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I'll never smile again
Ich legte das Buch beiseite. Es gelang mir nicht, mich auf die Handlung zu konzentrieren.
"Darf ich mir hierhin setzen?", hörte ich eine Stimme neben mir.
Ich zuckte zusammen und starrte die ältere Frau mit weitaufgerissenen Augen an.
"Natürlich", murmelte ich und räumte meine Tasche weg. Bleib ruhig!, schimpfte ich innerlich.
Meine beste Freundin kam mir in den Sinn. Für sie wäre das hier wahrscheinlich ein Kinderspiel. Ich sah sie vor mir, während mein Blick nach draußen schweifte, wo die Landschaft vorbeizog. Ihre Haare glänzten seidig. Der gleiche Schimmer lag auf ihren Lippen. Der Schaffner rief "Birkenweg" durch das Mikrofon, der Zug hielt, die Türen öffneten sich und er trat ein. Er sah sich kurz um und setzt sich zu ihr ins Abteil. Er lächelte schüchtern. Sie lächelte zurück. Nach einer Minute trafen sich ihre Blicke erneut und er begann ein Gespräch.
Mein Herz klopfte schneller. Ich schloss die Augen. Plötzlich saß nicht mehr meine Freundin mit ihm im Abteil, sondern ich. Nur, dass ich so aussah wie sie. Selbstbewusst und zuversichtlich. Einnehmend. Gewinnend. Ich hörte mich fragen, ob er Lust habe, sich mal mit mir zu verabreden.
Meine Wangen erhitzten sich. Wie würde er reagieren? In meinen Gedanken überzog ein sonniges Strahlen sein gutaussehendes Gesicht, breitete sich aus und er sagte leise zu mir, dass er sich freuen würde ...
"Nächster Halt: Uhlensteinweg."
Ich schrak erneut zusammen. Mein Buch rutschte von meinem Schoß und landete polternd auf dem Boden. Die Schamesröte schoss mir ins Gesicht, während ich mich bückte um es aufzuheben. Ich atmete tief ein. Wie sollte ich ihn ansprechen? Sonst begann er immer ein kleines Gespräch; was, wenn er dieses Mal nicht den Anfang übernehmen würde? In meiner Kehle schien sich ein Kloß festzusetzen; ich schluckte, aber das beklemmende Gefühl ging nicht weg. Hoffentlich würde meine Stimme nicht piepsig klingen, so wie manchmal in der Schule, wenn die Vokabeln abgefragt wurden. Ich räusperte mich mehrmals.
"Kindchen, bist du krank?", fragte mich die ältere Frau. Ich schüttelte den Kopf und lehnte dankend das Bonbon ab, das sie mir anbot.
Meine Hände zitterten. Ich verschränkte die Finger ineinander und starrte zum Fenster hinaus. Noch eine Station. Was, wenn er heute gar nicht da wäre? Ich überlegte - war er schon einmal nicht eingestiegen? Ja, zwei- oder dreimal hatte ich ihn nicht gesehen. Wahrscheinlich war er da krank gewesen. Ob er heute krank war? Ausgerechnet heute? Nein, er würde ganz sicher einsteigen. Der Zug fuhr bereits langsamer. Gleich würde der Schaffner die Station ankündigen. Am liebsten hätte ich mich in ein anderes Abteil verzogen.
"Nächster Halt: Birkenweg", ertönte die dunkle Stimme und ich seufzte. Schnell schlug ich mir die Hand vor den Mund, aber niemand hatte auf mich geachtet. Die Frau neben mir packte ihre Sachen zusammen. Der Platz wäre gleich frei für ihn. Bei dieser Vorstellung wurde mir abwechselnd heiß und kalt. Bisher hatte er mir immer nur gegenüber gesessen, aber vielleicht würde diesmal alles anders sein. Er würde neben mir sitzen, noch dichter bei mir, ich würde ihn ansprechen ... Ich biss mir auf die Lippen.
Der Zug ruckelte und bog in die letzte Kurve ein. Meine eiskalten Hände krampften sich um das Buch.
Die Schienen quietschten, der Zug hielt. Die Türen öffneten sich. Die Frau erhob sich und verließ das Abteil. Ich wusste nicht, wohin ich sehen sollte. Ich konnte ihm doch schlecht entgegenstarren, wenn er eintrat! Hilflos schlug ich mein Buch an irgendeiner Stelle auf und starrte auf die schwarzen Buchstaben, ohne auch nur ein einziges Wort erkennen zu können. In meinen Ohren rauschte es, jedes Geräusch war unerträglich laut. Aus der Ferne konnte ich vernehmen, wie die Türen sich wieder schlossen und der Zug sich langsam in Bewegung setzte. War er eingestiegen? Ich wagte es nicht den Kopf zu heben.
Da! Schritte!
Entschlossen hob ich den Kopf und setzte ein Lächeln auf. Selbstbewusst und zuversichtlich. Einnehmend. Gewinnend. Er sah mich nicht. Er sah nur sie. Seine Hand hielt noch die Tür auf, damit sie sich hindurchzwängen konnte.
"Danke", raunte sie ihm zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Dabei schenkte sie ihm das Lächeln aus meinen Gedanken.