- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 1
Ich will doch nur spielen
Es war ein schöner Sommer. Ich sass in der Bude meiner Eltern. Zugegeben mit 40 Jahren eine Zumutung. Aber wenn man so lebensfremd ist wie ich - was bleibt einem anders übrig?
Lela - eine furchtbar langweilige Millionärsgattin - rief mich an, ob ich nicht Lust hätte an einem Spielchen teilzunehmen. Ihre Freunde würden auch mitspielen.
Warum nicht, dachte ich. Ich hatte in diesem Leben sowieso noch nichts vorgehabt.
Die Spielregeln waren recht einfach. Zuerst brauchte man Kontakte. Die hatte ich. Leo - der Baulöwe, Reiner - der Finanzfuchs und Balou der Rauswerfer waren wirklich gute Freunde. Denen kann man blind vertrauen.
Wir brauchten Startgeld. Lela besorgte sich was aus dem Tresor ihres Mannes. Leo füllte ein Subventionsformular aus. Reiner versilberte die Sparbücher von ein paar Rentnern. Ich holte es mir aus der Firma meiner Eltern. Es entstand einfach, indem man seinem Personal den Lohn reduzierte. Ich wollte 250.000 im Monat. Bei 1000 Mitarbeitern waren das lumpige 250 Euro weniger. Das haben die gar nicht gemerkt. Ich brauche eigentlich nur 10.000 im Monat, aber dann macht das Spielen ja keinen Spass.
Wir würfelten im Uhrzeigersinn. Bei einem Pasch durfte man Leute entlassen. Das schmälerte auch mein Einkommen - und das tat sehr weh. Da kann ich dann auch mal ärgerlich werden. Ansonsten konnte man Karten ziehen und Aktien kaufen und verkaufen. Wenn man kein Geld mehr zum Kaufen hatte, dann wartete man auf einen Pasch. Das brachte wieder ordentlich Geld in die Kasse. Man konnte sich auch einen Pasch kaufen.
Personal war eigentlich nie knapp. Die Leute standen Schlange. Hatten ja auch immer ganz schön Hunger.
Das Geld zusammenhalten war schon schwieriger. Ich orientierte mich an meinen Freunden. Was die kauften, kaufte ich auch. Manchmal wussten wir gar nicht wohin mit dem Geld und wir wussten auch nicht was wir kauften. Mal waren es Aktiengeschäfte, mal Personal. Was die produzierten war mir egal , mir war eigentlich alles egal. Wurde das Geld knapp trennten wir uns schnell vom Personal wieder.
Eigentlich war es ein einfaches Spiel. Nach einem Jahr hatte ich zwei Millionen. Ich zahlte eine Villa an, am See. Schöner Blick. Sie passte zu meinem schnellen Auto. Schwarzmetallic. Schöner Schlitten. Ich machte mir Freitags immer frei. Golf war meine Leidenschaft. Es reichte, die Leute auch am Montag zu entlassen. Man kann ja nicht jeden Tag entlassen.
Ausser Golf kann ich eigentlich nicht viel. Frei reden, meistens wirres Zeugs. Kommt aber gut an. Keiner traut sich nachzufragen was ich meine. Fragen halten nur auf. Personal ist ja so primitiv und geduldig. Wenn sie Angst kriegen streiken sie. Das muss man wissen. Dann schau ich immer gern aus dem Fenster. Man sieht ja so selten seine Leute. Eigentlich nette Leute. Schade, dass schon wieder 30 Prozent gehen müssen. Aber meine Freunde stellen die sicher wieder ein. Ausser sie würfeln einen Pasch. Dann müssen die Leute halt länger warten.
Einmal klingelte es an unserer Haustür. Jemand sagte, wir sollen mit dem Spiel aufhören. Wir hätten alle verloren. Komisch - haben wir gar nicht gemerkt. Naja, hab ja noch meine Villa.
Frage mich nur, wovon ich jetzt leben soll.