- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 1
Ich bin doch (k)ein Egoist!
Ich bin doch (k) ein Egoist!
„Hey das war vielleicht wieder ein Wochenende.“ sag ich zu Freddi am Montagmorgen.
„Dabei fing alles so gut an. Dem Trainee hab ich noch verklickert, dass er den Dienst bis vier am Freitag schieben muss, bin also schon gegen halb zwei raus.“ „Und der hat das mitgemacht?“ schaut mich Freddi verwundert an. „Na ja, hab was von gutem Wort zur Beurteilung einlegen und so erzählt und dass er mich auf meinem Handy im Notfall anrufen kann. Der weis natürlich nicht, dass ich in zwei Wochen in Urlaub fahre, wenn er vom Chef beurteilt wird, ist mir ja auch egal.“
„Also“ erzähle ich weiter „ich gleich ab in den Globus zum Einkaufen. Da war es proppenvoll, aber Freitag um eins lassen die ja die ganzen Beamten frei. Vier Runden habe ich gedreht und dann endlich ne´ Lücke gefunden. Da war so ne´ artige Tussi. Hat fein geblinkt, aber als der Spießer in seinem Benz rausfuhr, bin ich gleich reingeprescht.
Die hat sich vielleicht aufgeplustert.“ „War peinlich was?“ grinste Freddi. „Ich bitte Dich Freddi. Seit wann lasse ich mir Regeln von einer Tussi mit Führerschein vorhalten. Wo kommen wir denn da hin. Mein Auto ist der letzte Hauch von echter Freiheit. Das hat sogar meine Beste inzwischen kapiert.
Und als ob sich alle gegen mich verschworen haben. Da war doch an der Schnellkasse ein neuer Kassierer, der mich voll angemacht hatte.“ „Wie jetzt?“ fragt Freddi neugierig. „Selbst an der Schnellkasse war es diesmal voll, waren ja auch alle Kassen besetzt. Ich meine, dass mich die Leute dumm anklotzen, daran habe ich mich gewöhnt. Sollte mal einer wirklich seine Klappe aufmachen, dann kennst Du ja meinen Standardspruch ‚Halten Sie an sich, Stänkerer wie Sie wegen Nötigung und Beleidigung zu verklagen, ist eines meiner Hobbys. Aber bitte, nennen Sie mir einfach die Adresse Ihres Anwalts, dann klären wir das ohne Gericht, wird für Sie dann billiger.’ Klappt eigentlich immer, aber dieser Kassierer dann weigerte sich, meinen Einkauf übers Band zu ziehen. ‚Das sind ja über dreißig Posten’ posaunte er. ‚Bei der Schellkasse sind nur acht Posten erlaubt.’“ Wie hast Du den denn weich gekriegt?“ frohlockte Freddi. „Genauso wie sonst auch. ‚Bitte’ sage ich ihm ‚tun Sie sich keinen Zwang an. Wenn’s Sie motiviert Ihren Job besser zu erledigen, dann kassieren Sie halt immer nach acht Artikeln ab, nur am Stück wären Sie halt schneller. Alternativ lasse ich den Einkauf auf dem Band liegen und verschwinde auf der Stelle. Wenn Sie mein Geld nicht wollen, brauche ich Ihren Einkauf auch nicht. Nur die Geschäftsleitung müsste ich von solchem geschäftsschädigenden Verhalten ihrer Angestellten unterrichten.’ Was denkst Du, drei Minuten später war der Einkauf bezahlt.
Dann noch das übliche am Bäckerstand. Die Leute halten sich wie die Blöden an das Schild ‚Bitte von links anstellen.’ Ich mache meine eigene Schlange von rechts auf, ein kurzes Grummeln aus der anderen Schlange und ruckzuck war der Einkauf Geschichte.“ berichtete ich triumphierend.
„Beim Kino abends ging es weiter. War mir ja klar, dass es beim ‚Herr der Ringe’ voll wird, aber dass es wie bei einer Demo zugeht, war nun nicht zu erwarten. Aber der kluge Mann baut vor und bestellt per Internet. Kurz vor acht kommen wir und arbeiten uns direkt an die Kasse vor. So ein Meister Proper hat mir noch Dresche angeboten, da bin ich dann auch vorsichtig. Für solche Fälle spiele ich auch mal den Trottel wie: ‚Habe vorhin nur angezahlt, den Restbetrag musste ich erst am Automaten holen. Hat mich fünf Euro Gebühr gekostet, dumm wenn die Beine schneller sind als der Kopf’ Da glotzen solche Typen nur stumpfsinnig und lassen einen vorbei. Die Karten waren natürlich schon weg. ‚Eine halbe Stunde vor Filmbeginn –halb acht- verfallen die Vorbestellungen.’ bekam ich überlegen zur Antwort. Aber so was treibt mich ja zur Höchstform.“
Freddi schaute mich jetzt ganz gespannt an. „Los komm erzähl weiter.“ „Schenk mir erst einen Kaffee nach“ „Gut, was war nun? Habt ihr den Film noch gesehen.“ „War gar nicht so einfach. Den Typen hatte ich schnell in der Tasche. ‚Wann ist die Werbung zu Ende? Ah um kurz nach halb neun. Da sind ja noch über dreißig Minuten Zeit bis zum Film oder wollen Sie mir klarmachen, dass ich für die trübsinnige Zigarettenwerbung auch nur einen Cent bezahle, da müsste ich eher noch eine Entschädigung erhalten.’ Gut nachdem er nur noch stammelte, hatte er wohl ein echtes Problem. Scheinbar waren die Karten alle ausverkauft. Hinter mir wurden schon alle ungehalten und siehe da, ein Logenplatz war für uns hergezaubert. War schön kuschelig, was man von dem Film nun nicht gerade behaupten konnte. Samstag haben wir uns dann erst mal bis Mittag ausgeschlafen. Abends in der Disco ging der Ärger dann weiter …“ setzte ich an.
„Mein Wochenende war auch ganz aufregend“ platzte Freddi mir ins Wort. „Ja glaub ich Dir. Erzähle mir das später, morgen oder so. Eh … muss erst mal zum Chef, von meinem turbulenten Aufregungen berichten. Der hat ja nach 20 Jahren Ehe selber keine Highlights an seinen Wochenenden, aber was plappere ich da, kennst Du ja. Steht schließlich bald die Besetzung des neuen Stellvertreters an, da muss er merken, dass er an mir nicht vorbei kommt. Meine Durchsetzungsfähigkeit beeindruckt ihn sicher, denke ich.“
„Du Egoist. Immer geht es nur um Dich“ „Ich bin doch kein Egoist, nur weil ich was gegen Regeln habe. Wenn Du immer nur in Ehrfurcht zergehst, wirst Du nie den Olymp erklimmen Freddi!“
„Hallo Chef, ich hatte vielleicht ein Wochenende...“ „Oh Gott der Spinner schon wieder, wann wird der endlich erwachsen … wenn ich Freddi erst zum Stellvertreter ernannt habe, muß er ihm mal ein wenig Allgemein-verträglichkeit einhauchen“ denkt er bei sich und entgegnet: „Jetzt nicht, mein Wochenende war ein wenig anstrengend, die Party bei Freddi vom Samstag Abend hängt mir heute noch in den Knochen. Hat er Ihnen nichts davon erzählt, meine Frau und ich haben schon lange nicht mehr so viel gelacht. Ach bevor ich es vergesse, holen Sie mir mal eine Tasse Kaffee und erzählen mir dann mal, warum Herr Kunze von der Firma Drechsel & Co Freitag um drei keine Antwort auf seine eilige Faxanfrage mehr erhalten hat. Und dann habe ich noch was Privates. Ihr Wagen ist doch der blaue 3ér BMW mit der Nummer HY-AH 01. Meine Frau wollte heute Abend mit mir zusammen eigentlich eine Anzeige gegen einen Mann erstatten, der sie am Freitagnachmittag vorm Globus wohl sehr persönlich angegangen ist. Die Nummer des Wagens kam mir gleich so bekannt vor. Heute früh war ich jedoch sehr erstaunt, dass diese mit Ihrem Wagen identisch ist. Aber Sie waren doch um diese Zeit in der Firma, das müssen wir gleich mal alles klären. Also holen Sie erst mal den Kaffee und bringen Sie sich und Freddi gleich noch einen mit und kommen in fünf Minuten in mein Büro.“ „Was hat Freddi denn damit zu tun, Chef ?“ „Eigentlich wollte ich bis Monatsende warten, aber ich kann es ja vorwegnehmen, er wird mich ab 01.03. vertreten und da gibt es ab sofort keine großen Geheimnisse mehr, auch nicht bei Personalgesprächen ...“
St.L.
(13.02.2003)