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Ich habe auf dich gewartet

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30.01.2018
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Ich habe auf dich gewartet

Schon von Weitem sah ich ihn auch heute wieder auf dem menschenleeren Parkplatz stehen, über den ich jeden Morgen ging, um zum Bahnhof zu gelangen. Schmal, dunkel, sowie mit dem geschnäbelten Haupt gen Erde gerichtet, verbarg er sich nur halb im Schatten eines Autos und schien zu warten. Vor ein paar Wochen war er mir zum ersten Mal aufgefallen, doch dachte ich nie daran ihm Beachtung zu schenken oder ihn gar anzusprechen. Vielleicht waren es seine gänzlich schwarzen Hüllen oder aber sein nahezu perfektes Verschmelzen mit den Schatten, welche lediglich durch die spärliche Beleuchtung der wenigen Straßenlaternen erzeugt wurden, aber etwas an ihm verhieß Unheil für mich, lies mich meinen Blick starr geradeaus richten sobald ich seine Anwesenheit spürte. Auch heute -die Sonne war, wie immer, noch lange nicht aufgegangen- erfüllte mich dieses ungute Gefühl der Schwere auf meinen Schultern, je näher ich seiner Gestalt kam, doch etwas war diesmal anders, als die vorherigen Tage und Wochen. Trotz der scheinbaren Belastung, welche seine Existenz schon aus der Entfernung auf mich auszuüben schien, hatte ich den Willen dieses Wesen zu betrachten, nicht nur aus der Ferne und ausschließlich für wenige Augenblicke, sondern aus nächster Nähe, um auch jedes kleinste Detail, jede Einzelheit erkennen zu können, insofern etwas derartiges vorhanden war. Ob mich Neugierde oder Wahnsinn zu ihm hin trieben, abwenden konnte ich es nun, da ich diesen Weg -dem Anschein nach völlig freiwillig- gewählt hatte, nicht mehr. Von meinem eigentlichen Ziel abweichend, verringerte ich die Distanz zwischen uns, wie ich es noch nie zuvor gewagt hatte, spürte dabei jedoch die Kälte, welche sich mit jedem Schritt, langsam und wie ein eiserner Dorn, in mein Herz zu bohren schien. Mittlerweile wurde ich von dieser Gestalt, die mich noch immer nicht zu fokussieren beabsichtigte, so sehr angezogen, dass es mir auch mit starker Willenskraft unmöglich gewesen wäre, ihr zu entkommen. Auf den letzten Metern entzog sich die gerade erst eingezogene Kälte meinem nun kaum noch erwärmten Herzen wieder und hinterließ es gefühllos, fast vollends taub, in meiner Brust. Auch das Gewicht, welches auf mir lastete, schon seit ich das Wesen zum ersten Mal sah, war nun nahezu unerträglich schwer und ich hatte Mühe mich auf meinen Beinen zu halten. Ohne große Anstrengungen zu leisten empfand ich auf einmal unendliche Kraftlosigkeit und jeder Schritt kostete mich alles an mobilisierbarer Energie, doch schließlich hatte ich es geschafft. Aus der Nähe betrachtet konnte ich erkennen, wie viele filigrane Feinheiten seinen Körper prägten und dass er eine gesteigerte Komplexität aufwies. Er schien nicht aus Masse zu bestehen, sondern viel mehr aus einer sich ständig wandelnden und doch immer gleich wirkenden Materie. Zu sehen war diese stetige Veränderung nicht, aber ich konnte sie deutlich spüren. Sie durchströmte meinen gesamten Körper und vermochte das Einzige zu sein, was ich noch in der Lage war zu fühlen, doch es war kein positives, sondern ein gänzlich beklemmendes Gefühl, welches mich nun einnahm. Nachdem das Wesen mit dem Schnabelkopf mir bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Aufmerksamkeit entgegengebracht hatte, hob es schließlich, langsam und bedacht auf jede seiner Bewegungen, den Blick vom Boden, wandte ihn mit entgegen. Es hatte keine Augen, so konnte ich anfangs nur erahnen, dass es mich betrachtete, doch drang sein Blick sobald auch in mein tiefstes Inneres vor und ließ mich wissen, dass ich richtig lag. Keinem Wort war es möglich meinen Körper zu verlassen, wenngleich mir eine Frage auf der Zunge brannte, seit ich in des Wesens Bann geraten war. Jedoch brauchte ich mich nicht zu überwinden, sondern bekam alsbald schon, was ich zu erhoffen vermochte. Ohne Mund und ohne Stimme sprach es nun zu mir und sagte: „Ich habe nur auf dich gewartet und jetzt, da du mich aufsuchtest, werde ich von deiner Seite nimmer mehr weichen. Auf das dein Glück und deines Herzens Reinheit unter meiner Macht ausdörren und du auf ewig in meinem Schatten wandelst, bis die Last des Lebens dich erdrückt“.

 

Schon von Weitem sah ich ihn auch heute wieder auf dem menschenleeren Parkplatz stehen, über den ich jeden Morgen ging, um zum Bahnhof zu gelangen.

Schon der erste Satz,

liebes Dunkelkind -
und zugleich herzlich willkommen hierorts!,

schon der erste Satz lässt mich Rätseln, wer oder was da auf dem "menschenleeren" Platz stände außer den geparkten Fahrzeugen. Das "geschnäbelte Haupt" und die "schwarzen Hüllen" lassen mich an einen Rabenvogel denken, der von der Symbolik her durchaus "Unheil", gar "Tod" verheißen" kann - was dann im Schlusssatz

„Ich habe nur auf dich gewartet und jetzt, da du mich aufsuchtest, werde ich von deiner Seite nimmer mehr weichen. Auf das dein Glück und deines Herzens Reinheit unter meiner Macht ausdörren und du auf ewig in meinem Schatten wandelst, bis die Last des Lebens dich erdrückt“.
bestätigt wird.

Eine Variation über den Tod? Gar - was seltsam genug, häufiger bei jungen Leuten denn älteren thematisiert wird, Suizid?

Wenn man so will, ist ein Parkplatz mit seinen Blech- und Plastikkisten nahe beim Schrottplatz, denn das Wesen des Auto-mobiles ist die Bewegung und Dreckschleuder, geparkt wird es zur Immobilie und doch nicht sauberer.

Das Ende des Schlussatzes zeigt schon an, woran es hapert: An Konzentration, denn den abschließenden Punkt setztu i.d. R. korrekt - nur eben hier nicht. Und es ist nicht der einzige Fehler, doch nun der Reihe nach.

Vor ein paar Wochen war er mir zum ersten Mal aufgefallen, doch dachte ich nie daran[,] ihm Beachtung zu schenken oder ihn gar anzusprechen.
(Komma, weil die Infinitivgruppen von einem Substantiv abhängig sind, was nicht sofort auffällt, weil das Substantiv durch Pronomen vertreten wird)

Dann passiert etwas, das für einen schreibenden Menschen so etwas wie der Super-GAU ist, wenn Wörter miteinander verwechselt werden, die zwar gleich klingen, aber äußerst Verschiedenes meinen - und zwar verwechselstu "lassen" und "lesen" und setzt statt "ließ" den Imperativ "lies" ein

..., aber etwas an ihm verhieß Unheil für mich, lie[ß] mich meinen Blick starr geradeaus richten[,] sobald ich seine Anwesenheit spürte.
(auch das Komma zum Nebensatz nicht vergessen!)

Vielleicht eine besondere Marotte von Dir, aber die Gedankenstriche sollten jeweils eine Leerstelle zu jedem Wort haben, zB hier

Auch heute -[...]die Sonne war, wie immer, noch lange nicht aufgegangen[...]- erfüllte mich dieses ungute Gefühl ...

Trotz der scheinbaren Belastung, welche seine Existenz schon aus der Entfernung auf mich auszuüben schien, hatte ich den Willen[,] dieses Wesen zu betrachten, nicht nur aus der Ferne und ausschließlich für wenige Augenblicke, sondern aus nächster Nähe, um auch jedes kleinste Detail, jede Einzelheit erkennen zu können, insofern etwas derartiges vorhanden war.

An diesem Satz kann man unschwer erkennen, dass die Kommasetzung deshalb gelegentlich schief läuft, weil die Länge der Sätze Dich zu überfordern scheint. Da hat maria.meerhaba Recht, zumindest nicht Unrecht: Warum ein kleistsches Format anstreben und die Übersicht verlieren, wenn man unbeschadet durch kleinere Formate glatt durchs Leben käme?

Ich geh jetzt nicht Satz für Satz durch, weil sich gleich wieder das nicht korrekte Strich-Muster zeigt (also die Wiederholungen beginnen), aber den Satz muss ich dann doch noch zitieren

Mittlerweile wurde ich von dieser Gestalt, die mich noch immer nicht zu fokussieren beabsichtigte, so sehr angezogen, dass es mir auch mit starker Willenskraft unmöglich gewesen wäre, ihr zu entkommen.

"Fokussieren", ein Wort, dass aus der Physik kommt und nicht nur hier vollkommenen Blödsinn ergibt, wo ein bloßes "anschauen" gemeint ist. Hunden soll man sogar nicht in die Augen sehen, sie fühlen sich dadurch bedroht und der gut gemeinte Blick wird zur Aggression. Das gilt sogar für bestimmte Kulturkreise.

Also, um die Konzentraton und Übersicht nicht zu verlieren, keine Dir selbst unübersichtlichen Satzkonstrukte bilden (oder ein zwotes und drittes Mal durchsehen, besser, von einem andern Korrekturlesen lassen. Dass Du lesen und lassen durchaus unterscheiden kannst, zeigt sich ja am Ende. Also auch das Flüchtigkeit ...

Wird schon werden,

meint der

Friedel

 

Hallo, Dunkelkind

Nun habe ich diesen Absatz (bitte mache ein paar mehr draus) mehrmals gelesen. Es wurde schon einiges sehr Wahres gesagt, also möchte ich jetzt nur noch auf Kleinigkeiten eingehen.

Vor ein paar Wochen war er mir zum ersten Mal aufgefallen, doch dachte ich nie daran ihm Beachtung zu schenken oder ihn gar anzusprechen.

Dieser Satz bringt den Leser raus. Du schreibst von einer mystischen, ätherischen Gestalt, die ich als Leserin nicht fassen kann, sodass ich glaube, dass sie vielleicht gar nicht wirklich da ist. Aber ansprechen? Das klingt so... weltlich. Das zieht einen plötzlich auf den Boden der Tatsachen zurück, und auf einmal ist Deine Gestalt nur irgendeine seltsam verkleidete Person, die komisch am Straßenrand rumsteht. Macht den Zauber kaputt.

Trotz der scheinbaren Belastung, welche seine Existenz schon aus der Entfernung auf mich auszuüben schien,

"Scheinbar" ist ein raffiniertes Wort. Wenn Du den Duden aufschlägst, liest Du, dass "scheinbar" - im Gegensatz zu "anscheinend" - bedeutet, dass etwas nur so scheint, aber in Wahrheit nicht so ist, während "anscheinend" so scheint und möglicherweise auch so ist. Allerdings bezweifle ich, dass Dein Prot nicht in Wahrheit auch belastet ist. Deshalb ist "scheinbar" hier fehl am Platze.

da ich diesen Weg -dem Anschein nach völlig freiwillig- gewählt hatte, nicht mehr

Das Wörtchen "gewählt" impliziert Freiwilligkeit bereits. Wenn Du sagen willst, dass es möglicherweise nicht freiwillig ist, heißt es besser: "da ich diesen Weg - dem Anschein nach völlig freiwillig - eingeschlagen hatte", oder, wenn wir mit dem spielen wollen, was wir gerade gelernt haben und Freiwilligkeit in Wahrheit nicht gegeben ist: "da ich diesen Weg - scheinbar völlig freiwillig - eingeschlagen hatte". Letztere Kombination teilt dem aufmerksamen Leser mit, dass der Weg de facto nicht freiwillig eingeschlagen wurde. Nur eine Idee. Muss natürlich nicht so gemacht werden. ;)

Aus der Nähe betrachtet konnte ich erkennen, wie viele filigrane Feinheiten seinen Körper prägten und dass er eine gesteigerte Komplexität aufwies. Er schien nicht aus Masse zu bestehen, sondern viel mehr aus einer sich ständig wandelnden und doch immer gleich wirkenden Materie.

Diese Stelle drückt toll aus, was meine Freude und zugleich mein Problem mit Deinem Absatz ist. Ich finde diese ätherische Gestalt faszinierend, und Du lässt mich diese Faszination zwischen einigen hervorragenden Worten spüren: "filigrane Feinheiten" sind hier das Schlüsselwort. Der Rest jedoch ist holpriges Beiwerk. Du fügst zwei unterschiedlich beginnende Nebensätze zusammen ("wie viele ... und dass ...), was erlaubt ist, aber blöd klingt, Du verschwurbelst Dich in irgendwelchen Unterschieden zwischen Masse und Materie. Ich möchte sagen: Insgesamt ist in diesem Text viel Schönes dabei. Und viel Unbequemes. Das steht sehr extrem nebeneinander.

Kommen wir zum Ende. maria.meerhaba hat vollkommen recht damit, dass es so wirkt, als hättest Du keine Ahnung gehabt, was eigentlich vorgeht. Du versuchst, es irgendwie aufzudröseln, aber dieser Versuch ist enttäuschend, verwirrend und unbefriedigend. Wer ist die Gestalt? Was bedeutet sie? Ist sie eine Depression? Ist sie der Tod? Was passiert jetzt mit dem Prot? Das Ganze lässt mich vollkommen ratlos zurück. Und ganz ehrlich, die Auflösung wirkt ziemlich unkreativ. Ich sehe, dass Du diese Gestalt in ihrer mystisch wabernden Form zwischen den Autos kurz vor Sonnenaufgang genau vor Dir gesehen hast. Das kann ich fassen, das hat mich fasziniert. Aber wir beide haben keine Ahnung, warum die Gestalt da war, wer sie ist und was sie bedeutet. Vielleicht kannst Du es ja erklären?!

Ich hoffe, ich konnte Dir ein paar nützliche Anregungen geben.

Viele Grüße,
Maria

 

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