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I'm not as desparate as I want to be

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11.08.2003
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I'm not as desparate as I want to be

I'm not as desperate as I want to be

Tahirjan streckte die Hand aus und wischte das Kondenswasser von der Aussenseite des Bierglases. Er umschloss es mit den Fingern - eine kräftige, leicht geriffelte Rundung in der Hand, eiskalt – und führte es zum Mund. Während er trank, fuhr eine Strassenbahn vorbei. Ihr warmer Lufthauch trieb den Rauch seiner Zigarette über den Tisch und vorbei am Gesicht der Frau, die ihm gegenübersaß.
Die Frau hatte einen Freund. Das war von vorneherein klar, das konnte ja auch nicht anders sein bei seinem Glück. Also musste er sich an seinem Bier festhalten, viel rauchen, Zigaretten drehen, um zu verhindern, dass er allzuoft seine Hand auf ihre legte. Wenn es passierte, war es nicht zwar nicht schlimm, aber trotzdem... Sie legte ihre andauernd auf seinen Rücken, den Oberschenkel, das Knie. Streichelte ihm die Wangen. Versenkte ihren Blick in seinem und ließ dann ihre blauen Augen langsam an ihm heruntergleiten, während ein leicht spöttisches Lächeln ihren Mund umspielte. Vorher, als sie noch nicht allein dasaßen, galt es dem Pärchen an ihrem Tisch, und wenn sie es nicht sahen, drehten sich ihre Augen genervt zum Himmel. Als sie gingen, konnte sie ihren Spott wieder auf ihn fixieren.
„Darf ich Dir eine Frage stellen?“ begann sie unvermittelt.
„Wie lange seid Ihr eigentlich schon zusammen?“
„Zehn Jahre,“ überschlug Tahirjan.
„Und wie oft hat man da noch Sex nach so langer Zeit?“
Viel zu wenig, dachte Tahirjan.
„Was weiß ich, so zweimal die Woche. Viel zu wenig, eigentlich.“
Er ließ sich da ganz schön was aus der Nase ziehen, überlegte er. Aber naja, es war wirklich viel zu wenig. Auf der anderen Seite gab es genug Kerle, die ihn wohl beneiden würden. I'm not as desperate as I want to be, fiel ihm eine Liedzeile ein.
„Und ihr?“
„So viermal die Woche... Zu wenig.“
Heavens, dachte er, ich könnte da wohl helfen. Aber das ging ja nicht. Die Frau hatte einen Freund, der irgendwo schlief, ein paar Strassen weiter. Und er war auch nicht allein, erinnerte er sich. Er war versucht, das für einige Zeit zu verdrängen, aber die Fronten waren ja gleich geklärt worden. Immer diese Fragen: „Warst Du ihr schonmal untreu?“
Er hatte vergessen, zurückzufragen.

Die Kellnerin kam und brachte Bier. Wieder etwas zu tun: Arm ausstrecken, das Glas heben, trinken. Absetzen. Die Tautropfen vom Glas wischen. Fünf Sekunden zum Abkühlen. Eine Zigarette drehen. Noch zwanzig Sekunden. Besser. Tahirjan hob den Blick vom Tisch und ließ ihn über sein Gegenüber gleiten. Er fand etwas, was er bis jetzt übersehen hatte: ein kleiner tätowierter Salamander schlängelte sich um ihren Knöchel. Irgendwo gab es da noch eine Tätowierung, eine Sonne. Er hatte sie entdeckt, als sie ihr T-Shirt hob – nur ein bisschen, leider – um ihm erfolglos zu beweisen, daß sie zu dick sei. Sie selber schien es aber ernsthaft zu glauben, denn um wieder Oberhand zu kriegen, meinte sie, er könne ruhig etwas mehr Muskeln an den Armen haben. Ihre Hand legte sich um seinen Bizeps: „Spann mal an!“
Ein angenehmes Gefühl, diese Hand da auf seiner Haut. Wenn er ihrer Aufforderung nachkam, würde sie ein wenig länger dort bleiben. Andererseits...
„Lieber nicht.“
Nächstes Mal, dachte er. Er trank, und mit dem Bier trank er ihr Lächeln, das sie mit leicht geneigtem Kopf an die Unterseite seines Glases geheftet hatte.

„Sag mal,“ begann sie, „darf ich Dir noch eine Frage stellen?“
Er grinste, ließ sein Feuerzeug aufflammen, zog an der Zigarette.
„Schieß los.“
„Was hälts Du eigentlich von Analsex?“
Schnell ein Schluck Bier.
„Wie bitte?“
„Naja, stehst Du drauf?“ hakte sie nach.
„Ja, schon,“ antwortete Tahirjan und fühlte sich plötzlich unheimlich betrunken.
„Und du?“
„Ja.“
Mit dieser Frau konnte man vögeln, ohne sie anzufassen. Unglaublich. Obwohl, gestand sich Tahirjan ein, angefasst hätte er auch gerne, und begann, sie im Kopf auszuziehen. Er stellte sich vor, wie er ihr das Hemd über den Kopf zog. Wie er sich hinter sie stellte, ihren kühlen Rücken an seinem nackten Oberkörper, sein Gesicht in ihren Haaren, seine Hände auf ihrem Bauch. Wirklich nicht zu dick, stellte er für sich fest, und ließ die Hände nach oben wandern. Er umfasste ihre Brüste und wunderte sich, dass sie beschlagen waren wie sein Bierglas. Kleine Kondenswassertropfen perlten an ihnen hinunter. Cool, dachte er. Schließlich begann er, ihren Gürtel zu öffnen. Ihr Lächeln, leicht spöttisch, leicht herausfordern, konnte er nicht sehen, aber er wusste, dass es da sein würde.
Sie sagte irgendetwas. Ein weiterer Schluck Bier.
„Wie bitte? Ich hab gerade nicht zugehört.“
„Und passiv - Du?“
„Hm. Ich weiß nicht. Der Gedanke ist ganz interessant, aber...“

In Wahrheit waren seine Gedanken immer noch beschäftigt. Die Hose hatte er jetzt aufbekommen, und er schob seine Hand in ihren Slip. Hellblau war der, wie ein Trabant, hatte er vorhin zufällig gesehen. Sie würde sich gegen ihn lehnen, den Kopf zurückwerfen und, na klar, das Lächeln. In seiner Vorstellung war er noch nicht zu betrunken, merkte er, also beeilte er sich, ihr die Hose über die Hüften zu schieben. Er würde sie herumdrehen, um seine Zunge über ihren Körper wandern zu lassen. Dazu suchte er die Sonne. Dort würde er anfangen, und dann mal weitergucken. Er stellte sich vor, wie er ihre Brüste streichelte, ihren Hals küsste, und ertappte sich plötzlich dabei, daß er die ganze Zeit achtgab, keine blauen Flecken zu hinterlassen. Von der Absurdität amüsiert, sich im Kopf vor verräterischen Spuren in Acht zu nehmen, hinterliess er einen kräftigen Knutschfleck am Ansatz ihrer linken Brust. Sie würde ein paar Tage keinen tief ausgeschnittenen Kram tragen können. Andererseits passte das sowieso nicht zu ihr.
„Das erste Mal hat der Typ gar nicht gefragt. Hallo, habe ich gedacht, da bist Du falsch! Er hat das aber anders gesehen. Ganz schön dreist, eigentlich.“
„Naja, Du hättest ja protestieren können. Hast Du was gesagt?“
„Nö.“
„Na siehste.“

Tahirjan hatte gefragt, das erste Mal. Es hatte aber nicht funktioniert und war mit großem Gelächter geendet. Er war sofort gekommen. Später war er mit mehr Ernst an die Sache gegangen. Ich würde auch nicht fragen, kehrte er zu seinen Gedanken zurück. Er malte sich aus, wie sie seine Hose herunterziehen würde. In der Wirklichkeit verhedderte er sich ständig in seinen Hosenbeinen, und wirklich, auch in seinem Kopf stolperte er und wäre fast hingeschlagen. Sie lachte und schloß ihre Finger um seinen Schwanz. 'Dreh Dich um,' würde er sagen, und sie würde erst grinsen, einen unausgesprochenen Witz in den Augen, und sich dann umdrehen. Langsam würde er beginnen, mit dem debilen Gesichtsausdrück, den er beim Sex immer hatte.
Er hörte sich irgendetwas antworten, irgendetwas auf irgendetwas. Sie erzählte weiter.
Während die Bewegungen in seinem Kopf sich stetig beschleunigten, meinte er, zwischen den anschwellenden Lauten der zwei Körper und ihrer Atmung noch ein anderes Geräusch zu hören. Erst konnte er nicht ausmachen, was es war, aber schließlich verstand er es: Irgendwo in der Stadt schlief ein Mann, in einer anderen Stadt schlief eine Frau. Sie lagen, lang ausgestreckt, mit offenem Mund auf dem Bett und schnarchten. Wenn er jetzt käme, müsste er sich tierisch zusammenreißen, sonst würden sie beide aufwachen.
Er griff nach seinem Glas. Es war längst leer.
„Lass uns mal nach Hause gehen,“ sagte er mit schwerer Zunge.

 

Hi everyone.
Das ist mein kleiner schüchterner Einstand bei Euch. (Obwohl, ich mag ihn, sonst würde er nicht hier stehen.) Ich habe ihn schon ziemlich entschärft, weil ich eigentlich mit dem Versuch drangegangen bin, was pornographisches zu schreiben, und dementsprechend sah er vorher aus. Ein paar Wörter gefallen mir immer noch nicht – ich brauch wahrscheinlich nicht zu sagen, welche – aber dafür fiel mir eben nix besseres ein.
Der Titel ist, entschuldigung, scheiße. Vielleicht fällt ja jemandem ein besserer ein..? Ansonsten freu ich mich auf konstruktive Kritik...

:-)
m&g

 

Hallo,

Ohne jetzt die Geschichte zu kennen, habe ich gleich was am Titel auszusetzen.

I'm not as desparate as I want to be

Es heißt desperate.

Gruß,

I3en

 

So, jetzt hab ich's gelesen.

Gefällt mir gut. Ich würde sagen dein Anliegen - wenn ich es so richtig verstehe - trotz indirekter Schilderung, einen erotischen Text zu schreiben ist dir gelungen. Das Ende war auch toll.

Ich hoffe mehr von dir zu lesen.

Gruß,

I3en

 

Ach ja, was den Titel betrifft, die kann man leider nicht editieren. Da müsstest du eine Message an die Moderatorin des Forums schreiben, die ändert ihn dir dann um.

 

Hallo M&G!

Deine Geschichte gefällt mir ganz gut, allerdings hätte ich auch gerne die unzensierte Version gelesen;)!
Freue mich schon auf weitere Geschichten von dir!

Keep on rockin'!

Dreamcatcher

 

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