Ich will, dass sie lacht. - Achterbahn 1/2
Schon am Freitag Abend war es ganz seltsam, ganz anders als sonst.
Dann kam ein Wochenende, was länger kaum hätte sein können. Ich glaube, es geht erst jetzt langsam zu Ende.
Sie ist eine ganz Bezaubernde. Sie weiß, dass sie jeden verzaubert. Aber manchmal ist es ihr vielleicht ein wenig zuviel des Zaubers.
Oje, hätte ich gewusst, dass es so rasant auf und ab geht, ich hätte mich angeschnallt.
Also, am Freitag war sie auf einmal etwas ruhiger und dann sagte sie etwas ganz, ganz nettes. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Und plötzlich huschte sie davon. Sie wollte vielleicht nicht sehen, wie es bei mir ankommt. Sie ist einfach gegangen und hat nicht geschaut, ob es mich freut. Es war ja nichts großes, nichts wirklich großes. Es war nichts, was man sich einrahmt und dann kommt jemand und schaut und sagt: "Wow." Nein, so etwas war es nicht. Es war etwas kleines, etwas ganz, ganz kleines. Vielleicht ist es ihr nur so rausgerutscht. Vielleicht wollte sie nur sagen "Einen schönen Abend noch", was manch' anderer dann als "Adieu" hört. Nein, bei mir kam es anders an. Es war so ein kleines, nettes, neckiges Lächeln, was sie da gesagt hatte, und für mich war egal, ob es nun in Absicht oder aus Versehen rausgerutscht war. Ich strahlte und ich sagte zu mir "Wow". Aber das sagte ich nur ganz, ganz leise.
Warum tut sie das? Mittenrein, einfach so? Doch, es war schon so etwas Warmes da auf einmal. Aber warum verschwand sie? Sie sagte es ja rechtzeitig. Sie sagte: "So, bald muss ich gehen." Sie ging dann auch, aber es war viel zu plötzlich.
Jetzt stand ich da und dieses kleine Leuchten im Raum. Ist das fair? Ist sie fair? Warum hat sie das getan? Wahrscheinlich hat sie nicht gemerkt, dass das Licht, das sie stets umgibt, hin und wieder in manchem Raum bleibt, den sie betritt.
Auf einmal hatte sie nach so langer Zeit des immer wieder "Aha, so ist das also"-Sagens gesagt, dass sie mir zuhört, gut zuhört, die ganze Zeit gut zuhört.
Ich war so glücklich, ich habe mich gefreut, habe gedacht, hey, wie konntest du je denken, dass zwischen ihr und mir eine Straße ist, die nicht überwindbar ist. Ich wollte ihr so manches erzählen und hätte sie am liebsten angerufen und gesagt, dass es ziemlich hell geworden ist seit sie etwas Leuchten gebracht hat.
Nein, vielleicht hatte sie es nur zu sich selbst gesagt, was sie da nettes gesagt hatte. Vielleicht habe ich es völlig überbewertet. Nein, nein, nicht anrufen. Lieber ein wenig unnahbar sein, lieber ein wenig von dem "Hey, honey, haste mir etwas gesagt?", auflegen und abwarten.
Die Nacht war schnell rum und zu groß war die Ungewissheit, ob es Absicht oder etwas anderes war.
Am Samstag Morgen wartete ich erst lange auf ein Zeichen von ihr, dann länger und dann endlos lang. Sie war weg. Warum hat sie nichts gesagt? Sie wusste doch, dass ich warten würde. Warum hat sie nicht gesagt, wir sehen uns morgen nicht? Nun gut, warum sollte sie mir Rechenschaft ablegen? Sie ist frei, das ist ja das Schöne. Sie kann einfach auftauchen, sie kann einfach gehen und sie kann einfach fortbleiben, das ist ihre Sache.
Sie weiß ja nicht, dass ich sie sehe, wenn sie ihre Nachrichten holt. Sie weiß nicht, dass ich mich freue zu sehen, dass sie da ist und dass es ihr gut geht. Sie weiß nicht, dass ich warte und warte, bis sie ihre Post holt. Sie holt sie einfach. Doch sie hat sie nicht geholt. Am Samstag nicht, nicht am Morgen, nicht bis Mittag, nicht am Abend und auch nicht in der Nacht. Nun gut, was geht es mich an, welches Recht habe ich sie zu kontrollieren, ja, kontrollieren? Also musste ich schnell vergessen, dass ich gewartet habe und gehofft habe, dass ich sie wenigstens kurz im Vorbeigehen sehe. Aber am Sonntag hat sie auch keine Post geholt. Es ging ihr also nicht gut. Wenn sie nicht einmal die Post holt, dann geht es ihr nicht gut.
Ich rief sie also an. Ich hatte eine Mordsangst, dass sie einfach nicht abnimmt. Sie wusste nicht, dass ich am Vorabend von einem kleinen schwarzen Vögelchen gesagt bekam: "Du hast sie verloren, warum hast du nichts getan? Sie hat dein Vertrauen verdient. Reiß' dich zusammen und rufe sie an, zeige ihr, dass du ihr vertraust. Verstecke dich nicht mehr. Gib ihr eine Chance." Das kleine schwarze Vögelchen wusste ja nicht, was es da von mir verlangte.
Wenn sie weggefahren ist, dann kommt sie jetzt bald wieder und holt ihre Post ab. Aber auch das tat sie nicht. Es wurde später und später. Nichts. Nun um diese Zeit dann noch anzurufen, wäre unhöflich gewesen. Aber jetzt ging es nicht anders. Ich hatte Angst um sie. Was war ihr passiert? Und wie wird es ihr gehen, wenn sie nicht endlich Antworten hört? Schlecht.
Am Telefon kam wieder so ein für sie typisches JaNein, nein, es war je eher ein NeinJa, denn das erste Angebot lehnte sie kalt ab und das zweite nahm sie gerne an. Das soll nun einer verstehen. Das zweite wog viel schwerer. Ich höre ja nun schon einen lauten Knall, wenn Fliegen gegen die Wand prallen, weil sie sich verfliegen, aber dieses NeinJa war ja nicht mal ein klares Jein.
Egal. Ich habe versucht es ihr auf dem von mir bevorzugten Weg zu erklären. Sie sagte, das verstehe ich nicht. Das war nett. Doch, es war wirklich nett, denn so konnte ich es eben noch einmal anders versuchen. Es war ihr zuviel. Sie wich dem Gespräch völlig aus und war weg. Das war zuviel. Es ist eben dieses "nö, dann eben nicht" von ihr, was in ihr Wesen blicken lässt. Aber an der Stelle war es zuviel. "Findest du es gut, an der Stelle zu verschwinden?" Ich sagte ihr damit, dass es oke für mich ist, wenn sie nicht mehr zuhört. Das ist ihre Sache. Aber der Zeitpunkt war unfair und es hätte mir klar sein müssen, dass sie nicht unfair ist, sondern es so überhaupt nicht schaffen konnte.