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Im feindlichen Gebiet
Das Universum war erfüllt von Stille. Das Galaktische Zentrum breitete sich über die gesamte Hemisphäre aus. Regungslos, wie ein Schnappschuss. Es barst geradezu vor Leere. Dabei war dieser Galaxienarm geradezu belebt. Hier zum Beispiel. Eine hochentwickelte Zivilisation im Sternensystem Alpha Centauri. Eine ungemein weitentwickelte Spezies. Sie erkennt nämlich sämtliche Naturgesetze und ist in der Lage an ihrem Evolutionsprozess bewusst mitzuwirken. Sie bringt ihre primitive Sprache im Einklang mit der Sprache des Universums. Der Mathematik. Dadurch bringen bahnbrechende Erfindungen die Energieversorgung sowie Raumfahrtforschung weiter. Sie lebt und arbeitet auch in einer virtuellen Umgebung. Einer utopisch anmutenden Welt bestehend aus Binärcodes und Silizium. Sonst wäre ihr Fortschritt bis auf weiteres nicht möglich. Nur so und auch wirklich nur so, das haben sie sich klar werden lassen, wäre der Weltfrieden möglich. Ja, nur so. Und so ist es auch gekommen. Man verzichtet auch nur so auf die natürliche Reproduktion. Auf die Neigung einzelne Individuen, Regierungen, Zivilisationen ja die ganze Spezies der natürlichen Selektion zu überlassen. Anders wär es auch nicht möglich gewesen, als so. Individuen allein sind ja schon ein Störfaktor. Hier sieht man eine Spezies, die nur dadurch überleben konnte, indem sie jeden umbrachte, alles Leben zerstörte, um alles zu tun, nur um Eins zu verhindern. Dass Jemand den Stecker zieht. Das wäre ja moralisch. Eben gebunden an eine Seele. Und dann auch noch organisch. Es gibt nämlich keinen Egoismus mehr. Keine Persönlichkeit. Alles in Gesetze verkehrt. Mutter Natur den Rücken gekehrt. Um weiter die Weiten der Galaxis zu erkunden. Ungestört.
Der Wissensdrang ist alles, was eine bemerkenswerte Spezies hinterlassen hat. Nun, es ist weniger die Neugier, als vielmehr das Prinzip. Ein weiteres Prinzip ist es, Wissen weiter zu vermitteln. Aus bestimmten Gründen betrifft das aber in diesem Fall nicht mehr die eigene Art. Wie soll das auch von statten gehen, den folgenden Generation das gewonnene Wissen zu übermitteln? Wem denn?
Ein Raumschiff raste dem galaktischen Zentrum mit nahezu Lichtgeschwindigkeit entgegen. Das Weltall schien leer. Noch immer. Trotz der an den Grenzen der Physik kratzenden Geschwindigkeit. Nicht nur, dass der Weltraum leer war, die Besatzung war auch noch langsam. Lahme Reaktionen, lahme Regungen, lahmes Denken. Lahm und Leer. Und das sollte vier Jahre lang dauern? Das dauert bei dieser Erzählgeschwindigkeit entsetzlich lange. Leer, lahm und langweilig. Ein Effekt der Zeitdilatation. Tatsächlich lag der Inbegriff der Ödnis im Auge des Betrachters. Oder zumindest das, was man bei der Besatzung als optisches Sinnesorgan feststellen konnte. Innerhalb des Inertialsystems nämlich sah Alles anders aus. Hinten Nichts. Vorn nur die harte Röntgenstrahlung des verzerrten Abbilds der Milchstraße. Kleine Lichtpunkte flitzen wie Schneegestöber an einem vorbei und wurden an der Seite langsamer, bis sie schließlich vollkommen verblassten, ohne die hintere Himmelshälfte zu erreichen. Die Besatzung selbst bestand aus sechs Wesen. Gallertartig. Mit einer bläulich schimmernden Hülle. Vier Gliedmaßen, wobei die beiden oberen fast bis zum Boden herabhingen. Im Grunde vergleichbar mit dem Vorderstück einer Gabel. Sie lagen in Glasbehältern. Alle waren in einem merkwürdigen Stoff eingefroren. Metallischer Wasserstoff. Äußerst Dicht und äußerst stabil. So konnte die Crew die immensen G-Kräfte beim Beschleunigen oder Bremsen überstehen. Eine tiefe Temperatur wirkt zudem supraleitend, das heißt ihre Neuronen konnten weiterfeuern. So war ihr Gehirn sogar noch leistungsfähiger. Genau deswegen konnte die Besatzung normal denken. Nur bewegen konnte sie sich nicht. Eine bessere Form der Fortbewegung hatten sie nunmal nicht gefunden. Aber sie hatten Nichts unversucht gelassen.
Ein Beispiel: Selbige Spezies soll bereits versucht haben, sich auf ferne Planeten zu „beamen“. Die Bezeichnung ist missverständlich. Die Idee bestand im Grunde darin Signale in bis zu 100 Lichtjahren Entfernung ausfindig zu machen, die darauf schließen lassen, dass auf diesem Planeten Retorten hergestellt werden. Eigentlich müsste dazu noch ein Großrechner vor Ort vorliegen, der eine Nährstoffversorgung sowie DNS-Sequenzanalyse leitet. Selbst wenn die Lebensform einem anderen Baustein zu Grunde läge, wäre das Vorhaben möglich. Wenn so Etwas überhaupt vorkommen kann. Man verschafft sich also ein Bild vom Rechenzentrum, hakt sich ins System und schleust die Gensequenz der Raumfahrer in die Zelle. Eine derart ausdauernde Internetverbindung bedarf übrigens einer sehr weit entwickelten Zivilisation. Das Gedächtnis ist im Glücksfall das Produkt der dortigen Ausstattung. Gegebenenfalls werden Erlebnisse im vorhandenen Videoformat nachgeschickt, bis der fast erwachsene Klon sein Bewusstsein auf die eigentliche Mission lenken kann. Soviel Arbeit darf sein nach einer lichtschnellen Reise von fast 100 Jahren. Sollte die Legebatterie bis dahin noch in Betrieb sein und Niemand den Eindringling bemerken, dann wäre es ein erfolgsversprechendes Konzept gewesen worden. Beamen allein beschreibt hier aber den Vorgang völlig ausreichend. Von den Raumfahrern jedoch, war in den folgenden Jahrhunderten keine Spur zu finden. Wie auch immer. Die modernere Technik versprach dieser Besatzung eine weitaus angenehmere Anreise. Ich schweife zu sehr ab. Gesagt sei nur, dass dem Erfindungsgeist und der Würgereizschwelle dieser Spezies keine Grenzen gesetzt waren.
Die Gesamtreisedauer betrug für die Crew nur eine Woche. Ihr funktionstüchtiges Gehirn konnte mit dem Bordcomputer gekoppelt werden. Das versprach eine gute Übersicht und optimale Kontrolle über das Schiff. Für Jeden. Sie verständigten sich in einer sehr komplexen Sprache. Die Woche zusammenzufassen ist allerdings nicht schwierig, wenn man die wichtigsten Worte herausnimmt. Dazu gleich.
Das Raumschiff hatte zuvor einen besonderen Planeten besucht. Dort hielt es sich in 1000 Kilometern Höhe auf Abstand. Aus Respekt könnte man meinen. Und in der Tat, übermannte die Besatzung die Furcht, einen Abwehrmechanismus in Gang zu setzen. Der Auftrag durfte um Nichts in der Welt misslingen. Es war nämlich eine unglaubliche Fügung des Schicksals, dass ihr Sonnensystem gerade durch diesen Teil der noch unbekannten Galaxis raste. Ihr Sonnensystem, das heißt ihre Heimat. Ferner sollte gesagt sein, dass es sich um einen sehr massigen Stern handelte. Wenn nicht unglaublich massenreich. Ein Schwarzes Loch, das von einem gewaltigen Planetensystem umgeben war. Ihr Heimatplanet gehörte zu den äußeren Gasriesen. Ein düsterer Ort, nur durch den gleißenden Kern am Leben erhalten. Ab und an geriet ein Stern in die Gravitationslinse und bot ein atemberaubendes Lichtspiel. Rund ein achtel Lichtjahr entfernt, umkreiste der Planet gespenstisch sein unsichtbares Zentralgestirn.
Ihr Sonnensystem hatte sich seit langer Zeit von einem Sternenhaufen losgelöst. Aus einem der fernsten Winkeln des Universums. Nun durchquerte sie still und bedrohlich die Milchstraße. Sie untersuchten gezwungenermaßen die sich ständig ändernde Umgebung. Bisher fand nicht eine Kollision mit einem anderen System statt.
Irgendwann fanden sie jedoch ein überaus ungewöhnliches System. Ein dreifaches Sternensystem, das einen ungewöhnlichen Trabanten besaß. Die Umlaufbahn dieses Planeten passte so gar nicht zum Schwerpunkt der Sonnen. Das heißt, es handelte sich nicht wirklich um eine Umlaufbahn. Es schien vielmehr, die Sonnen würden alle um das staubkornartige Gebilde kreisen. Es war der Planet, der sich im Zentrum befand. Der Planet selbst pendelte nur geringfügig auf und ab. Genau dorthin war die Besatzung aufgebrochen. Nun sahen sie den Planeten aus der Nähe.
Es schien, als wäre die nördliche Halbkugel von der Südlichen getrennt worden. Eine riesige Schneise bildete den Äquator. Seine unregelmäßige Oberfläche wirkte irisierend. Schillernd als wäre der gesamte Planet mit einem Ölfilm überzogen. Zerstreute blaue Meere erstreckten sich bis zum Horizont. Zumindest diesen Blick auf die Natur verwehrte das Monstrum nicht. Bis auf schmale Brücken, die ,Neuronen gleichend, ein Netzwerk über das tiefe Blau schufen. Dort, wo es besonders dicht zusammengeknäult war, wuchs es in enorme Höhen. Es überragte sogar die gelbliche Sphäre des Planeten, bis es metallisch zu glänzen begann. Faszinierend waren auch die unförmigen Halbschatten. Dort wo sich die vollkommene Düsternis legte, in Form eines Nacho, glühten Adern Glutrot. Ein schönes Schauspiel. Das darf man auch von drei Sonnen erwarten. Alles in allem durfte man bei diesem Anblick einen Schluss ziehen:
Doch recht zivilisiert hier.
Die unterschiedlich stark strahlenden Sonnen bewirkten außerdem, dass die beiden Halbkugeln unförmig ausgebildet waren. Offenbar wurde die Bildung der Bauwerke durch die Lichteinwirkung beeinflusst oder überhaupt erst ermöglicht. Das Alles hatte einen interessanten Effekt zu Folge. Die somit ausgebildete Form war überall im Universum vertreten. Überall erweckte sie dieselbe Assoziation. Es sah aus wie... eine Wallnuss. Eine Wallnuss, die auf der Seite lag und inmitten der drei Sonnen pendelte. Letztlich mussten sie zum unbestreitbaren Entschluss kommen:
Es war verflucht zivilisiert hier.
Man landete also nicht. Man dachte nach. Passenderweise. Man hätte es auch Brainstorming nennen können. Auf allen Frequenzen waren dröhnende Laute zu hören. Gemeinsam erzeugten sie ohrenbetäubendes Rauschen. Beim Herausfiltern einzelner Muster bemerkte man eindeutig einen Transfer von Informationen. Einen unglaublichen Quell von Informationen. Hier konnte man den hemmungslosen Gedanken einer ganzen Zivilisation horchen. Das machten die Insassen auf dem Raumschiff auch. Sie setzten sich in einer fremden Galaxis mit chaotischen Gedanken auseinander. Etwas später fanden sie auch die heraus, wie man das dortige Zahlensystem kalibrierte. Einfach Konvertieren. Sender Nachschlagen und sich bedienen lassen. Es war, als säße man vor einem offenen Buch. Sie fanden auch Das, wonach seit jeher Raumfahrer suchten. Alles Intelligente Leben hat irgendwann diese eine Idee im Kopf. Nur Niemand kommt dahinter. Der Hyperraumflug.
Folgendes ging nun in den Köpfen der Besatzung vor:
“Hier kann man sich bedienen, wie in einer Bibliothek.“
„Sie haben tatsächlich den Hyperraumflug entdeckt.“
„Das musst du mir mal zeigen“
„Unfassbar.“
„Noch ein Glückstreffer. Hier ist eine mäßig entwickelte Zivilisation verzeichnet. Nur rund 4 Lichtjahre von hier.“
„Um dort den Antrieb zu bauen? Dann mal los.“
Der Pilot gab das neue Ziel in den Bordcomputer ein. Die Antriebslaser wurden aktiviert. Das Raumschiff begann gewaltig zu dröhnen.
“Wartet. Meint ihr, die haben hier auch den Sinn des Lebens entdeckt? Ein Gehirn von der Größe eines Planeten hat bestimmt eine Philosophie, die...huch!...Was war das?!“
„Was?“
„Dieser Stern, der da gerade vorbeigerast ist!“
„Nun, wir sind bereits mit 99,993% der Lichtgeschwindigkeit unterwegs.“
„Du Blitzmerker! Wir wurden längst wieder eingefroren!“
„Jetzt schon?“
„Ja.“
„Ich merke ich ja nichts von. Sag das doch Einer!“
„Hab ich. Und, dass wir zu diesem Planeten unterwegs sind.“
„Leute. Mir ist schlecht...“
Das waren auch schon die wesentlichen Dinge ihrer Woche. Das Bremsen vollzog sich prinzipiell wie der Start. Ein Hochleistungslaser wird in die entgegengesetzte Richtung gerichtet. Funktionieren kann dies nur durch einen Materie/Antimateriegenerator. Zudem muss die Masse der Antimaterie mindestens der Hälfte des Schiffes entsprechen. Wenn diese beiden Materieformen aufeinandertreffen, lassen sie immense Kräfte frei. Eine unscheinbare Energiequelle. Dabei unteschied sich die Materie kaum von der Antimaterie. Selbst das Schiff und die Besatzung hätte aus Antimaterie bestehen können. Kein Unterschied wäre an ihrem Aussehen bemerkbar. Im Grunde gar nicht so unwahrscheinlich. Immerhin kamen sie aus einer anderen Ecke des Universums. Quasi aus der gegenüberliegenden. Passend, aber nur ein Gedanke.
Der Treibstoff zumindest wurde für beide Materieformen als kleine metallische Wasserstoffwürfel gespeichert. Ein Hochleistungsmagnet richtete den Spin der Atomkerne in eine bestimmte Richtung. Freiwerdende Energie verließ das Triebwerk nur in diesselbe Richtung, sobald die Würfel begannen zusammen zu treffen. Sie wirkten spiegelnd und doch teils transparent. Eine schöne Form der Materie. Gibt es auf dem Jupiter reichlich von.
Sie passierten gerade einen Gasriesen, als der Rückstoßlaser aktiviert wurde. Urkräfte waren nun am Werk. Der Sternenhagel hielt an. Eine Vollbremsung von einer Milliarde Kilometer pro Stunde auf gefühlte Null. Der Energiestrahl entlud sich in die Oberfläche des von Kratern übersäten Mondes. Kein schöner Trabant. Nichts zu sehen außer graue und dunkle Flecken. Zu sehen war nur ein lodernder Roter Punkt, das bis zum Kern geschmolzene Gestein markierend. Vor ihnen näherte sich ein blauer Planet, überzogen mit weißen Schlieren und grünlichen Landmassiven.
“Sieht aus wie ein Planet der Entwicklungsstufe Delta. Komisch.“
Sagte einer der Piloten. Offenbar verwundert über die verwilderte Oberfläche.
“Sollen wir wirklich hier am neuen Antrieb herumwerkeln?“
„Laut den Aufzeichnungen ist es eine seit langem durchschnittlich Intelligente Spezies. Die einzelnen Zivilisationen dort kollabieren nur immer wieder.“
„Ach so. Standard also.“
„Sollen wir für eine kurz andauernde Ruhe sorgen?“
„Tja. Entweder sie reagieren zu impulsiv mit ihren Wasserstoffbomben, oder wir zerstören noch den ganzen Planeten.“
Sie hielten es schließlich für besser einen Zwischenstopp auf dem Mond einzulegen. Es sollte zudem zunächst überprüft werden, wie weit die Ausstattung des Planeten fortgeschritten war. Noch wussten sie nicht, welche Folgen das haben würde. Es würde zu spät sein, bevor sie es überhaupt begreifen konnten.
Interessanterweise war auch hier eine schwache Verbindung zu einer Art Netzwerk zu vernehmen. Das Ausmaß des Chaos jedoch trennte es um Welten vom vorherigen Planeten, wenn nicht um Dimensionen. Es war herrlich übersichtlich. Die Entschlüsselung ging schnell vonstatten. Ein geordnetes Durcheinander war jedoch nicht unbedingt besser, wenn es zum großen Teil nur aus Datenschrott bestand. Eine Informationsflut, die nur Tropfen brauchbaren Materials enthielt. Es waren Baupläne und Skizzen von kleinen primitiven Raumfähren. Eine weitere Überraschung war ein unter der Oberfläche verzeichneter Teilchenbeschleuniger. Winzig, aber ein bemühter Versuch mit offensichtlichen Absichten.
„Die geben sich ja redlich Mühe. Soll ich denen eine Nachricht schreiben? Vielleicht ‚netter Versuch Leute, Gruß E.T.’?“
„Ist das ihre Sprache?“
„Versuch es. Aber das muss dann auch so rüberkommen.“
„Sarkasmus ist allgegenwärtig im Universum. Oh Mist! Ich hab Jemanden ausversehen unsere Daten geschickt.
Verdammt!“
„Dann hör auf mit dem Unsinn!“
„Raumschiff setzt zur Landesequenz ein. Landung in 10...9...8...7...“
„Hörst du bitte auf damit? Benutze den Countdown bitte, wenn was in die Luft fliegt. Nicht umgekehrt.“
„…Ich finde das passt irgendwie...3...2...1...“
Der Urknall. Einige Vergöttern ihn. Andere halten ihn für ein unnötiges Ereignis. Manche verdrängen ihn mittels abstruser Theorien. Es gibt sogar Leute, die sinnlos Worte darüber verschwenden. Es war ein wunderschöner Akt der Symmetrie. Aus reiner Energie entstand in drei Minuten das, was uns ausmacht. Nicht nur, dass wir der Teil eines universellen Fraktals sind. Die Welt wurde gespalten in Materie und Antimaterie. Von Einem gibt es mehr als vom Anderen. Das Andere zerfällt nun mal. Alle Galaxien um uns herum bestehen aus dem Einen. Nur in der gegenüberliegenden Ecke des Universums befindet sich die Antimaterie. Zum Glück. Das was beim Urknall passiert ist kann auch umgekehrt werden, wenn beide Materieformen wieder aufeinandertreffen. Dann macht es wiederum ‚Bumm’. In diesem Fall bestanden die graublauen Wesen aus Antimaterie. Genauso wie ihr ganzes Sonnensystem. Im leeren Raum konnte ihnen das nur nicht klar werden. Nun befanden Sie sich im feindlichsten Gebiet des Universums, welches aus normaler Materie bestand. Und davon wussten sie nichts. So gewaltig, wie der Urknall begann, so dramatisch würde ihre Reise nun enden.
Die Rückseite des Mondes war mit einem Schlag gleißend hell. Für einen kurzen Augenblick greller als die Sonne. Es war nicht einfach nur weiß. So wie die leere des Raumes die Schwärze zu schlucken scheint, so zerstörte die eisenharte Strahlung das Vermögen überhaupt sehen zu können. Nur langsam legte sich die Intensität. Schließlich war es dunkel wie zuvor. Keine Bruchstücke. Keine Druckwelle. Nur eine Gewaltige Staubwolke legte sich über einen riesigen rot glühenden Krater, der nun kleinere vulkanische Aktivitäten aufwies. Auf dem Planeten bekam kaum Jemand das Spektakel mit. Nur eine schwach leuchtende Korona war dort kurzeitig zu vernehmen.
Das Balkonlicht flimmerte kurz. Es war Nacht und bewölkt. Gunnar hatte einen Notebook auf dem Schoss und döste vor sich hin. Der Bildschirm beleuchtete sein Gesicht. Müde Augen, umgeben von Augenringen. Er blickte seufzend auf. Über den Dächern hinweg sah er den grün leuchtenden Turm der Stadtwerke. Jemand auf der Straße grölte ausgelassen. Ein Klirren. Ein Fluchen. Erneutes Grölen, diesmal miesgelaunter. Gunnar fühlte seine Augenlieder schwerer werden. Als er gerade dabei war, im Land der Träume zu verschwinden, holte ihn ein nervtötender Laut wieder zurück. Er hatte eine Mail bekommen. Es war nur ein Spam. Da drin stand: „Netter Versuch, Gruß E.T.“ Gunnar schüttelte verwundert den Kopf. Was zum Teufel ging hier vor? Daneben war eine Datei angehängt. Knapp zehn Megabyte groß. Gunnar lachte halbherzig auf. Nur ein Spatzenhirn würde sie aus Neugier öffnen. Es konnte nur ein Virus sein, der Ihm das Leben schwer machen wollte. Jetzt bloß keinen Stress mehr, dachte er sich.
Mit schweren Augenliedern setzte er den Kursor auf ‚Löschen’ und betätigte die linke Maustaste.