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- 07.01.2004
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Ich
Gestern, bei einem feuchtfröhlichen Depressionswegmaching, schaute ich von meinem Bierglas weg und landete genau auf mein von Jeansstoff eingefassten Oberschenkel. Da fiel mir auf, dass dieser Schenkel proportional zu meinem restlichen Körper recht groß ist und mir kam auch in den Kopf, dass dieses Körperteil ja auch „Robert Zobel“ ist.
Ach, was hab ich mich da erschreckt. Fast ist mir das Bier auf die Füße gescheppert. Dieser Schenkel war also genau so „Ich“, wie meine Nase, ja auch „Ich“ ist und alles andere an mir auch.
Sogar die Schnotter, die mir dann des Nachts, weil besoffen, ins Kissen gesickert ist, war „Ich“ und das Kissen nun zu 0,1 % auch. Wobei ich da in irgendein Labor müsste um das „Ich“ wirklich genau berechnen zu können. Können auch 0,2 % sein und sowieso weiß man ja nicht, was man im Rauschzustand alles aus dem Mund verliert.
Am nächsten Morgen war ich um eine Erfahrung reicher. „Ich“ ist ganz viel. Da gibt es „meine“ Hände, „meine“ Füße und „meine“ Pobacken. Sie alle gehören zu meinem „Ich“. Und ich überlegte weiter. Wenn alles „Ich“ ist, wo steckt dann aber die Seele? Im Kopf? Hinter der Stirn? Oder vielleicht doch unterm linken Zehnagel, da wo der Stoff einer alten Socke zwischen Horn und Haut abhängt und schon ziemlich nass vom ganzen Schweiß geworden ist?
Und was ist das „Ich“ ? Ein Mischmasch aus Körper und Seele? Was macht mich mehr aus? Der Körper oder die Seele? Wie sieht es da rein Prozentual aus? Ist die Seele über den gesamten Körper verteilt? Hat jedes Körperteil eine eigene Seele? Gibt es deshalb Phantomschmerzen und sind diese Schmerzen dann Körpergeister?
Schreit die Seele, wenn mein Körper verletzt wird?
Anders herum ist es ja so. Es gibt viele Krankheiten die, so sagt man, psychosomatisch sind. Die Seele ist so krank, dass auch der Körper in Mitleidenschaft gezogen wird. Dann gibt es Hautkrankheiten, dass Herz macht schlapp oder die Genitalien streiken.
Ist ein kranker Mensch weniger „Ich“? Entzieht etwas seiner Seele, seinem „Sein“ Kraft und füllt es dann mit Krankheit? Sind Viren und Bakterien Seelenräuber? Wenn es so viele sind und wir sie nicht bekämpfen können, sterben wir und all das, was sie uns entzogen haben, tariert in einem lichtvollen Tunnel und schwupp sind wir in einer ganzen anderen Welt. Wenn wir Glück haben. Wenn wir Pech haben, haben wir unsere Energie nur weiteren Bakterien vermacht.
Letzteres behandelt schon das Ende des „Ichs“. Und warum weiter schreiben, wenn man schon am Ende ist? Warum sollen die kleinen Finger, von denen jeder einzige zum „Ich“ gehört jetzt über das „Ich“ weiter schreiben, wenn auch „Ich“ es nicht mehr will?