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Ich bin ein Mensch

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15.10.2015
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Ich bin ein Mensch

Vor mir steht ein Mann. Er steht da und starrt mich an. Er ist alt, sehr alt, aber seine synthetischen Implantate haben ihn jung gehalten. Erst waren es nur die Augen. Dann die kranke Lunge. Die Haut. Die Blutgefäße. Die Muskeln. Das Nervensystem. Schließlich das schwache Herz. Sein Gehirn wird von einem Prozessor getaktet. Alles an ihm ist geschaffen.

Er berührt seine Wange. Ich glaube, er will sich streicheln - Aber so sehr er es auch versucht, er spürt nichts mehr. All seine künstlichen Organe, all seine eingesetzten Verstärker haben ihm etwas genommen, das er nicht mal mehr vermissen kann. Die piezoresistiven Sensoren in seinem Ohr übermitteln den Schall der Umgebung, aber Töne hört er schon lange nicht mehr. Die lichtempfindlichen Instrumente in seinem Auge übertragen ihm die Welt, aber ein Bild hat er schon lange nicht mehr genossen. Selbst seine Erinnerungen, gespeichert auf einer interen Festplatte - dem menschlichen Speichervermögen weit überlegen -, sind ihm nichts mehr wert.

Dann erkennt er ein altes Foto im Regal. Er nimmt es in die Hand. Er schaut es an. Er schaut es lange an. Plötzlich fängt seine Lunge an zu rasen, seine Haut beginnt zu zittern, sein Kopf scheint wie zu beben. Er öffnet den Mund, er versucht zu schreien und flüstert, er flüstert als würde hinter leblosen Vokalen noch etwas schlummern: "Ich bin ein Mensch."

Der Raum wird bunt, der Raum wird hell, die warme Sonne ist zu fühlen, das alte Holz zu riechen, Bilder erscheinen und wollen nicht mehr gehen.

Dann fällt das Bild zu Boden und zerspringt. Ein Mann schaut in den Spiegel. Er schaut an mir vorbei. Er dreht sich um. Dann ist da nur noch Rauschen.

 

Hallo kaBam

Das ist ein beunruhigendes Bild, das du da von der Zukunft zeichnest. Das Thema, das du gewählt hast, gefällt mir sehr gut. Diese Mensch - Maschinen Thematik bietet meiner Meinung nach viel Stoff für gute Kurzgeschichten. Allerdings kann ich mich trotzdem nicht wirklich für deine Kurzgeschichte erwärmen.
Vom Schreibstil her gefällt sie mir eigentlich ganz gut, trotzdem ist sie viel zu kurz, um den Leser wirklich mitzureissen. Versuche doch, sie etwas länger und ausführlicher zu gestalten und dabei den Prot näher zu beschreiben.

Noch ein paar Anmerkungen:

die warme Sonne ist zu fühlen, das alte Holz zu riechen

Das klingt bisschen holperig, ich würde das ganz normal als "er fühlt die warme Sonne, er riecht das alte Holz" schreiben.

Er berührt seine Wange. Ich glaube, er will sich streicheln - Aber so sehr er es auch versucht, er spürt nichts mehr.

Bin mir jetzt nicht sicher ob du das wörtlich oder im übertragenen Sinne meinst. Aber wenn dein Prot piezoresistive Sensoren im Ohr und lichtempfindliche Instrumente in seinem Auge hat, wird er wohl auch berührungsempfindliche Sensoren unter seiner Haut haben.

Dann fällt das Bild zu Boden und zerspringt. Ein Mann schaut in den Spiegel. Er schaut an mir vorbei. Er dreht sich um. Dann ist da nur noch Rauschen.

Bin mir da ehrlich gesagt nicht ganz darüber im Klaren, was passiert. Das müsstest du näher erläutern.

Gruss, lenk

 

Hallo kaBam,


ich stimme lenk zu es ist sehr beunruigendes Bild, das du da vor deiner Zukunft hast. Trotzdem ist deine Geschcihte gut. Mach weiter so!


Gruss,
Schnubbi03


PS: Versuche mehr fröhlichere Geschichten zu schreiben.

 

Hi kaBam,

du hast da ein Thema gewählt, für das ich mich unendlich begeistern kann. Die Geschichte im Allgemeinen gefällt mir gut, allerdings ist sie mir etwas kurz. Ich muss zugeben, meine Aufmerksamkeitsspanne ist nicht gerade olympiareif, aber wenn mich eine Geschichte interessiert, darf sie gerne auch länger sein. Dein Text hat mich in seinen Bann gezogen, war aber für meinen Geschmack viel zu schnell wieder vorüber - es fühlte sich beinahe wie ein Auftakt oder ein Prolog an, auf den noch irgendetwas folgen muss.

Was den Ausdruck betrifft, kann ich lenk nur zustimmen:

die warme Sonne ist zu fühlen, das alte Holz zu riechen

liest sich ein wenig merkwürdig. Zumal die Sonne immer warm ist und das Holz riecht auch schon die ganze Zeit, dein Protagonist bemerkt es nur plötzlich in diesem Moment. Es ist eine Beschreibung, die alleinig von ihm ausgeht, nicht direkt eine allgemeine Beschreibung der Situation. Verstehst du, was ich meine?

Der Schluss ist mir auch ein wenig unklar, da solltest du uns Lesern noch etwas mehr Information geben.

Im Großen und Ganzen gefällt mir die Geschichte jedenfalls und solltest du sie noch einmal überarbeiten, bin ich gespannt, sie noch einmal zu lesen :)

LG Krizzle

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola kaBam,

... seine synthetischen Implantate ...
Sein Gehirn wird von einem Prozessor getaktet.
... piezoresistiven Sensoren ...
Die lichtempfindlichen Instrumente in seinem Auge ...
... gespeichert auf einer interen Festplatte – (internen)

Ja, mein lieber Mann, da hast Du ja einen tollen Typen zusammengebastelt!
Und wenn der dann sagt:
"Ich bin ein Mensch."
- dann bin ich richtig fertig mit der Welt.

Der bekrabbelt sich ja noch im Vorfeld:

Plötzlich fängt seine Lunge an zu rasen, ...
Bislang hörte ich nur von rasenden Herzen.

... seine Haut beginnt zu zittern, ...
Schlecht vorstellbar. Der Körper kann zu zittern beginnen, Gliedmaßen auch – aber die Haut?

... , sein Kopf scheint wie zu beben.
Das ‚wie’ sollte weg.
Obschon ein bebender Kopf Deine ureigenste Erfindung ist.
... er flüstert K als würde hinter leblosen Vokalen noch etwas schlummern: ...
Bitte lies das langsam:
ALS WÜRDE HINTER LEBLOSEN VOKALEN NOCH ETWAS SCHLUMMERN: ...
Ich empfinde das als Show-Text. So etwas will beeindrucken, jedoch meine ich: So kannst Du Deine Leser nicht zufriedenstellen. Das ist unüberlegt, aus dem Handgelenk heraus formuliert – und deshalb taugt es nichts. Sorry, aber die

... die warme Sonne ist zu fühlen, das alte Holz zu riechen, ...

und womit bitte? Nee, nee, hier fehlt meines Erachtens noch viel, viel Arbeit, lieber kaBam - auch eine allerkürzeste Kurzgeschichte braucht viel Sorgfalt und Präzision.
Beispiel:
Bilder erscheinen ...
weiter oben:
... aber ein Bild hat er schon lange nicht mehr genossen.
Durch das Zauberwort ist alles wieder, wie es war? Kann ich mir als Leser nicht vorstellen.
Er schaut an mir vorbei. Er dreht sich um. Dann ist da nur noch Rauschen.

Ich muss schon sagen – Du machst es Dir wirklich einfach. Ich sag’s auch einfach: Mir hat Deine Geschichte nicht gefallen. Selbst wenn man mit viel Aufwand diesen dürftigen Text aufarbeiten wollte, kann ich keine überzeugende Grundidee erkennen – und die wäre ja die Basis.
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Heya, Lenk!

Danke für Dein Review. Schade, dass Du Dich für die Geschichte auf Grund der Länge nicht erwärmen kannst; ist angekommen. Du triffst da aber einen kleinen Sturkopf mit der Ansicht, dass es zwar an der Länge mangelt, die Dichte dies aber wieder ausgleicht.

"Er spürt nichts mehr", meinte ich übertragen.

Ich gebe die Interpretation der Geschichte nur ungerne raus; komme mir dann vor wie ein Magier, der seine Tricks verrät. Reicht es Dir, wenn ich sage, dass es beim ersten Lesen nicht verstanden werden soll?

Hallo, Schnubbi03,

es freut mich, dass Dir die Geschichte gefällt. Noch genauer zu schreiben, was Dir gefällt oder nicht, wäre hilfreich, aber ich will Dich hier zu nichts zwingen. Jeder Kommentar ist besser als keiner!

Hey, Krizzle,

schön, einen Science-Fiction-Fan zu treffen =D Ich beantworte Deine und Lenks Frage mal hier: "Er fühlt die warme Sonne", will ich nicht benutzen, weil er nicht direkt der einzige ist, der das fühlt.

Es fällt mir schwer, richtig einzuschätzen, wie viel Information der Leser braucht, um zu einer Interpretation zu gelangen. Allerdings haben es meine Probeleser ganz gut geschafft, weswegen ich es doch noch mal so lasse.

Hallo, Josefelipe,

schade, dass Dir die Geschichte nicht gefällt. Trotzdem oder gerade deswegen danke für das Review. Muss hier jedoch gestehen, dass ich Dir nicht ganz folgen kann. Die zitternde Haut verstehe ich, die Aussagen mit "Showtext", "fertig mit der Welt" und "machst es Dir wirklich einfach" aber nicht.


Schöne Grüße
kaBam

 

Hallo kaBam, ein interessanter Einstieg in eine Kurzgeschichte. Ich würde sie gerne lesen, wenn es sie denn geben würde. Doch dein Prot. verlässt die Bühne. Das ist schade.

Liebe Grüße!
Amelie

 

Hallo kaBam,

Herzlich Willkommen im Forum!

Ich glaube, solche extrem kurzen Geschichten haben einen höheren Schwierigkeitsgrad als längere Kurzgeschichten. Man muss als Autor sehr präzise arbeiten, um in wenigen Sätzen rüberzubringen, was man ausdrücken möchte. Und für die Leser sind die Schwächen auffälliger, weil sie sich nicht hinter viel Text verstecken können. :p

Dir ist es hier ziemlich gut gelungen, mit der Geschichte eine bestimmte Idee herauszuarbeiten und dem Leser ein Gefühl des Unbehagens zu vermitteln. Ich bin zwar eigentlich ein Fan von langen Geschichten, aber in diesem Fall würde ich sagen, die Geschichte wirkt rund und du erreichst, was du damit vorhattest. Ich hab sie gern gelesen und würde mich auch freuen, wenn du mal etwas längeres präsentierst. :)

Trotzdem habe ich auch ein paar Diskussionspunkte und Kritik.

Erst mal ein paar Dinge zum Inhaltlichen: Das Thema ist wirklich spannend. Ich persönlich finde diese "Transhumanismus"-Vorstellungen ziemlich gruselig und der Text hat es auch geschafft, bei mir so einen leichten Grusel zu erzeugen. Aber eine richtig tiefgehende Auseinandersetzung ist in so wenigen Zeilen eben doch nicht möglich. Der Text hat durchaus das Potenzial, zum Nachdenken anzuregen, aber nachdem ich das getan habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Geschichte nicht die eigentliche Ursache für das Unbehagen erfasst hat, dafür bleibt sie zu sehr an der Oberfläche.

Die Geschichte reitet vor allem darauf herum, dass ein künstlicher Körper nicht mehr die selbe Empfindungsfähigkeit hat wie ein biologischer, dass der Protagonist die Welt nicht mehr so erlebt wie in seinen "Naturzustand". Es steckt ein wenig Technikfeindlichkeit drin, zumindest nach meinem Gefühl.
Ich bin nämlich gar nicht der Ansicht, künstliche Körperteile wären grundsätzlich abzulehnen. Prothesen gibt es ja schon sehr lange, und für Menschen mit Behinderungen wäre es ein Segen, wenn die noch besser würden, also wenn z.B. künstliche Augen und Ohren das leisten könnten, was ihre biologischen Vorbilder können.

Ich teile also die Meinung des Erzählers nicht, dass "den Schall der Umgebung vermitteln" etwas anderes ist als "Töne hören". Sinneseindrücke, die durch künstliche Organe erzeugt werden, sind doch nicht grundsätzlich weniger wertvoll, nur weil die Organe nicht aus Nerven und Blut und Gallert bestehen. Es liegt an uns selbst, den Dingen die wir wahrnehmen Bedeutung zu verleihen, nicht an den Instrumenten, mit denen wir das tun.

Aber diese Idee, dass man mit viel Technologie Alter und Tod ein Schnippchen schlagen kann, die sorgt bei mir für ein schlechtes Bauchgefühl. Dem Verfall des eigenen Körpers zuzusehen, immer gebrechlicher und hilfsbedürftiger zu werden, und schließlich der Tatsache ins Auge zu sehen, dass nach siebzig, achtzig Jahren (wenn man Glück hat) irgendwann Schluss ist, das ist zweifellos alles furchtbar. Aber deshalb zu sagen: Dann sorge ich halt um jeden Preis dafür, dass es nicht dazu kommt, das halte ich für einen Irrweg. Das hat so etwas fundamental Egoistisches. Zum einen ist es eine Weigerung, Platz für neue Generationen zu machen. Und dann wäre solche Technologie ja nicht für alle verfügbar, das würde definitiv ein Privileg der Reichen bleiben. Also während anderswo Leute eine Lebenserwartung von 50 haben, es immer noch massive Kindersterblichkeit gibt, Hungersnöte und keine anständige Behandlung für eigentlich ganz einfach zu heilende Krankheiten, da soll man einen Haufen technische Upgrades kaufen, um die eigene Existenz zu verlängern bis zum Gehtnichtmehr? Da stimmt doch etwas nicht.

Also gesellschaftlich gesehen ist das schon mal eine schlimme Vorstellung. Die Geschichte beschäftigt sich nur mit der individuellen Ebene. Aber auch da gibt es natürlich Gründe, das Ganze zu hinterfragen. Ewiges Leben und ewige Jugend sind ja ein ganz alter Menschheitstraum. Aber in den Geschichten, wo Leute das Ziel tatsächlich erreichen, schwingt eigentlich immer der Gedanke mit, dass das vielleicht gar nicht so toll ist, wie man es sich vorstellt.

Was fängt man mit all den zusätzlichen Jahren an? Für einen Wissenschaftler, der sein Leben einer bestimmten Fragestellung gewidmet hat, oder einen Künster, der das ultimative Werk schaffen will, wäre es vielleicht wirklich eine gute Sache. Aber für jemanden mit einem ganz normalen Bürojob? Will der den hundert, zweihundert Jahre lang machen? Wenn man sich nicht wirklich vorher Gedanken macht, was man mit diesem langen Leben anfangen würde, dann bezweifle ich, dass das Leben dadurch besser oder glücklicher wird. Na ja, und wieviele Menschen würden sich da wirklich intensiv Gedanken machen, anstatt sofort auf das Angebot von ewiger Jugend anzuspringen? Und wenn alles, was man erreicht hat, ein längeres Unglücklichsein ist, dann war es vielleicht keine so gute Idee.

Diese Idee, dass das Leben nicht mehr "echt" und "authentisch" wäre, ich glaube das ist eher eine Sache der persönlichen Einstellung - siehe oben. Ich würde jemandem mit einer Beinprothese auch nicht absprechen, dass er "authentisch" laufen kann. Aber so ein Leben wäre definitiv etwas anderes, und womöglich eben nicht das, was man gewollt hat.
In diesem Sinne verstehe ich die Geschichte. Ich habe es so gelesen, dass der Erzähler vor dem Spiegel steht und sich selbst betrachtet. Er ist so von sich selbst entfremdet, dass er von sich in der dritten Person spricht, als wäre sein Spiegelbild jemand anderes. Und dann wird ihm bewusst, dass er die Welt nie wieder so erleben wird, wie in der Zeit, als er jung war und noch einen biologischen Körper hatte, und dass er mit seinem jetzigen Zustand nicht glücklich ist.

Ich habe am Schluss durchaus Mitgefühl gehabt mit dem Erzähler, aber wenn ich dem begegnen würde, dann würde ich ihm sagen: Deine künstlichen Augen und Ohren und dein Festplattengedächtnis sind nicht dein Problem. Dein Problem ist, dass in deinem Leben einiges falsch gelaufen ist, und die Entscheidung, dich zum Cyborg umzubauen, war vielleicht gar nicht das Schlimmste davon. Die Frage ist nicht, ob er ein Mensch ist, sondern ob er ein menschenwürdiges Leben führt.

Versteh mich nicht falsch, ich will damit nicht sagen: Deine Geschichte ist schlecht, weil die nicht alle Gedanken enthält, die ich zu diesem Thema habe. Mit so einem kurzen Text überhaupt ans Ziel zu kommen, eine Stimmung zu erzeugen und eine Aussage zu transportieren, das ist schon eine Leistung, und solche Geschichten haben auch ihre Existenzberechtigung. Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, etwas auf so kleinem Raum zu erzählen.
Aber na ja ... längere Texte können eben doch mehr. Die Geschichte hier ist wie ein netter Snack. Ganz okay, gut verdaulich, sogar ein bisschen gesund :). Aber eine vollwertige Mahlzeit ersetzt das nicht. :p

Gut, soweit zum Inhaltlichen, jetzt habe ich noch ein bisschen Textkram.

Er berührt seine Wange. Ich glaube, er will sich streicheln - Aber so sehr er es auch versucht, er spürt nichts mehr.
nach einem Gedankenstrich geht es klein weiter

Die lichtempfindlichen Instrumente in seinem Auge übertragen ihm die Welt, aber ein Bild hat er schon lange nicht mehr genossen.
Hmm, "ein Bild genießen" ist eine etwas schräge Formulierung. Ich würde bei "gesehen" bleiben. Es wird ja aus dem Kontext deutlich, dass er damit mehr meint als nur den reinen physischen Vorgang, optische Informationen über die Umgebung aufzunehmen.

Selbst seine Erinnerungen, gespeichert auf einer interen Festplatte
internen

Plötzlich fängt seine Lunge an zu rasen, seine Haut beginnt zu zittern, sein Kopf scheint wie zu beben.
Normalerweise spricht man davon, dass das Herz rast. Wenn es um die Lunge geht, würde man eher sagen, der Atem geht schneller. Es hört sich komisch an, von einer rasenden Lunge zu sprechen.
Das "wie" im zweiten fetten Teil muss weg. Das "scheint" sagt ja schon aus, dass es so wirkt, aber nicht unbedingt so ist, "scheint wie" ist also doppelt gemoppelt.

Er öffnet den Mund, er versucht zu schreien und flüstert, er flüstert als würde hinter leblosen Vokalen noch etwas schlummern: "Ich bin ein Mensch."
Hmm, das ist wirklich ein bisschen dick aufgetragen, und "leblose Vokale" ist auch eine etwas merkwürdige Umschreibung dafür dass er spricht. Ich denke, du findest noch eine bessere Formulierung für die Aussage, dass da noch "mehr" ist als nur ein maschineller Vorgang, also dass er noch etwas empfindet.

Dann fällt das Bild zu Boden und zerspringt.
Also ich weiß ja nicht, wie Fotos in Zukunft entwickelt werden, aber bei denen, die wir kennen, kann das Bild nicht zerspringen, höchstens der Rahmen und das Glas davor ...

Grüße von Perdita

 

»Innerhalb der winzigen Elite der Milliardäre, die die Cloud-Computer betreiben, herrscht
der laute, zuversichtliche Glaube, dass die Technologie sie eines Tages unsterblich machen
wird. Google zum Beispiel finanziert eine große Organisation mit dem Ziel, "den Tod zu überwinden". Und es gibt viele Beispiele mehr. Ich kenne einige der Hauptbeteiligten der
Anti-Tod- oder posthumanen Bewegung, die im Herzen der Silicon-Valley-Kultur sitzt …«
Jaron Lanier​

Hallo & herzlich willkommen hierorts,

kaBam,

seit Urzeiten strebt der Mensch nach dem ewigen Leben (das Festhalten der Erinnerung in Höhlenmalereien wie die figürlich voluminösen Frauenfiguren der Venus - wie ist da eigentlich die Mehrzahl? Venüsse kann's ja nicht sein - und auf dem Weg dahin müssen natürliche Organe durch künstliche ersetzt werden, die mit der Technik von der Holzkrücke übers Holzbein zum elektromotorisierten Rollstuhl bis zum google-selbststeuernden Auto immer besser funktionieren, dass die Soziologie im Übergang der 1950-er/60-er Jahre für den nach Gottgleichheit strebenden Menschen den Ausdruck "Prothesengott" erfand. Und so ein Gottesnachahmer steht da vor uns, dessen Welt natürlich mit dem Spiegel zerbricht.

Erschuf noch Gott, wenn man seinem Wort glauben darf, noch den Menschen, so gilt in einer nicht mehr allzu fernen Zukunft

Alles an ihm ist geschaffen
(Zugegeben, ich wollte zunächst auf eine Verwechselung der Vorsilbe ge... mit er... hinweisen, aber unterm Schreiben fiel mir dann diese Variante, wie sie jetzt hier steht, ein, dass nun keine Verwechselung vorliegt). Aber dennoch bleiben einige - vllt. sogar für einen so kurzen Text überraschend viele (Flüchtigkeits?-)Fehler:

Ich glaube, er will sich streicheln - Aber so sehr er es auch versucht, ...
, entweder ein kleines aber oder statt des Strichs ein Punkt!

gespeichert auf einer inter[n]en Festplatte

..., sein Kopf scheint wie zu beben
wirkt ein bisschen wie Pidigin, besser Kreolisch ... Immerhin weiß jeder, was gemeint ist. Sein Kopf scheint zu beben, das wäre schon genug Aussage, wenn man nicht den Konjunktiv "als ob er bebte" oder umgangssprachlicher, aber dafür mit allzu vielen Worten "als ob er beben würde".

Und noch'n Komma wäre nachzutragen

.und flüstert, er flüstert[,] als würde hinter leblosen Vokalen noch etwas schlummern:
(die vergleichende Konjunktion als leitet einen vollständigen Satz ein)

Nun ja, eine kleine Fingerübung halt, dass ich mit Lanier schließe:»Die Arithmetik ist klar. Falls die Unsterblichkeitstechnologie, oder auch nur eine Technologie der drastischen Lebensverlängerung zu funktionieren beginnt, müsste sie entweder auf die kleinste Elite beschränkt bleiben oder wir müssten aufhören, Kinder in die Welt zu setzen, und in eine unendlich fade Gerontokratie übergehen. Dies sage ich um hervorzuheben, dass in der digitalen Technologie häufig, was radikal scheint - was auf den ersten Blick wie kreative Zerstörung wirkt -, sich in Wirklichkeit, wenn es tatsächlich umgesetzt würde, als hyperkonservativ und unendlich fade und langweilig herausstellt. Eine weitere populäre Idee ist, unser Gehirn in die virtuelle Realität "upzuloaden", damit wir für immer in einer Softwareform weiterleben könnten. Und das trotz der Tatsache, dass wir noch nicht einmal wissen, wie das Gehirn funktioniert. Wir wissen nicht, wie Ideen durch Neuronen repräsentiert werden. Wir stellen Milliarden von Dollar bereit, um das Gehirn zu simulieren, dabei kennen wir jetzt noch nicht einmal die grundlegenden Prinzipien, nach denen es funktioniert. Wir behandeln Hoffnungen und Glaube, als wären sie etablierte Wissenschaft. Wir behandeln Computer wie religiöse Objekte …«

Gruß und schönes Wochenende vom

Friedel

Jaron Lanier: Für einen neuen Humanismus. Wie wir der digitalen Entrechtung entkommen. Rede zum Empfang des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels am 12. Oktober 2014 in der Frankfurter Paulskirche, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 11/2014, S. 42 ff., Zitate S. 56

 

hallo kaBam,

ich habe deine Kurzgeschichte interessiert gelesen, allerdings konnte sie mich nicht mitreißen. Ich finde das Thema, das du gewählt hast, sehr ansprechend, aber die Umsetzung naja... geht so.

Ich habe einfach keine Verbindung zu deinen Figuren.

Er berührt seine Wange. Ich glaube, er will sich streicheln - Aber so sehr er es auch versucht, er spürt nichts mehr. All seine künstlichen Organe, all seine eingesetzten Verstärker haben ihm etwas genommen, das er nicht mal mehr vermissen kann. Die piezoresistiven Sensoren in seinem Ohr übermitteln den Schall der Umgebung, aber Töne hört er schon lange nicht mehr. Die lichtempfindlichen Instrumente in seinem Auge übertragen ihm die Welt, aber ein Bild hat er schon lange nicht mehr genossen. Selbst seine Erinnerungen, gespeichert auf einer interen Festplatte - dem menschlichen Speichervermögen weit überlegen -, sind ihm nichts mehr wert.

Hier beschreibst du wie sein zukünftiges "künstliches" Leben aussieht. Ich habe mal markiert, was sich für mich komisch anhört... künstliche Organe, okay, aber eingesetzte Verstärker? Was bewirken eingesetzte Verstärker im menschl. Körper?
Ein Bild hat er schon lange nicht mehr genossen, hört sich meiner Meinung nach komisch an...
Okay, der künstliche Körper hat ihm also seine gesamte Menschlichkeit genommen, aber warum wirkt es dann in der Geschichte so, als trauere er darum? Ist nicht die Verzweiflung darüber, dass er kein richtiger Mensch mehr ist, an sich menschlich? Du schreibst, dass die Verstärker ihm etwas genommen habe, was er nicht mehr vermissen wird und dass seine Erinnerungen ihm nichts mehr wert sind.

Dann erkennt er ein altes Foto im Regal. Er nimmt es in die Hand. Er schaut es an. Er schaut es lange an. Plötzlich fängt seine Lunge an zu rasen, seine Haut beginnt zu zittern, sein Kopf scheint wie zu beben. Er öffnet den Mund, er versucht zu schreien und flüstert, er flüstert als würde hinter leblosen Vokalen noch etwas schlummern: "Ich bin ein Mensch."

Hier aber versteht er, er ist verzweifelt, und das passt einfach nicht zum Rest der Beschreibungen. Denn - entweder er ist eine bloße Maschine, die keine Emotionen mehr hat, oder er behält seine Menschlichkeit.

Ich hoffe ich konnte dir mit meinem Kommentar weiterhelfen. Hab deine Geschichte trotzdem gern gelesen.
Lg
Luz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo AmelieS, Perdita, Friedrichard und Lucinda,

danke für eure ausführliche Kritik. Mit so vielen Kommentaren hatte ich wirklich nicht gerechnet. Ich habe alle Beiträge mehrmals gelesen und stimme zu, dass das Thema inhaltlich nicht ausführlich behandelt wurde. Dass die Figur es nicht schafft, wirklich mitzureißen, finde ich schade, aber nach den angeführten Kritikpunkten verständlich. Die Textfehler sollten ebenfalls nicht sein.
Auch wenn es... etwas schmerzt, dass die Geschichte nur für einen "netten Snack" langt, bin ich jetzt umso motivierter, es besser zu machen. Insofern

bis zum nächsten Mal

kaBam

 

Hallo kabam,

deine Kurzgeschichte hat ein interessantes Thema als Fokus. Du hast dich mit einer möglichen technologiebasierten Zukunft und dem Humanismus auseinander gesetzt.
Der Schluss empfand ich als ein offenes Ende, welches ich gut fand. Mir kamen folgende Fragen auf: War die Hauptfigur ein Mensch oder doch eine Maschine und wo ist der Übergang? Ist der Absturz dadurch verursacht, dass der Mensch es begriffen hat, dass er eine Maschine war oder hat die Maschine verstanden, dass doch sie ein Mensch war und hat selbst Schluss gemacht? Oder hat die Maschine gedacht sie sei ein Mensch und am Ende doch begriffen, dass sie eine Maschine war und konnte dies nicht ertragen?
Ein jeder Leser kann sich seine eigene Antwort raussuchen, du lässt ihm die freie Wahl und dirigierst ihn nicht diese eine Antwort zu akzeptieren. Ich denke, dies ist die Stärke deiner Kurzgeschichte.

Bei der Ausarbeitung der Story kann ich mich den vorherigen Posts und deren Anregungen anschließen:
-> Auf die Verben solltest du achten, nicht beschreiben, sondern aktive Verben nutzen.
-> Protagonist ist in weiter Ferne, hole ihn nah heran, ähnlich einem "Portrait", er wirkt plastischer und nicht unnahbar
-> In 2 bis 3 zusätzlichen Absätzen könntest du mehr Input dem Leser geben wer dein Protagonist war, und wie er zu dem was er nun ist wurde (mehr Input für den Leser, siehe vorheriger Punkt)

Viele Grüße

 

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