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Im Hotel

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30.09.2003
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Im Hotel

Guten Tag.

Ich sitze da so an der speziell auf meine Bedürfnisse zugeschnittenen Rezeption, ahne nichts Böses und plötzlich stehen Gäste vor mir. Gäste. Der Alptraum eines jeden Hotelmitarbeiters. Ich sage „Guten Abend“ und „Was wollen Sie denn hier?“
Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn man gerade in wichtige Arbeiten vertieft ist und von dreisten Gästen gestört wird. Hoch konzentriert, all seine Energie aufbietend, hockt man vor dem Großbild-Fernseher und justiert das Fußballprogramm, als urplötzlich Gäste auftauchen. Aus dem Nichts scheinen sie zu kommen, aus der Hölle empor geschickt, um den gequälten Mitarbeitern eines Hotels auf die Nerven zu gehen, sich töricht an nicht eingedeckte Plätze zu setzen und etwas zu bestellen, dass die Köche weit über den Feierabend hinaus mit eiserner Hand in ihrer Küche festhält.
Sie tauchen immer auf, wenn keine Möglichkeit besteht, sie zu bedienen. Kurz vor Feierabend, nachmittags, wenn die Küche geschlossen ist oder morgens, wenn die Küche geschlossen ist.
Und zur Mittagszeit, wenn die Küche eventuell geöffnet hat, komme ich nicht zum Essen, weil die Gäste zur selben Zeit aufkreuzen und bestellen. Sie wollen umringt sein von hübschen Kellnerinnen und höflichen Kellnern, die ihnen exklusiven Rotwein servieren und zartes Fleisch vom Wild. Oder eine leckere Pastete, eine tote Scholle oder Gourmet- Kartoffelpuffer. „Was können Sie mir heute empfehlen?“ fragt mich der Gast. „Ich empfehle Ihnen, zu hause zu essen.“ erwidere ich. „Gönnen Sie sich etwas Ruhe und lassen Sie Ihre Frau kochen.“ Der Gast verschluckt sich beim Rotwein und meint, dass seine Frau nicht kochen könne. „Pech“, sage ich, “dann kommen Sie mal mit in die Küche, unser Chefkoch, der Paul, zeigt Ihnen, wie sich selbst helfen können. Sie bekommen Pfannkuchen.“
Der Gast ist entrüstet. „Ich denke, ich speise hier in einem vornehmen Gourmet- Restaurant? Und da servieren Sie Pfannkuchen?“
„Aber selbstverständlich. Ich bin ein vornehmer Kerl. Ich kippe den Rotwein nicht über Ihr weißes Hemd, sondern über Ihre schwarze Hose, da fällt es nicht weiter auf. Und zudem es ist ein äußerst leckerer Gourmet- Pfannkuchen!“
Empört meckert der Gast: „Das ist doch wohl die Höhe! Ich möchte sofort mit Ihrem Vorgesetzten sprechen!“
„Gerne.“ erwidere ich freundlich. „Ich bin es selbst. Ich bedaure, dass Sie einen Grund zur Beschwerde gefunden haben. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“
Ungläubig schaut der Gast. „Wollen Sie mich verarschen? Ich verlange den Geschäftsführer!“
„Er steht vor Ihnen!“
„Sie wollen mich doch verarschen!“ Der Gast will wohl wütend werden oder versucht zumindest, diesen Eindruck zu erwecken.
„Niemals,“ versichere ich mit ernster Miene, „Wir sind ein Ein- Mann- Betrieb. Ich hätte niemanden, mit dem ich darüber lachen könnte.“
Der Gast schäumt vor Wut, wahrscheinlich Tollwut – den soll ich bedienen? – er dreht sich um und verläßt das geschlossene Lokal. Ha! Endlich weg. Widerwärtiger Kerl.
Nun habe ich meine Ruhe, bis der nächste Gast stört. Ich lasse ihn an die Tür klopfen. Soll er klopfen, bis ihm die Finger abfallen. Ich esse jetzt. Paul der Koch hat mir einen leckeren Pfannkuchen zubereitet. Mit Äpfeln drin und mit Calvados flambiert.
Der Gast vor der Tür sieht ab jetzt nichts mehr vom Innenleben meines Restaurants, denn ich hänge einen Spiegel an die Tür. Gerade beim zweiten Bissen meines leckeren Pfannkuchens klingelt das Telefon. Diese ewigen Unterbrechungen stören gewaltig, also erhebe ich mich doch noch einmal, ziehe den Stecker des Telefons aus der Dose und kehre zu meinem leckeren Pfannkuchen zurück. Bevor ich mich setze, fällt mir ein, dass das Licht im Restaurant noch eingeschaltet ist. Das könnte sich als schwerwiegender Fehler erweisen, sollten draußen auf der Straße potenzielle Ruhestörer vorbeigehen. Also schalte ich alle Lampen aus, lasse alle Jalousien runter, verlege meinen Eßplatz vor den Fernseher und zappe durch´s Programm. Nach etlichen Serien und einem heillosen Durcheinander, weil sich alle Vorabendserien ähnlich sind, beginnen die wichtigen Zwanzig- Uhr- Nachrichten, da kann ich jetzt nicht einfach das Restaurant öffnen. Draußen bildet sich eine Schlange. Die Hotelgäste stehen im Regen und haben keine Schirme. Was kann ich dafür? Ein paar hundert Meter weiter ist die Innenstadt mit ihrem typischen Großstadtgewühle, dort gibt es Schirme wie Sand am Meer. Aber manche scheinen meine Gestik nicht zu verstehen und hampeln weiter vor dem Eingang umher. Ein köstlicher Spaß. Ich hole eilig meine Videokamera herbei und halte alles in stilvollen Aufnahmen fest. Dramatisch der Regen in schwacher Beleuchtung, virtuos die Affentänze der beiden arabischen Gäste, entzückend die spanische Sopranistin mit ihrem schrillen Geschrei. Alles wird stimmungsvoll auf Digitalband festgehalten, später am Computer nachbearbeitet und in geselliger, fröhlicher Runde den Gästen an der Hotelbar gezeigt. Wer möchte, kann auch ein Video zum Vorzugspreis kaufen.

Ende.

copyright by Tobias Zieseniß

 

Hi,

deine Gesichte ist teilweise sehr gut (z.B. das Gespräch mit dem Gast), teilweise aber auch langweilig (z.B. wo das Restaurant abgedichtet wird)

XU jaXen

 

Hallo Elchior,

auch von mir zunächst erstmal ein fröhliches und herzliches Willkommen hier auf KG!

Tja und nun zu deiner Geschichte, die mir eigentlich nicht gefallen hat, weil sie keine Geschichte ist.
Sie hat nämlich keine so rechte Handlung, es passiert, außer, dass da der Hotelier keine Lust auf Belästigung durch Gäste hat, nicht viel mehr in deiner Geschichte.

Das finde ich schade, weil man daraus vielleicht etwas mehr hätte machen können.
Aber aller Anfang ist schwer und du kannst da sicherlich noch wesentlich besser werden, wenn du bei deinen nächsten Geschichten mehr auf den Inhalt achtest und mehr daran denkst, eine Geschichte zu schreiben.
Dein Schreibstil ist nicht so flüssig, wie man es sich wünschen könnte. Bitte, so als Tipp, lies mit ein wenig zeitlichem Abstand, also vielleicht so zwei bis drei Wochen nach der Fertigstellung, deine Geschichte nochmals laut dir selbst vor und immer an den Stellen, an denen du dich selbst verhaspelst oder etwas stockst, müßtest du den Text bearbeiten und flüssiger machen.
Versuch es einfach mal.

Dann hast du dich für meine Begriffe am schwierigsten Genre überhaupt versucht, nämlich einer Satire.
Eine Satire ist deswegen aus meiner Sicht so unendlich schwierig zu schreiben, weil du so viele Dinge gleichzeitig beachten mußt. Da ist einmal die Geschichte selbst, die für sich genommen eine ansich normale lesbare Geschichte sein muß und die vordergründig mit dem Thema, welches du auf's Korn nimmst, gar nichts zu tun haben darf.
Dein Thema ist ja die Servicewüste Deutschland, in der wir uns allesamt befinden und in der wir fast täglich erleben müssen, wie wir als Kunden, Gäste, Auftraggeber schlecht behandelt werden als sei es in Deutschland eine strafbare Handlung guten Service zu bieten.
Ich gehe davon aus, dass dies dein Thema der Satire sein sollte. Dieses Thema sollte man aber nicht in der vordergründig erzählten Geschichte entdecken dürfen, sondern erst, als sog. Aha-Erlebnis dahinter stehend.
Auf deine Geschichte übersetzt würde mir folgendes Beispiel zur Verdeutlichung einfallen: man stelle sich einen Gast vor, der von vorne und hinten bedient wird als habe der Kellner, der Koch, die gesamte Mannschaft nur darauf gewartet, ihm endlich diese Freude machen zu dürfen. Also der Traum eines jeden Gastes erfüllt sich und zwar in einer überzogenen Art und Weise, dass man mit ein wenig Abstand als Leser drauf kommt, dass es wohl kaum so mit rechten Dingen zugehen kann und der Autor gewiß darauf hinweisen möchte, dass es gerade ja in Wirklichkeit genau das Gegenteil der Fall ist. Das wäre eine Satire. Dies war jetzt nur ein kleines Beispiel von mir, Allgemeingültigkeit soll es nicht haben.
Was ich damit meine ist, dass dir diese Umsetzung leider nicht gelungen ist, denn dein Text schwankt zwischen eigentlich deutlicher Sozialkritik und skurrilem Verhaltem deines Protagonisten und wenn man es wohlmeinend beschreiben wollte, dann liegt allenfalls eine Art Realsatire in deinem Text, denn so wie du es beschreibst, ist die Wirklichkeit ja leider oftmals.
Ich hoffe, ich habe dir ein wenig deutlicher machen können, was ich zu bemängeln hatte und freue mich, wenn du für die Zukunft den Mut nicht verlierst und dich weiterhin an guten Geschichten versuchst.

Lieben Gruß
lakita

 

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