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Ich wusste nicht, was sagen, und ich sagte nichts.

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12.03.2015
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Ich wusste nicht, was sagen, und ich sagte nichts.

Als der Mann ohne Gesicht die Bar betrat, war es schon spät abends. Ich saß auf einem wackligen Barhocker, stützte meine Ellbogen auf den Tresen und nippte an meinem vierten Drink, vielleicht war es auch der fünfte. Ich hatte ein flaues Gefühl im Magen, von den vielen Oliven, die in den kleinen Schalen auf dem Tresen gelegen hatten. Trotzdem war ich noch hungrig und überlegte gerade, ob ich was essen gehen sollte, als er sich neben mich setzte. Ich sah ihn an und ich erschrak nicht, obwohl er kein Gesicht hatte. Lange, schmale Narben zogen sich von der Stirn über seine Wange, bis zum Kinn. Oder sogar bis zum Hals? Das war das Problem, man konnte nicht erkennen, wo seine Wangen oder sein Mund waren. Oder wo die Stirn begann, die immer noch Wange sein konnte. Alles verschwamm miteinander und dann war da nichts mehr.
„Was trinken Sie da?“ Er drehte sich zu mir um. Warme Aussprache. Südstaaten. Seine Stimme war tief und angenehm und beruhigend.
„Single Malt. Gutes Zeug. Larry hat ‘ne feine Auswahl, dem kann man trauen.“
„Danke, dann genehmige ich mir auch einen.“ Und er ließ es Larry wissen.
Larry brachte den Whiskey und stellte eine neue Schale Oliven vor meinen Drink. Mein Magen knurrte. Ich hörte kichernde Frauenstimmen hinter mir, die Bar hatte sich wieder etwas gefüllt. Larry lief nach hinten und nahm ihre Bestellungen auf.
„Ist ‘n guter Stoff.“ Der Mann ohne Gesicht hob sein Glas. Das Eis klirrte, als wir anstießen. Er trug ein zerknittertes Hemd mit fleckigem Kragen, der breit war und abstand, wie er in den 60ern Mode war.
„Sind Sie öfter hier?“, fragte er.
„Ab und zu mal, ja. Is‘ in der Nähe meines Büros, also ist’s ganz praktisch. Und der Whiskey ist gut.“ Er nickt.
„Und Sie? Das erste Mal hier, nehm‘ ich an?“, sagte ich.
„Mm. Seit ein paar Tagen bin ich hier in der Stadt. Bald geht’s dann wieder weiter.“
„Geschäftsreise?“
„Ne, das is‘ ein Teil meines Jobs. Ich male Bilder und stelle überall aus, wo ich kann.“ Er lächelte stolz. „Ich fahr‘ so mit meiner Frau quer durch die Staaten. Wo’s uns gefällt, machen wir Halt und bleiben ‘ne Weile. Dann versuch ich mein Glück mit den Bildern. Und uns gefällt’s an vielen Orten, nichts hält uns. Das ist schön.“
„Das glaub‘ ich. Würd‘ auch gerne mal wieder n‘ bisschen rumkommen.“
Er musterte meine Kleidung. Ich trug einen schwarzen Anzug und ein hellgraues Hemd, bei dem ich die obersten Knöpfe geöffnet hatte.
„Was tun Sie beruflich?“
„Ich arbeite an der Börse. Investment“, sagte ich.
„Lassen Sie mich raten. An der Stock Exchange?“
„Jep. Sie kennen sich aus?“
„Hab jahrelang an der Börse gearbeitet, bevor ich angefangen hab‘, zu malen. Sie wissen ja, wie das ist, ständig bangt man um seine Stelle. Und dann über Nacht, macht’s zack, und alle müssen gehen.“
Ich nickte. „Da haben Sie verdammt recht.“
Ich drehte mich auf meinem Barhocker um und blickte in Richtung Toilette, der einzigen in der Bar. Niemand stand davor, also ließ ich den Mann ohne Gesicht kurz allein.
Als ich zu meinem Platz zurücklief, sah ich zwei Frauen miteinander tuscheln. Beide stocherten dabei in ihren Martinis herum. Die eine war blond. Sie hörte der anderen zu und versuchte angestrengt ihr Kichern zu unterdrücken, wie ein kleines Mädchen, das während dem Unterricht nicht vom Lehrer erwischt werden möchte. Sie war schön. Ihre Beine waren schlank, aber nicht dürr. Und lang. Sehr lang. Beide schauten immer wieder verstohlen in die Richtung des Mannes, der kein Gesicht hatte.
„Wie gefällt’s Ihnen hier?“, fragte ich ihn und setzte mich wieder auf meinen Hocker.
„Gut, mich beeindruckt vor allem die Architektur. Wahnsinnig hohe Gebäude, das ist immer wieder was Neues für mich. Das inspiriert mich, ich male gut hier, denke ich. Nur finde ich die Stadt zu groß. Das ist mir irgendwie zu anonym, verstehen Sie? Und ich hab‘ dabei komischerweise das Gefühl, ich fall hier total auf.“
Ich nickte. „Kann auch ganz schön stressig sein, glauben Sie mir. Und unfreundlich.“
Er lachte. „Is‘ das hier normal, dass einen die Kassierer im Supermarkt nich‘ mal anschauen?“
Ich schmunzelte. „Seien Sie froh, dass Sie nicht im Winter hier sind, ich sag’s Ihnen. In welchem Hotel sind Sie? Vielleicht kann ich Ihnen paar nette Ecken empfehlen. Mit freundlicheren Menschen. Glauben Sie mir, die gibt’s selten, aber es gibt sie.“
„Wir haben ein Apartment, ich und meine Frau. Nicht weit von hier. Das is‘ uns lieber. Kann man mal was selber kochen und man ist für sich, verstehen Sie?“
Ich nickte.
Larry stellte mir neue Oliven hin. „Noch ‘n Schluck? Ich lad‘ Sie ein“, sagte ich zu dem Mann. Larry machte uns die Drinks.
Die blonde Frau lief an die Bar und bestellte zwei neue Drinks. Sie stand neben dem Mann ohne Gesicht und ich lehnte mich etwas zurück und sah mir ihre Beine an. Wahnsinn, dachte ich.
„Wo haben Sie gedient? Vietnam?“, fragte sie den Mann, der kein Gesicht hatte.
Daran hatte ich auch schon gedacht.
Als sie ihn das gefragt hat, hat das etwas mit ihr gemacht. Sie war jetzt anders. Nicht mehr schön.
„Nirgends. Untauglich, Gott sei Dank“, antwortete der Mann. Er sagte es ganz ruhig, nicht verärgert oder verletzt. Wundert er sich nicht, weshalb sie ihn danach fragt?, dachte ich.
Sie nickte und sagte kein Wort, sie schien ihm nicht zu glauben. Dann ging sie mit den Drinks wieder nach hinten.
„Die Frage kenn‘ ich. Da is so ‘ne Ehrfurcht drin in den Menschen. Ich bin im Krieg gewesen, da sind sie sich alle ganz sicher. Dabei hab‘ ich nie gekämpft“, sagte er.
Ich wusste nicht, was sagen, und ich sagte nichts.
„Man muss nicht gekämpft haben, um Narben zu haben.“, sagte der Mann ohne Gesicht.
Er nahm einen Schluck und bestellte zwei neue Whiskey. „Jetzt geb‘ ich einen aus.“
„Danke“, sagte ich. Dann sagte ich: „Darf ich mir ihre Bilder ansehen?“
„Ähm, klar. Die hängen in meinem Apartment, aber Sie können mitkommen. Ich zeige sie gerne“, sagte er.
Wir zahlten die Drinks und gingen. Die blonde Frau war wohl auf der Toilette, ihre Freundin musterte uns ausgiebig, als wir die Bar verließen.
Das Apartment war verdammt klein. Die weiße Farbe an den Wänden war vergilbt und fleckig. In der Wohnung roch es nach Plastik und Erbrochenem. Oder sonst ein übler Gestank, verfaulte Lebensmittel vielleicht. In der Ecke stand ein Bett. Ein kleiner Holztisch, viele leere Whiskeyflaschen, eine Kochnische und das war’s. Eine Bruchbude, es brannten ein paar Kerzen, mehr war da nicht. Dreckige Pfannen und Teller türmten sich auf den zwei Herdplatten. Er zeigte mir die Küche und redete was von einem Induktionsherd, den er in der Wohnung davor hatte, doch ich hörte ihm nicht zu. Dann kamen wir zu den Bildern. Das war nichts. Zu bunt, zu beliebig. Hat man alles schon mal gesehen. Nur ein Bild war da, das ich mir genauer ansah. Es war nicht besser als die andern, aber auf der rechten Seite, in einiger Entfernung war da ein Mann, der dir genau in die Augen sah. Er hatte kein Gesicht. Ein Selbstporträt, wie es viele Künstler nebenbei in ein Bild packen. Und es war gut getroffen. Dann schaute ich auf das Bett, darin lag eine Person. Ein gleichmäßiges Atmen ging von ihr aus, das war beruhigend. Er redete weiter und zeigte mir die Bilder, er war sehr stolz. Dann gingen wir zum Bett und er sagte: „Das ist meine Frau.“ Dabei strich er ihr mit der Hand über die Schulter und sie schlief. An ihr war etwas Anmutiges. Sie hatte geschwungene Lippen und ein ebenmäßiges Gesicht. Ihre Haut sah unecht aus, in dem Licht der Kerzen. Sie war schön, viel schöner als die Frau in der Bar.

 
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Hallo Graziano, deine Geschichte habe ich gerne gelesen, denn deine Sprache gefällt mir.

Mit dem Titel stimmt etwas nicht. Ich wusste nicht was ich sagen sollte und ich sagte nichts, wäre richtig.

Die Geschichte ist nicht alltäglich. Wan trifft man schon auf einen Menschen ohne Gesicht? Die Story spielt sich in einer Bar ab, gut beobachtet, auch die beiden Frauen. Eine Handlung kann ich nicht erkennen. Das Gespräch hast du gut getextet. Der Fremde bekommt langsam ein "Gesicht".

Woher die Narben kommen erfährt der Leser nicht. Du lädst ihn ein, mit in das Apartment zu kommen und hast eine Überraschung vorbereitet. Der Mann ohne Gesicht lebt mit einer Puppe zusammen?

Eine Geschichte, flüssig erzählt, ohne Handlung, mit einem überraschenden Schluss. Es fehlen Absätze!

Ein Vorschlag von mir. Lass dir einen Titel einfallen der neugierig macht, dann kommen auch die Leser und Kritiker. Beispiele findest du ganz leicht.

Liebe Grüße!
Amelie

 
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Also mich hat der Titel lustigerweise ziemlich neugierig gemacht. Ist irgendwie mal was anderes!!! :-D
Zuallererst eine Frage: Was soll das Ende bedeuten? Und was hat das mit der Frau aus der Bar zu tun ? Hat er ihr das Gesicht geklaut? Das wäre ne ziemlich coole Idee. Dann würde ich am ende aber schreiben, dass seine Frau genau das gleiche Gesicht wie die Frau in der Bar hatte. Das wäre richtig schön gruselig!
Etwas, was mir noch aufgefallen ist: Der Mann ohne Gesicht kürzt öfter seine Worte ab, Zb "ne", "n", "hab", geb'". Das ist gut so, ist eben seine Sprache und formt seinen Charakter. Allerdings würde ich dann drauf achten, dass auch wirklich nur der Mann ohne Gesicht so spricht. Mindestens einmal, habe ich gelesen, dass auch dein Ich-Erzähler in der wörtlichen Rede so gesprochen hat. Und einmal hast du auch einen ganz normalen Erzählsatz mit "ne" oder "en" angefangen, ich weiß jetzt nicht mehr die Stelle. Jedenfalls würde ich diese Art der Sprache nur den Mann ohne Gesicht sprechen lassen, damit es ein charakteristisches Merkmal von ihm bleibt. Sonst denkt man, du sprichst normalerweise so und kannst es auch beim schreiben nicht ganz abstellen. ;-)

 

"Sie hatte geschwungene Lippen und ein ebenmäßiges Gesicht. Ihre Haut sah unecht aus, in dem Licht der Kerzen."

Ich denke, es war eine Puppe, die in diesem verkommenen Apartment im Bett lag. Eine lebendige Frau steht auf, wenn Besuch kommt. Eventuell hätte sie auch den Abwasch erledigt.

Bitte Graziano lass mich nicht so lange zappeln!

Amelie

 

Dann schaute ich auf das Bett, darin lag eine Person. Ein gleichmäßiges Atmen ging von ihr aus, das war beruhigend
Also eine atmende Puppe habe ich noch nirgends gesehen... ;-) Bin aber auch mal gespannt, was das für eine komische Frau ist!

 

Hallo Graziano,
dafür, dass der Mann nichts zu sagen wusste, redet er viel.
Rätselhaft zu schreiben, das ist schön. aber die Schönen auf der Toilette und im Bett machen einen wirklich sprachlos.
Mann ohne Gesicht und Schönheit - was für ein Thema, leider verschenkt. Die beiden Mädchen mit langen Beinen sind überflüssige Beigaben. Die Schonheit im Bett funktionslos. Die Sprachlosigkeit kommt zu wenig rüber und wird kaum begründet.
Sehr guter Stoff, aber noch viel Arbeit.
Fröhliche Grüße
Wilhelm

 

Weil es bisher noch keiner angesprochen hat:

[...] Dann sagte ich: „Darf ich mir ihre Bilder ansehen?“
„Ähm, klar. Die hängen in meinem Apartment, aber Sie können mitkommen. Ich zeige sie gerne“, sagte er.
Sie zahlten die Drinks und gingen. Die blonde Frau war wohl auf der Toilette, ihre Freundin musterte sie ausgiebig, als sie die Bar verließen.

Die gesamte Geschichte ist in der Ich-Perspektive erzählt, mit Ausnahme dieser beiden Sätze. Soll das ein dramaturgischer Kniff sein, dessen Sinn sich mir nicht erschließt, oder hast du da während einer Überabeitung schlicht was übersehen, Graziano?

offshore

 

Dreckige Pfannen und Teller türmten sich auf den zwei Herdplatten. Er zeigte mir die Küche und redete was von einem Induktionsherd, den er in der Wohnung davor hatte, ...

Da ich erst die Kommentare lese, dann die Geschichte beim ersten Mal von hinten – ich will sagen, dass ich mich jetzt verabschieden müsste, um Dich zum Ende begrüßen zu können.

Erwiesenermaßen ist das gut so, sonst hätte ich obiges Zitat gar nicht aufgespürt. Das ist klasse!

Bevor ich’s vergesse: Hola Graziano!

Weiter im Text:

vielleicht war es auch der fünfte. Ich hatte ein flaues Gefühl im Magen, von den vielen Oliven, ...

Eine Perle.

Ich wusste nicht, was sagen, und ich sagte nichts.

Hier allerdings wundere ich mich, zumal Du das auch als Titel nimmst.
Warum nicht: Ich wusste nichts zu sagen, und sagte nichts.

Sie (Wir?) zahlten die Drinks und gingen. Die blonde Frau war wohl auf der Toilette, ihre Freundin musterte sie ausgiebig, als sie die Bar verließen.

Passiert.

So! Prima Idee, gut geschrieben – ohne Abstriche. Und danke schön für die interessante Geschichte. Da ist nur ein Punkt, und das könnte der schwierigste sein:
Eine Figur ohne Gesicht trinkt, spricht und schaut mir ohne Gesicht in die Augen:

... war da ein Mann, der dir genau in die Augen sah. Er hatte kein Gesicht. Ein Selbstporträt, wie es viele Künstler ...

Das ist nicht ganz einfach.
Raten kann ich zu gar nichts. Ich möchte nicht in Deiner Haut stecken!

José

Übrigens: Es ist tatsächlich so, dass diese Scheißoliven dieses Scheißgefühl verursachen. Ist vielleicht dieses Konservierungsmittel – am Wiskey liegt’s bestimmt nicht. Das hab ich auch schon getestet.

 
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Hallo AmelieS

Es freut mich, dass du meinen Text gerne gelesen hast.

Mit dem Titel stimmt etwas nicht. Ich wusste nicht was ich sagen sollte und ich sagte nichts, wäre richtig.

Ich dachte, der wäre richtig so, wie ich den geschrieben habe. Mir hat der Satz irgendwie gut gefallen, aber da denk' ich nochmal drüber nach. Oder wähle einen ganz neuen Titel, wie du vorgeschlagen hast ...

Du lädst ihn ein, mit in das Apartment zu kommen und hast eine Überraschung vorbereitet. Der Mann ohne Gesicht lebt mit einer Puppe zusammen?

Da musst' ich schmunzeln. Sehr fantasievoll. Ich verstehe, dass du darauf gekommen bist, weil ich geschrieben habe, dass ihre Haut unecht aussah. Ne, sollte aber keine Puppe sein. Ich hab ja nicht gesagt, dass ihre Haut unecht ist. ;) Und Neytiri hat das ja mit dem Atmen auch noch gezeigt.

Danke dir für deinen Kommentar.

Hallo Neytiri

Hat er ihr das Gesicht geklaut?

Auch das ist ein geistreicher Einfall, woran ich aber nicht gedacht habe. Ich versuch' mal, zu erklären, weshalb die beiden Frauen da in meiner Geschichte sind:

Frau in der Bar: Hält den Mann für verletzt, für einen Krüppel und spricht ihn auch schamlos darauf an. Sie glaubt ihm nicht, dass er die Narben nicht vom Krieg hat. Für sie lässt sein Aussehen nur den einen Schluss zu.

Frau des Mannes ohne Gesicht: Lebt mit ihm zusammen, obwohl er so aussieht. Das sollte keine totale Moralstory werden, aber das soll schon so 'n bisschen zeigen, dass sie (die sogar noch besser aussieht als die andere) nicht viel auf das Aussehen ihres Mannes gibt. Die Schönheit liegt dann auf jeden Fall vor allem in diesem Charakterzug. Das war zumindest meine Absicht, das zu zeigen.

Mindestens einmal, habe ich gelesen, dass auch dein Ich-Erzähler in der wörtlichen Rede so gesprochen hat.

Das wird gleich verändert, da is' mir was reingerutscht :D

Vielen Dank für den Kommentar.

Hallo Wilhelm

Mann ohne Gesicht und Schönheit - was für ein Thema, leider verschenkt. Die beiden Mädchen mit langen Beinen sind überflüssige Beigaben.

Das ist schade, dass dich mein Text enttäuscht hat. Ich hab versucht, die Funktion der beiden Frauen in meiner Antwort an Neytiris Kommentar ein bisschen zu erklären. Zumindest meine Absicht. Und da ist nur eine Frau mit langen Beinen. Die, die am Tisch mit der Freundin tuschelt und dann an die Bar läuft, ist dieselbe.

Die Sprachlosigkeit kommt zu wenig rüber und wird kaum begründet.

Da hast du wahrscheinlich recht. Diese Sprachlosigkeit sollte den Text eigentlich ausmachen. Ich wollte, dass vieles nicht gesagt wird: Woher genau die Narben kommen, zum Beispiel. Auch seine Frau hab' ich schweigen lassen, sie schläft.

Das ist keine in sich abgeschlossene Geschichte, ich werd' da noch dran feilen müssen. Das weiss ich.

Dein Kommentar gibt mir sehr zu denken. Lieben Dank dafür, ich hab' mich darüber gefreut.

Hallo offshore

Das ist mir reingerutscht, unbeabsichtigt. Werd' das beheben.
Danke für den Hinweis.

Nun zu dir, José

So! Prima Idee, gut geschrieben – ohne Abstriche. Und danke schön für die interessante Geschichte.

Ich freue mich sehr über dein Lob.

Da ist nur ein Punkt, und das könnte der schwierigste sein:
Eine Figur ohne Gesicht trinkt, spricht und schaut mir ohne Gesicht in die Augen:

Der hat ja schon ein Gesicht, also zumindest technisch gesehen. Sonst wird's echt schwer mit dem Reden und Schauen.

Lange, schmale Narben zogen sich von der Stirn über seine Wange, bis zum Kinn. Oder sogar bis zum Hals? Das war das Problem, man konnte nicht erkennen, wo seine Wangen oder sein Mund waren. Oder wo die Stirn begann, die immer noch Wange sein konnte. Alles verschwamm miteinander und dann war da nichts mehr.

Hier hab' ich versucht, dass zu beschreiben. Diese Narben machen das Gesicht unkenntlich. Sie lassen die Züge verschwimmen, so dass sie nicht mehr richtig zu Unterscheiden sind und keinem "klassischen Gesicht" mehr zugeordnet werden. Das ist natürlich nicht sehr realistisch, klar.

Hier allerdings wundere ich mich, zumal Du das auch als Titel nimmst.
Warum nicht: Ich wusste nichts zu sagen, und sagte nichts.

Ich hab das oben versucht ein bisschen zu erklären. Ausserdem gefällt mir der Satz wahnsinnig gut.

Es ist tatsächlich so, dass diese Scheißoliven dieses Scheißgefühl verursachen. Ist vielleicht dieses Konservierungsmittel

Schön, dass ich da nicht der einzige bin, dem es so geht. Das mit den Konservierungsmitteln könnt' echt sein.

Danke für deinen Kommentar, hat mich sehr gefreut.

Liebe Grüsse an euch alle.
Graziano

 

Hallo Graziano

ich mag diese Geschichte. Sie erinnert mich an Geschichten von Raymond Carver.

Trostlosigkeit in einer einsamen Welt und die Sehnsucht nach Schönheit und Nähe....

Die schöne Frau in einem versifften Zimmer im Gegensatz zu der blonden Frau in der Bar, die Narben als Symbol, fein gemacht :)

Einzig die Berufswahl Stock Exchange finde ich fraglich, wo sollte man sonst arbeiten, wenn man von Investment spricht..... vielleicht wäre auch ein einfacher Büroangestellter passender gewesen....

Warum spielen solche Geschichten eigentlich nicht hier in Europa ?

wirklich gern gelesen
Isegrims

 

Hallo Graziano,

auch ich bin an dem Satz hängengeblieben:

Ich wusste nicht, was sagen, und ich sagte nichts.
Das ist umgangssprachlich, ich würde das nicht so schreiben. Aber du schreibst, dass dir der Satz so gut gefällt, man kann es sicher so lassen.

Mal wieder muss ich an den Satzzeichen herumnörgeln. Es geht um dieses kleine Dingelchen: ‘ Ich hab nun auch endlich herausgefunden, wie das passiert: Einige Textverarbeitungsprogramme meinen, besonders schlau zu sein, und ersetzen bei der Eingabe das Ersatzzeichen ' durch ein abschließendes einfaches Anführungszeichen. Richtig wäre der Apostroph: ’ Dafür drückt man Alt und gibt auf dem Nummernblock 0146 ein.

Ich weiß, es ist nur eine Kleinigkeit, aber mir sticht das immer so ins Auge.

Ich würde dir auch empfehlen, Verben in der ersten Person Singular, bei denen das Schluss-e entfällt, wie hab, nehm, fahr, lad usw. ohne Apostroph zu schreiben. Wenn dein Herzblut dran hängt, lass sie drin, aber da sie üblich und unmissverständlich sind, sollten sie ohne Apostroph geschrieben werden. Mich persönlich stört so eine hohe Apostroph-Dichte immer.
Bei war’s, mach’s usw. sowie bei ’nen etc. kann man einen Apostroph setzen, muss aber nicht.

Was ich noch so an Kleinkram gefunden hab:

Ich hatte ein flaues Gefühl im Magen, von den vielen Oliven
Kein Komma.

Er trug ein zerknittertes Hemd mit fleckigem Kragen, der breit war und abstand, wie er in den 60ern Mode war.
Ich würde schreiben, wie es Mode war.

Und dann über Nacht, macht’s zack
Kein Komma.

wie ein kleines Mädchen, das während dem Unterricht nicht vom Lehrer erwischt werden möchte.
Während des Unterrichts

Wundert er sich nicht, weshalb sie ihn danach fragt?, dachte ich.
Hier hab ich kurz gestockt. Wieso sollte ihn das wundern? Er weiß doch, wie er aussieht, und es ist, wie er danach sagt, auch nicht das erste Mal, dass er so etwas gefragt wird.

„Man muss nicht gekämpft haben, um Narben zu haben.“, sagte der Mann ohne Gesicht.
Hier ist dir ein Punkt dazwischen gerutscht.

„Danke“, sagte ich. Dann sagte ich: „Darf ich mir ihre Bilder ansehen?“
Das zweite „sagte ich“ würde ich weglassen.

Er zeigte mir die Küche und redete was von einem Induktionsherd, den er in der Wohnung davor hatte,
Besser: gehabt hatte.

Es war nicht besser als die andern, aber auf der rechten Seite, in einiger Entfernung war da ein Mann, der dir genau in die Augen sah.
Entweder: aber auf der rechten Seite, in einiger Entfernung, war da ein Mann,
Oder: aber auf der rechten Seite in einiger Entfernung war da ein Mann,

Ihre Haut sah unecht aus, in dem Licht der Kerzen.
Kein Komma. Schöner fände ich: im Licht der Kerzen oder im Kerzenlicht.

Das wars auch schon.

Dein Stil gefällt mir, du schreibst so schön flüssig, das ist sehr angenehm zu lesen. Auch das „’ne“ usw. hat mich nicht gestört, das ist halt Umgangssprache, so reden die Leute jenseits der Weißwurstgrenze, das ist realistisch. Ich fand die Geschichte wirklich schön, nur am Schluss fehlt mir eine Pointe, ein Ereignis, irgendwas. Ich hab nicht wirklich verstanden, worauf du hinaus willst. Für mich war es, als ob du an einer beliebigen Stelle mittendrin aufhörst. Das fand ich schade, ich war so gespannt, was passiert, aber dann lief die Spannung einfach ins Nichts aus.

Liebe Grüße
raven

 

Hola Graziano zum zweiten - und extrem kurz:

Zitat José
Übrigens: Es ist tatsächlich so, dass diese Scheißoliven dieses Scheißgefühl verursachen. Ist vielleicht dieses Konservierungsmittel – am Wiskey liegt’s bestimmt nicht. Das hab ich auch schon getestet.

Zitat Graziano: Schön, dass ich da nicht der einzige bin, dem es so geht. Das mit den Konservierungsmitteln könnt' echt sein.

Ist es aber nicht. Sollte ein Scherz sein. Bei mir ist es immer diese bräunliche Flüssigkeit.
In Zukunft bemühe ich mich um bessere Witzchen.
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Isegrims

Trostlosigkeit in einer einsamen Welt und die Sehnsucht nach Schönheit und Nähe....

Das wollte ich genau versuchen, schön, dass es bei dir so angekommen ist.
Und danke für dein Lob, das freut mich.

Einzig die Berufswahl Stock Exchange finde ich fraglich, wo sollte man sonst arbeiten, wenn man von Investment spricht

Was das angeht, muss ich gestehen, dass ich komplett ein Laie bin. Kenn mich in dem Bereich nicht aus und hab da bloss ein bisschen gegoogelt. Werd mir das nochmal anschauen.

Warum spielen solche Geschichten eigentlich nicht hier in Europa ?

Berechtigte Frage, ich fand, das passt mehr. Aber möchte auch mal was schreiben, dass in Europa spielt. Ich find ja die Gegend im Elsass ganz faszinierend und atmosphärisch. Mal schauen.

Vielen Dank für deinen Kommentar.

Hallo raven

Das mit den Satzzeichen muss ich noch beheben. Das schaue ich mir genauer an, wenn ich etwas Zeit dafür finde. Auch das mit den Verben muss ich nochmals genauer ansehen. Das wusst ich nicht.


Deine Fehler werde ich alle verbessern. Danke vielmals dafür. Nur etwas werde ich lassen, nämlich den Satz: „Danke“, sagte ich. Dann sagte ich: „Darf ich mir ihre Bilder ansehen?“

Das ist Geschmackssache, mir gefällt das komischerweise sehr gut mit den zwei "sagte". Ich bin da vielleicht etwas seltsam :D

Ich fand die Geschichte wirklich schön, nur am Schluss fehlt mir eine Pointe, ein Ereignis, irgendwas. Ich hab nicht wirklich verstanden, worauf du hinaus willst.

Schön, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Das mit der Pointe stimmt. Es gibt keine klare Pointe, das wollt' ich auch nicht. Aber ich muss meine Absicht oder zumindest das Feeling, das ich vermitteln wollte, irgendwie etwas deutlicher machen. Ich weiss nur noch nicht, wie.

Danke für deinen Kommentar, das hat mich gefreut.

Hallo José

Bei mir ist es immer diese bräunliche Flüssigkeit.

Dann solltest du mal beim Larry vorbeigehen ;)


Grüsse an alle
Graziano

 

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