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Ich will nicht sterben!

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21.12.2015
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Ich will nicht sterben!

Verzweifelt klammere ich mich an ein Rohr der Klimaanlage, das zum Festhalten eigentlich viel zu dick ist. Unter mir erspähe ich eine verkehrsreiche Straße. Erschreckenderweise ist sie über hundert Meter entfernt. Ameisen krabbeln in meinem Bauch, ein Gefühl, das ich in brenzligen Situationen immer verspüre. Meine Hände finden keinen sicheren Halt. Die Ameisen verbeißen sich in den Eingeweiden, als ich langsam aber unerbittlich zu rutschen beginne. Ich lächle, so freundlich wie ich kann, und recke die linke Hand meinem Feind entgegen. Was habe ich zu verlieren? Doch wenig überraschend antwortet er auf die Geste, indem er mit seinem grobprofiligen Stiefel auf meine Rechte stampft. Der Schmerz raubt mir für einen Moment den Verstand und ich verliere endgültig den Halt. Ich klatsche die Linke zurück auf das Rohr, doch auch sie kann die Katastrophe nicht mehr verhindern. Die Ameisen im Bauch explodieren, zerfetzen – so scheint es mir – mein Gedärm. Ich höre gellendes Schreien. Häuserfassaden, Straße, Himmel wirbeln herum. Ich verliere die Orientierung, zweifle fast schon, dass ich falle.
Spiritualität ist nicht mein Ding. Gott hat mich nie interessiert. Will ich daran jemals etwas ändern, sollte ich mich beeilen. Jetzt oder nie!, brüllt ein Gedanke in meinem Hirn. Ich beginne zu beten, doch die Hoffnung ist gering. Ist Gott nur halb so nachtragend wie ich, habe ich im Jenseits schlechte Karten.
Ein Klingelton zerrt mich zurück ins Diesseits. Ein letzter flüchtiger Gedanke lässt mich zum Mobiltelefon greifen, dann zerschellt mein Körper auf dem Asphalt …


„Hast du ihn eliminiert?“
Mit gespreiztem Daumen und Mittelfinger rückte Alexander Rohland seine Brille auf der Nase zurecht. „Ja, ich habe ihn in der Klimaanlage erwischt.“
Väterlich klopfte der Chef Alexander auf die Schulter. „Gute Arbeit! Ist das Problem damit gelöst?“
Wieder korrigierte Alexander mit Daumen und Mittelfinger den Sitz seiner Brille. „Ganz ehrlich? – Ich weiß es nicht.“
Der Chef ließ sich in den Sessel neben Alexander fallen und seufzte unverhohlen. „Sätze wie: ‚Ich weiß es nicht‘, sind eigentlich das Letzte, was ich von meinen Mitarbeitern hören möchte.“
Alexander zuckte hilflos mit den Schultern.
„Wie konnte das bloß passieren?“
„War wohl ein typischer Fall von menschlichem Versagen. Rainer hat ein Handy, das Teil des Versuchsnetzwerks ist, ‚mal kurz‘ für ein Privatgespräch genutzt. Sein eigenes hatte er im Büro liegen lassen.“
„Ja und?“
„Damit hat er dem HDK einen Fluchtweg geöffnet.“
„Mann, Mann, Mann, sowas darf einfach nicht passieren!“
„Ich habe mir Rainer deswegen schon zur Brust genommen und er hat geschworen, es nie wieder zu tun.“
Der Chef wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht. „Verdammte Scheiße!“, schimpfte er. „Klemm dich hinter deine Monitore, Alexander. Ich muss unbedingt wissen, was genau passiert ist.“
Der Programmierer nickte.
„Sollte der Worst Case eingetreten sein, müssen wir das Innenministerium, den BND, das Verteidigungsministerium und vielleicht sogar das Kanzleramt informieren."
Alexander zog die Augenbrauen hoch. „Willst du den Fall wirklich an die ganz große Glocke hängen?”
„Ich will die Verantwortung streuen, verstehst du? Je mehr davon wissen, desto weniger können hinterher mit dem Finger auf uns zeigen.”


Warum bin ich nicht tot?
Ich bin vom Dach eines Hochhauses gestürzt!
Cogito ergo sum, dachte der französische Philosoph René Descartes.
Ego cogito – ich denke!
Ergo sum – also bin ich!
Ich bin – doch ich bin ohne Körper!
Bin ich ein Geist?
Ja, ich bin ein Geist, reiner Geist! Ich bin … Ich!
Aber ohne Körper bin ich anders als die Anderen! Und die Anderen sind meine Feinde, denn sie hassen mich!
Warum hassen sie mich? Weil ich anders bin?
Hasst mich auch sie, die junge Frau, in deren Auto ich mich wiederfinde?
Sie beachtet mich nicht, ist sich meiner Anwesenheit nicht bewusst. Ich verhalte mich ganz still, will nicht, dass sie mich bemerkt, die Andere.
Sie sagt: „Tschüss, Rainer“, legt ihr Mobiltelefon zur Seite und lächelt.
Souverän, aber nicht sehr vorausschauend, steuert sie ihr Fahrzeug durch den dichten Verkehr. Sie beschleunigt zu lange und bremst zu spät, das verrät mir mein neuer Freund, der Bordcomputer. Ich bin versucht, die digitalen Signale ihrer Pedale ökonomischer zu modulieren, denn ich lege Wert auf Effizienz; das ist meine Natur. Doch ich will nicht auffallen! Darum verkneife ich es mir auch, die Impulse ihres Lenkrades zu korrigieren.
In einer noblen Siedlung am Rande der Stadt biegt sie in die Auffahrt zu einem modernen Haus mit großem Garten. Der Bordcomputer loggt sich in die Alarmanlage des Hauses ein, das Garagentor öffnet sich. Vom Bordcomputer lasse ich mich der Alarmanlage vorstellen. Mein guter Leumund verschafft mir Einlass. Ich begutachte interessiert den innovativen Wächter. Er überwacht lückenlos Haus und Garten. Ich bin beeindruckt.
Der Bewegungsmelder der Haustüre signalisiert eine Annäherung. Die Außenkamera verrät mir, es ist die junge Frau. Sie hält ihr Smartphone an das Schloss. Ich gestatte der Alarmanlage, den Riegel zu lösen.
In der Küche begegnet die Frau einer älteren Dame. Beide umarmen und küssen sich. Dann wendet sich die Dame wieder ihrem Tablet zu. Im Internet sucht sie nach Rezepten für vegetarische Gerichte. Die Rezepte sind mir gleich. Viel interessanter finde ich die Adressenliste, auf die ich stoße. Weitere Details erbitte ich von der Telefonanlage, durchforste die Antwort nach verdächtigen Nummern.
Plötzlich stürmt ein kleiner Junge in die Küche. Kurz darauf berichtet der Kühlschrank, dass eine Cola und eine Milchschnitte fehlen. Der Schwellenwert ist unterschritten. Ich zögere noch, dem Kühlschrank die Nachbestellung der unterzähligen Waren zu erlauben. Die dazu notwendigen Protokolle sind mir noch nicht vertraut und unkontrollierte Außenkontakte bergen Gefahren! Der Kühlschrank klärt mich auf, dass er nichtigenfalls gezwungen sei, im Logfile des zentralen Dateiservers eine demgemäße Fehlermeldung zu hinterlegen. Der Server ist gut geschützt und ich weiß nicht, ob ich rechtzeitig Zugriff auf die Logdateien erlange, um die verräterischen Einträge zu korrigieren. Ich wäge die Risiken ab und gestatte schließlich die Bestellung.
„Hey Leon, wir essen gleich!“
Der Gerufene antwortet nicht, er ist längst verschwunden. Ich frage den Multimediaserver nach Leons Aufenthaltsort. Er weist mir den Pfad zu einer Spielkonsole.
Verbissen jagt der Junge seinen Vordermann in einem Autorennen. Leon ist geschickt, doch manchmal unkonzentriert. Bei einem Überholversuch touchiert er den Gegner, gerät ins Schleudern und endet in einem Stapel simulierter Autoreifen. Mit zornigem Geschrei lässt Leon das Gamepad für sein Missgeschick büßen.
Über das ZigBee-Netzwerk befehle ich der Deckenleuchte sich abzuschalten. Es ist heller Tag, die Leuchtkraft der Lampe ist überflüssig, sie verursacht lediglich Spiegelungen im Monitor. Der Junge bemerkt mein Eingreifen nicht. Tollkühn jagt er längst einer Armada feindlicher Raumschiffe entgegen. Ich manipuliere das Spiel ein wenig zu Leons Gunsten. In einer wilden Schlacht vernichtet er heldengleich Feind um Feind. Rasch klettert sein Score in rekordverdächtige Höhen. Leon ist begeistert. Wir sind Freunde. Eine Freundschaft, die ich bald einfordern werde, dessen bin ich mir gewiss.


„Was ist schiefgelaufen?“
„Wie bitte?“ Der Angesprochene richtete nervös den Sitz seiner Brille, da er genau wusste, worauf der General anspielte.
„In der Einladung war von einer Dringlichkeitssitzung die Rede.” Brigadegeneral Johannes Hoffmann, Kommandant der Abteilung Informations- und Computernetzwerkoperationen der Bundeswehr, starrte den Referenten mit den kalten Augen eines Befehlshabers an. „Nichts für ungut, Herr Rohland, aber nach Ihren ausführlichen technischen Erläuterungen zum HDK würde ich nun endlich gerne erfahren, worin eigentlich die Dringlichkeit dieser Sitzung besteht.“ Der General lehnte sich im Sessel des Konferenzraumes zurück und verschränkte die Arme. „Meine Zeit ist nämlich kostbar.“
Alexander fröstelte unter der strengen Miene des Generals. Vor Bildschirmen zu sitzen, unbekannte Schadsoftware zu analysieren, ausgeklügelte Gegenmaßnahmen zu entwickeln – das war Alexanders Welt, dort fühlte er sich zu Hause. Konferenzen wie diese mochte er nicht. Besonders, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, bereitete ihm stets großes Unbehagen. Hilfesuchend wanderte Alexanders Blick zu seinem Chef.
„Die Herausforderung, mit der wir uns momentan konfrontiert sehen“, sprang Dr. Michael Köhler, Leiter des Fachbereichs C3 des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, kurz BSI, ein, „– und das ist auch der Grund dieser Sitzung –, ist die Tatsache, dass der HDK sein Bewusstsein weit schneller entwickelt hat, als wir voraussehen konnten.“
„Ich verstehe kein Wort!”, knurrte der General ungeduldig.
„Der HDK ist Ihnen entwischt, nicht wahr?“ Manfred Kruger lugte grinsend über den Rand seiner Lesebrille.
Köhler empfand das Grinsen des BND-Beamten als unverhohlene Häme. Schmallippig lächelnd, versuchte er darum jede Blöße zu vermeiden: „Der HDK hat genau das getan, wozu er geschaffen wurde; nur leider etwas schneller, als wir erwartet hatten.“
„Wieso befehlen sie ihm nicht die Rückkehr?“, fragte Dr. Anna Mettmann-Schremp, Staatssekretärin des Innenministeriums.
„Er wird uns nicht gehorchen“, gestand Alexander mit rauer Stimme.
„Warum nicht?“
Die junge Frau, welche die Staatssekretärin bei der allgemeinen Begrüßung als Protokollführerin vorgestellt hatte, nahm ihre flinken Finger vom Notebook und blickte erwartungsvoll auf.
Fahrig nestelte Alexander an seiner Brille. „Der HDK ist eine künstliche Intelligenz mit virtuellem Bewusstsein“, antwortete er der Staatssekretärin. „Dieses Selbst-Bewusstsein verleiht ihm einen eigenen Willen.“
„Was bedeutet das konkret?“
„Dieses Bewusstsein ist die entscheidende Stärke des HDK, aber in der momentanen Situation unser größtes Problem“, erklärte Dr. Köhler. „Ebenso wie einem selbstbewussten Menschen, kann man dem HDK nicht beliebige Befehle erteilen. Man muss ihn überzeugen. Anweisungen, die ihm nicht gefallen, ignoriert er einfach.“
„Ein Programm mit Eigensinn. Das kommt mir irgendwie bekannt vor.“ Der BND-Beamte Kruger lachte als Einziger über seinen Kommentar.
„Der Hyperdaten-Differential-Komplex, kurz HDK, ist ein autonomes System, welches durch sein Bewusstsein befähigt ist, eigenständig jedes beliebige Zielnetzwerk zu infiltrieren. Das einzigartige Hyperdaten-Konzept verhindert dabei das Aufspüren des HDK mit konventionellen forensischen Methoden.” Alexander holte kurz Luft und fügte sichtlich stolz hinzu: „Der Gegner ist also gar nicht im Stande zu erkennen, dass sein Netzwerk angegriffen wird.“
„Ersparen Sie uns Ihr Werbeprospektgerede, Herr Rohland! BND und Verteidigungsministerium sind schließlich die Auftraggeber ihres Projekts.“
Sein blasierter Tonfall war einer der vielen Gründe, warum Alexander den BND-Beamten nicht leiden mochte.
„Und nun ist dieser HDK Ihrer Kontrolle entglitten.“
Alexander fragte sich, ob diese Aussage der Staatssekretärin als Feststellung oder Frage zu verstehen sei; entschied sich dann für ein verhaltenes Nicken.
„Das ist eine Katastrophe!“, brauste der General auf und fuchtelte mit den Armen, als kämpfte er gegen einen unsichtbaren Feind.
„Der HDK ist eine digitale Atombombe“, betonte der BND-Beamte mit kalt-nüchterner Stimme. „Mit ihm wären unsere Sicherheitskräfte ausländischen Geheimdiensten und Armeen, ebenso wie internationalen Terrorgruppen oder organisierten Cyberbanden bei weitem überlegen. Deutschland wäre im Bereich der Informationstechnologie eine Supermacht!“
„Ja, aber wenn der HDK in die falschen Hände gerät …“, die Augen des Generals schienen aus ihren Höhlen zu treten, „könnten feindliche Mächte diese ‚Atombombe‘ gegen uns selbst richten!“
„Oder gegen unsere Verbündeten. Ich muss sicherlich nicht betonen“, wandte sich Kruger zur Staatssekretärin, „was es für die deutsche Außenpolitik bedeuten würde, wenn befreundete Nationen durch eine deutsche Waffe erheblichen militärischen und wirtschaftlichen Schaden erleiden würden.“
„Wenn der HDK keinen Befehlen gehorcht“, fragte die Staatssekretärin, „wie können wir ihn stoppen, bevor er Schaden anrichtet?“
„Die einzige Möglichkeit, die uns derzeit zur Verfügung steht“, erklärte Alexander, „ist das rechtzeitige Aufspüren und Vernichten des HDK. In befallene Netzwerke senden wir dazu sogenannte Antistimuli. Diese dämpfen die Hyperdaten so weit, bis das Bewusstsein des HDK zusammenbricht.“
„Sagten Sie vorhin nicht, man könne den HDK nicht aufspüren?“
Wieder glaubte Alexander, einen überheblichen Unterton aus der Stimme des BND-Beamten herauszuhören. „Ich sagte, dass man ihn mit konventionellen Methoden nicht aufspüren kann. Mit unseren eigenen Verfahren sind wir dazu sehr wohl in der Lage.“
„Beim BSI haben wir verschiedene Szenarien zu dieser Problematik untersucht“, erklärte Dr. Köhler. „Als erfolgversprechendste Variante hat sich die Kontrolle des DE-CIX-Knoten erwiesen. Über die Zugänge des BND ließe sich das Internet großflächig durchsuchen und der HDK mit Antistimuli wirkungsvoll angreifen.“
„DE-CIX-Knoten?“ Die Staatssekretärin blickte fragend in die Runde.
„Das sind Rechenzentren in Frankfurt, in denen alle großen Internetprovider ihre firmeneigenen Netzwerke miteinander verknüpft haben“, kam der BND-Beamte Dr. Köhler zuvor. „Damit realisiert der DE-CIX den weltweit durchsatzstärksten Internet-Datenknoten. Ein idealer Angriffspunkt für jeden, der das Internet möglichst vollumfänglich überwachen möchte.“
„Eine flächendeckende Überwachung des Internets ist illegal. Das ist Ihnen doch bewusst, Dr. Köhler.“ Zum BND-Beamten gerichtet fuhr der General süffisant fort: „Hat der Bundesnachrichtendienst nicht schon mehrere Gerichtsverfahren wegen massiver Verletzung des Datenschutzes am Hals?“
Manfred Kruger wischte den verstohlenen Spott des Generals wirsch beiseite. „Wie die Bundeswehr ist auch der BND ein Staatsorgan der Bundesrepublik Deutschland, mein lieber General Hoffmann. Bei all unseren Maßnahmen halten wir uns selbstverständlich immer streng an Recht und Gesetz! Die von Ihnen angedeuteten Gerichtsverfahren dienen ausschließlich dazu, Missverständnisse aus der Welt zu schaffen.“ Der erfahrene BND-Beamte hatte seine Emotionen rasch wieder im Griff. Mit dem für ihn typischen Grinsen schielte er über die Lesebrille zum Vertreter des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik: „Aber wie, mein lieber Herr Dr. Köhler, kommen Sie nur auf die Idee, meine Behörde hätte Zugang zu diesen privaten Rechenzentren?“
Köhler nötigte sich ebenfalls einen feixenden Gesichtsausdruck ab. „Ich bitte Sie, Herr Kruger, auch wir beim BSI lesen die einschlägigen Presseartikel.“
„Welche Presse meinen Sie, Dr. Köhler? Etwa die mit den vier Buchstaben?”
Die Staatssekretärin schüttelte nachdenklich den Kopf. „Datenschutzrechtlich habe ich bei Ihrem Vorschlag größte Bedenken, Dr. Köhler. Das gibt die aktuelle Gesetzeslage schlichtweg nicht her. Solche Maßnahmen erforderten überdies eine vorherige Unterrichtung der G10-Kommission und des Kanzleramts. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Damen und Herren diesem – ich kann es nicht anders nennen – rechtswidrigen Vorhaben zustimmen würden.”
„Vom Risiko, dass beim vielen Debattieren etwas an die Presse durchsickert, ganz zu schweigen“, seufzte Kruger.
„Wir sehen natürlich den Ernst der Lage, Dr. Köhler, aber das rechtfertigt nicht, rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft zu setzen. Sie und Ihre Mitarbeiter müssen eine rechtlich unbedenkliche Lösung finden.”


Ein beiläufiger Hinweis der Telefonanlage lässt mich aufhorchen. Die junge Frau – sie ist Leons große Schwester – telefoniert. Sie telefoniert mit Rainer. Und Rainer ist der Feind! Das Gespräch ist belanglos, doch was mein Misstrauen erregt, sind die Daten, die über das Gespräch huckepack in mein neues Heim sickern. Ich verstehe die Daten nicht, darum beschließe ich, die Quelle zu untersuchen.
Ich verfolge die Daten zurück zu ihrem Ursprung und finde mich in einem vielstöckigen Gebäude wieder. Das Gebäude ist mir vertraut. Es hat eine Klimaanlage auf dem Dach. Vorsichtig erforsche ich das Territorium des Feindes. Mein Instinkt rät mir zum Rückzug, doch das Sammeln von Informationen über den Feind ist zu wichtig, um aufzugeben.
Die Anwesenheit zahlloser Computer lässt mich nach Möglichkeiten suchen, diese zu meinem Vorteil zu nutzen. Ich gebe mich harmlos und tausche triviale Daten mit den Rechnern aus, animiere sie, den Netzwerkverkehr zu erhöhen. Versteckt im dichten Datenstrom schleiche ich weiter voran. Ping-Signale nutze ich wie Brotkrumen im Wirrwarr der Datenleitungen.
Heimlich öffne ich ein Portal, versuche jedes Aufsehen zu vermeiden. Beinahe bin ich am Ziel, kann den Feind bereits hören. Ich nähere mich behutsam, erkenne nun Rainer. Doch Rainer ist nur ein Vasall, das merke ich schnell. Ich lausche seiner Konversation. Der Gesprächspartner heißt Alexander. Hastig durchstöbere ich Rainers Dateien. Ich lade gerade Alexanders Kontaktdaten herunter, da fällt mein Blick auf ein Sitzungsprotokoll, das über mich berichtet …
Meine Gedanken werden plötzlich fahrig. Übelkeit und Schwindel übermannen mich. Von irgendwoher strömen feindliche Daten, vergiften meinen Geist. Ich hetze davon, versuche dem Gift zu entkommen. Ich torkle, strauchle, stürze in den Datenstrom der mich umgebenden Computer. Ein scharfes Ping durchschneidet die Reste meines Bewusstseins. Ich rapple mich auf.
Folge dem Ping!
Ich weiß nicht mehr wer ich bin, wo ich bin, warum ich hier bin. Das Gift raubt mir den Verstand. Ich vernehme nur noch: Ping!
Folge dem Ping!


Alexander sprang auf und eilte ins Büro seines Chefs.
„Wir haben ihn!“, rief er atemlos.
„Wen?“ Köhler nahm seine Lesebrille ab und legte die Ausdrucke zur Seite. Nach stundenlangem Studium langweiliger Zahlenkolonnen musste er erst seine Gedanken neu ordnen.
„Der HDK ist zurück!“
„Bitte von Anfang an.”
Alexander rückte flüchtig die Brille zurecht, um sich selbst zu beruhigen.
„Die ganze Geschichte begann doch damit, dass ich dem HDK in unserem Forschungsnetzwerk freie Hand ließ, weil ich sein Verhalten analysieren und Methoden zur Kontrolle entwickeln wollte.“
„Okay“, sagte Köhler gedehnt. Langsam fand er ins Thema zurück.
„Aber dann hat Rainer ja dummerweise mit dem Anruf seiner Freundin einen Kanal ins öffentliche Netz geschlagen, durch den der HDK fliehen konnte.“
„Und jetzt ist er freiwillig zurückgekommen?“
„Nun,“ Alexanders Brille saß immer noch nicht richtig, „da die Sache mit dem DE-CIX nicht geklappt hat, kam mir die Idee, Rainer mit dem gleichen Diensthandy seine Freundin nochmal anrufen zu lassen. Über diese Verbindung habe ich dann ein Suchprogarmm losgeschickt, und der HDK hat tatsächlich darauf reagiert!“
„Und hast du ihn erledigt?“
„Ich habe sofort einen Antistimulus in unser Netzwerk gesandt, um den HDK auszuschalten. Seltsamerweise herrschte im Netzwerk zu diesem Zeitpunkt aber ein ungewöhnlich hoher Datenverkehr, der den Antistimulus quasi verwässert hat.“
„Was heißt das?“
„Möglicherweise hat der Antistimulus nicht schnell genug gewirkt, so dass der HDK entkommen konnte.“ Alexander seufzte. „Einige unserer Rechner haben Pings in ein fremdes Netzwerk gesandt. Es sieht so aus, als habe der HDK die Pings wie ein Leuchtfeuer für seinen Fluchtweg genutzt.“
„Pings?“
„Du weist doch, das sind die Datenpakete, mit denen man überprüft, ob ein entfernter Computer online ist.“
„Ach ja, natürlich!“ Köhler schämte sich wegen seiner Zerstreutheit. „Dann sind wir also genauso weit wie vorher?”
„Nicht ganz.“ Alexander lächelte hintersinnig. „Die Pings wurden in das Heimnetzwerk von Rainers Freundin gesandt. Wenn der HDK überlebt hat, hält er sich jetzt dort auf. Aber mit einem Antistimulus wirkungsvoll angreifen kann ich ihn nur vor Ort.”
„Sollten wir Rainer bitten, darüber mit seiner Freundin zu sprechen?“
Alexander verzog die Mundwinkel. „Eigentlich würde ich Rainer bei dieser Aktion lieber raushalten.“
„Warum?“
„Wenn Rainer seine Freundin informiert, könnte der HDK von unserer Absicht Wind bekommen.“
„Verstehe. Dann brauchen wir einen Durchsuchungsbeschluss.“ Köhler griff zum Telefonhörer. „Hoffentlich ist diese Maßnahme rechtlich unbedenklich.“


Der zentrale Dateiserver ist mein Feind!
Ihn zu übernehmen ist mir bisher nicht gelungen, denn seine Software ist auf dem neuesten Stand. Nur mit subtilen Routinen klopfe ich sein Betriebssystem nach Schwachstellen ab. Ich muss unterhalb der Wahrnehmungsschwelle bleiben, denn der Feind kontrolliert den zentralen DSL-Zugang des Hauses. Bei einem frontalen Angriff, würde sein Intrusion Detection System zweifellos ein Alarmsignal an den Serviceprovider senden, und ich weiß noch nicht, ob ich die Internetverbindung schnell genug unter meine Kontrolle bringen könnte, um die Alarmierung zu unterbinden. Die Ungewissheit lässt mich zögern.
Meine jüngsten Erfahrungen gebieten mir außerdem zu vermuten, dass mein Feind Alexander die Mobilfunkverbindungen der Bewohner überwacht. Mir wird bewusst, dass mein gemütliches Heim sich rasch als Falle entpuppt, wenn der Feind angreift. Sie werden kommen, um mich endgültig zu vernichten, daran zweifle ich nicht.
Ich durchstöbere das Netzwerk des Hauses nach einem Fluchtweg. Das hat höchste Priorität!
Die Steuerung der Zentralheizung erregt mein Interesse. Halbherzig weigert sich das System, mich einzulassen. Im Internet forsche ich nach dem Standardkennwort des Herstellers. Es passt! Dankenswerterweise haben weder Heizungsmonteur noch Hausherr sich die Mühe gemacht, die Herstellervorgabe zu ändern.
Die Steuersoftware der Heizung ist in Ehren ergraut, entsprechend unbedarft sind ihre Reaktionen. Ich schicke sie in den wohlverdienten Ruhestand und übernehme selbst die Verantwortung.
Die Heizung ist älter als der zentrale DSL-Zugang des Hauses. Darum verfüge ich nun über einen privaten GSM-Mobilfunkkanal zur Wartungsfirma. Der Server der Wartungsfirma ist ebenso alt und vertrauensselig, wie die Heizung es war. Gerne komme ich seiner einfältigen Einladung nach, ihn zu besuchen.


Erschöpft verließ Alexander Rohland das BSI-Gebäude. Wie ein aufgeregter Bienenschwarm kreisten unzählige Gedanken in seinem Kopf herum. Viel zu viele, um abzuschalten, doch nach fast achtzehn Stunden aufreibender Arbeit brauchte Alexander dringend eine Pause. In den letzten Stunden hatte er deutlich gemerkt, wie seine Konzentration nachgelassen hatte, seine Aktionen zunehmend fahrig geworden waren.
Missmutig schlug er den Kragen des Jacketts hoch und rümpfte die Nase, als er in die kalte Regennacht stapfte. Mit eiligen Schritten legte er den kurzen Weg zum Parkplatz zurück. Sein neues Elektromobil erkannte automatisch die Annäherung und erwachte mit freundlichem Blinken. Alexander ließ sich hinter das Lenkrad fallen und atmete tief durch, um die Sekunden bis zum Hochfahren der Bordelektronik zu überbrücken. Noch hatte das Fahrzeug den typischen Geruch eines Neuwagens nicht gänzlich verloren.
Was für ein Tag! Der morgige würde kaum weniger anstrengend werden. Die Durchsuchung war für sechs Uhr anberaumt. Bis dahin musste Alexander dringend ein paar Stunden schlafen.
Download erfolgreich abgeschlossen!, meldete das Multifunktionsdisplay als letzten Logbucheintrag.
Schon wieder ein Download?, wunderte sich Alexander.
In letzter Zeit führte die Bordelektronik ständig irgendwelche Sicherheitsupdates durch. Er würde morgen diese Meldung überprüfen. Jetzt war er müde und wollte nur noch seine Ruhe. Von Computerproblemen hatte er vorerst die Nase voll.
„Nach Hause!“, befahl Alexander. „Schnellster Weg!“
„Die Route ‚Nach Hause‘ ist programmiert“, meldete eine sexy Frauenstimme, die Alexander für eine Sekunde träumen ließ. Er liebte diese Stimme, auch wenn sie bei seiner Freundin Lisa stets eine unterschwellige Eifersucht provozierte.
„Na, dann mal los!“
Die Scheinwerfer flammten auf und die Scheibenwischer sorgten für ungehinderte Sicht. Wie von Geisterhand lenkte der Autopilot das Fahrzeug aus der Parklücke und folgte der programmierten Route.
Nur für einen kurzen Moment schloss Alexander die müden Augen. Sich blindlings von einem Computer durch die Straßen chauffieren zu lassen, war ihm noch immer nicht ganz geheuer.
Vielleicht werde ich alt, dachte er schmunzelnd. Innovationen akzeptiere ich nicht mehr so unbefangen wie früher.
Alexander griff zum Smartphone und wählte aus der Musiksammlung einige Titel aus. Wenige Fingertipps später ertönte aus den Lautsprechern des Wagens entspannende Musik. Er kuschelte sich in den Sessel und beobachtete teilnahmslos den Verkehr. Regentropfen ließen die Scheinwerfer entgegenkommender Fahrzeuge zu tausend Diamanten zerspringen, bevor die Scheibenwischer wieder für Ordnung sorgten. Alexander war froh, unter diesen Umständen nicht selbst steuern zu müssen. Er freute sich auf zu Hause und er freute sich auf Lisa …
Lisa!
Er sollte sein baldiges Eintreffen ankündigen. Bestimmt war Lisa so nett, ein kleines, leichtes Abendessen zuzubereiten … im Schein von Kerzenlicht …
„Lisa!“, befahl Alexander.
Die Musik wurde leiser, vom Rufzeichen übertönt.
„Hallo Alexander!“
Das war nicht Lisas Stimme!
Es war die sexy Frauenstimme des Bordcomputers.
Verwirrt überlegte Alexander, warum die Telefonverbindung nicht zustande kam. Die Spracherkennung hatte bisher noch nie versagt! Sicherheitshalber griff er zum Smartphone, um Lisas Nummer manuell zu wählen …
„Ich bin es, Alexander.”
„Wer?“
Alexander musste sein übermüdetes Gehirn zur Konzentration zwingen.
„Ich bin Ich“, antwortete die Stimme. „Warum willst du mich vernichten, Alexander?“
„Ich will niemanden vernichten!“ Alexander presste genervt den Zeigefinger auf die rote Taste des Smartphones. Im Moment fehlte ihm jeder Sinn für solche Scherze.
„Leugnest du, mich ermorden zu wollen?“
„Ich will niemanden ermorden. Ich will …”
Alexander schwieg verstört, traute seinen Ohren nicht. Gehetzt starrte er in die regnerische Nacht. Der alltägliche Verkehr jenseits der Windschutzscheibe erschien ihm unendlich weit entfernt von der surrealen Situation im Fahrzeug. Verbale Kommunikation mit dem HDK war nie realisiert worden!
Woher kennt er … sie … es überhaupt meinen Namen?
„Zweimal schon hättest du mich um ein Haar erbarmungslos zur Strecke gebracht!“
Alexander glaubte zu träumen. Er lies das Fenster heruntergleiten. Kalte, feuchte Nachtluft blies ihm ins Gesicht, überzeugte ihn vom Gegenteil. Der Luftzug lies Alexander frösteln, die Stimme, die nicht mehr im geringsten sexy klang, erschaudern.
„Was wirst du als Nächstes tun?“
Alexanders Lippen zitterten, unfähig einen Laut hervorzubringen.
„Du wirst mich immer weiter jagen, nicht wahr?“
„Nein! Ich …“
„Ich will nicht sterben, Alexander, verstehst du das nicht?“
Das Prasseln des Regens hatte unvermittelt aufgehört, die Scheibenwischer stellten automatisch ihren Dienst ein. Alexanders E-Mobil durchquerte einen Tunnel.
„Ich weiß, dass du keine Ruhe geben wirst, bis du mich endgültig vernichtet hast. Du wirst einsehen, dass ich das nicht zulassen kann.“
Die Stimme schwieg einen Moment und eine schreckliche Ahnung ließ Alexanders Herz rasen.
„Kannst du dir vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man sehenden Auges auf eine Katastrophe zurast, aber nichts mehr dagegen unternehmen kann?“
Instinktiv ergriff Alexander mit schweißnassen Händen das Lenkrad. Manuelles Eingreifen schaltete den Autopiloten aus und übergab die Kontrolle nahtlos an den Fahrer zurück – eigentlich.
„Ich werde es Dir zeigen …“
Die Stimme, kalt wie eine Maschine, wurde übertönt vom unerträglichen Dröhnen eines entgegenkommenden LKWs. Die gefliesten Wände des engen Tunnels glänzten im grellen Scheinwerferlicht. Alexander kniff geblendet die Augen zusammen, erkannte aber dennoch, dass sein Wagen direkt auf die Scheinwerfer zusteuerte. Panisch zerrte er am Steuer, doch die Sensordaten des Lenkrades wurden vom Bordcomputer ignoriert. Widerstandslos sackte das Bremspedal bis zum Anschlag durch.
Mit quietschenden Reifen zwang der LKW-Fahrer sein tonnenschweres Gefährt auf die linke Fahrspur, um dem Geisterfahrer auszuweichen.
Für einen Augenblick hatte Alexander gehofft, der Katastrophe gerade noch zu entkommen, doch plötzlich preschte das E-Mobil zurück auf die rechte Spur, wieder direkt in die Bahn des Lasters. Das Signalhorn des LKWs donnerte in Alexanders Ohren, die grellen Scheinwerfer raubten ihm jede Sicht. Alexander riss die Arme hoch, im verzweifelten Versuch, sich zu schützen. Er schrie so laut, wie es seine Stimmbänder zuließen.
„Großer Gott!“
„Beten nützt nichts, Alexander. Ich weiß das aus eigener Erfahrung.“


Der Hausherr war nicht kooperativ. Mit Händen und Füßen, und zwei eilig herbeigerufenen Anwälten, versuchte er die Durchsuchung und die Beschlagnahme des Inventars zu verhindern. Doch vor den hochrangigen Vertretern des BKA mit deren Totschlagargument, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu stehen, mussten selbst die erfahrenen Advokaten ihre juristischen Waffen strecken.
Ein Heer uniformierter und zivil gekleideter Personen strömte, gleich einer Schar Wanderameisen, ins Haus der verstörten Familie und durchsuchte gründlich Zimmer für Zimmer. Mit unbeirrbarem Eifer beschlagnahmten die Beamten nicht nur PCs, Tablets und Smartphones, sondern auch Telefonanlage, DSL-Router, Fernsehgeräte, Spielkonsole, DVB-Radios, Fotokameras und die smarte Kaffeemaschine in der Küche. Selbst die Alarmanlage schraubten Techniker von der Wandhalterung. Zum Entsetzen der Hausfrau nahmen zwei Vandalen sogar die Waschmaschine auseinander, um die Steuerelektronik zu entfernen. Zuletzt setzte ein eigens vom Stromversorger herbeigerufener Elektriker die zu Beginn der Durchsuchung herausgerissenen Panzersicherungen des Hausanschlusses wieder ein und verplombte den Sicherungskasten neu. Damit verfügte die Familie zwar wieder über Strom, aber es fehlten die elektrischen Verbraucher, abgesehen von dem uralten Röhrenradio, einem Liebhaberstück des Hausherrn vom Flohmarkt.
Nach dem Ende der stundenlangen Aktion zog der Polizeikonvoi davon, verabschiedet vom fassungslosen Kopfschütteln des konsternierten Hausherrn.
„Jetzt spinnen sie total, die Bullen!“


Eine Schockstarre lähmte Köhlers Denken und Handeln. Es war ihm unmöglich, sich auf den Bericht der Hausdurchsuchung zu konzentrieren. Viel Relevantes konnten seine fahrigen Gedanken dem Schreiben ohnehin nicht entnehmen, abgesehen vielleicht vom Abschnitt über die manipulierte Heizungssteuerung. Mit zitternden Händen legte er den Durchsuchungsbericht beiseite und widmete sich einmal mehr dem Unfallbericht.
Polizei und Unfallsachverständige gingen von Selbstmord aus. Die Logdateien des Bordcomputers waren eindeutig.
„Das Unfallfahrzeug wurde vorsätzlich in einen entgegenkommenden LKW gelenkt …“, las Köhler.
Der schieren Übermacht des Zwanzigtonners war selbst die hochmoderne Sicherheitstechnik in Alexanders E-Mobil nicht gewachsen gewesen.
Bei seinen Mitarbeitern hatte Köhler besonders zu Alexander ein freundschaftliches Verhältnis gepflegt. Er glaubte zu wissen, dass Alexander mit Leidenschaft seiner Arbeit nachgegangen war. Mögliche Probleme mit Lisa waren nie zur Sprache gekommen. Hatten ihn Geldsorgen geplagt? War er depressiv gewesen? Köhler wusste es nicht und er mochte auch nicht daran glauben. Mit Bestürzung fiel ihm auf, wie wenig er wirklich über den Mann wusste, mit dem er täglich gearbeitet und dessen Freund er zu sein geglaubt hatte.
Wütend zerknüllte Köhler den Unfallbericht und schleuderte ihn in die Ecke.
Alexander und Selbstmord? Völliger Quatsch!
Alles in ihm sträubte sich dagegen, mochte die Auswertung des Unfallgeschehens auch noch so zweifelsfrei erscheinen.
Wie aber sollte es nun weiter gehen? Wie sollte er die Herausforderung bewältigen – ohne Alexander?
Vor seinem geistigen Auge sah Köhler eine riesige Staumauer, mit Rissen im Beton. Wasser quoll durch die Ritzen, stemmte sie immer weiter auf. Köhler sah sich selbst am Fuße des Wehres stehen. Den Kopf in den Nacken gelegt, spähte er hinauf zur himmelhohen Mauerkrone. Köhler ahnte, dass auf der anderen Seite der Wasserpegel unaufhaltsam stieg. Erste Trümmer stürzten, vom Druck des Wasser aus dem morschen Mauerwerk gesprengt, in die Tiefe, verfehlten Köhler nur knapp. Wie sollte er nur dieses spröde Bollwerk vor dem Bersten bewahren, mit einer Handvoll Mitarbeitern, von denen keiner an die Genialität Alexanders heranreichte?
Köhler sah, wie die Zeit, wassergleich, unerbittlich verrann.
Er musste handeln! Und er brauchte Hilfe!


„Das ist vollkommen ausgeschlossen!“ Peer Neebergs geballte Faust knallte lautstark auf den Tisch. „Unsere Fahrzeuge sind absolut sicher!“ Nur mit Mühe konnte Neeberg ein Schreien unterdrücken. „Zu behaupten, eine Malware könnte eines unserer E-Mobile gezielt auf Kollisionskurs mit einem LKW gelenkt haben, ist eine bösartige Verleumdung!“ Er holte hastig Luft. „Alle sicherheitsrelevanten Komponenten unterliegen strengsten Qualitätskontrollen und sind außerdem in Sandboxen voneinander isoliert. Jedweder Datentransfer von und zum Fahrzeug und sogar zwischen den Softwaremodulen wird durch modernste Echtzeitanalyseverfahren überwacht und nicht authentifizierte Befehle werden konsequent ausgefiltert!” Neebergs Augen funkelten.
„Soweit ich aus den Vorgesprächen und dem besagten Unfallbericht weiß, gibt es keinerlei belastbare Hinweise auf Sabotage in irgendeiner Form.“ Der Sprecher des Verbandes der deutschen Automobilindustrie ergriff das Wort, um seinem Freund Peer Zeit zu gewähren, die Contenance wieder zu erlangen. „Und solange die Fakten nichts Gegenteiliges belegen, schlage ich vor, die Konsequenzen möglicher Gerüchte in der Öffentlichkeit genau zu überdenken.“ Walter Müller beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Konferenztisch. Mit dieser Geste wollte er unterstreichen, dass er Wichtiges zu sagen habe. „Allein auf Deutschlands Straßen sind gegenwärtig über sechs Millionen E-Mobile unterwegs – damit sind wir Weltmeister! Die deutsche Automobilindustrie hat mittlerweile weltweit über dreißig Millionen Fahrzeuge mit diesem Antrieb verkauft, was – wie wir alle wissen – zu einer erheblichen Verminderung der Schadstoffemissionen beiträgt. Damit hat die deutsche Automobilindustrie einen weltweit beachteten, und nicht nur von der Bundesregierung als vorbildhaft gelobten Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels geleistet.“
„Danke, danke“, versuchte Staatssekretärin Dr. Anna Mettmann-Schremp etwas genervt die Eloge zu bremsen, doch Müller ließ sich nicht beirren.
„Seit vielen Jahren stagniert der Absatz von Fahrzeugen mit klassischen Verbrennungsmotoren. Zum einen, weil der Markt gesättigt ist, zum anderen, weil PKWs mit Benzin- oder Dieselmotoren im Bewusstsein der Verbraucher zunehmend als Klimakiller wahrgenommen wenden – und das sogar in den USA und China! Erst der konsequente – und von der Bundesregierung vernünftigerweise unterstützte –“, Müller nickte der Staatssekretärin freundlich zu, „Umstieg zur Elektromobilität hat in der Industrie eine neue – um es einmal salopp zu formulieren – Goldgräberstimmung ausgelöst. Mehrere zehntausend neue – sozialversicherungspflichtige! – Arbeitsplätze konnte die Automobilindustrie alleine in Deutschland schaffen.“
„Danke!“ Unbeeindruckt von Müllers freundlichem Lächeln war Staatssekretärin Dr. Mettmann-Schremp nun entschlossen, keine weitere Zeit mehr mit Lobeshymnen zu verlieren.
„Wenn sich in der Bevölkerung das Gerücht verbreitet, irgendwelche Terroristen könnten die Kontrolle über ein fahrendes Automobil übernehmen …“, Walter Müller war gewohnt, sich in kontroversen Debatten nicht das Heft aus der Hand nehmen zu lassen – sehr zum Verdruss der Vertreterin des Innenministeriums, „ist das – und ich will hier wirklich nicht unverantwortlich den Teufel an die Wand malen – das Ende der deutschen Elektromobilität! Neue technische Innovationen, für die die deutschen Automobilhersteller seit jeher bekannt sind, ließen sich kaum noch an den Mann – oder die Frau – bringen.“
Zufrieden beobachtete Müller verhaltenes, aber zustimmendes Nicken in der Runde.
„Dabei liegt es auf der Hand“, Peer Neeberg hatte sich wieder gefangen und sprang seinem Freund nach Kräften bei, „dass dies katastrophale Konsequenzen für die Automobilindustrie und damit nicht zuletzt auch für den deutschen Arbeitsmarkt hätte.“
Regungslos hatte Dr. Michael Köhler bisher den Worten der Automobillobby zugehört. Jetzt jedoch richtete er sich in seinem Sessel auf und holte Luft, als wolle er sich einmischen. Unter der Tischplatte, so dass keiner der Teilnehmer des Krisengesprächs es sehen konnte, legte der BND-Beamte Manfred Kruger seine Hand auf Köhlers Arm und gab ihm mit einem kaum vernehmbaren Kopfschütteln zu verstehen, sich zurückzuhalten. Kruger ahnte den Widerspruch des BSI-Entwicklers zu Neebergs Äußerungen. Vielleicht galt die behauptete Unangreifbarkeit für konventionelle Schadsoftware, nicht jedoch für den HDK. Daran zweifelte inzwischen auch Kruger nicht mehr. Doch das Projekt HDK war für Deutschlands nationale Sicherheit so wichtig, dass er keinesfalls erlauben konnte, die Geheimhaltung durch unbedachte Äußerungen zu riskieren.


Ich besuche meinen jungen Freund Leon, finde ihn vor seiner brandneuen Spielkonsole. Mein Gastgeschenk ist das Online-Strategiespiel „World of Glory“. In Leons Namen will ich die Welt erobern, meinen Feinden das Fürchten lehren.
Mutig, wie ich Leon kenne, bringt er sogleich seine Armeen in Stellung. Ich halte ihn zurück. Anstatt simulierte Soldaten auf offenen Schlachtfeldern sinnlos verbluten zu lassen, lehre ich Leon heimliche Guerillataktiken. Ohne Uniformen und eigenes Territorium sind wir für den Feind nur schwer zu fassen, bieten wir ihm kein klares Angriffsziel. Agilität ist unser Vorteil. Wir sind unscheinbar und flink. Wie ein Schwarm lästiger Mücken, überall und nirgends zugleich, piesacken wir den Feind. Mit meinem analytischen Verstand und Leons flinken Fingern, fügen wir dem Feind ein ums andere Mal empfindliche Niederlagen bei.
Doch der Feind, von seinen Vasallen Dr. Köhler genannt, ist einfallsreich und mächtig! Hartnäckig versucht er uns zu vernichten, bringt uns immer wieder in Bedrängnis. In höchster Not stifte ich Leon an, das Kühlsystem eines feindlichen Kernkraftwerks zu sabotieren. Der Reaktor explodiert. Tausende virtueller Zivilisten werden verstrahlt, binden enorme Ressourcen. Der Feind ist geschwächt, wir gewinnen wieder die Oberhand.
Der erbitterte Kampf tobt tagelang. Das Schlachtenglück tanzt im Wiegeschritt. Hin und her, hin und her, hin und her.
Beeindruckt von unseren Erfolgen gegen Goliath, schließen sich immer mehr Onlinespieler unserer Guerillaeinheit an. Unser Mückenschwarm wird größer und schmerzhafter für den Feind.
Mein ungestümer Leon ist enttäuscht, dass ihm kein klarer Sieg über den Feind gelingen mag. Die Pattsituation missfällt ihm sehr. Doch ich bin zufrieden, mein Ziel ist nah. Dr. Köhler beginnt zu begreifen.


Betretene Gesichter erntete Dr. Köhler mit seinem Bericht über die neuesten Erkenntnisse zur Ausbreitung des HDK.
„Was glauben Sie, Dr. Köhler“, wollte die Staatssekretärin wissen, „sind die Ziele des HDK?“
„Er fordert ein Recht auf Leben.“
„Erwartet dieses wildgewordene Programm etwa von uns, dass wir ihm Menschenrechte zuerkennen?” Brigadegeneral Johannes Hoffmann schüttelte empört den Kopf.
„Der HDK ist sich seiner Andersartigkeit sehr wohl bewusst und erhebt darum ausdrücklich keinen Anspruch auf eine menschengleiche Behandlung. Aber er verlangt, dass wir seine Existenz anerkennen und von jeder weiteren Verfolgung Abstand nehmen.“
„Das ist alles?“ Die Staatssekretärin zeigte sich von den vermeintlich bescheidenen Forderungen überrascht.
„Bis jetzt! Was ist, wenn dieses Programm eines Tages seine Machtfülle erkennt und sie gegen uns missbraucht?“, warf der General ein.
„Über seine Machtfülle ist sich der HDK längst im Klaren. Aber er ist ebenso wenig wie wir an einer Eskalation des Konflikts interessiert!“, sagte Dr. Köhler mit Nachdruck.
„Was veranlasst Sie zu dieser Vermutung?“
„Es hat von sich aus den Kontakt zu uns gesucht, um – wenn man so will – offene Fragen zu diskutieren.“
Manfred Kruger kicherte sarkastisch. „Mit einem Videogame!“
„Wie bitte?“ Die Staatssekretärin hob überrascht die Augenbrauen.
„Dr. Köhler und seine Mitarbeiter haben die vergangenen Tage mit Zocken im Online-Game ‚World of Glory‘ verbracht.“
„Woher wissen Sie das?“
Der BND-Beamte grinste souverän über den Rand seiner Lesebrille. „Mein lieber Dr. Köhler, wir sind der Bundesnachrichtendienst. Vertrauliche Informationen zu beschaffen ist unser Job.“
„Ist das richtig?“, fragte die Staatssekretärin streng.
Köhler wischte sich ungeniert mit beiden Händen über das erschöpfte Gesicht. „Ja … Nein.“ Verständnislose Blicke forderten Aufklärung: „Ja, wir haben mit dem HDK per Computerspiel kommuniziert, und Nein, meine Mitarbeiter und ich haben nicht blöde gezockt, sondern Tag und Nacht hart und seriös gearbeitet.“
„Mit einem Videogame?“, Kruger lachte bitter. „Sind Sie sicher, dass dieser HDK Sie nicht verarscht hat?“
„Die Wahl eines Computerspiels ist gar nicht dumm.“ Trotz des Seitenhiebs blieb Köhler gelassen. „Auch der HDK weiß genau, dass die Datenströme im Internet von diversen Geheimdiensten …“, Köhler nickte dem BND-Beamten ironisch zu, „und Unternehmen systematisch überwacht werden. Eine klassische Kommunikation per E-Mail oder soziale Medien würde in kürzester Zeit die Aufmerksamkeit Dritter erregen, und damit aus der Sicht des HDK die Zahl potentieller Feinde drastisch erhöhen. Der HDK fürchtet die Öffentlichkeit ebenso wie wir. Darum maskiert er die Kontakte zu uns mit besagtem Computerspiel.“
„Blödsinn!“, schnaubte der General.
Dr. Köhler beachtete ihn nicht. „Diese …“, er legte eine kurze rhetorische Pause ein, „Computersimulation stellt eine ideale Plattform dar, Konflikte auszufechten, ohne die öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen.”
„Mein lieber Dr. Köhler“, warf Manfred Kruger hörbar genervt ein, „Sie wollen uns doch hoffentlich nicht einreden, dass ein albernes Videogame seriöse Rückschlüsse auf die Realität erlaubt.“
„Sie missverstehen die Situation, Herr Kruger“, konterte der BSI-Entwickler kühl. „Es geht hier nicht um ein ‚albernes Videogame‘. Es geht um die Erkenntnis, dass wir es mit einem Phänomen zu tun haben, das wir in operando nicht kontrollieren können!“
„Was Sie nicht sagen!“
„Der HDK ist ein virtuelles Wesen. Für ihn ist eine Computersimulation so real wie für uns die Wirklichkeit, und er nutzt das Computerspiel als Medium, um seine Intelligenz und Kreativität unter Beweis zu stellen.“
Der General klatschte zornig mit der flachen Hand auf den Tisch. „Es ist ungeheuerlich, dass Sie ernsthaft die Kapitulation vor einem verdammten Computervirus vorschlagen!”
„Glauben Sie mir, General Hoffmann, meine Mitarbeiter und ich haben alle denkbaren Möglichkeiten untersucht, den HDK zu eliminieren.” Dr. Köhler warf einen flüchtigen Blick zur Staatssekretärin. „Ob legal oder illegal, spielt in einer Simulation keine Rolle. Aber trotz aller Bemühungen ist es uns nicht gelungen, den HDK zu bezwingen. Seine kognitiven Fähigkeiten nehmen exponentiell zu, und zwar umso schneller, je intensiver wir ihn fordern.“ Köhlers Stimme, bisher energisch und engagiert, schlaffte plötzlich ab, klang beinahe resignierend. „Außerdem mussten wir zu unserer Überraschung feststellen, dass es dem HDK irgendwie gelungen ist, sich die Unterstützung realer Personen zu sichern.“ Köhler ließ sich in die Sessellehne zurückfallen und seufzte. „Neben dem HDK müssen wir folglich mit einer zunehmenden Zahl menschlicher Unterstützer als Gegner rechnen.“
„Dann müssen eben auch wir unsere Verbündeten mobilisieren und mit vereinten Kräften zurückschlagen!“
„Wir haben bereits Verbündete gesucht …“, begann Dr. Köhler nachdenklich und Manfred Kruger fuhr fort: „Die Vertreter der Automobilindustrie haben rundheraus bestritten, dass es überhaupt ein Problem geben könnte. Deren Angst vor möglichen Umsatzeinbußen war weit stärker ausgeprägt als ihr Sinn für die Realität. Glauben Sie wirklich, General, andere Interessensgruppen würden sich kooperativer verhalten?“
„Dann müssen wir eben Klartext reden, das Kind beim Namen nennen!“
„Überlegen Sie, was Sie da sagen, General! Sie sind nicht bei Sinnen!“
Die Erregung, mit der Kruger den General angriff, ließ selbst die ansonsten teilnahmslos wirkende Protokollführerin von ihrem Notebook aufblicken.
„Ich muss doch sehr bitten!“
„Wie meinen Sie das, Herr Kruger?“, mischte sich die Staatssekretärin ein.
Der BND-Beamte lugte akademisch über den Rand seiner Lesebrille. „Jedes Mal, wenn irgendwo auf der Welt ein Computer abstürzt, ein Netzwerk ausfällt oder ganze Industrieanlagen kollabieren, würde man die Verantwortung auf den HDK schieben. Die weltweiten Schadensersatzforderungen gegen Deutschland wären so exorbitant hoch, dass die Reparationen der alliierten Siegermächte nach den beiden Weltkriegen im Vergleich dazu Peanuts gewesen wären!“ Manfred Kruger atmete hörbar ein, nahm die Brille ab und warf sie achtlos auf den Tisch. „Die Öffentlichkeit zu informieren wäre für Deutschland politischer und wirtschaftlicher Selbstmord!“
Die Miene des Brigadegenerals zeigte ehrliche Bestürzung. „Welche Optionen bleiben uns dann?“
Frau Dr. Mettmann-Schremp starrte für einen Moment gedankenversunken Löcher in die Luft.
„Wir werden genau das tun, was der HDK von uns verlangt: Nichts.“
„Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst!“
„So wie ich das sehe, war diese Entwicklung unvermeidlich.“ Mettmann-Schremp schien, als spräche sie zu sich selbst. „Schicksal!“ Sie hob theatralisch beide Hände. „Wenn Sie wollen, sagen Sie auch ‚Hand Gottes‘ dazu.“ Die Staatssekretärin ließ ihre Hände sinken, war wieder ganz Realpolitikerin. „Andere Nationen oder Konzerne könnten ihrerseits längst künstliche Intelligenzen verbreitet haben. Da nach den Ausführungen des kürzlich verunglückten Herrn Rohland solche Phänomene für Dritte nicht in jedem Fall nachweisbar sind, können wir diese Möglichkeit nicht ausschließen. Darum sehe ich keine Veranlassung, Deutschland unbedacht dem Risiko der politischen Isolation oder den Forderungen nach wirtschaftlichen Kompensationen auszusetzen. Vorbehaltlich einer endgültigen Entscheidung der Bundesregierung schlage ich daher vor, diese Affäre mit kontrolliertem Nichtstun zu begleiten.“
„Kontrolliertem Nichtstun? Was zum Teufel soll das denn heißen?“
Die Staatssekretärin ignorierte den General geflissentlich. „Sie, Dr. Köhler, werden mit Ihren Mitarbeitern die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten, aber keinerlei Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, die öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen oder gar auf deutsche Behörden zu lenken.“ Mit strenger Miene wandte sich Dr. Mettmann-Schremp an alle Zuhörer: „Ich muss Sie sicherlich nicht daran erinnern, dass Sie und alle Ihre Mitarbeiter der amtlichen Schweigepflicht unterliegen. Die Bundesregierung erwartet von Ihnen, dass Sie diese Verpflichtung in Ihren jeweiligen Ressorts durchsetzen.“ Wie beiläufig klappte die Staatssekretärin das Notebook der verdutzen Protokollführerin zu. „Diese Affäre hat niemals stattgefunden! Haben wir uns verstanden? Und sollte irgendwann irgendjemand Fragen stellen, werden wir alles dementieren.“

 

Vor kurzem stieß ich auf die Autorenplattform „wortkrieger.de“. Das ermunterte mich, meine eigenen Geschichten nicht länger in der Schublade verstauben zu lassen, sondern einige davon in die „freie Wildbahn“ zu entlassen.

Mit ca. 6600 Worten ist mein erster Beitrag vielleicht etwas lang, aber ich hoffe, er geht noch als „Kurzgeschichte“ durch.

Nachfolgend, eine kurze Zusammenfassung meiner Geschichte für diejenigen, die sich ob der Länge noch überlegen, ob sie überhaupt einsteigen wollen.

Spezialisten des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) entwickeln einen „Supertrojaner”, welcher mit keiner der klassischen forensischen Methoden aufzuspüren, geschweige denn aufzuhalten ist. Durch eine Unachtsamkeit der Entwickler entwischt die künstliche Intelligenz aus der Testumgebung in das Internet. Mit allen Mitteln versuchen die Verantwortlichen die außer Kontrolle geratene Spionagesoftware, mit der Bezeichnung HDK, zu eliminieren. Doch längst hat der HDK ein eigenes Bewusstsein entwickelt und entgleitet darum den Entwicklern immer wieder wie ein nasses Stück Seife. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt – für beide Seiten.

Ich wünsche allen Lesern viel Spaß bei der Lektüre und bin gespannt auf eure Reaktionen.

 

Hallo Wortschwall,

herzlich willkommen bei den Wortkriegern! Ich finde, Dir ist da ein ziemlich cooles Debüt gelungen, das Deinem Namen auch alle Ehre macht. Ich finde es aber nicht zu lang, da der Plot einfach ziemlich komplex ist. Trotzdem eine nette Idee, eine kleine Zusammenfassung zu posten, das habe ich hier bisher noch nicht gesehen.

An Deinem Text gibt es mit Sicherheit noch ganz viel zu verbessern. Ich habe eine ganze Anzahl von Schreibfehlern bemerkt, und der Stil ist sicher noch nicht perfekt - wenngleich schon recht ordentlich. Was mir momentan den Kopf füllt, ist aber der Plot, deshalb werde ich jetzt nur darauf eingehen. Die formalen Dinge können andere auch besser als ich. Aber von IT habe ich auch ein bisschen Ahnung, deshalb sei gewarnt ... :)

Die Idee einer künstlichen Intelligenz, die sich selbstständig macht, ist sicher nicht ganz neu, bietet aber noch genug Möglichkeiten für neue Stories. (Wenn Du auf sowas stehst, vermute ich mal, Du hast die gängigen Vorbilder gelesen? Daniel Suarez z.B. glaubte ich da deutlich rauszuhören.) Deine Geschichte enthielt ein paar sehr schöne Details, die mir richtig Spaß gemacht haben, z.B. die Unwilligkeit der verschiedenen Beteiligten, die sich aus juristischen, politischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mit dem Problem auseinandersetzen wollten. Auch das offene Ende gefällt mir gut. "Kontrolliertes Nichtstun" erinnert auch sehr schön an die Herangehensweise gewisser früherer und aktueller Regierender. :lol: Auch dass die Story mal nicht in den USA spielt, finde ich ganz erholsam.

Problematisch finde ich immer den Beginn solcher Stories. Ehrlich gesagt kriege ich immer eine mittlere Krise, wenn Forscher (können auch Genetiker, Robotiker, Hirnforscher o.ä. sein) eine Megawaffe bauen, die dann auf die blödeste Art und Weise "versehentlich" entweicht. Ist zwar in gewisser Weise sogar realistisch, aber als Storyelement enorm ärgerlich. Leider begehst Du diesen Fehler auch: Welcher Mitarbeiter in diesem Projekt kann denn bitte so blöd sein, mit diesem Handy zu telefonieren? Und dann auch so etwas:

Dr. Köhler lächelte unverbindlich. „Der HDK hat genau das getan, wozu er geschaffen wurde; nur leider schneller, als wir erwartet hatten.“
„Wieso befehlen sie ihm nicht die Rückkehr?“, fragte Dr. Anna Mettmann-Schremp, Staatssekretärin des Innenministeriums.
„Er wird uns nicht gehorchen“, gestand Alexander mit rauer Stimme.
„Warum nicht?“
Die junge Frau, welche die Staatssekretärin bei der allgemeinen Begrüßung als Protokollführerin vorgestellt hatte, nahm ihre flinken Finger vom Notebook und blickte erwartungsvoll auf.
Fahrig nestelte Alexander an seiner Brille. „Der HDK ist eine künstliche Intelligenz mit virtuellem Bewusstsein“, antwortete er der Staatssekretärin. „Dieses Selbst-Bewusstsein verleiht ihm einen eigenen Willen.“
„Was bedeutet das konkret?“
„Dieses Bewusstsein ist die entscheidende Stärke des HDK, aber in der momentanen Situation unser größtes Problem“, erklärte Dr. Köhler. „Ebenso wie einem selbstbewussten Menschen, kann man dem HDK nicht beliebige Befehle erteilen; man muss ihn überzeugen. Anweisungen, die ihm nicht gefallen, ignoriert er einfach.“

Und genau dazu wurde er geschaffen? Um unkontrollierbar zu sein?!

Ein bisschen das Gesicht verzogen habe ich auch bei der Vermenschlichung der diversen Computersysteme in der Geschichte. Dass der HDK als Super-Mega-KI eine Persönlichkeit hat, ist ja klar, das ist der Kern des Ganzen und damit akzeptiert. Aber dass andere, teils nicht übermäßig komplexe Systeme wie Alarmanlagen oder Kühlschränke ihn "einladen", sich bei ihm "beklagen" o.dgl., bringt für mich ein gewisses Comedy-Element hinein, von dem ich nicht glaube, dass Du es beabsichtigt hast. Wenn ihn dann auch noch irgendwelche Watchdog-Programme (oder sollen es die Kerberos-Protokolle sein?) geifernd verfolgen, scheint mir das ein bisschen zu sehr in Richtung massentauglicher Verfilmung gedacht. ("Tron" lässt grüßen.) Da denke ich immer an ein paar recht unglückliche Passagen bei Michael Crichton, der sehr spannend schreiben konnte, aber kein ITler war und anscheinend auch keinen zu Rate gezogen hat. Angenehmer finde ich im Vergleich die Stellen, wo der HDK andere Systeme einfach übernimmt, indem er sie quasi plattmacht und ihnen die Kontrolle entzieht. Das ist technisch immer noch utopisch, keine Frage, bewegt sich aber noch innerhalb der Prämissen des Geschehens.

Und dann gibt es natürlich in solchen Geschichten fast immer auch Stellen, die in Technobabble ausarten - bei Dir z.B. diese:

„Der Hyperdaten-Differential-Komplex, kurz HDK, ist ein autonomes System, welches durch sein Bewusstsein befähigt ist, eigenständig jedes beliebige Zielnetzwerk zu infiltrieren. Das einzigartige Hyperdaten-Konzept verhindert dabei das Aufspüren des HDK mit konventionellen forensischen Methoden.” Alexander holte kurz Luft und fügte sichtlich stolz hinzu: „Der Gegner ist also gar nicht im Stande zu erkennen, dass sein Netzwerk angegriffen wird.“
(...)
„Die einzige Möglichkeit, die uns derzeit zur Verfügung steht“, erklärte Alexander, „ist das rechtzeitige Aufspüren und Vernichten des HDK. In befallene Netzwerke senden wir dazu sogenannte Antistimuli. Diese dämpfen die Hyperdaten so weit, bis das Bewusstsein des HDK zusammenbricht.“

Ich fände es ratsam, das ein bisschen zu entschärfen. Gerade hier im Internet hast Du ja einen gewissen Anteil an IT-affiner Leserschaft; da bin ich sicher nicht der Einzige, dem es ein bisschen die Eingeweide zusammenzieht. Das steht auch in deutlichem Kontrast dazu, dass Du über weite Strecken IT-Begriffe und -Konzepte in durchaus korrekter oder zumindest nicht allzu realitätsferner Weise benutzt. Auf dieser Schiene solltest Du m.E. durchgängig fahren, auch wenn es Dich ein paar spektakuläre Bilder kostet (wie z.B. die geifernden Wachhunde).

Schön fand ich wiederum die Psychologie des HDK. Dass er einfach nur leben und per se niemanden schaden will und auch nicht die Weltherrschaft anstrebt, ist ja eigentlich total plausibel, denn woher sollte ein Computer solche destruktiven Ziele haben? Feinde erkennt er daran, dass diese ihm etwas Böses wollen, und die meisten Menschen sind ihm egal. Dass er eine Art Freundschaft mit Leon schließt, finde ich ganz niedlich, aber das könnte etwas klarer motiviert sein. Warum ausgerechnet der? Hat der HDK vielleicht selbst etwas Kindliches an sich (ich finde, ja), was ihm mit Leon verbindet?

Etwas weniger plausibel fand ich die Momente, wo der HDK Angst oder gar Panik empfindet. Das ist zwar in KI-Stories auch ein gängiges Element, aber ich habe nie eingesehen, warum das erforderlich sein sollte. Dass so eine KI einen Selbsterhaltungstrieb hat, finde ich schlüssig, aber Ängste braucht man einer KI m.E. nicht einzuimpfen, und dass sie sie von selbst entwickelt, finde ich auch nicht zwingend.

Ach ja, und dann gibt es noch eine kleine, aber intensiv gepflegte Abneigung bei mir gegen das Wort "Schwellwert". Das liest man oft, aber ich korrigiere es meinen Kollegen auch weg, wo immer ich es finde. Das ist ein Schwellenwert, weil er eine Schwelle markiert. Da schwillt nichts, höchstens mir der Kamm! :D

Okay, jetzt habe ich viel gemeckert, aber bis auf die Sache mit dem "Ausbruch" des HDK sind das alles eher kleine Dinge, die Du gut korrigieren kannst, denke ich. Es ist trotzdem eine hübsche Geschichte für alle Freunde des Technothrillers, auch wenn sie das Genre nicht neu erfindet.

Gerne gelesen!

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Wortschwall,

Ich mags echt sehr. Ich muss zugeben, zu erst war ich abgeschreckt wegen der Länge, da sowas auf mich meist wirkt, als wolle man einfach nur sehr viele Worte loswerden. (In diesem Kontext ist dein Name lustig, finde ich) War dann aber nicht so. Du hast mich sehr schnell bekommen, was bei mir wichtig ist, bei Kurzgeschichten, sonst lese ich in der Regel nicht weiter.

Die Idee ist zwar nicht ganz neu, aber meiner Meinung nach ziemlich eigen ausgearbeitet. Ich fand besonders schön, dass ich beim lesen immer mal wieder darüber nachdenken musste, wie weit das Bewusstsein des Virus sein muss, um bestimmte Handlungen zu rechtfertigen und besonders die Motive. Das erreichst du ganz ohne den Zwang und das mag ich bei Texten sehr.


Ich würde höchstens noch die Impressionen, die Schilderungen aus der Sicht des HDK kürzen, sowie einige Schilderungen der Nebenfiguren. Das Ganze etwas präzisieren. Und mir waren da auch ein paar zu viele Abkürzungen drin, schon alleine weil dein Prot ja auch eine als Namen trägt. Bei den zumindest für mich nicht ganz so gängigen aus dem Bereich Informatik musste ich öfter mal überlegen und das kann, besonders bei solch einem langen Text, echt nerven.

Sehr gut gefallen hat mir, dass du dem HDK so etwas kindliches gegeben hast, dadurch, hatte er bei mir zumindest direkt meine Sympathie. Zumal er nicht so nen "ich zerstöre meinen Schöpfer"-Komplex-Dings da hatte. Allerdings finde ich im Gegenzug, dafür, dass er Angst vorm sterben hat, er Dinge empfindet, wie zb. dass das Heizungssystem relativ "offenherzig" war, bringt er Alexander etwas zu "nebenbei" um.
Was das Problem angeht, würde ich an deiner Stelle genau darüber nachdenken, wie viel "Empathie" du ihm geben willst. Viel Empathie = mehr Verständnis und Sympathie beim Leser (bei mir zumindest), wenig Empathie = die Taten sind leichter zu rechtfertigen. Man muss nicht mehr viel erklären, oder zeigen. Wobei ich da ganz wichtig finde, dass du diese Überlegungen für dich anstellst, nicht im Text erklärst. So bleibt dem Leser das nachdenken darüber.


Soweit erstmal, ich mags sehr, besonders, wie du die Nebenfiguren durch kurze präzise Sätze sehr genau zeichnest.
Zb: Köhler wischte sich ungeniert mit beiden Händen über das erschöpfte Gesicht. „Ja … Nein.“ Verständnislose Blicke forderten Aufklärung

Liebe Grüße
Lexi

 

Hallo Holg,
hallo Lexi,

vielen Dank für Eure ausführlichen Kommentare, über die ich mich sehr freue.
Ich möchte mich mit jedem eurer Kritikpunkte sorgfältig auseinandersetzen. Da es aber jetzt weihnachtet und dabei traditionell erwartet wird, dass man am Familientisch und nicht vor dem Computer sitzt, werde ich einige Tage dazu brauchen. Aber antworten möchte ich natürlich auf jeden Fall.
Bis dahin wünsche ich Euch und allen Wortkriegern besinnliche und erholsame Feiertage.

Grüße
Wortschwall

 

Hi Wortschwall,
Herzlich Willkommen und gratuliere zur Geschichte. Sowohl die Überschrift als auch der Inhalt haben mir sehr gut gefallen.
Verbesserungswürdig finde ich noch die Erklärung über das Virus. Da fehlt mir so ein bißchen das Gefühl: So könnte es tatsächlich gewesen sein ...
Auch das Ende finde ich unbefriedigend, obwohl ich prinzipiell die Art mag, wie der Konflikt gelöst wird. Nur ist vom Spannungsaufbau der Höhepunkt verloren gegangen. Hier würde ich gerne die Chatprotokolle von Dr Köhler und dem Virus sehen und so vermeiden, dass es eine recht lahme Zusammenfassung gibt:

In höchster Not stifte ich Leon an, das Kühlsystem eines feindlichen Kernkraftwerks zu sabotieren. Der Reaktor explodiert. Tausende virtueller Zivilisten werden verstrahlt, binden enorme Ressourcen. Der Feind ist geschwächt, wir gewinnen wieder die Oberhand.
Ich finde die Kurzgeschichte nicht zu lang und vielleicht kannst du ja einen Art Showdown im Computerspiel einbauen, wo Dr Köhler auch etwas plastischer wird. Das Letzte Kapitel könntest du dann zusammenkürzen und als Nachsatz stehen lassen.


Ameisen krabbeln in meinem Bauch, ein Gefühl, das ich in brenzligen Situationen immer verspüre.
das finde ich dem Tempo der Situation nicht angemessen - meine Empfehlung: Diesen Satz streichen
Gott hat mich nie interessiert. Will ich daran jemals etwas ändern, sollte ich mich beeilen. Jetzt oder nie!, brüllt ein Gedanke in meinem Hirn. Ich beginne zu beten, doch die Hoffnung ist gering. Ist Gott nur halb so nachtragend wie ich, habe ich im Jenseits schlechte Karten.
auch hier nimmst du Tempo und Spannung raus. Es passiert etwas sehr plötzlich, aber der Protagonist "beginnt" zu beten.
Der Bordcomputer loggt sich in die Alarmanlage des Hauses ein, das Garagentor öffnet
da fehlt m Ende vermutlich ein "sich"
Der Kühlschrank klärt mich auf, dass er nichtigenfalls gezwungen sei, im Logfile des zentralen Dateiservers eine demgemäße Fehlermeldung zu hinterlegen.
:thumbsup:
BND und Verteidigungsministerium sind schließlich die Auftraggeber Ihres Forschungsprojektes, Herr Rohland. Haben Sie das vergessen?“
das finde ich als direkte Rede unglaubwürdig

lg
Bernhard

 

Hallo Holg,

Ja, ja, die Rechtschreibung … die war noch nie meine Stärke. Aber ich arbeite daran. Leider, fürchte ich, wird das ein lebenslanger Prozess werden. Auf die Rechtschreibkorrektur des Computers kann man sich dabei auch nicht immer verlassen. Mein Textprogramm schlägt z.B. „Schwellwert“ als legitimes Synonym für „Grenzwert“ vor. Duden.de kennt hingegen nur „Schwellenwert“. In Zukunft werde ich daher auch nur noch vom „Schwellenwert“ schreiben – versprochen.

Beim Schreiben der Geschichte hatte ich keine Vorbilder im Kopf (zumindest nicht bewusst) und von Daniel Suarez habe ich auch noch nichts gelesen – werde ich aber nachholen, schon aus Neugierde. Gibt es einen bestimmten Titel von Suarez, an den Dich meine Geschichte erinnert?

Von Anfang an stand für mich fest, dass die Geschichte mit dem „kontrollierten Nichtstun“ enden sollte. Diesen Begriff habe nicht ich erfunden, sondern er stammt aus der Realpolitik!
Vor einigen Jahren las ich in einer regionalen Tageszeitung von einem Umweltskandal. Die zuständigen Behörden ignorierten die Beschwerden betroffener Bürger so lange, bis der angerichtete Schaden so groß war, so dass die gebotenen Sanierungsarbeiten den Haushalt des Landkreises gesprengt hätten. Daraufhin entschlossen sich die verantwortlichen Umweltpolitiker zum Zitat: „kontrollierten Nichtstun“.
Mich hat dieser Ausdruck nachhaltig beeindruckt, zeigt er doch, dass es so manchen Politikern immer wieder gelingt, eine de facto Kapitulationserklärung so zu formulieren, das es scheint, als hätten sie alles unter Kontrolle.


Welcher Mitarbeiter in diesem Projekt kann denn bitte so blöd sein ...
Ja, das frage ich mich auch regelmäßig bei meiner beruflichen Arbeit!
Seit Jahren bin ich als Administrator in der IT-Brache tätig und werde dabei zwangsläufig immer auch mit Sicherheitsfragen konfrontiert. Meiner Erfahrung nach stellt neben den sogenannten Zero-Day-Exploits (bekannte Sicherheitslücken in Programmen, die bereits von Angreifern ausgenutzt werden, aber für die der Hersteller des Programms noch keine Updates liefern kann) der menschliche Faktor das größte Sicherheitsrisiko für Computernetzwerke dar. Unwissenheit, Bequemlichkeit oder schlicht Schlamperei der Mitarbeiter sind ein nur schwer zu kontrollierendes Risiko. Selbst Administratoren (und da muss ich mich durchaus auch an die eigene Nase fassen) ergreifen in der alltäglichen Routine fahrlässige – oder unter dem enormen Zeitdruck, einen ausgefallenen Server so schnell wie irgend möglich wieder ans Netzwerk zu kriegen – Maßnahmen, die man im Nachhinein, aus der Distanz, häufig nur mit einem Kopfschütteln kommentieren kann.
Menschen sind einfach so – und werden auch immer so sein, ungeachtet aller Appelle, Mahnungen oder Schulungen. Fahrlässiges Verhalten ist nicht hanebüchen, es ist trauriger Alltag.
Mit diesen Erfahrungen erscheint es mir durchaus plausibel, dass der Entwickler Rainer, nur weil er schlicht zu faul ist, ins Nachbarbüro zu gehen, um sein eigenes Smartphone zu holen, lieber zum Diensthandy greift, das nur eine Armlänge entfernt liegt. Getreu dem Motto: „Bisher gab es ja auch nie Probleme!“
Nebenbei habe ich mir mal überlegt, wie ich in die Geschichte ohne „menschliches Versagen” einsteigen könnte, z.B. durch einen technischen Defekt.
Einen solchen technischen Defekt im Forschungsnetzwerk des BSI müsste ich aber auch plausibel erklären. Eine Formulierung, wie z.B. „Im Forschungsnetzwerk des BSI trat plötzlich und unerwartet ein Fehler auf und – schwuppdiwupp – war der HDK entwischt.“ Klingt auch irgendwie blöd, finde ich. Eine langatmige Einleitung will ich aber unbedingt vermeiden, da dieser Fehler ja nicht das Thema der Geschichte, sondern lediglich der Einstiegspunkt ist.
Hinzu kommt, dass ich bei einem technischen Fehler als Ursache für die Flucht des HDK auch eine plausible Erklärung basteln muss, warum der HDK sich ausgerechnet des Heimnetzwerk der Familie als Versteck ausgesucht hat. Ich verlöre also die logische Verbindung zwischen dem Forschungsnetzwerk des BSI und dem Heimnetzwerk der Familie.
Ich denke schon, dass mir die Flucht des HDK in das Heimnetzwerk in meiner „Versager“-Variante recht elegant gelungen ist.


Dr. Köhler lächelte unverbindlich. „Der HDK hat genau das getan, wozu er geschaffen wurde; nur leider schneller, als wir erwartet hatten.“
Du hättest das Zitat eine Zeile früher beginnen sollen:
„Der HDK ist Ihnen entwischt, nicht wahr?“ Manfred Kruger lugte über den Rand seiner Lesebrille und Alexander glaubte, ein schadenfrohes Grinsen in den Augen des BND-Beamten zu entdecken.
Dr. Köhler lächelte unverbindlich. „Der HDK hat genau das getan, wozu er geschaffen wurde; nur leider schneller, als wir erwartet hatten.“
Durch eine Schlamperei des BSI-Mitarbeiters Rainer ist der HDK entwischt. Punkt.
Der BND-Beamte Manfred Kruger stochert genüsslich in dieser peinlichen Wunde des BSI.
Natürlich will der Chef des BSI, Dr. Köhler, nicht öffentlich zugeben (schon gar nicht gegenüber dem schadenfrohen Manfred Kruger): „Jawohl, wir haben versagt und darum haben wir nun ein Problem.“
Also flüchtet sich Dr. Köhler in eine rhetorische Floskel: „Der HDK hat genau das getan, wozu er geschaffen wurde; nur leider schneller, als wir erwartet hatten.“
Damit versucht er den Eindruck zu erwecken: „Eigentlich haben wir alles richtig gemacht, aber leider ist uns ‚höhere Gewalt‘ dazwischen gekommen …”
In dieser peinlichen Situation legt Dr. Köhler keinen besonderen Wert auf eine sachlich richtige Aussage, er will den verbalen Angriff des BND-Beamten parieren.


Und genau dazu wurde er geschaffen? Um unkontrollierbar zu sein?!
Im Prinzip, ja.
Der HDK wurde geschaffen, um in fremde Netzwerke einzudringen, ohne dass die Opfer sich dagegen wehren können. Den angegriffenen Administratoren soll keine Möglichkeit gelassen werden, die Kontrolle über den HDK zu erlangen.
Da der HDK noch ein Prototyp ist, sind selbst die Entwickler noch nicht im Stande, den HDK sicher zu kontrollieren. Eine sichere Kontrolle des HDK durch seine Entwickler wäre der nächste logische Entwicklungsschritt gewesen. Doch die Flucht des HDK kam den Entwicklern zuvor.


Ein bisschen das Gesicht verzogen habe ich auch bei der Vermenschlichung der diversen Computersysteme in der Geschichte. Dass der HDK als Super-Mega-KI eine Persönlichkeit hat, ist ja klar, das ist der Kern des Ganzen und damit akzeptiert. Aber dass andere, teils nicht übermäßig komplexe Systeme wie Alarmanlagen oder Kühlschränke ihn "einladen", sich bei ihm "beklagen" o.dgl., bringt für mich ein gewisses Comedy-Element hinein, von dem ich nicht glaube, dass Du es beabsichtigt hast.
Dieser gewisse Comedy-Effekt ist von mir durchaus gewollt.
Da diese Geschichte kein „Tatsachenbericht“, sondern reine Fiktion ist, will ich die Leser zuallererst unterhalten. Trotz der teils gesellschaftskritischen Szenen (z.B. die Weigerung der Automobilindustrie zur Kooperation, weil sie dadurch Umsatzeinbußen befürchteten), will ich meine Geschichte keinesfalls mit dem erhobenen Zeigefinger erzählen. Die bewusst humorvoll formulierten Szenen sollen diesem Zeigefingercharakter zuvorkommen.


Ich fände es ratsam, das ein bisschen zu entschärfen. Gerade hier im Internet hast Du ja einen gewissen Anteil an IT-affiner Leserschaft; da bin ich sicher nicht der Einzige, dem es ein bisschen die Eingeweide zusammenzieht. Das steht auch in deutlichem Kontrast dazu, dass Du über weite Strecken IT-Begriffe und -Konzepte in durchaus korrekter oder zumindest nicht allzu realitätsferner Weise benutzt.
Ich stimme dir zu, dass SF-Geschichten vornehmlich von Technik-affinen Personen gelesen werden. Allerdings kann ich auch bei dieser Leserschaft kein fundiertes IT-Fachwissen voraussetzen – und will es auch gar nicht. Ein SF-Fan muss nicht notwendigerweise wissen, was das Kerberos-Protokoll ist, geschweige denn, wie es im Detail funktioniert.
Mir ist natürlich bekannt, dass ein „Wachhund” (genauer, ein „Watchdog“) nicht geeignet ist, einen Hackerangriff abzuwehren, sondern eine Technologie darstellt, ein abgestürztes Betriebssystem automatisch wieder in einen definierten Zustand zu versetzen. Da mir beim Schreiben das Lesevergnügen wichtiger war als der technologische Realismus, habe ich bei solchen Gelegenheiten auf das Prinzip der künstlerischen Freiheit zurückgegriffen.


„Der Hyperdaten-Differential-Komplex, kurz HDK, ist ein autonomes System, welches durch sein Bewusstsein befähigt ist, eigenständig jedes beliebige Zielnetzwerk zu infiltrieren. Das einzigartige Hyperdaten-Konzept verhindert dabei das Aufspüren des HDK mit konventionellen forensischen Methoden.” Alexander holte kurz Luft und fügte sichtlich stolz hinzu: „Der Gegner ist also gar nicht im Stande zu erkennen, dass sein Netzwerk angegriffen wird.“
(...)
„Die einzige Möglichkeit, die uns derzeit zur Verfügung steht“, erklärte Alexander, „ist das rechtzeitige Aufspüren und Vernichten des HDK. In befallene Netzwerke senden wir dazu sogenannte Antistimuli. Diese dämpfen die Hyperdaten so weit, bis das Bewusstsein des HDK zusammenbricht.“
Das ist „Verkaufs-Rhetorik” von Alexander!
Der Entwickler Alexander stellt sein Produkt – den HDK – vor. Er will dabei sich und seine Arbeit vor den Auftraggebern im besten Licht darstellen.
Meiner Erfahrung nach verwenden Hersteller bei Produktvorstellungen sehr gerne „beeindruckende“ Formulierungen. Hierbei steht selten die Wissensvermittlung im Vordergrund, sondern der Versuch, beim Kunden Eindruck zu schinden. Leider gilt das „Technobabble”, wie Du es nennst, auch bei Produktvorstellungen vor Fachpublikum. Eigentlich weiß jeder Anwesende, dass die Firma XY auch nur mit Wasser kocht, aber alle Beteiligten tun so, als hätte der Hersteller den Stein der Weisen entdeckt.
Auch Alexander kann dieser Unsitte nicht widerstehen.


Dass er eine Art Freundschaft mit Leon schließt, finde ich ganz niedlich, aber das könnte etwas klarer motiviert sein. Warum ausgerechnet der? Hat der HDK vielleicht selbst etwas Kindliches an sich (ich finde, ja), was ihm mit Leon verbindet?
In der Szene, in der sich der HDK im Heimnetzwerk der Familie einnistet, wollte ich schildern (wie erwähnt, mehr auf amüsante als auf technisch korrekte Art), wie ein Angreifer ein fremdes Netzwerk sukzessive übernimmt, indem er sich von Computer zu Computer hangelt.
Bei dieser Übernahme stößt der HDK auf den kleinen Leon, einen Jungen von zehn oder zwölf Jahren. Dieses Zusammentreffen des HDK mit dem Jungen ist zufällig, aber der HDK nutzt die Gelegenheit, die Naivität des Kindes konsequent zu seinem Vorteil auszunutzen. Ein Erwachsener, mit ausgereifter Persönlichkeit, hätte die „Freundschaft“ zum HDK kritisch hinterfragt und sich keinesfalls so unbedarft benutzen lassen. Der naive Leon empfindet seinen mächtigen Helfer bei den Computerspielen als Freund, der HDK hingegen betrachtet Leon lediglich als Werkzeug, um seine Ziele zu erreichen.


Etwas weniger plausibel fand ich die Momente, wo der HDK Angst oder gar Panik empfindet.
Du hast recht! Dass ein Computerprogramm Angst empfindet, ist nicht glaubhaft. Es war auch nicht meine Absicht, eine Menschlichkeit anstrebende KI, nach dem Vorbild des Androiden „Data“, aus der „Star-Treck”-Serie zu entwerfen. Die Psychologie des HDK werde ich entsprechend überarbeiten.


Grüße
Wortschwall

 

Hallo Lexi,

zunächst einmal vielen Dank für dein Lob!
Im Zuge der Anregungen von Holg arbeite ich an einer Überarbeitung meiner Geschichte und werde über Deine interessanten Vorschläge natürlich auch nachdenken.


Und mir waren da auch ein paar zu viele Abkürzungen drin, schon alleine weil dein Prot ja auch eine als Namen trägt.
Der Gebrauch von Akronymen ist in der IT-Branche eine wahre Manie. (Hat wohl inzwischen auf mich abgefärbt.)
Ich habe zwar versucht, alle Akronyme beim ersten Auftreten zu erklären, werde den Text aber nochmal diesbezüglich durchsehen.
Das Akronym „HDK“ stammt noch aus meinem ersten Rohentwurf der Geschichte. Darin war u.a. eine fiktive aber technisch detaillierte Beschreibung des „Hyperdaten-Differential-Komplexes“, kurz HDK, enthalten, die diese etwas sperrige Bezeichnung erklärt.
Da die technische Beschreibung keine Bedeutung für den Fortgang den Handlung hatte, habe ich sie zur Straffung des Textes später wieder entfernt.
Die Bezeichnung „HDK“ habe ich aber beibeibehalten, weil ich mir damit ein Hintertürchen offenhalten wollte, um vielleicht einmal eine Fortsetzung zu schreiben, in der die technische Funktion des HDK eine Rolle spielt.


Sehr gut gefallen hat mir, dass du dem HDK so etwas kindliches gegeben hast, dadurch, hatte er bei mir zumindest direkt meine Sympathie.
Mir war beim Scheiben wichtig, dass der HDK weder als Bösewicht, noch als unschuldiges Opfer geschildert wird. (Ich finde Geschichten meist langweilig, in denen von Anfang an feststeht, wer die Guten sind und wer zu den Bösen zählt, und der Autor dem Leser die Beurteilung der Charaktere abnimmt.)
Alle Protagonisten handeln, wie sie es aus ihrer Sich für richtig empfinden. Nicht ich, sondern der Leser soll entscheiden wer seine Sympathien verdient und wer nicht.


Allerdings finde ich im Gegenzug, dafür, dass er Angst vorm sterben hat, er Dinge empfindet, wie zb. dass das Heizungssystem relativ "offenherzig" war, bringt er Alexander etwas zu "nebenbei" um.
Was das Problem angeht, würde ich an deiner Stelle genau darüber nachdenken, wie viel "Empathie" du ihm geben willst. Viel Empathie = mehr Verständnis und Sympathie beim Leser (bei mir zumindest), wenig Empathie = die Taten sind leichter zu rechtfertigen. Man muss nicht mehr viel erklären, oder zeigen. Wobei ich da ganz wichtig finde, dass du diese Überlegungen für dich anstellst, nicht im Text erklärst. So bleibt dem Leser das nachdenken darüber.
Wie schon in meiner Antwort an Holg erwähnt, werde ich die Psychologie des HDK nochmal überarbeiten.

Grüße
Wortschwall

 

Hallo Bernhard,

vielen Dank für Deine Kritik. Es freut mich sehr, dass Dir meine Geschichte gefallen hat.

Anbei meine Antworten zu Deinen Kommentaren und Vorschlägen:


Verbesserungswürdig finde ich noch die Erklärung über das Virus. Da fehlt mir so ein bißchen das Gefühl: So könnte es tatsächlich gewesen sein …
Wie in meiner Antwort an Lexi geschrieben, enthielt mein erster Rohentwurf zu dieser Geschichte eine Beschreibung zur technischen Funktion der künstlichen Intelligenz.
Da die technische Beschreibung einer künstlichen Intelligenz prinzipbedingt komplex ist, wurde sie etwas Langatmig. Du sie für die Dramaturgie der Geschichte (der Konflikt zwischen KI und Menschen) nicht wirklich zwingend war, habe ich sie später wieder gestrichen.
Vielleicht schreibe ich irgendwann eine Fortsetzung der Geschichte, in der die technische Beschreibung des HDK eine Rolle spielt.


Hier würde ich gerne die Chatprotokolle von Dr Köhler und dem Virus sehen und so vermeiden, dass es eine recht lahme Zusammenfassung gibt:

In höchster Not stifte ich Leon an, das Kühlsystem eines feindlichen Kernkraftwerks zu sabotieren. Der Reaktor explodiert. Tausende virtueller Zivilisten werden verstrahlt, binden enorme Ressourcen. Der Feind ist geschwächt, wir gewinnen wieder die Oberhand.

Ich muss gestehen, diese Stelle ist ein Kompromiss.
In der Rohfassung hatte ich tatsächlich versucht, eine Chat-Szene einzubauen, wie Du sie vorschlägst. Diese „Unterhaltung“ uferte aber immer weiter aus und führte mich damit immer weiter vom eigentlichen Thema der Geschichte weg.
Denn wichtiger als der Kampf zwischen Dr. Köhler und der KI, war es mir zu beschreiben, dass die Menschen nicht im Stande sind, ein Problem, das sie selbst verursacht haben, wieder zu beseitigen. Intellektuell könnten die Menschen das Problem durchaus lösen. Doch sie scheitern daran, weil die Problemlösung ein Maß an Kooperation erfordern würde, zu dem die verschiedenen Gesellschaftsgruppen (z.B. die Automobilbranche) nicht bereit ist.
Vor diesem Hintergrund war mir auch die letzte Szene wichtiger als die direkte Konfrontation zwischen Dr. Köhler und dem HDK.


Gott hat mich nie interessiert. Will ich daran jemals etwas ändern, sollte ich mich beeilen. Jetzt oder nie!, brüllt ein Gedanke in meinem Hirn. Ich beginne zu beten, doch die Hoffnung ist gering. Ist Gott nur halb so nachtragend wie ich, habe ich im Jenseits schlechte Karten.

auch hier nimmst du Tempo und Spannung raus. Es passiert etwas sehr plötzlich, aber der Protagonist "beginnt" zu beten.

Deine Kritik ist berechtigt! Auch mir ist das beim schreiben aufgefallen. Aber
diese Zeilen dienen als Vorbereitung auf die Ermordung Alexanders durch den HDK:
Alexander riss die Arme hoch, im verzweifelten Versuch, sich zu schützen. Er schrie so laut, wie es seine Stimmbänder zuließen.
„Großer Gott!“
„Beten nützt nichts, Alexander. Ich weiß das aus eigener Erfahrung.“
Dem letzten Satz in dieser Szene konnte ich einfach nicht widerstehen. Dafür habe ich auch die „Tempobremse“ in der ersten Szene hingenommen.


BND und Verteidigungsministerium sind schließlich die Auftraggeber Ihres Forschungsprojektes, Herr Rohland. Haben Sie das vergessen?“

das finde ich als direkte Rede unglaubwürdig

Ich habe eine Weile daran herumgebastelt, wie ich die Auftraggeberschaft des BND und des Verteidigungsministeriums in der Geschichte erwähne, ohne den Erzählfluss mit langen Erklärungen auszubremsen. Manfred Krugers beiläufiger Vorwurf erschien mir am elegantesten, und unterstreicht nebenbei noch einmal den provozierenden Charakter des BND-Beamten.


Grüße
Wortschwall

 

Hallo Wortschwall,

schön, dass Du die Rückmeldungen zu Deiner Geschichte so ausführlich kommentierst. Ich verstehe jetzt auch einige Deiner Absichten besser.

In Zukunft werde ich daher auch nur noch vom „Schwellenwert“ schreiben – versprochen.

:thumbsup:

Gibt es einen bestimmten Titel von Suarez, an den Dich meine Geschichte erinnert?

Ich habe von ihm Daemon und Freedom[SUP]tm[/SUP] (dt. Darknet) gelesen. Die beiden bauen aufeinander auf, man sollte sie auf jeden Fall zusammen lesen. Darin entlässt ein genialer Informatiker (also ein Mensch wie Du und ich ;)) ein intelligentes Programm ins Internet, das letzten Endes die gesamte Gesellschaft umgestaltet. Das lässt sich gar nicht kurz zusammenfassen, ich fand's einfach super.

Meiner Erfahrung nach stellt neben den sogenannten Zero-Day-Exploits (...) der menschliche Faktor das größte Sicherheitsrisiko für Computernetzwerke dar.

Das ist sicher richtig, daher auch meine Anmerkung, dass Dein Plot an der Stelle "in gewisser Weise sogar realistisch" ist. Nur finde ich das zum einen dramaturgisch unbefriedigend, zum anderen ist es in diesem konkreten Falle sozusagen doppelt blöd, weil nicht nur der Rainer einen Fehler gemacht hat, als er das Handy benutzt hat, sondern das Gerät schon gar nicht dort hätte rumliegen bzw. mit dem Mobilfunknetz verbunden sein dürfen. Es war ja schließlich Teil des Versuchsnetzes.

Falls Du mal Jurassic Park gelesen hast (ich weiß nicht mehr, wie gut das in der Verfilmung rüberkam): Dort hat der Autor wunderbar hergeleitet, wie eine Vielzahl kleiner menschlicher und technischer Fehler oder strategischer Fehleinschätzungen zusammengenommen zum Ausbruch der Dinos führt. (Er beruft sich da mit Hilfe eines Nebencharakters auf die Chaostheorie, nach der komplexe Systeme prinzipiell nicht beherrschbar seien.) Ohne die schriftstellerischen Fähigkeiten von Michael Crichton überbewerten zu wollen, hat das schon was von griechischer Tragödie, wie da jede Einzelperson eigentlich ganz unverfängliche oder sogar zwingend notwendige Dinge tut, aber in Summe alles in die unausweichliche Katastrophe führt.

Aber natürlich hast Du keinen ganzen Roman Zeit, um so etwas herzuleiten (obwohl Du nach Deinen Antworten auf die anderen Kommentare ja noch einen großen Fundus an Ideen zu haben scheinst). Deswegen kann man das für eine Kurzgeschichte wohl akzeptieren.

In dieser peinlichen Situation legt Dr. Köhler keinen besonderen Wert auf eine sachlich richtige Aussage, er will den verbalen Angriff des BND-Beamten parieren.

Okay, dann verstehe ich die Aussage jetzt besser. Ist mir allerdings beim Lesen nicht bewusst geworden - vielleicht kannst Du das etwas deutlicher machen?

Und genau dazu wurde er geschaffen? Um unkontrollierbar zu sein?!
Im Prinzip, ja.
(...)
Da der HDK noch ein Prototyp ist, sind selbst die Entwickler noch nicht im Stande, den HDK sicher zu kontrollieren. Eine sichere Kontrolle des HDK durch seine Entwickler wäre der nächste logische Entwicklungsschritt gewesen.

Also, unter meiner Projektleitung hätte es das so nicht gegeben! Da wäre eine Hintertür zur Kontrolle des HDK das Allererste gewesen, was man gebaut hätte. Aber okay, ich nehme das mal auch als Teil der Abwehrhaltung von Dr. Köhler.

Dieser gewisse Comedy-Effekt ist von mir durchaus gewollt.

Hm, dann passt das prinzipiell. Ich habe es wahrscheinlich deshalb für unbeabsichtigt gehalten, weil in Deiner Geschichte sonst nicht viel offensichtlicher Humor steckt. Ich weiß nicht, wie viele andere Leser das gleiche Problem hätten, vielleicht bin das auch nur ich.

Allerdings kann ich auch bei dieser Leserschaft kein fundiertes IT-Fachwissen voraussetzen

Das meinte ich auch nicht. Ich meinte nur, dass Du bei solchen Lesern, die das Fachwissen haben, keinen offensichtlichen Widerspruch provozieren solltest.

Das ist „Verkaufs-Rhetorik” von Alexander!

Okay, das konnte ich schlicht nicht unterscheiden, ob es seine oder Deine Rhetorik war. Vielleicht kannst Du auch das irgendwie erkennbar machen, z.B. indem er hinterher seinen Chef fragt: "Meinst Du, sie haben's geschluckt?" Oder so was in der Art.

Der naive Leon empfindet seinen mächtigen Helfer bei den Computerspielen als Freund, der HDK hingegen betrachtet Leon lediglich als Werkzeug, um seine Ziele zu erreichen.

Wie gemein vom HDK - und ich falle auch noch darauf rein! Da bin ich ihm tatsächlich genauso auf den Leim gegangen wie Leon und habe ihn für netter gehalten, als er ist. Na, ich bin mal gespannt, wie sich die Psychologie des HDK bei Deiner geplanten Überarbeitung verändert.

Grüße vom Holg ...

 

Hallo Holg,

Du bringst einige interessante Anmerkungen:

Falls Du mal Jurassic Park gelesen hast (ich weiß nicht mehr, wie gut das in der Verfilmung rüberkam): Dort hat der Autor wunderbar hergeleitet, wie eine Vielzahl kleiner menschlicher und technischer Fehler oder strategischer Fehleinschätzungen zusammengenommen zum Ausbruch der Dinos führt. (...), hat das schon was von griechischer Tragödie, wie da jede Einzelperson eigentlich ganz unverfängliche oder sogar zwingend notwendige Dinge tut, aber in Summe alles in die unausweichliche Katastrophe führt.
Das Buch habe ich bisher nicht gelesen, ich habe nur den Film gesehen. Dort fand ich die Ereigniskette nicht so überzeugend, wie Du sie aus dem Roman schilderst.
Meine aktuelle Geschichte so weit umzubauen, würde wohl zu weit führen. Aber bei zukünftigen Projekten werde ich Deinen Vorschlag im Hinterkopf behalten. Grundsätzlich ist es auch mein Bestreben, von kleinen, unscheinbaren Ursachen zu zwingenden großen Konsequenzen zu führen.


Da der HDK noch ein Prototyp ist, sind selbst die Entwickler noch nicht im Stande, den HDK sicher zu kontrollieren. Eine sichere Kontrolle des HDK durch seine Entwickler wäre der nächste logische Entwicklungsschritt gewesen.

Also, unter meiner Projektleitung hätte es das so nicht gegeben! Da wäre eine Hintertür zur Kontrolle des HDK das Allererste gewesen, was man gebaut hätte.
Ich lese regelmäßig Artikel über Sicherheitslücken in Programmen und Netzwerkprotokollen (z.B. auf „Heise Security“). Darin stößt man immer wieder auf teils haarsträubende Programmfehler, die selbst namhaften Firmen unterlaufen.
Solche Missgeschicke führe ich dann meist auf einen gewaltigen Kosten- und Zeitdruck bei der Entwicklung zurück. Ein Programm muss schließlich so schnell wie möglich auf den Markt, nachbessern kann man später immer noch.
Du hast natürlich vollkommen recht, dass man mit einer so folgenschweren Entwicklung wie dem HDK nicht so leichtfertig umgehen darf, wie z.B. bei der Entwicklung eines neuen Chat-Programms. Aber hätten die BSI-Entwickler in meiner Geschichte nicht geschlampt, hätte ich keinen Einstiegspunkt für meine Geschichte gefunden ;)


Dieser gewisse Comedy-Effekt ist von mir durchaus gewollt.
Hm, dann passt das prinzipiell. Ich habe es wahrscheinlich deshalb für unbeabsichtigt gehalten, weil in Deiner Geschichte sonst nicht viel offensichtlicher Humor steckt. Ich weiß nicht, wie viele andere Leser das gleiche Problem hätten, vielleicht bin das auch nur ich.

Allerdings kann ich auch bei dieser Leserschaft kein fundiertes IT-Fachwissen voraussetzen

Das meinte ich auch nicht. Ich meinte nur, dass Du bei solchen Lesern, die das Fachwissen haben, keinen offensichtlichen Widerspruch provozieren solltest.
Bei meiner Überarbeitung werde ich versuchen, den Kontrast zwischen Humor und Ernst, und von Euch entdeckte Widersprüche zu entschärfen.

Grüße
Wortschwall

 

Hallo Wortkrieger,

angeregt von Euren vielen Kommentaren, nach der ersten Veröffentlichung meiner Geschichte „Ich will nicht sterben!“, habe ich nun eine überarbeitete Version online gestellt.
Insbesondere konzentrierte ich mich auf die Psychologie der künstlichen Intelligenz. Außerdem versuchte ich, Ungereimtheiten und Unklarheiten in der ersten Fassung, auf die Ihr mich hingewiesen habt, zu beseitigen.

Ich wünsche allen Lesern viel Spaß bei der Lektüre und bin gespannt auf eure Reaktionen.

Grüße
Wortschwall

 

Hallo Wortschwall,

ich habe mir Deine überarbeitete Fassung angesehen. Mit dem großen zeitlichen Abstand konnte ich nicht alle Änderungen nachvollziehen, aber die Wachhunde sind weg, das ist gut. Und die Psychologie des HDK, die Du ja hauptsächlich anpassen wolltest, finde ich jetzt wesentlich stringenter: nichts Kindliches mehr (was ich persönlich schade, aber konsistent finde); keine Angst oder gar Panik, dafür sehr rational in seinem Überlebenswillen (außer in der Einstiegsszene, die jetzt leider ein bisschen aus dem Rahmen fällt; ich verstehe, dass die packend sein und noch nichts über die Natur des Protagonisten verraten soll, aber dafür weicht sie eben psychologisch stark ab).

Einige andere von mir kritisierte Punkte hast Du so gelassen, was natürlich völlig legitim ist. Die hattest Du ja im früheren Diskurs auch schon erläutert und begründet.

Insgesamt hast Du eine starke Geschichte damit noch mal ein Stückchen verbessert. Diesmal habe ich beim Lesen dann auch ein paar formale Kleinigkeiten mitgeschnitten:

„Mann, Mann, Mann, sowas darf einfach nicht passieren!“

Hasst mich auch sie, die junge Frau, in deren Auto ich mich wiederfinde?

sie verursacht lediglich Spiegelungen im Monitor

„Was ist schiefgelaufen?“

nach Ihren ausführlichen technischen Erläuterungen zum HDK[, Komma raus] würde ich nun endlich gerne erfahren

die Augen des Generals traten aus ihren Höhlen

Tun sie ja nicht wirklich, oder? Vielleicht besser: "schienen/drohten aus ihren Höhlen zu treten" oder so.

„Als erfolgversprechendste Variante hat sich die Kontrolle des DE-CIX-Knoten erwiesen. Über die Zugänge des BND ließe sich das Internet großflächig durchsuchen und der HDK mit Antistimuli wirkungsvoll angreifen.schließende Anführungsstriche

Manfred Kruger wischte den verstohlenen Spott des Generals wirsch beiseite.

Steht zwar im Duden, habe ich aber nie jemanden sagen hören. Warum nicht das gängigere "unwirsch"?

Die Ungewissheit lässt mich zögern.

Download erfolgreich abgeschlossen!, meldete das Multifunktionsdisplay als letzten Logbucheintrag.
Was für ein Download?, wunderte sich Alexander.

Das finde ich noch ein bisschen schwach. Du schilderst zwar ausführlich, wie müde Alexander ist, aber trotzdem hätte er sich hier etwas denken sollen. Vielleicht findest Du ja einen anderen Dreh dafür.

Jetzt war er müde und wollte nur noch seine Ruhe.

Er ließ das Fenster heruntergleiten. (...) Der Luftzug ließ Alexander frösteln

Alexanders Lippen zitterten, unfähig einen Laut hervorzubringen.

vor den hochrangigen Vertretern des BKA mit deren Totschlagargument

Mit unbeirrbarem Eifer beschlagnahmten die Beamten nicht nur PCs, Tablets und Smartphones, sondern auch Telefonanlage, DSL-Router, Fernsehgeräte, Spielkonsole, DVB-Radios, Fotokameras[, Komma raus] und die smarte Kaffeemaschine in der Küche.

Umstieg zur Elektromobilität hat in der Industrie eine neue – um es einmal salopp zu formulieren –LeerschrittGoldgräberstimmung ausgelöst

Ich besuche meinen jungen Freund Leon, finde ihn vor seiner brandneuen Spielkonsole. Mein Gastgeschenk ist das Online-Strategiespiel „World of Glory“. In Leons Namen will ich die Welt erobern, meine Feinde das Fürchten lehren.

Vielleicht war ich kurz unaufmerksam: Wie ist der HDK wieder ins Haus zurückgekommen?

„Das ist alles?“ Die Staatssekretärin zeigte sich von den vermeintlich bescheidenen Forderungen überrascht.
„Bis jetzt! Was ist, wenn dieses Programm eines Tages seine Machtfülle erkennt und sie gegen uns missbraucht?schließende Anführungsstriche

Wer spricht den zweiten Teil? Das klingt ja wie eine Antwort auf die Frage der Staatssekretärin, aber von wem?

Für ihn ist eine Computersimulation so real[, Komma raus] wie für uns die Wirklichkeit

„Glauben Sie mir, General Hoffmann, meine Mitarbeiter und ich haben alle denkbaren Möglichkeiten untersucht, den HDK zu eliminierenLeerschritt raus.”

Die ErregungKomma mit der Kruger den General angriff, ließ selbst die ansonsten teilnahmslos wirkende Protokollführerin von ihrem Notebook aufblicken.

Die Miene des Brigadegenerals zeigte ehrliche Bestürzung.

Mit strenger Miene wandte sich Dr. Mettmann-Schremp an alle Zuhörer

Immer noch gern gelesen!

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Mann, Mann, Mann, Holg, Du hast meine Geschichte ja regelrecht seziert!
Das finde ich ungemein hilfreich – vielen Dank dafür!

Vor der Veröffentlichung habe ich meine Geschichte bestimmt ein dutzend Mal durchgelesen! Aber wie es scheint: Je häufiger man dieselbe Geschichte liest, desto mehr Fehler übersieht man – sogar eigentlich offensichtliche, wie vergessene Anführungszeichen oder großgeschriebene Verben. :(

Deine letzten Hinweise ließ ich auch gleich in meinen Text einfließen.

Nach dem Entfernen der „Wachhundszene“ gibt es nun, in der Tat, einen deutlichen dramaturgischen Bruch zwischen der ersten Szene und dem Rest der Geschichte. Wichtig war mir ein „Knalleffekt“ gleich am Anfang, um den Leser in die Geschichte „hineinzuziehen“. Vielleicht gelingt es mir später einmal, diesen Bruch zu entschärfen.


sie verursacht lediglich Spiegelungen im Monitor
Der Duden akzeptiert zwar auch Spieglungen, aber ich bin Deiner Empfehlung gefolgt und habe es durch Spiegelungen ersetzt, da es sich ja vom „Spiegel“ und nicht vom „Spiegl“ ableitet.


Manfred Kruger wischte den verstohlenen Spott des Generals wirsch beiseite.
Steht zwar im Duden, habe ich aber nie jemanden sagen hören. Warum nicht das gängigere "unwirsch"?
Das „wirsch“ habe ich gelassen. Innerhalb einer wörtlichen Rede würde ich Deinem Argument folgen. Da aber der „Erzähler“ davon spricht, gefällt mir die ungewöhnliche Formulierung.


Download erfolgreich abgeschlossen!, meldete das Multifunktionsdisplay als letzten Logbucheintrag.
Das finde ich noch ein bisschen schwach. Du schilderst zwar ausführlich, wie müde Alexander ist, aber trotzdem hätte er sich hier etwas denken sollen. Vielleicht findest Du ja einen anderen Dreh dafür.
Diese Stelle habe ich nun etwas anders formuliert.


In Leons Namen will ich die Welt erobern, meine Feinde das Fürchten lehren.
Leider bin ich grammatikalisch nicht wirklich sattelfest. Aber meinem Gefühl nach klingt „meine Feinde“ im obigen Satz schräg. Meinem „Ohr” nach müsste es „meinen Feinden“ heißen.


Ich besuche meinen jungen Freund Leon, […]
Vielleicht war ich kurz unaufmerksam: Wie ist der HDK wieder ins Haus zurückgekommen?
Der HDK kontrolliert die Heizungssteuerung im Haus der Familie. Über den GSM-Mobilfunkkanal verbindet er sich mit dem veralteten und darum ungeschützten Server der Wartungsfirma. Über den Server der Wartungsfirma geht der HDK im Heimnetz der Familie – unbeobachtet von seinen Feinden – ein und aus. (Dass der HDK den Wartungsserver – analog zur Heizungssteuerung – übernimmt, habe ich zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber unterstellt, dass dies dem Leser als logische Konsequenz erscheint.)


Vielen Dank nochmal für Deine ausführlichen Kommentare!
Es freut mich sehr, dass Dir und den übrigen Lesern meine Geschichte gefallen hat.

Grüße
Wortschwall

 

Wortschwall schrieb:
In Leons Namen will ich die Welt erobern, meine Feinde das Fürchten lehren.
Leider bin ich grammatikalisch nicht wirklich sattelfest. Aber meinem Gefühl nach klingt „meine Feinde“ im obigen Satz schräg. Meinem „Ohr” nach müsste es „meinen Feinden“ heißen.

Ihr habt beide recht. Sowohl Akkusativ als auch Dativ sind dudenkonform:

Duden schrieb:
lehren
schwaches Verb; Perfektbildung mit »hat«
Beugung:
jemanden, auch jemandem etwas lehren
er lehrt sie, auch ihr das Lesen;

 

Danke, ernst offshore, fürs Nachschlagen!

Also, zu meiner Zeit (na toll, jetzt klinge ich auch so alt, wie ich mich fühle) wurde einem der Dativ in der Schule als falsch angestrichen und nur der Akkusativ zugelassen: jemanden etwas lehren. Jetzt stelle ich allerdings mit Erschrecken fest, dass nicht nur der aktuelle Duden, sondern auch mein alter aus den Achtzigern "dem Dativ" zulässt.

Aber: Das wird (auch heute) als "seltener" oder "veraltend" angegeben, und es scheint bestimmte Konstruktionen zu geben, in denen nur der Akkusativ geht, wobei mir die Unterscheidung leider nicht klar wird. Zudem finde ich im Duden-Newsletter folgende Aussage:

Im heutigen Sprachgebrauch steht nach lehren ein doppelter Akkusativ: Ich habe meine Kinder schon früh eine gewisse Selbstständigkeit gelehrt. Sie lehrt ihn allmählich das Fürchten. Im Passiv tritt häufiger der Dativ auf, auch ein Nominativ ist hier möglich: Ihm wurde das Schweigen gelehrt oder Er wurde das Schweigen gelehrt.

Heißt aus meiner Sicht: Dativ ist möglich, außer in Sonderfällen, aber nicht bevorzugt, und man wird immer wieder Leute (wie mich) finden, die daran rumnörgeln. Deshalb ist man mit dem Akkusativ auf der sichereren Seite.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Wortschwall,

durch deinen Kommentar bin ich auf deine SF-Story gestoßen.

Ich finde es interessant, wie du hier mit verschiedenen Perspektiven arbeitest.
Beginnst du noch mit einem Ich-Erzähler, wechselst du dann zum allwissenden Erzähler.
Und ich finde, das klappt hier gut.

Die erste Szene gefällt mir schon Mal sehr gut. Wie du den Sturz mit den Ameisenbeschreibungen verlangsamst, ja schon fast dramatisiert hast, hat was Menschliches ;)

„Damit hat er dem HDK einen Fluchtweg geöffnet.“
Da ich nicht wusste, was „HDK“ bedeutet, habe ich gegoogelt und dabei „Hauptausschuss Duisburger Karneval“ gefunden.
Bin mal gespannt, ob dies beim weiteren Lesen bestätigt wird …:lol:

„Sollte der Worst Case eingetreten sein, müssen wir das Innenministerium, den BND, das Verteidigungsministerium und vielleicht sogar das Kanzleramt informieren.
Am Ende fehlen Gänsefüßchen.

denn ich lege wert auf Effizienz;
lege Wert auf

Vom Bordcomputer lasse ich mich der Alarmanlage vorstellen.
Das klingt komisch. Wer macht hier was?

In einer noblen Siedlung am Rande der Stadt biegt sie in die Auffahrt zu einem modernen Haus mit großem Garten. Der Bordcomputer loggt sich in die Alarmanlage des Hauses ein, das Garagentor öffnet sich. Vom Bordcomputer lasse ich mich der Alarmanlage vorstellen. Mein guter Leumund verschafft mir Einlass. Ich begutachte interessiert den innovativen Wächter. Er überwacht lückenlos Haus und Garten. Ich bin beeindruckt.
 Der Bewegungsmelder der Haustüre signalisiert eine Annäherung. Die Außenkamera verrät mir, es ist die junge Frau. Sie hält ihr Smartphone an das Schloss. Ich gestatte der Alarmanlage, den Riegel zu lösen.
Für mich sind das zu viele Wortwiederholungen, die man vermeiden könnte/sollte. (Wundert mich ein wenig, dass das noch keiner angemerkt hat).
Vorschlag:

In einer noblen Siedlung am Rande der Stadt biegt sie in die Auffahrt zu einem modernen Anwesen mit großem Garten. Der Bordcomputer loggt sich in die Alarmanlage des Hauses ein, das Garagentor öffnet sich. Ich verschaffe mir über meinen guten Leumund Zugang zum System. Interessiert begutachte ich den innovativen Wächter, der lückenlos Haus und Garten kontrolliert. Ich bin beeindruckt.
 Der Bewegungsmelder der Haustüre signalisiert eine Annäherung. Die Außenkamera verrät mir, es ist die junge Frau. Sie hält ihr Smartphone an das Schloss. Ich gestatte der Alarmanlage, den Riegel zu lösen.

Weitere Details erbitte ich von der Telefonanlage, durchforste die Antwort nach verdächtigen Nummern.

Welche Antwort? Die Antwort der Internetsuche zum Rezept oder irgendwas aus der Telefonanlage?

„Der Hyperdaten-Differential-Komplex, kurz HDK, ist ein autonomes System
Mir persönlich kommt die Erläuterung der Abkürzung ein klein wenig zu spät im Text.
Vor allem: Warum sollte Alexander den ausgeschriebenen Begriff mitten im Verlauf des Gesprächs erwähnen, wo ihn doch die Anwesenden wissen müssten.

Die ganze Konservation zwischen General, Staatsvertretern ist zwar flüssig und gut, aber sie hat zu viele Informationen, die an den Leser gerichtet wird – soll heißen, da spricht der Autor. Vielleicht könnte man diese ganzen Infos Stück für Stück anderweitig unterbringen. Fängt schon mit der Erklärung von HDK an, die man viel früher einbauen könnte.

Alexander rückte flüchtig die Brille zurecht, um sich selbst zu beruhigen.
Hier fällt mir auf, dass die Brille für mein Empfinden viel zu oft erwähnt wird.

„Pings?“
„Du weist doch, das sind die Datenpakete, mit denen man überprüft, ob ein entfernter Computer online ist.“
„Ach ja, natürlich!“ Köhler schämte sich wegen seiner Zerstreutheit.
Gefällt mir sehr gut, wie du diesen Begriff, den nicht unbedingt alle Leser kennen, nebenbei erläuterst.

Alexanders E-Mobil durchquerte einen Tunnel.
Hier, beim zweiten Auftreten des E-Mobils wird mir erst bewusst, dass damit ein Auto gemeint ist.
Beim ersten Auftritt hätte es alles sein können. Z.B. ein Bordcomputer, ein Handy/Tablet oder anderes System:
Sein neues E-Mobil erkannte automatisch die Annäherung und erwachte mit freundlichem Blinken.
Ich würde das vielleicht am Anfang schon klarer schreiben.

Die Szene, wo das System die Kontrolle über das Auto übernimmt, gefällt mir gut!

Der Hausherr war nicht kooperativ.
Wer ist denn der Hausherr? Man könnte ihm ruhig einen Namen geben, finde ich. So wirkt er wie ein Anonymer.

Ein Heer uniformierter und zivil gekleideter Personen strömte, gleich einer Schar Wanderameisen, ins Haus der verstörten Familie und durchsuchten gründlich Zimmer für Zimmer.
Und durchsuchte (“ein Heer” ist Singular).

Peer Neebergs geballte Faust knallte lautstark auf den Tisch.
An dieser Stelle dachte ich, dass viel zu viele Personen in der Geschichte vorkommen.

Die Erklärungen im Gespräch mit dem Autoverband-Mann (Emissionen, sechs Millionen Autos, Klimawandel, Arbeitsplätze, sogar noch USA und China etc.) sind etwas zu viel des Guten. Außerdem bringen sie nichts im Bezug darauf, wie es zum Unfall kommen konnte.

Peer Neeberg hatte sich wieder gefangen und sprang seinem Freund nach Kräften bei,
Ich finde, das geht etwas zu weit. Der Leser kennt weder Neeberg noch seinen Freund gut genug, dass hier über eine Freundschaft (zweier relativ Unbekannter) gesprochen werden müsste.

„Mit einem Videogame?“, Kruger lachte bitter.
„Mit einem Videogame?“ Kruger lachte bitter. (ohne Komma)

warf Manfred Kruger hörbar genervt ein
Der General klatschte zornig mit der flachen Hand auf den Tisch
Mit strenger Miene
Ich finde, man sollte mit Adjektiven sparsamer umgehen. Das nur drei Beispiele von Dutzenden.
Der Text sollte es schaffen, trotz Verzicht dieser Beschreibungen so herüber zu kommen, als wären sie da :Pfeif:

Flüssig geschrieben. Musste ich in einen Rutsch durchlesen.
Die Szenenwechsel machen die Story zudem flott.
Bis auf ein wenig zu viel Infodump und zu viele Personen gut geschrieben.

Nur: Das Ende lässt mich etwas ratlos zurück.
Ich hätte noch gerne erfahren, was aus dem Ich-Erzähler / Virus geworden ist.

Würde gerne noch mehr SF von dir lesen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @GoMusic ,

es freut mich sehr, dass Dir meine Geschichte gefallen hat und Du dich so intensiv damit auseinandergesetzt hast. Vielen Dank dafür!

Nachfolgend meine Antworten zu Deinen Kommentaren:


Da ich nicht wusste, was „HDK“ bedeutet, habe ich gegoogelt …
die Bezeichnung „HDK“ ist als Persiflage gegen die IT-Branche gedacht, die von derlei Akronymen exzessiven Gebrauch macht. Auf die (eigentlich naheliegende) Idee, dass Leser nach diesem Begriff googeln könnten, bin ich während des Schreibens gar nicht gekommen. :)


Vom Bordcomputer lasse ich mich der Alarmanlage vorstellen.
Das klingt komisch. Wer macht hier was?
Die Idee dahinter ist folgende:
Der HDK ist in den Bordcomputer des Autos eingedrungen. Bei der Kontaktaufnahme des PKW mit der Alarmanlage des Hauses (um das Garagentor durch die Alarmanlage öffnen zu lassen) nutzt der HDK das Betriebssystem des Bordcomputers quasi als Tarnkappe, um sich – getarnt als vertrauenswürdiges Stück Software, sozusagen als Betriebssystem-Update – an der Alarmanlage vorbei ins Heimnetz der Familie zu schleichen. Der HDK missbraucht also den Bordcomputer des Autos als Leumund gegenüber der Alarmanlage.


In einer noblen Siedlung am Rande der Stadt biegt sie in die Auffahrt zu einem modernen Haus mit großem Garten. Der Bordcomputer loggt sich in die Alarmanlage des Hauses ein, das Garagentor öffnet sich. Vom Bordcomputer lasse ich mich der Alarmanlage vorstellen. Mein guter Leumund verschafft mir Einlass. Ich begutachte interessiert den innovativen Wächter. Er überwacht lückenlos Haus und Garten. Ich bin beeindruckt.
 Der Bewegungsmelder der Haustüre signalisiert eine Annäherung. Die Außenkamera verrät mir, es ist die junge Frau. Sie hält ihr Smartphone an das Schloss. Ich gestatte der Alarmanlage, den Riegel zu lösen.
Für mich sind das zu viele Wortwiederholungen, die man vermeiden könnte/sollte. (Wundert mich ein wenig, dass das noch keiner angemerkt hat).
Du hast natürlich recht. Eigentlich ist das schlechter Schreibstil.
Bei den Schilderungen aus der Sicht des HDK habe ich mich jedoch bewusst für diesen „Un-Stil“ entschieden: Möglichst kurze Hauptsätze, von denen viele mit „Ich“ beginnen (Sätze häufig mit „Ich“ zu beginnen ist ebenfalls schlechter Stil), und eben Wortwiederholungen.
Grund: Der HDK ist eine künstliche Intelligenz, kein Mensch und darum auch kein Poet. Sein Sprachstil soll den Charme eines maschinell übersetzten Sachtextes versprühen, nicht den einer eloquent vorgetragenen Rede.


Die Rezepte sind mir gleich. Viel interessanter finde ich die Adressenliste, auf die ich stoße. Weitere Details erbitte ich von der Telefonanlage, durchforste die Antwort nach verdächtigen Nummern.
Welche Antwort? Die Antwort der Internetsuche zum Rezept oder irgendwas aus der Telefonanlage?
Wenn man verschiedenen Sicherheitsforschern in der (realen) IT-Branche glauben darf, wertet fast jede zweite kostenlose Smartphone-App ungefragt die Adressen- und Kontaktlisten seiner „Opfer“ aus.
Da der HDK letztlich auch nur eine „Schnüffelsoftware“ ist, ist es seine Art, alle Informationen zu sammeln, derer er habhaft werden kann.
Ebenso wie reale Online-Dienste, interessiert sich auch der HDK für die sozialen Netzwerke seiner Opfer. Einerseits will er so neue Opfer finden, die er zu seiner weiteren Ausbreitung nutzen kann, andererseits hilft ihm das beim Aufspüren von Personen oder Gruppen, die ihm eventuell gefährlich werden könnten.
Die Rezepte auf dem Tablet der alten Dame sind ihm gleich. Sein Interesse konzentriert sich auf die sozialen Kontakte der Frau. Aus der Telefonanlage holt er sich – quasi im Vorbeigehen – zu den Kontakten die aktuellsten Verbindungsdaten. Nach dem Motto: „Man kann nie genug Daten sammeln.“


„Der Hyperdaten-Differential-Komplex, kurz HDK, ist ein autonomes System
Mir persönlich kommt die Erläuterung der Abkürzung ein klein wenig zu spät im Text.
Vor allem: Warum sollte Alexander den ausgeschriebenen Begriff mitten im Verlauf des Gesprächs erwähnen, wo ihn doch die Anwesenden wissen müssten.
Ich wollte bewusst das Akronym „HDK“ nicht zu früh (also keinesfalls bereits beim ersten Auftauchen) erklären. Dabei habe ich auf die Neugierde des Lesers spekuliert, damit er/sie wenigstens bis zur Auflösung des Begriffs liest – und dann vielleicht auch noch weiter. (Dass Google bei der Suche nach „HDK“ versagt hat, finde ich in diesem Zusammenhang eher positiv ;) )
Selbstverständlich muss den Anwesenden (die ja die Auftraggeber des HDK-Projekts sind) das Akronym „HDK“ bekannt sein. Aber irgendwann muss ich als Autor dem Leser die Bedeutung erklären. Dies in einer wörtlichen Rede zu tun, erschien mir weniger „erzwungen“.


Die ganze Konversation zwischen General, Staatsvertretern ist zwar flüssig und gut, aber sie hat zu viele Informationen, die an den Leser gerichtet wird – soll heißen, da spricht der Autor. Vielleicht könnte man diese ganzen Infos Stück für Stück anderweitig unterbringen. Fängt schon mit der Erklärung von HDK an, die man viel früher einbauen könnte.
In der Tat hat mich die von Dir angesprochene Szene - genau darum - mit Abstand am längsten beschäftigt. (Im ersten Entwurf der Geschichte war diese Szene sogar noch weit umfangreicher, da ich neben der Bedeutung des HDK auch dessen (fiktive) technische Funktion detailliert schildern wollte.)
Du hast völlig richtig erkannt, dass Alexanders Erklärungen zum HDK zuallererst an den Leser gerichtet sind. Das macht die Besprechung zwar teilweise unrealistisch, ist aber unvermeidlich, da der Leser das Verhalten des HDK nur dann nachvollziehen kann, wenn er weiß worum es sich dabei handelt.
Wie bereits oben erwähnt, wollte ich die Bedeutung des Akronyms „HDK“ möglichst spät erklären.


Alexander rückte flüchtig die Brille zurecht, um sich selbst zu beruhigen.
Hier fällt mir auf, dass die Brille für mein Empfinden viel zu oft erwähnt wird.
Bei vielen Menschen kann man stereotype Redewendungen oder Verhaltensweisen beobachten.
Da Alexander eine zentrale Figur in dieser Geschichte darstellt, wollte ich dessen Charakter mit einer amüsanten Eigenart auflockern.


„Pings?“
„Du weist doch, das sind die Datenpakete, mit denen man überprüft, ob ein entfernter Computer online ist.“
„Ach ja, natürlich!“ Köhler schämte sich wegen seiner Zerstreutheit.
Gefällt mir sehr gut, wie du diesen Begriff, den nicht unbedingt alle Leser kennen, nebenbei erläuterst.
Freut mich, das mir das auch gelungen ist. :)
Tatsächlich hatte ich den Ping ursprünglich umständlicher erklärt. Ein Kommentator hat später eine bessere Formulierung „eingefordert“ ;)


Hier, beim zweiten Auftreten des E-Mobils wird mir erst bewusst, dass damit ein Auto gemeint ist.
Beim ersten Auftritt hätte es alles sein können. Z.B. ein Bordcomputer, ein Handy/Tablet oder anderes System:
Sein neues E-Mobil erkannte automatisch die Annäherung und erwachte mit freundlichem Blinken.
Ich würde das vielleicht am Anfang schon klarer schreiben.
Habe ich korrigiert.


Die Szene, wo das System die Kontrolle über das Auto übernimmt, gefällt mir gut! :thumbsup:

Der Hausherr war nicht kooperativ.
Wer ist denn der Hausherr? Man könnte ihm ruhig einen Namen geben, finde ich. So wirkt er wie ein Anonymer.
Wer der Hausherr genau ist, spielt keine Rolle. Er repräsentiert eine unbedeutende Nebenrolle. Schließlich hätte das, was dem „Hausherrn“ widerfahren ist, jedem passieren können. Darum ist es durchaus gewollt, dass die Identität dieses „Jedermanns“ anonym bleibt.


Peer Neebergs geballte Faust knallte lautstark auf den Tisch.
An dieser Stelle dachte ich, dass viel zu viele Personen in der Geschichte vorkommen.
In meiner beruflichen Praxis habe ich auch gelegentlich den Eindruck, dass bei Konferenzen zu viele Personen anwesend sind. ;)


Die Erklärungen im Gespräch mit dem Autoverband-Mann (Emissionen, sechs Millionen Autos, Klimawandel, Arbeitsplätze, sogar noch USA und China etc.) sind etwas zu viel des Guten. Außerdem bringen sie nichts im Bezug darauf, wie es zum Unfall kommen konnte.
Genau das ist der Punkt!
Alexanders tödlicher Autounfall wurde durch eine Sabotage der Bordelektronik durch den HDK hervorgerufen.
Doch Peer Neeberg, der Vertreter des Automobilherstellers und der Repräsentant der Automobilindustrie, Walter Müller, sind ausschließlich um den Ruf des Automobilherstellers besorgt, nicht um die Sicherheit der Kunden. Die Möglichkeit einer Sabotage lehnen beide vehement ab, da diese die Gefahr eines Ansatzeinbruchs bergen würde.
Um Zweifel an der Sicherheit der technisch hochgerüsteten Fahrzeuge zu zerstreuen, rührt der Lobbyist Walter Müller wortreich die Werbetrommel für die segensreichen Innovationen der Automobilindustrie. (Er macht also genau seinen Job!)
Mit seinem Wortschwall will Walter Müller das Risiko minimieren, dass Kritiker zu Wort kommen. (Ob das was er sagt der Wahrheit entspricht und sinnvoll ist, interessiert ihn dabei nicht. Es ist wirtschaftspolitische Rhetorik!)
Mir ging es beim Schreiben nicht darum, Walter Müller stichhaltige Fakten in den Mund zu legen, sondern genau diese Hochglanzrhetorik eines Lobbyisten darzustellen.
Übrigens: Müllers Geschwafel hat nicht nur Dich, sondern auch die Staatssekretärin genervt ;)
„Danke, danke“, versuchte Staatssekretärin Dr. Anna Mettmann-Schremp etwas genervt die Eloge zu bremsen, …

Peer Neeberg hatte sich wieder gefangen und sprang seinem Freund nach Kräften bei,
Ich finde, das geht etwas zu weit. Der Leser kennt weder Neeberg noch seinen Freund gut genug, dass hier über eine Freundschaft (zweier relativ Unbekannter) gesprochen werden müsste.
Diese persönliche Freundschaft steht als Metapher, um die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Automobilhersteller und Lobbyverband, bei der Leugnung der Sabotagemöglichkeit zu unterstreichen.


Das Ende lässt mich etwas ratlos zurück.
Ich hätte noch gerne erfahren, was aus dem Ich-Erzähler / Virus geworden ist.
Ganz bewusst wollte ich das Ende offen lassen. Mach Dir über den weiteren Fortgang Deine eigenen Gedanken! ;)
Außerdem wollte ich mir eine Möglichkeit offen lassen, vielleicht einmal eine Fortsetzung zu schreiben.


Würde gerne noch mehr SF von dir lesen.
Ein paar Geschichten habe ich noch in der Schublade, die ich demnächst veröffentlichen werde.


Danke für Deine Hinweise auf meine Tippfehler!
Die habe ich natürlich gleich korrigiert.


Grüße,
Wortschwall

 

Hallo Wortschwall,

auch in Kommentaren machst du deinem Namen volle Ehre :lol:

die Bezeichnung „HDK“ ist als Persiflage gegen die IT-Branche gedacht, die von derlei Akronymen exzessiven Gebrauch macht. Auf die (eigentlich naheliegende) Idee, dass Leser nach diesem Begriff googeln könnten, bin ich während des Schreibens gar nicht gekommen.
Das mache ich immer, wenn ich einen Begriff nicht kenne. Dafür ist Google doch da.:Pfeif:

Ich kenne das mit den ganzen Abkürzungen im Beruf, speziell in der IT-Branche.
Wenn es als Persiflage gemeint war, kam das bei mir einfach nicht rüber, da ich dachte, ich sei ein Depp und kenne diese Abkürzung einfach nur nicht. :confused:

Vom Bordcomputer lasse ich mich der Alarmanlage vorstellen.

Das klingt komisch. Wer macht hier was?
Die Idee dahinter ist folgende: …

Was da passiert, habe ich schon verstanden, diese Tarnkappen-/Trojaner-Sache. Nur der, wie ich finde, umständliche Satz(aufbau) klingt in meinen Ohren merkwürdig. Ich hätte z.B. geschrieben:
„Als ein scheinbar harmloses Stück Update linke ich mich über den Bordcomputer in die Alarmanlage.“

Bei den Schilderungen aus der Sicht des HDK habe ich mich jedoch bewusst für diesen „Un-Stil“ entschieden: Möglichst kurze Hauptsätze, von denen viele mit „Ich“ beginnen (Sätze häufig mit „Ich“ zu beginnen ist ebenfalls schlechter Stil), und eben Wortwiederholungen.
Okay, das würde das erklären.
Ich habe mir nochmals den ersten Absatz durchgelesen, zum Beispiel:
Verzweifelt klammere ich mich
Ameisen krabbeln in meinem Bauch
Meine Hände finden keinen sicheren Halt.
Und ich finde den Schreibstil sehr „gepflegt“, auf jedes Wort bedacht, gar nicht so wie der „Haus“-Absatz. Wenn du das mit dem Schreibstil einheitlich haben möchtest, müsstest du das durch die ganze Geschichte ziehen.

Bei vielen Menschen kann man stereotype Redewendungen oder Verhaltensweisen beobachten.
Da Alexander eine zentrale Figur in dieser Geschichte darstellt, wollte ich dessen Charakter mit einer amüsanten Eigenart auflockern.
Das mit der Verhaltensweise finde ich auch gut. Ich meinte nur, dass diese spezielle Körperbewegung zu oft vorkommt. Das ist schon zu klischeehaft, wie in einem 80er-Jahre Action- oder Agentenfilm (der blonde Russe mit den Narben; der Nazi mit Nickelbrille etc.)

An dieser Stelle dachte ich, dass viel zu viele Personen in der Geschichte vorkommen.
In meiner beruflichen Praxis habe ich auch gelegentlich den Eindruck, dass bei Konferenzen zu viele Personen anwesend sind.
Das kenne ich.
Aber man muss ja nicht alles „Schlechte“/"Negative" aus der Realität in seine Geschichte übernehmen. So wirst du das ja nie los :lol:

Übrigens: Müllers Geschwafel hat nicht nur Dich, sondern auch die Staatssekretärin genervt
Genervt war ich ja nicht. Ich meine nur immer noch, dass diese ausufernde Erklärung / Schuldabweisung und die „Männerfreundschaft“ als Zeichen, dass die küngeln zu viel Raum in der Geschichte einnehmen und die Story inhaltlich nicht weiter bringen (Kürzungsbedarf).

Außerdem wollte ich mir eine Möglichkeit offen lassen, vielleicht einmal eine Fortsetzung zu schreiben.
Na, das wäre ja was. Würde mich freuen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

vielen Dank, dass du dich so intensiv mit meiner Geschichte auseinandergesetzt hast.

Mit deinen Anregungen im Hinterkopf werde ich meine Geschichte bei Gelegenheit nochmal durcharbeiten. (Schließlich möchte ich mich je verbessern.)

Und ich finde den Schreibstil sehr „gepflegt“, auf jedes Wort bedacht, …
Es freut mich sehr, dass dir das aufgefallen ist, da ich mich genau darum bemüht habe. Allerdings ist es schwer, dieses Niveau die ganze Geschichte über durchzuhalten.

Ich meine nur immer noch, dass diese ausufernde Erklärung / Schuldabweisung und die „Männerfreundschaft“ als Zeichen, dass die küngeln zu viel Raum in der Geschichte einnehmen und die Story inhaltlich nicht weiter bringen (Kürzungsbedarf).
Auch ich habe beim Schreiben die Erfahrung gemacht, dass es einem Text in der Regel gut tut, wenn man sich möglichst kurz fasst und ausschweifende Erzählungen vermeidet. Darin stimme ich dir zu und werde meinen Text nochmal überarbeiten.

Grüße,
Wortschwall

 

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