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Illuminati im Kanton

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15.04.2002
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Illuminati im Kanton

Ich ließ die Stäbchen fallen und unterdrückte einen satten Rülpser.
»Mir hat's auch geschmeckt«, sagte Winfried langsam. Er hatte Chin-Ka-Fu gewählt und sich über das viele Gemüse gewundert. »Eigentlich hasse ich ja Gemüse«, murmelte er, während er nach seiner Serviette suchte.
Ein später Gast betrat das China-Restaurant Kanton, ignorierte uns und verschwand Richtung Küche.
»Wir müssen unbedingt mal wieder hierher kommen«, grinste Tanko gemütlich.
»Aber wir sind doch noch hier«, gab Hassan zu bedenken.
»Ja schon«, setzte Tanko sein Grinsen fort, »aber nicht mehr lange, und ich finde, wir sollten danach mal wieder hierher kommen.«
»Hast du dich etwa wieder nicht satt gegessen?«
Winfried hatte derweil die Suche nach seiner Serviette auf den Bereich unter dem Tisch ausgedehnt.
Der Kellner tauchte auf. »Wollen Sie noch was?«
»Äh«, sagte Hassan und schaute fragend in die Runde.
»Darf ich dann die Rechnung bringen?«, fragte der Kellner.
»Will der uns loswerden?«, fragte Tanko sein leeres Glas.
»Iiiik!«, kreischte Hanna, weil Winfried ihren weißen Rock mit seiner Serviette verwechselt hatte.
Ein weiterer später Gast traf ein, warf dem Kellner einen sonderbaren Blick zu und verschwand in Richtung WC.
Der Kellner schien nervös zu werden.
»Na, dann bringen Sie uns schon die Rechnung«, sagte ich.
»Zusammen oder zusammen?« Mit einer schnellen Handbewegung hielt er mir ein Blatt Papier vor die Nase. Da ziemlich viele Zahlen darauf standen und es kein Lottoschein war, zückte ich die Geldbörse.
Trinkgeld kassierte der gute Mann an diesem Abend nicht viel, aber das schien ihm nichts auszumachen.
Ich ging noch schnell aufs Klo, erwischte eine falsche Tür und befand mich plötzlich in einem dunklen Raum. Die Tür klappte hinter mir zu, und ich sah überhaupt nichts mehr.
Es war verdammt düster in diesem Raum. Absolut schwarz. Und ziemlich warm, das verrieten mir die Schweißtropfen, die plötzlich in meinem Gesicht auftauchten.
»Protokollführer?« sagte plötzlich jemand.
»Ja?« sagte ein anderer.
»Sind alle da?«
Ein leieses Geräusch ertönte, als würde jemand verlegen auf einem Stuhl herumrutschen.
»Das weiß ich nicht, Herr Vorsitzender.«
»Warum nicht?«
»Weil es stockdunkel ist.«
»Oh.«
»Außerdem ist die Anzahl der Mitglieder unseres Geheimbundes bekanntlich geheim.«
Es folgt ein Geräusch, das so klang, als würde jemand erwürgt. Möglicherweise war es aber auch nur ein unterdrücktes Lachen.
»Oh. Nun, dann sollten wir die Sitzung beginnen. Protokollführer, verlesen Sie die Tagesordnung.«
»Die ist aber geheim.«
»Was?«
»Mir wurde ganz klar gesagt, dass sie niemand kennen darf.«
Das folgende Geräusch hätte von vier Fingernägeln stammen können, die einen Kopf kratzen.
»Und wer hat diese Anweisung erteilt?«
»Sie, Herr Vorsitzender.«
Etwa drei Leute schienen gleichzeitig von einer Python erwürgt zu werden.
»Hiermit hebe ich die von mir erteilte Anweisung auf.«
Papier raschelte. »Also gut. Der erste Punkt auf der Tagesordnung lautet: Ente der Welt heraufbeschwören.«
Ein der Dunkelheit angemessenes, totales Schweigen trat ein. Ich hatte den Eindruck, allein in einem absolut leeren Universum zu schweben.
»Es scheint sich übrigens um den einzigen Punkt auf der Tagesordnung zu handeln«, wurde ergänzt.
Dieses leere Universum wurde ausschließlich von Idioten bewohnt.
»Ich beantrage eine Änderung des Punktes Eins der Tagesordnung«, sagte jemand betont ernsthaft, »und zwar beantrage ich ganz konkret, das Wort Ente durch das Wort Ende zu ersetzen.«
»Der Antrag wird angenommen«, sagte der Vorsitzende erleichtert.
»Aber Herr Vorsitzender«, entgegnete der Protokollführer empört, »müssen wir darüber nicht abstimmen?«
»Ich bitte um das Wort«, erklang eine Stimme, deren Alter ich auf mindestens 80 Jahre schätzte.
»Bitte«, sagte der Vorsitzende mit unüberhörbarer Ungeduld.
»Ich beantrage«, fuhr die Stimme fort und redete sich in Rage, »einen weiteren Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Und zwar hat die Dorfjugend schon wieder den Bürgersteighochklappmechanismus sabotiert. Ich finde, das muss aufhören, mein Mann muss immer abends spät noch raus zur Reparatur und dann wird er auch noch immer angepöbelt von diesen Jugendlichen, die ihre Pubertät ausschließlich zu Missetaten nutzen statt zu ordentlichem Sex, und...«
»Jaja«, sagte der Vorsitzende dazwischen, »der Punkt wird dann nach dem ersten ausführlich diskutiert. Protollführer, bitte notieren Sie das.«
»Danke«, sagte die Omastimme atemlos und wischte sich mit einem Erfrischungstuch den Schweiß von der Stirn. Zu sehen war das nicht, aber ich konnte es riechen.
»Beginnen wir mit der Zeremonie«, sagte der Vorsitzende feierlich.
Ein Eiswürfel rutsche betont langsam meinen Rücken herunter, als die Anwesenden mit tiefen Stimmen zu summen begannen. Das Summen verstärkte sich, und ich spürte es deutlich in der Magengegend. Bunte Blitze schossen durch den Raum, und düstere Gestalten wurden einen Augenblick lang sichtbar, um erneut von der Düsternis verschlungen zu werden.
Plötzlich war es ganz still.
Ich fragte mich, ob dies das Ende der Welt war und wer sich jetzt um den Bürgersteighochklappmechanismus kümmern würde, ob meine Begleiter mich vermissten und ob ich je wieder Sex haben würde.
Die Antwort auf die meisten meiner Fragen folge kurz darauf.
»Quuaak?«

 

Inspiriert durch einen Restaurantbesuch nach der ersten Lesung in Ahrensburg. Gewidmet all jenen KGlern, die dabei waren. Erinnert ihr euch daran, dass ich sagte "Da mache ich eine Geschichte draus"?
:D

 

Moin Uwe,

Das Negative vorweg: Den Anfang fand ich nicht so gelungen. Ich habe deinen Kommentar zu der Geschichte gelesen und glaube daraus zu sehen, daß dieses Ereignis (bis dahin, wo der Protagonist auf Klo geht) sich in etwa bei eurer Lesung so abgespielt hat. Da ich nicht dabei war, kann ich mit diesem Anfang leider nicht viel anfangen.
Aber ab dem Moment, in dem dein Protagonist auf Klo geht, wird die Geschichte ziemlich gut. Hat mich an einigen Stellen an Prattchets "Wachen! Wachen!" erinnert, wo eine Geheimorganisation die Weltherrschaft anpeilt und sich ähnlich dämlich anstellt. Das hat mir wirklich sehr gut gefallen.

Also, gute Geschichte, aber der Einstieg ist mir ein wenig zäh vorgekommen, zumal er mit der Handulng im Hinterzimmer mMn nicht mehr viel zu tun hat.

 

Hallo Uwe,
zunächst hab ich den Text ja ernst genommen, weil er ja unter "seltsam" steht, und somit fielen mir Wiederholungen und Mängel in der Logik arg auf.
Ich meine er gehört unter "Humor", und auch da sollte der Text überarbeitet werden.
In welchen Punkten? Ich weiß nicht, ob ich das schreiben darf, denn solche Kritiken wurden in der Diskussion ja als Schulmeisterei in der Öffentlichkeit gerügt.:rolleyes:

Weil wir Verpflichtungen gegenüber unserer Herbergseltern hatten, durften ja an diesem Essen nicht teilnehmen.
Haben wir da was verpasst? Ich weiß nicht...

Gruß Manfred
:D :D :D

 

@gnoebel: Ja, der Anfang ist wohl wirklich nicht überzeugend. Ich überlege mir da mal was.

@Manfred: Ach weißt Du, ich halte Humor nicht für ein Genre, und dies ist eine seltsame Geschichte mit Humor. Die meisten Wiederholungen sind durchaus beabsichtigt, Mängel in der Logik, nun, diese Geschichte stellt nicht den Anspruch, völlig logisch zu sein, aber ich bin natürlich für jeden Verbesserungsvorschlag dankbar.
Und: Ja, Du hast bei dem Essen was verpasst :D

Uwe

 

genau so hab ich mir das auch gedacht, und deshalb hab ich die punkte auch nicht aufgelistet.
beim nächsten essen bin ich dabei. :-))

 

Hallo Uwe,

ich finde die Geschichte ganz amüsant, der Anfang ist doch ein wichtiges Stück Normalität als Kontrast zu dem plötzlichen seltsamen Abschnitt. Dieser Übergang, das Durchschreiten einer Tür, das in eine andere `Welt´ führt, macht für mich den Reiz der Geschichte aus.

Tschüß... Woltochinon

 

Jou, die Tür zerschneidet das Universum in zwei Teile, der eine ist einigermaßen real, der andere, naja ... ein bisschen erinnert mich das an die Tür zum Büro von meinem alten Chef. Da dachte ich auch immer, ich betrete ein anderes Universum, in dem andere Gesetze gelten, jedenfalls nicht die von Kausalität und Vernunft :D
Aber am Ende schließt sich der Kreis, es geht um ganz weltliche Dinge wie Sex, und der ganze Hokuspokus löst sich in ein kleines Wölkchen auf - auch Phantasten landen irgendwann auf dem Boden der Tatsachen, meist mit dem Hosenboden...

Uwe

 

Hallo Uwe,

genau: bei näherem Hinsehen hat der Kaiser keine Kleider an... und die Normalität findet sich sogar im Absurden.

Tschüß... Woltochinon

 

Hej Uwe!

Das Salz, das hatte ich ja völlig vergessen! :D
Also, hier gilt wohl: wer dabei war, hat an beiden Teilen viel Spaß! Die Leute, die auf dem Klo und in der Küche verschwanden, sind mir gar nicht aufgefallen, war wohl anderweitig beschäftigt! ;)

Macht Spaß, das Ding zu lesen, hätte gerne auch noch länger sein dürfen.

Lieben Gruß

chaosqueen :queen:

 

Nun, eigentlich war es nur das Salz und die Tatsache, dass man uns loswerden wollte, die in dieser Geschichte auftauchen. Sollte ja keine Nacherzählung werden :D

Tja, bei solchen Gag-Storys fehlt mir oft die Ausdauer. Irgendwann finde ich, ist es genug Unfug und ich höre auf :cool:

 

Hi, Uwe.

Der Anfang ist sehr langatmig, dann wird das Tempo immer schneller und die Geschichte immer besser. Sehr gut geschrieben hat mir der Teil ab »Iiiik!«, kreischte Hanna, weil Winfried ihren weißen Rock mit seiner Serviette verwechselt hatte. sehr sehr gut gefallen!

Liebe Grüße

 

Ich hab zu viele Gags aus Göttingen und fürchte, es wird entweder eine Serie, ein Roman oder eine KG Niels'schen Ausmaßes. Mal sehen, vielleicht bekomme ich es ja auch kürzer hin...

:queen:

 

Hallo Uwe,

vielleicht kannst Du noch einige „hatte“ am Anfang vermeiden?

Tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich erwäge derzeit, den Anfang komplett zu streichen oder extrem einzudampfen. Dem würden auch die "hatte"s zum Opfer fallen...

Edit: Ich habe jetzt den Anfang massiv zusammengekürzt.

 

Hallo Uwe!
Der Titel verspricht viel. Und deine autobiographische Horrorgeschichte über einen Mann, der seine Freunde verlässt, um bei einem seltsam deutschem (siehe Benehmen Kellner, sehr unasiatisch) Chinamann Zeuge der Verschwörung der Idiotischen Illuminaten zu werden, besticht durch ein genaues Charakterspiel und die schonungslose Offenlegung der niederen Triebe des Protagonisten.
Ansonsten erscheint mir der Humor über weite Strecken zu erzwungen und platt, und mit Logik segnest du weder Ich-Erzähler noch Geschichte.
Die sprachliche Umsetzung ist ganz in ordnung, aber das mysteriöse "Quaaak"- Ende verlangt einen guten Kryptographen und lässt mich mit dem Gefühl zurück, dass Drogen im Umlauf waren.
Vielleicht wolltest du auch nur schnell abschließen und dem Leser klarmachen, dass diese Geschichte niemals Sinn machen wollte oder diesen während des Schreibens verlor.
Viele Grüße und bis bald, würde gern mal mit dir asiatisch essen.
...para


Er hatte Chin-Ka-Fu gewählt und sich über das viele Gemüse gewundert.
Was genau hatte er erwartet? Einen CHINa- KArate- FU?
(ein Fu ist ein orangener Socken mit Knopfaugen, der paras früher das Lesen beibrachte)

Winfried hatte derweil die Suche nach seiner Serviette auf den Bereich unter dem Tisch ausgedehnt.
Will sagen: "W. suchte die Serviette inzwischen unter dem Tisch."
Klingt etwas umständlich und gezwungen gehoben.

Da ziemlich viele Zahlen darauf standen und es kein Lottoschein war, zückte ich die Geldbörse.

Hoho. Der Glückspilz kriegst die wohl geschenkt, watt?

Ich ging noch schnell aufs Klo, erwischte eine falsche Tür und befand mich plötzlich in einem dunklen Raum.

Wohl nicht aufgepasst, als der eine Gast zum WC ging?

Und ziemlich warm, das verrieten mir die Schweißtropfen, die plötzlich in meinem Gesicht auftauchten.

Wie nett von ihnen. Dein Freund, der Körper.

Ein leieses Geräusch ertönte, als würde jemand verlegen auf einem Stuhl herumrutschen.
»Das weiß ich nicht, Herr Vorsitzender.«
»Warum nicht?«
»Weil es stockdunkel ist.«
Eine Geheimversammlung mit Humor. Warum wurde das Eintreten des Protagonisten nicht gehört?
"leises"

Es folgt ein Geräusch, das so klang, als würde jemand erwürgt.
"folgte"

»Oh. Nun, dann sollten wir die Sitzung beginnen. Protokollführer, verlesen Sie die Tagesordnung.«
Spezialtinte, die im Dunkeln leuchtet?

»Also gut. Der erste Punkt auf der Tagesordnung lautet: Ente der Welt heraufbeschwören.«
Pekinesen, hm?

Ich hatte den Eindruck, allein in einem absolut leeren Universum zu schweben.
(...)
Dieses leere Universum wurde ausschließlich von Idioten bewohnt.
Schonungslos selbstehrlich und sehr autobiographisch. :p :D :lol:

»Ich beantrage«, fuhr die Stimme fort und redete sich in Rage, »einen weiteren Punkt auf die Tagesordnung zu setzen. Und zwar hat die Dorfjugend schon wieder den Bürgersteighochklappmechanismus sabotiert.

:teach: Wer nach sieben Worten in Rage gerät, wird selten so alt.
Die folgende Stelle ist weniger gelungen bis relativ peinlich.

Bunte Blitze schossen durch den Raum, und düstere Gestalten wurden einen Augenblick lang sichtbar, um erneut von der Düsternis verschlungen zu werden.

Kannte das Wort "Düsternis" bisher nur aus einer Conrad-Übersetzung und hielt es für die verunglügte Übersetzung von "Darkness". Aber der Duden gibt dir Recht.

 

Danke für die Anmerkungen, Para, zu dieser in der Tat weniger originellen Geschichte. Sie war ja durch die Ahrensburger Lesung inspiriert, und Du warst nicht dabei, daher war auch das Essen beim Chinesen nicht ganz so abgehoben wie das auf Niels Terasse.

Pekinesen? Wieso Pekinesen?

 

Sollte ein Text nicht auch funktionieren, wenn man nicht dabei war?
Falls nein, solltest du vielleicht darauf hinweisen. :teach:

Weil sie so Pfefferkörnig entengeil sind, dachte ich mir, sie hätten vielleicht ein Pekingententrauma.

 

Deine pekinesische Logik ist entwaffnend.

Nein, der Text funktionert auch bei Nichtdamalsanwesenden; es gab vorher ein paar Insider-Sätze, die sind aber raus. Das mit dem Essen war ein Scherz oder sowas.

 

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