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Ich
Müde schlug sie die Augen auf. Ihr Mund war trocken und sie frohr trotz dicker Wolldecke. Staubkörner tanzten in den Strahlen der Sonne. Sie hatte schlecht geschlafen, ihr Nacken und Rücken schmerzten. Mit Mühen verließ sie ihr warmes kuschlige Bett.
Langsam humpelte sie zum Spiegel. Ein Müdes, schlaftrunkendes Gesicht blinzelte ihr entgegen. Es war abstoßend, nicht so hübsch wie es einmal war. Ihr roten Locken waren verfilzt, ihre Lippen aufgesprungen, ihre Haut fettig. Ihre grünen Katzenaugen waren ausdruckslos, abwesend, traurig, tot. Dicke dunkle Augenringe ließen ihre Haut besonders blass aussehen. Ihr Mund war noch immer trocken. Sie griff nach der Wasserflasche die auf dem Schränkchen neben dem Spiegel stand, doch ließ dabei ihr Spiegelbild keine Sekunde aus den Augen. Ein lautes Klirren löste jedoch den Blick von ihrem Bild, dieser wanderte nun zu dem umgekippten Bilderrahmen. Ihre Augen wurden feucht und ihr Herz begann zu schlagen. Sofort richtete sie das Bild auf. Ein Junge tauchte auf, der den Arm um ein rothaaries hübsches Mädchen mit strahlenden grünen Augen gelegt hatte. Er hatte schwarze etwas längere Haare, und grinste fröhlich in die Kamera. Er trug eine schwarze Hose, ein weißes Hemd und eine schwarze Kravate, die locker um seinen Hals gebunden war. Das Mädchen saß auf seinem Schoss. Drückte dem Jungen einen Kuss auf die Wange. Seine blauen Augen strahlten fröhlich. Er strich mit der Hand über das grüne Kleid des Mädchens.
Ein Jahr zuvor:
"Man Mama nicht noch ein Foto.", genervt verdrehte das Mädchen die Augen.
"Aua mein Bein tut schon weh.", nörgelte der Junge und schubste das Mädchen von seinem Schoss, diese strich ihr grünes Kleid gerade und trat zu ihrer Mutter.
"Und sind die Fotos was geworden.", fragte das Mädchen und streckte die Hand aus, damit ihre Mutter ihr den Fotoapperat gab.
"Ja teilweise sind die echt schön. Mein kleines Lischen wird erwachsen.", strahlte ihr Mutter und wuschelte ihrer Tochter durch die roten Haare.
"Hör auf meine Frisur!", sofort strich sie sich die Haare wieder glatt, die sie mit Mühe 2 Stunden lang geglättet hatte. Sie nahm ihrer Mutter die Kamera aus der Hand und setzte sich wieder neben den Jungen. Zusammen guckten sie sich auf dem kleinen Bildschirm der Kamera die Fotos an.
"Das ist schön.", lächelte der Junge. Lisa betrachtete das Bild mit zusammen gekniffenen Augen. Tatsächlich, er hatte recht, es war wirklich schön und beide waren gut getroffen. Sie zoomte heran um mehr zu erkennen. Auf dem Bild drückte Lisa ihrem Freund gerade einen Kuss auf die Wange.
"Schön.", lächelte Lisa und strich ihm liebe voll durch die Haare.
"Achtung seine Frisur.", sagte ihr Mutter lächelnd, die gerade ins Wohnzimmer blickte und die zwei mit hochgezogener Augenbraue beobachtete.
"Darf ich mal sehen.", fragte sie und eilte zu den zwei Teenagern hinüber.
Lisa reichte ihm den Fotoaperat.
"John, du bist aber gut getroffen.", lächelte die Frau, den Freund ihrer Tochter an, sodass sich kleine Lachfalten um ihre Augen und den Mund bildeten.
Dankend lächelte John, im nächsten Moment, wurde er von Lisa am Arm gepackt und aus dem weichen roten Sessel gezogen.
"Ab zur Party!", lächelte das Mädchen und hielt ihrem Freund die Lederjacke hin.
"Aber ich kann Caroline nicht ausstehen.", protestierte der Junge und verschränkte trotzig seine muskulösen Arme vor seinem Bauch.
"Ich auch nicht.", sagte Lisa und zog ihre Schuhe mit den hohen Absätzen an, "Dann sind wir wengistens auf einer Höhe."
"Und warum gehen wir dann dort hin?", fragte John und schaute seiner Freundin nun genau in die grünen Augen.
"Weil sie eine meiner beste Freundinnen ist." piepste Lisa schon fast verlegen, schnappte sich das Geschenk, von John und ihr, das auf dem Flurschrank lag und verließ Händchen haltend mit John das Haus.
Sie hörten Radio. Es war dunkel und Lisa war müde. Sie wusste nicht ob es wegen der langweiligen Party, auf der sie gewesen waren, war oder weil sie einfach nur schlafen wollte. John saß am Steuer, blickte auf die Straße, er hatte nicht getrunken, darauf hatte Lisa geachtet.
"Wie fandest du die Party?", fragte das Mädchen, sie erwartete keine positive Antwort, doch als John nur ein schnippiges "ha" von sich hören ließ, wusste Lisa nicht ob dieses ein Ausdruck der Belustigung oder des Verachtens war.
"War das ne ernst gemeinte Frage?", wollte er wissen. Lisa wusste genau, dass sich John ärgerte. Er hatte seinen Samstagabend für eine langweilige Party vergoldet, hatte sich 3 Stunden mit einem Mädchen unterhalten müssen, das er abgrundtief nicht leiden konnte und hatte kein Mal mit seiner Freundin tanzen können, da es keine Musik gab.
Lisa biss sich auf die Lippe. Sie schwiegen, eine ganze Zeit lang, bis plötzlich ein Mann 50 Meter vor John alten VW auftauchte. Lisa schrie auf, als sie den Mann wahr nahm, John verriss das Lenkrad, trat auf die Bremsen, sodass Lisa der Geruch von heißem Gummi in die Nase stieg. Das Quitschen der Bremsen betäubt jedes andere Geräusch, dass in diesen Sekunden die eigentlich Stille der Landstraße durchbrach. Es schien so, als ob die beiden lautlos schrien.
Dann überschlug sich der Wagen. Einmal, zweimal, ein drittes Mal. Dann blieb das Auto auf dem Dach liegen und schwankte nur noch leicht hin und her. Lisa spürte eine Hand, diese war eiskalt und gleichzeitig mit einer warmen Flüssigkeit bedeckt, Lisa musste nicht hinschauen um zu wissen, dass es Blut war.
Sie schaute zu John, sie hing noch in ihrem Stuhl, John lag unter ihr. Ihr Blut tropfte auf sein Hemd, dieses vermischte sich sofort mit seinem. Der Mann tauchte auf, zerrte an der Tür, doch diese ließ sich nicht öffnen. Achtend richtete sich John auf. Hielt immer wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht inner und hielt sich die Brust.
"Bleib sitzen.", forderte Lisa ihn auf, doch John zog sich immer weiter hoch, bis er halbwegs stand. Eine Hand hielt er um Lisas Tallie, mit der anderen versuchte er den klemmenden Gurt zu lösen. Als dieser sich endlich öffnen lies, fing John das Mädchen auf, doch brach unter ihrem Gewicht sofort wieder zusammen. Ob wohl Lisa alles weh tat, sprang sie sofort von ihrem Freund herab. John hatte die Augen geschlossen und atmete schwer. Immer wieder setzte sein Atem für wenige Sekunden aus. Blut lief ihm aus dem Mund, Lisa nahm ihn behutsam ihn den Arm und streichelte ihm durchs Haar. Tränen liefen ihr über die Wangen.
"Du schaffst das. Hörst du mich? Du schaffst das!", sprach Lisa John und auch ihr selbst Mut zu. Plötzlich schlug John die Augen auf.
"Ich liebe dich! Ich warte auf dich, mein Engel.", krächzte er kaum hörbar, bevor er die Augen für immer schloss.