Ich kann keine Liebesgeschichten schreiben
Ich schaue aus dem Fenster, beobachte wie die Regenlinien sich wie Spinnennetze über die Scheibe spannen, das satte grün des Baumes davor sich im warmen Sommerwind wiegt . Es scheint fast so als würde er seine Blätter vor Freude hin und her werfen. Der Geruch des Regens, eines Sommerregens dringt an meine Nase.
Warum kann ich eigentlich keine Liebesgeschichten schreiben, frage ich mich und wende mich wieder dem weißen Stück Papier zu, dass vor mir auf dem Tisch liegt. Ein einzelnes verwegenes Wort durchbricht die blütenweiße Reinheit des Papiers. Stolz prangert in der Mitte des Blattes das Wort „Liebe“.
Ich sehe wieder aus dem Fenster. Manchmal, ja manchmal scheint es mir so als seien die Regentropfen die Tränen des Himmels.
Bei dem Gedanken daran, was noch vor mir liegt überlege ich auch einen Moment, ob ich nicht anfangen soll zu weinen. Dann lasse ich es aber doch.
Eine Liebesgeschichte schreiben, wie bin nur auf diese Idee gekommen frage ich mich, während ich nachdenklich den neuen Bleistift zwischen meinen Fingern wandern lasse.
Bei dem Gedanken daran eine Geschichte über die Liebe zu schreiben scheint sich mir alles zu verkrampfen. Es hilft nichts, denke ich, du hast dir das Ziel gesetzt und erreichst es auch.
Noch immer, fast wie Hohn starrt das einzelne Wort vor mir mich an. Ja ich kann dich auch nicht leiden, aber jetzt schreibe ich etwas über dich und damit basta, denke ich und packe den Stift mit neuerlicher Zuversicht.
Ein Plan muss her, nichts funktioniert ohne Plan, also brauche ich auch einen Plan für eine Liebesgeschichte.
Fangen wir also mit den Protagonisten an, wie sollen die denn aussehen?
Die grauen Buchstaben auf dem weißen Papier scheinen mich auszulachen. Euch zeige ich es, mache ich mir selber Mut und beschließe erst einmal einen Kaffee zu kochen.
Also die Protagonisten, ich nenne sie Alexander und...
Es regnet ja immer noch, stelle ich erstaunt fest. Der Stuhl auf dem ich sitze knarrt leise als ich meine Sitzposition etwas ändere. Den musst du eigentlich auch mal reparieren.
Jetzt wird aber erst eine Liebesgeschichte geschrieben. Romantik nimm dich in acht, ich komme.
Langsam fast zögerlich, als hätte ich Angst vor dem was ich schreibe kritzle ich ein paar Buchstaben auf das Blatt und freue mich wie ein Kind über meine offenbar wiedergekehrte Kreativität.
Die Uhr über der Tür tickt vernehmbar.
Ich werde wohl erst einmal einen Spaziergang machen, überlege ich mir und merke wie im selben Moment das Lächeln auf mein Gesicht zurückkehrt. Ich stehe auf, gehe die paar Schritte zur Tür, öffne sie und trete hinaus.
Und während die ersten warmen Regentropfen in mein Gesicht fallen bleibt das weiße Blatt auf dem Tisch zurück. Auf ihm steht geschrieben „Ich kann keine LIEBEsgeschichten schreiben!“