Code ein. Die Kassiererin sah ihn an und schüttelte den Kopf. Er nahm die Karte raus und begann den wohl kaputten Magnetstreifen zur Verantwortung zu ziehen. Die Kassiererin sagte mit Kopfschütteln: „Nein, ich sehe auf dem Bildschirm einen Code, der mit verrät wieso es nicht geht.“ Der Typ, jetzt den Tränen nahe, gab der Kassiererin das Glas mit Würstchen zurück und legte ihr 1 € für das Brot hin. Er packte das Brot in seinen Rucksack, da warf ihm die Kassiererin eine Weisheit auf Latein entgegen. Sie hätte das große Latinum und sollte er wirklich Medizin studieren, würde er ja auch Latein können.

Ich bezahlte meine fünf Sachen, überrascht, dass ich für so viel Mumpitz über sieben Euro ausgab und der Typ nur mit einem Toastbrot nach Hause gehen musste, wenn er überhaupt eines hatte. Ich fragte mich, wie sein Abendessen wohl aussehen mochte. Die Sympathien der alten Damen hinter mir lagen offensichtlich nach wie vor bei der Kassiererin, aber meine nicht. Was nicht heißt, dass der Typ mein Mitgefühl gewonnen hatte.

Für mich war es eine Begegnung mit hässlichen Menschen. Die Kassiererin, die auf den am Boden liegenden Mann noch eintritt, ist nicht besser, als der Typ, der sich verstellt und eine arme Frau emotional beleidigt oder der stille Beobachter, der dem Ganzen einfach nur zu sieht und nichts tut oder sagt... Die einzige Schönheit war Mutter Teresa.

Ich verließ den Supermarkt, direkt vorbei an den syrischen Frauen, die vor der Tür standen.

 

Hey Wanderlust!

Mutter Theresa
die liebe Ordensschwester wird ohne h geschrieben

„Hier ich gebe ihnen 5 €“
nach hier noch ein Komma

Ein Typ, der zwei Positionen vor mir stand, hat mit den Frauen gesprochen.
sprach mit den Frauen

Mutter Theresa bat erneut Geld an
bot

Ne, er ist Deutsch.
also entweder ist er deutsch, oder Deutscher

...,dass sie sie bat ihre 5 € an die syrischen Frauen zu geben
nach bat ein Komma

...zwang den Frauen die 5 € auf. Kurz darauf gingen die Frauen
ich würde nicht zweimal direkt hintereinander "die Frauen" sagen - fällt unangenehm auf

„Wenn ich ihnen einen intelligenten Ratschlag geben darf: Stellen sie sich an die andere Kasse.“
Das hab ich nicht ganz verstanden... War das jetzt eine Lebensweisheit?:confused:

mit dem Gedanken gespielt hatte die Kasse zu wechseln
nach hatte ein Komma

aber ich und ich vermute auch die drei alten Damen und die Frau,
nach dem ersten ich ein Komma

dass sie die Sprite Flasche nicht annehmen kann
konnte

wehrte sich jedoch vehement das zu akzeptieren
nach vehement ein Komma

An irgendeinem Punkt, vermutlich hörte ich da den alten Damen gerade beim Jammern zu, verriet der Typ, dass er Medizin studieren würde
Du, bzw. das lyrische Ich hört gerade den Damen beim Jammern zu - ist das relevant? Ich verstehe nicht ganz, was das dort in diesem Zusammenhang zu suchen hat, denn das deutet eher darauf hin, dass du es nicht mitbekommst, weil du gerade den Frauen zuhörst. Würde ich streichen.

Den Tränen nahe, argumentierte sie mutig weiter
das Komma muss weg

und bat diese ihr einen Pfand-Zettel für die alte Sprite Flasche zu erstellen
Pfandzettel zusammen und nach diese ein Komma

Der Typ wirft der Kassiererin ein paar Münzen vor die Nase
warf

Der Typ ist nun sichtlich verunsichert. Er starrt auf seine Münzen und murmelt vor sich hin: „1,52, 1,64…“ Mit versteinerter Miene wühlt er in seinem Rucksack. Schließlich holt er eine EC Karte raus.
hier hast du plötzlich im Präsens geschrieben, musst du einfach in die Vergangenheit setzen

Er tippte mit zittrigen Fingern den 4-stelligen Code ein
Ich finde tippte er mit zittrigen Fingern klingt hier besser, weil dein übernächster Satz wieder mit Er beginnt

legte ihr 1 € für das erworbene Brot hin
noch hat er es ja nicht erworben...

Ich fragte mich, wie sein Abendessen wohl aussehen mag
mochte

Die Sympathien der alten Damen hinter mir, lagen offensichtlich nach wie vor bei der Kassiererin
nach mir kein Komma

Ich mag deinen Namen übrigens:). Aber nicht nur den. Ich wusste anfangs nicht, was mich erwarten würde, aber du hast mich positiv überrascht. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass der Typ letztendlich nur ein Hochstapler ist, der um jeden Cent kämpfen muss, fand ich aber gut. Auch der Abschluss gefällt mir:thumbsup:.

Liebe Grüße
Parigot

 

Hallo Wanderlust

Da ist etwas, das deine Geschichte aus der Menge hebt. Es ist der Erzähler. Viele hier versuchen neutral zu erzählen und manche, die doch urteilen und bewerten wollen, schwächen es ab, indem sie ironisch erzählen. Werten, sagen manche, sei schlecht. - Mich hat der Schluss aber gerade darum überrascht und zwar in einem guten Sinne.

Kurz darauf gingen sie – endlich!

Gut gemacht. Manche hätten geschrieben: "Kurz darauf gingen sie. Endlich!" Das wäre aber weniger flüssig zu lesen.

Die Aufgabe, die du dir mit dieser gestellt hast, war bestimmt nicht einfach. Der Ort der Geschichte ist eng beschränkt, und was die Leute in einer Warteschlange machen, ist meistens allein warten. Ihre Gesten und Aussagen sind dabei auch nicht unbedingt gemacht fürs grosse, bildstarke Kino. Vielleicht gerade darum fallen dort Leute besonders auf, die nicht 08-15 sondern 08-16 sind. Das dann zu erzählen ist schwierig.

So, das reicht. Ich wünsche noch einen schönen Abend. Mir hat deine Geschichte gefallen, weil sie etwas frisches und unverbrauchtes hat.

Gruss teoma

 

Hi Teoma,

danke dir für dein Feedback! Es freut mich, dass dir meine Geschichte gefallen hat und gerade das ehrliche und wertende des Erzählers (die Wertung anderer, als auch die Selbstreflektion am Ende) waren für mich das Interessante, was ich herausbringen wollte. :-)

Danke dir und liebe Grüße,
Wanderlust

 

Hallo Wanderlust,

da ich gleich auf Wanderschaft gehe, habe ich nicht viel Zeit, möchte aber schon etwas zum Anfang deiner Geschichte sagen. :)

Die Kopfschmerzen brummten schon und die Augen waren schwer.
Wie können Schmerzen brummen?
Entweder brummt der Kopf (vor Schmerzen) oder die Kopfschmerzen begannen schon o.ä

Es war ein langer Tag im Büro gewesen.
Warum „gewesen“? Dies kannst du sparen.

Was ich nämlich nicht sah, als ich mich an die Kasse stellte, war, dass zwei Frauen, vermutlich syrischer Abstammung, sich bereits neben der Kasse befanden. Sie standen nicht an der Kasse, sie standen neben der Kasse. Zunächst starrten sie die Kassiererin einfach nur an.
Puh, welch ein Durcheinander.
Sie sieht es nicht, als sie sich an die Kasse stellte, sondern wann? Als sie fast dran war/näher kam? Das könnte man ggf. präzisieren.

Dann sagst du zweimal, dass die beiden Frauen neben der Kasse standen.

Und: Wie kann sie syrische Herkunft erkennen/vermuten? Würde andersherum ein Araber zwischen Deutschen, Österreichern und Schweizern unterscheiden können?

Die eine der syrischen Frauen konnte weder Deutsch noch Englisch
Dass sie kein Deutsch kann, wird klar, weil sie in Deutschland ist und nicht Deutsch spricht. Doch vorher weiß die Prota, dass sie kein Englisch spricht? Hat da jemand im Supermarkt versucht, auf Englisch zu vermitteln/übersetzen?

Die andere konnte ein paar Brocken Deutsch, aber eher schlecht als Recht.
schlecht als recht

Hier wäre doch interessant, was die Frau auf Deutsch gesagt hat! Ansonsten könntest du das ganz streichen.


Diese trat dann auch sehr nah an die Kassiererin ran und schaute hinter ihre Kasse und zeigte auf etwas.
Hinter der Kasse ist wo genau? Sie stand neben ihr und trat näher heran. Dann ist also hinter der Kasse da, wo das Warenlaufband ist?

Ein Typ, der zwei Positionen vor mir stand, sprach mit den Frauen.
Warum hilft er erst jetzt? Vorher hieß es „immer und immer“. Das klingt, als hätte das ganze mehrere Minuten gedauert.

So, nun muss ich weg.
Vielleicht kannst du damit schon etwas anfangen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Lieber GoMusic,

entschuldige, dass ich jetzt erst auf deinen Kommentar reagiere, wie du ja bei meiner neuen Story angemerkt hast.

Vielen Dank für deine Anmerkungen. Ich freue mich über jedes Feedback!

Einige Punkte sind jedoch bewusst so gewählt. Zum Beispiel, die Doppelung der Phrase "neben der Kasse" ist zur Betonung gedacht: "Sie standen neben der Kasse. Sie standen nicht AN der Kasse, NEBEN der Kasse." Hier soll die Sprache auch zeigen, dass der Erzähler genervt ist. Nur als Beispiel und kleine Erklärung, wieso ich den Part nicht ändere. ;-)

Ich hoffe, dass dir Geschichte sonst gefallen hat und dich mein Stil nicht zu sehr abschreckt. :)

Liebe Grüße,
Wanderlust

 

Hallo Wanderlust, ich sah mich bei Deinem Text in der Tat in einem Berliner Supermarkt versetzt und musste einige Male schmunzeln. Du hast eine gute Beobachtungsgabe. Eine Kleinigkeit: Lass vielleicht die Bewertung bzw. deine Meinung (Für mich war es eine Begegnung mit hässlichen Menschen.) am Ende des Textes weg oder gehe sparsamer damit um. Die Handlung und die Protagonisten sprechen für sich selber.

 

Hi krippner ,

danke für dein Feedback! Ich freue mich, dass du sich gleich in der Situation wiedergefunden hast.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Wanderlust!

An die letzte Geschichte mit Supermärkten habe ich düstere Erinnerungen, weil sie mehr Standupnummer als Kurzgeschichte war - vielleicht schaffst du es ja, das Potenzial eines Einkaufes in Geschichtsform auszuschöpfen. Schauen wir mal!

Aus dem „schnell“ wurde nichts.

Ich finde, das kommt etwas früh - und das ist schade. Das könntest du später pointiert benutzen, wenn sich der Protagonist an der Kasse mit dem obligatorischen Passendgeber befassen muss, der definitiv in dieser Geschichte auftauchen wird. Passendgeber sind IMMER mit von der Partie.

Was ich nämlich nicht sah, als ich mich an die Kasse stellte, war, dass zwei Frauen, vermutlich syrischer Abstammung, sich bereits neben der Kasse befanden

Okay, das ging schneller als erwartet. *g*

Er erklärte der Kassiererin, dass die Frauen wohl einen Pfandzettel abgegeben hätten, aber kein Geld bekommen.

Das klingt in meinen Ohren nicht richtig.
"Er erklärte der Kassiererin, dass die Frauen wohl einen Pfandzettel abgegeben, aber kein Geld bekommen hätten."

dass sie sich gezwungen fühlte all ihre Pfandzettel durchzugehen

Hier würde ich "gezwungen sah" benutzen, da deine Protagonistin nicht im Kopf der Kassiererin steckt, die meiner Meinung nach eher genervt sein dürfte.

und die die „4 Euro noch was“ wert waren zu checken

"und die, die 4 Euro noch was" wert waren,"

Der Wert des Zettels ist ein Nebensatz.

dass der Automat die Flasche nicht annahm, der Strichcode war bereits völlig verblasst

Hier klingeln auch wieder meine Hierstimmtdochwasnicht-Sinne. Das kann man auf zwei verschiedene Arten machen:

"... dass der Automat die Flasche nicht annahm: Der Strichcode war bereits völlig verblasst"

oder

"... nicht annahm, denn der Strichcode war bereits völlig verblasst."

„Hier, ich gebe ihnen 5 €“

"Ihnen" groß - Sie richtet die Worte an jemanden, also schreiben wir das Personalpronomen groß. Das hast du noch ein paar Mal im Text, aber die erwähne ich nicht weiter - reicht ja auch einmal.

Aber dem Typen ging es ums Prinzip

Das hat er bereits gesagt - es ist unnötig, das noch einmal zu erwähnen. Der Satz kann also raus!

Fast vergessen, oder?

Mir gefällt es nicht, wenn der Text mich anspricht. Das ist irgendwie ... schizophren. Kurzform: Unnötig - kann raus. Ist auch kein Witz.

Der Typ mit der Sprite Flasche und dem Prinzip

Das fand ich lustig. *g*

„Wenn ich ihnen einen intelligenten Ratschlag geben darf: Stellen sie sich an die andere Kasse.“

Streich das "intelligenten" raus und lass es bei einem Ratschlag. So schlau ist die Idee nicht und das dürfte auch Mister Prinzip wissen. Außerdem glaube ich nicht, dass er in der Lage wäre, einen solchen Satz zu formulieren, wenn er sich wegen 25 cent streitet. Würde ich umformulieren in ein salopperes "Stellense sich doch anne andere Kasse an, wenns Ihnen nicht passt!"

die übrigens nur ein (!) Paket

Warum das Ausrufezeichen in Klammern? Die Info haut mich jetzt wirklich nicht aus den Socken.

verspürten die Pflicht die arme Kassiererin zu unterstützen

Komma nach Pflicht.

Also bewegten wir uns nicht, weshalb wir von dem Typen offensichtlich als dumm abgestempelt wurden.

Das hat niemand gesagt - die Protagonistin schwatzt es uns auf. Das könntest du uns zeigen, anstatt es uns zu sagen: Show, don't tell!

Der Typ wehrte sich jedoch vehement, das zu akzeptieren:

Man kann das so machen, aber es klingt nicht schön. Er bockt wie ein kleiner Junge, stemmt sich gegen die Realität, es gibt so viele Möglichkeiten, das anders zu formulieren - da würde ich dir empfehlen, eine andere auszuwählen.

„Kaisers stellt das nicht her, da müssen sie sich an Coca Cola wenden.“

Namecalling! Oh noes! Naaa, mal im ernst: Bitte keine Markennamen uswpp. Ich weiß, dass man sich da nicht viel bei denkt, aber kreative Menschen finden immer einen Weg, dir aus solchen Lappalien einen Strick zu drehen. Bei solchen Sachen ganz vorsichtig sein.

Die Damen jammerten – zu Recht – sie wollen nach Hause.

Jetzt komme ich aber auch langsam auf den Gedanken, dass die drei Damen doof sind. Wenn ich sehen würde, dass da vorne einer steht, der über eine Flasche diskutiert, würde ich mich an eine andere Kasse stellen. Wäre ganz einfach praktischer - so stehen sie dort, werfen mit Geld um sich und beschweren sich, dass es nicht vorwärts geht. Warum? An dieser Stelle ergibt es keinen Sinn mehr. Bei denen gehts jetzt auch nur noch ums Prinzip.

„Intelligente Menschen brauchen keinen Schlaf,“

Hier versuchst du wirklich zu sehr, den Kerl zu antagonisieren. Außerdem kommt das Komma nach dem Eselsfüßchen.

Oh man, er ist ja so intelligent! *Schmacht* - NOT

Not necessary. Das ist tell. Davon hasse ich den Typen auch nicht mehr. Die Protagonistin ist in diesem Moment nur noch in der Situation, weil sie das so möchte. Hättest du von Anfang an klar gestellt, dass nur eine Kasse aufhat, wäre das eine andere Sache - aber so ... wirkt der Weiberhaufen wie eine Gruppe Hühner.

Die Kassiererin war nun sichtlich verletzt und sauer.

Was, warum? Die Kassiererinnen, die ich kenne, sind von solchen Sachen abgehärtet. Die würden den Leuten die Dienstvorschriften um die Ohren hauen, dass es nur so klingelt - diese Klugscheißer würden sich ruck, zuck und mit eingezogenem Schwanz aus dem Laden verkrümeln und sich die nächsten Woche nicht dort blicken lassen, weil es ihnen zu peinlich wäre.

„45? Ich bin 62, Baby! Und jetzt hören sie mal: Ich habe Abi und ich habe studiert: Zweimal!“

Also jetzt driftet es ins Alberne ab. Muss sie das wirklich genau so sagen? Warum lässt sie sich überhaupt auf einen Schwanzvergleich mit so einem Trottel ein? Hat sie noch nie etwas von Deeskalation gehört? Ich dachte, dass dieses Prinzip zur Grundausbildung im Verkauf gehört, da man ständig mit recht unangenehmen Gesellen konfrontiert wird.

Die Kassiererin gab nach – Gott sei Dank knickte einer der Beiden ein

Hä? So klang das eben überhaupt nicht - die hat mörderisch auf den Putz gehauen und damit genau so blöd ausgesehen wie der Kerl, den du als Bösewicht hinstellen wolltest.

Es fiel wohl jedem auf, wie still er plötzlich war und ich beobachtete wie seine Hände und sein Kiefer bebten.

Das ärgert mich sehr. Ich finde nicht, dass das ein zufriedenstellender "Take that!"-Moment ist, denn dazu wirkt er zu konstruiert.

Sie hätte das große Latinum und sollte er wirklich Medizin studieren, würde er ja auch Latein können.

Die Frau ist mit Abstand die schlechteste Verkäuferin, die man sich vorstellen kann. Erst total überfordert und auf einmal die totale Queen Ownage. Sie ist inkonsistent und wenig glaubhaft - aber das liegt nicht an ihrer Persönlichkeit, sondern daran, wie du versucht hast, die Rollverhältnisse zu zeichnen. Der Typ an der Kasse da, der muss der Bösewicht sein und die Kassiererin entpuppt sich als die Heldin." Ist dir nicht besonders gut gelungen, fürchte ich.

Die Sympathien der alten Damen hinter mir lagen offensichtlich nach wie vor bei der Kassiererin, aber meine nicht.

Wenig glaubhaft. Die Protagonistin hat die ganze Zeit eindeutig auf der Seite der Kassiererin gestanden, wie man anhand ihrer Formulierungen sehen konnte. Den Typ hatte sie gefressen, mit der Verkäuferin hat sie mitgefühlt und gelitten. Du versuchst an dieser Stelle zwar, sie auf eine neutrale Linie zu rücken, aber nach dem Text bin ich felsenfest der Überzeugung, dass sie das nicht war. Sie hat sich nur einfach nicht eingemischt - aber nicht aus Gründen der Neutralität, sondern weil es sie nichts anging.

Für mich war es eine Begegnung mit hässlichen Menschen.

Ja, alle durch die Bank weg. Die Protagonistin, die Verkäuferin, die ausländischen Damen, der Typ und auch die drei alten Frauen. Gutmensch zu sein heißt nicht, dass man eine Schönheit ist. Wenn man in so einer Situation Geld gibt, unterstützt man in diesem Fall ja noch die These, dass solche Methoden zielführend sind. Alle hätten es einfach haben und sich an eine andere Kasse anstellen können, stattdessen haben sie sich das Zirkustheater angeschaut. Das ist, meiner persönlichen Definition nach, einfach nur Schaulust - auch wenn man Mutter Teresa ist, muss das nicht sein.

***

Tja, das waren die Details, kommen wir mal zu einem ausformulierten Fazit:

Die Geschichte war, wie oben bereits erwähnt, inkonsistent. Ich hatte den Eindruck, dass du als Autorin nicht genau wusstest, in welche Richtung sich diese Geschichte entwickeln wird - und der letzte Absatz mit dem Fazit der Protagonistin wirkt irgendwie aufgepappt.

Du weißt nicht so recht, in welche Richtung dein Pendel schwingen soll, so kommts mir zumindest vor. Leichtherzige Erzählung mit einigen Beobachtungen aus dem Alltag? Charakterstudie? Gesellschaftssatire? Alles wird irgendwo angeschnitten, aber nicht wirklich zielführend zum Ende gebracht. So kommt mir der ganze Texthaufen vor wie ein zusammengeflicktes Werk, das aus mehreren Ideen entstanden ist. Ein wenig Fokus hätte der ganzen Sache richtig, richtig gut getan.

Handwerklich hab ich schon deutlich Schlimmeres gesehen, aber es gibt auch hier noch eine Menge Baustellen; ich habe dir zwar einige Kleinigkeiten aufgezeigt, aber den Gros der Arbeit überlasse ich - großzügig wie ich bin - dir!

Das war so meh. Wenns mich da in eine Richtung ziehen würde, wäre das die "Hat mir nicht gefallen"-Ecke.

 

Moin Wanderlust.
Für mich las es sich eher als Situationsbeschreibung, denn als Kurzgeschichte. Ich bin auch mit dem wertenden Fazit am Ende nicht so einverstanden, gerade weil vorher eher nur nüchtern aufgezählt wurde, was der Typ macht, dann die Kassiererin, die leider auch recht blass blieb, dann Mutti Teresa, die syrischen Frauen, die nur als Aufhänger zu dienen scheinten, etc... Mein Fazit: da könnte eine Gute Alltagssatire draus werden, dazu müsste aber auch genauer gezeichnet werden, und auch die betrachtende, oder beschreibende Person sollte mit ihren Gedanken und Empfindungen während der Teilhabe an dieser Situation durchaus deutlicher herausgearbeitet werden.
LORD

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi, Wanderlust,


Zu dem Titel: lieber "Neben der Kasse" oder "An der Kasse", als "Im Supermarkt".

Du hast zwei syrische Frauen als erstes. Woher weißt dein Erzähler, dass es syrische Frauen waren. Okay, vermutlich steht davor: "vermutlich syrischer ABstammung". Im Weiteren berichtet aber dein Erzähler, dass ein "Kollege" mit diesen Frauen arabisch spricht. Woher weißt er das? Ich sehe da auf jeden FAll kein "vermutlich". In Syrien wird, wie wir alle inzwischen sehr gut wissen, auch sehr oft und gerne auf kurdisch - einer indogermanischen Sprache - gesprochen.

Für mich als Leser wird ziemlich schnell unwichtig, was um den beobachtenden Erzähler passiert, sondern, wie er all das wahrnimmt und bewertet: AFD-Wähler, "hässlichen Menschen", "eine arme Frau emotional beleidigt" etc. Eine Wertung eilt der anderen hinterher. Dass all diese Wertungen ziemlich widersprüchlich sind und keine gute Figur machen, kann man aber auch auf die Müdigkeit des Erzählers abschreiben... Aber eigentlich ist er ein banaler Gaffer. So was lasse ich lieber am Straßenrand stehen und gehe meinen Weg weiter.

Gute Nacht!

Herr Schuster

 

Hi, Wanderlust,
da stimme ich Herr Schuster bei, eine Geschichte voll Vorurteile und die noch nicht einmal witzig herausgearbeitet. Kein Nährwert und kein Mehrwert, schade. Denn erzählen kannst du.
Liebe Grüße
Heike

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom