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Ich fahre nicht mit

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06.04.2008
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Ich fahre nicht mit

Ich fahre nicht mit!

„Ich fahre nicht mit!“
Es wurde auf einmal sehr still in der Klasse.
„Euch ist schon klar, dass wir die Klassenfahrt absagen müssen, wenn einer nicht mitfährt, oder?“ hatte der Klassenlehrer Herr Alfred gesagt.
Schon da ist Benni fast schlecht geworden.
„Ich fahre nicht mit!“ wiederholte er.
„Mensch Benni! Das kannst du doch nicht machen! Wir haben uns doch so sehr darauf gefreut!“ rief einer aus der hinteren Reihe.
„Außerdem haben wir schon alles vorbereitet und Herr Alfred hat schon alles organisiert!“
„Genau!“ Das war einer von denen mit der übergroßen Kleidung, aus der man Anziehsachen für drei machen könnte. „Wir haben seit Jahren keine Klassenfahrt mehr gemacht. Und jetzt wieder nicht, nur wegen dem.“ Jetzt mischten sich auch Bennis Freunde ein.
Sonja, seine Freundin, sagte: „Hört doch mal auf damit! Er kann ja nichts dafür!“
Benni merkte, wie sein Körper erstarrte, er einen bestimmten Punkt in der Ecke taxierte, den er ja doch nicht sah und dass Blut ihm in den Kopf schoss. Er wunderte sich, was er auf einmal alles spürte: Scham, ein bisschen Traurigkeit, Wut. Er war wütend, teils über Sonja, weil sie fast gesagt hätte, warum er nicht mitfahren würde, obwohl sie seine Freundin war, teils über sich selber, weil er sich schämte, ohne es zu wollen. Seine Mutter hatte erst vor kurzem wieder zu ihm und seinen Geschwistern gesagt, dass sie sich nicht schämen müssten dafür. Eigentlich gab es ja auch keinen richtigen Grund dafür. Er wusste nicht einmal, warum er sich schämte. Aber er spürte auch Sonjas Hand, die seine fest umschlossen hielt. Nach kurzer Zeit, in der er nicht mitbekommen hatte, was passierte, merkte er, dass der Lehrer ihn ansprach: „Jetzt sag endlich was los ist, Benni?“
Benni riss sich zusammen, setzte sich aufrecht hin, ließ Sonjas Hand los, damit sie nicht merkte, wie er zitterte, wandte sich an die ganze Klasse und schrie es fast heraus: „Es tut mir Leid, dass ihr jetzt wegen mir nicht auf Klassenfahrt könnt, aber wir können uns das im Moment echt überhaupt nicht leisten! „Meine Mutter ist allein erziehend und arbeitslos. Und dann hab ich ja noch drei Geschwister. Außerdem zahlt unser Vater nicht und Harz 4 ist im Moment auch nicht die Welt!“
Auf einmal wurde es ganz ruhig im Klassenzimmer. Während die Schüler betreten und schweigsam vor sich hin schauten, ertönte der Gong. Keiner stand auf.


Janne Hansen

 

Hallo lupinus!

Willkommen auf kg.de.

Wie ich in deinem Profil gelesen habe, bist du Lehrer und dieser Text ist nicht von dir, sondern von einer Schülerin, richtig? Du willst sie belohnen, weil der Text so gut ist.

Also, bevor ich einen Kommentar schreibe: Wenn deine Schüler wirklich an kg.de interessiert sind, dann lass sie bitte selbst Accounts eröffnen.
Und bevor sie das tun, sollte klar sein, dass wir hier keine Schüler-Lob-Gruppe sind. Wir schreiben oft harte Kommentare. Es geht uns darum, Texte und unsere Schreibfähigkeiten zu verbessern. Daran haben nun mal nicht alle Interesse.
(Und nebenbei, wir sehen es auch gerne, wenn die "Neuen" hier nicht nur Texte posten, sondern sich auch sonst im Forum beteiligen, also selbst Kommentieren u.s.w.)

Ich freue mich wirklich über neue Leute, neue Texte hier, aber bei jedem, der herkommt, sollte klar sein, dass er das auch selbst will. (Es waren schon welche hier, die mir später per PN gestanden haben, von ihrem Lehrer gezwungen worden zu sein - das ist nicht nett.)

Grüße
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Janne,

wenn dein Lehrer schon in deinem Namen den Text einstellt, schreibe ich dich doch am besten direkt an.

Wie deinem Lehrer, gefällt auch mir deine Geschichte. Man merkt, dass du dir Gedanken gemacht hast.
Gerade deshalb schreibe ich dir ein paar von meinen Gedanken dazu auf und du schaust einfach, ob du denkst, es lohnt sich, deine gute Geschichte noch einmal zu überarbeiten, okay?

Zunächst ist da die Ausgangssituation.

„Euch ist schon klar, dass wir die Klassenfahrt absagen müssen, wenn einer nicht mitfährt, oder?“ hatte der Klassenlehrer Herr Alfred gesagt.
Ich stelle mir vor, ein Kind erkrankt am Tag der Abreise an den Masern oder bricht sich ein Bein. Der Bus steht schon auf dem Schulparkplatz, die ersten Koffer sind schon in der Ladeluke und die Mutter ruft den Lehrer auf dem Handy an und sagt, ihr Kind könne nicht mitfahren, da es krank geworden ist. Sagt der Lehrer dann die ganze Klassenfahrt noch ab, weil ein Kind nicht mitfahren kann? Dann ist es ein ziemlich dummer Lehrer, denn das kranke Kind wird sich nicht nur ärgern, nicht mitfahren zu können, sondern auch noch ein schlechtes Gewissen haben, weil es krank geworden ist und damit allen anderen die Klassenreise verdorben hat. Natürlich ist zu verstehen, dass ein Lehrer alle Kinder dabei haben möchte, schon wegen der Klassengemeinschaft, vielleicht auch, weil er nicht möchte, dass ein Kind enttäuscht ist. Aber das berechtigt ihn nicht, einen derartigen Druck auf die Kinder in seiner Klasse auszuüben.
Als ich in der Schule war, mussten Kinder, die nicht mitfahren konnten, solange in die Parallelklasse gehen. Das war natürlich auch gemein.
„Wir haben seit Jahren keine Klassenfahrt mehr gemacht. Und jetzt wieder nicht, nur wegen dem.“
Da es wörtliche Rede ist, ist es natürlich völlig in Ordnung, das Kind im Dativ sprechen zu lassen. Die meisten Menschen reden so, gerade in Franken, wo du herkommst. Trotzdem hoffe ich natürlich, dein Lehrer hat dir gesagt, dass man hier eigentlich den Genitiv benutzt. Und jetzt wieder nicht, nur seinetwegen. Das klingt natürlich für ein Kind viel zu geschwollen.
Benni merkte, wie sein Körper erstarrte, er einen bestimmten Punkt in der Ecke taxierte, den er ja doch nicht sah und dass Blut ihm in den Kopf schoss.
Hier musst du ein Komma nach "sah" setzen und danach entweder weiterschreiben: und dass ihm das Blut in den Kopf schoss oder und das Blut ihm in den Kopf schoss
Es tut mir Leid, dass ihr jetzt wegen mir nicht auf Klassenfahrt könnt,
Wieder wörtliche Rede, insofern ist der Dativ in Ordnung, grammatikalisch korrekt müsste es aber auch hier der Genitiv sein: dass ihr jetzt meinetwegen nicht ...
aber wir können uns das im Moment echt überhaupt nicht leisten!
natürlich gibt es Zuschüssen, die man beantragen kann, leider reichen die aber oft nicht aus, denn eine Klassenreise bedeutet trotzdem Extrakosten, die sich nicht jeder leisten kann.
und Harz 4 ist im Moment auch nicht die Welt!
der Mann, nachdem es beannt ist, heißt Peter Hartz (mit tz), nicht wie das Mittelgebirge, der Harz.
Da Hartz 4 (oder genauer Arbeitslosengeld 2; ALG2) ein fest berechneter Satz ist, der sich nicht ändert, ist es nie die Welt. "im Moment" könntest du also streichen und die Aussage damit noch deutlicher machen. Hartz 4 reicht kaum zum Leben, aber schon gar nicht für eine Klassenreise.

Im Grunde hast du durch die Dummheit des Lehrers zu Beginn schön beschrieben, was Hartz 4 für die Kinder bedeutet. Einen unglaublichen Druck und Schamgefühle. Es geht schon los, wenn man zum Geburtstag eingeladen ist und nichts Vernünftiges schenken kann, wenn die anderen Kinder schwimmen oder ins Kino gehen, wenn man die Kleidung der älteren Geschwister auftragen muss, die längst nicht mehr der Mode entspricht. In deiner Geschichte sorgt der Lehrer noch für zusätzlichen Druck, wenn er bestimmt, dass die Klassenreise gar nicht stattfindet, weil einer nicht mitfahren kann.

Soweit meine Gedanken.
Dir einen lieben Gruß
sim

 

Lieber Chris,
selbstverständlich habe ich meine Schülerin Janne gefragt, ob ihr eine Veröffentlichung ihres Textes in diesem Forum gefallen würde und sie hat bejaht.
Ich kann aber meine Schüler nicht zwingen, Accounts hier selbst zu eröffnen, ich kann ihnen nur zeigen, dass dies eine Möglichkeit ist, die in der Schule stattfindende "Schreibwerkstatt" auch privat hier in diesem Forum fortzusetzen. Also wollte ich nur einen Anfang machen. Außerdem sind meine Schüler harte Kritik gewöhnt, ich denke, damit kämen Janne und Andere gut zurecht.
Lieben Gruß
lupinus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lupinus!

Ich finde es nur reichlich kompliziert, Dinge im Text anzusprechen, und deine Schüler müssen dann erst über dich, um darauf einzugehen. Da kann man doch nicht vernünftig diskutieren.
(Übrigens, wer ist für die falsche Zeichernsetzung im Text verantwortlich, Lehrer, Schüler oder beide?)

Zum Thema: Warum soll die Kassenfahrt nicht stattfinden, wenn einer nicht mitfährt? Bei meinen Klassenfahrten fehlten immer ein, zwei, sei es wegen Krankheit, Geldmangel oder schlicht und einfach Unlust.
Und Hartz-4-Empfänger erhalten doch für Klassenfahrten Extrageld, soweit ich weiß.

Grüße
Chris

 
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