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Ich liebe Dich
Ich liebe dich
Das Schicksal liebt es bisweilen dem Menschen einen Strich durch die Rechnung zu machen. So auch an diesem Tag.
Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont zu und warf ihre letzten Strahlen wie ein goldenes Spinnennetz über das Land. Vögel zwitscherten in den Bäumen, doch auch sie würden sich bald zur Nachtruhe begeben. Ein leichter Windhauch fuhr durch die Wipfel der Bäume und ließ die Blätter flüsternd ihre Geschichten erzählen. Annas langes, schwarzes Haar wurde ihr ins Gesicht geweht und genau in diesem Moment wurde mir gewahr, wie sehr ich sie liebte. Ihr saphirblauen Augen strahlten ein Ruhe und Gelassenheit aus, die ich an ihr so sehr bewunderte. Nichts konnte sie aus der Ruhe bringen und sie schien in allen Lebenslagen einen kühlen Kopf zu bewahren.
Wir saßen gemeinsam auf dem kleinen Holzsteg, der in den See hinter meinem Haus ragte, hielten Händchen und sahen gemeinsam dem Sonnenuntergang entgegen. Keiner von uns sagte etwas; wir genossen einfach die Einzigartigkeit des Augenblicks. Kleine Wellen liefen gegen die Verankerung des Stegs und erzeugten kleine Sogströmungen, die die vereinzelt im Wasser schwimmenden Federn von Schwänen und Enten kurz nach unten zogen bevor sie sie wieder ausspuckten.
Anna drehte sich zu mir um und umschloss meine Hand mit den ihren und rückte ein Stück näher. Ich sah ihr in die Augen und eine Woge unbeschreiblichen Glücks überkam mich. Ich war nie ein großer Frauenheld gewesen doch vor zwei Jahren lernte ich Anna kennen und seit dem waren wir ein Paar. Sie war nicht nur eine der hübschesten Frauen, denen ich je begegnet war, sondern auch intelligent, witzig und verständnisvoll.
"Schatz, ich muss dir etwas sagen.", hauchte sie mir ins Ohr. "Ich bin schwanger."
Mit diesen Worten machte sie mich zu dem glücklichsten Menschen auf der Welt. Ich jubelte, sprang auf und dadurch wurde sie fast aus dem Gleichgewicht gebracht und drohte umzukippen und in den See zu fallen. Ich packte sie gerade noch an den Schultern, als ich erkannte, was aus meiner Euphorie zu resultiern drohte und hielt sie fest.
"Sorry!", sagte ich und meine Augen begannen sich mit Tränen der Freude und des Glücks zu füllen. Sie lächelte mich an. "Macht nichts.", erwiderte sie uns ich half ihr aufzustehen.
"Wann? Wie? Wieso? Wer?" stammelte ich überglücklich hervor.
"Na hörmal," meinte sie leicht erbost, aber mit einem Lächeln auf ihren Lippen "wer, wieso und wie solltest gerade du doch wissen. Wann kann ich dir allerdings beantworten, vor etwa drei Monaten. Ich war heute morgen beim Frauenarzt, rein Routine mäßig, und der hat mir gesagt, dass ich schwanger bin."
Ich konnte mein Glück noch gar nicht fassen umso härter traf es mich, als mir Anna mitteilte, sie müsse jetzt wieder fahren. Sie wollte sich noch mit ihren Eltern treffen und auch ihnen die freudige Nachricht übermitteln.
Ich brachte sie noch zu ihrem Auto, das in der Garageneinfahrt stand, umarmte sie und gab ihr einen langen, innigen Kuss, von dem ich mir wünschte er würde nie zu Ende gehen. Wir versanken in einem Meer aus Gefühlen, erfüllt von Glück und Sehnsucht.
"Ich liebe dich.", flüsterte sie mir zu.
"Ich liebe dich auch." Das waren die letzten Worte, die ich je zu ihr sagen sollte.
Eine halbe Stunde später rief die Polizei an.
Anna war bei einem Autounfall tödlich verunglückt.