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Ice Age

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07.09.2014
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Ice Age

Natürlich wollte sonst keiner mit, und ihren Mann hatte sie gar nicht erst gefragt. Im Kino wurde Carmen zweimal angesprochen, ob irgendein Kind zu ihr gehörte, aber zu ihr gehörte kein Kind, sie war tatsächlich nur wegen des Films da. Mit einem behaglichen Seufzer machte sie es sich im Sessel bequem. Dieser Nachmittag war die Belohnung für einen ganzen Kurs „Bauch, Beine, Po“, den sie tapfer durchgehalten hatte, obwohl sie die einzige Teilnehmerin gewesen war, die von allen drei Körperteilen wirklich reichlich besaß. Jetzt hatte die Schinderei erst mal ein Ende, und das würde sie heute feiern.
Der Mann, der sich neben sie plumpsen ließ, war sichtlich schlecht gelaunt und begann ungebeten auf sie einzureden.
„Normalerweise hätte ich zu Hause `ne Menge zu tun.“ Er wandte sich zur Seite und zischte einen kleinen blonden Jungen an. „Leon, eins sage ich dir, wenn du hier die ganze Zeit so rumzappelst, ist der Film für dich beendet, und zwar mittendrin.“ Er übersprang den kleinen Jungen und bellte zwei Mädchen an. „Und ihr hört auf, euch um die Popcorn zu kloppen. Diese Tüte ist me-di-um, die kriegt ihr sowieso nicht auf.“
Carmen blätterte intensiv im Kinomagazin, aber er drehte sich wieder zu ihr.
„Eigentlich wollte meine Frau das machen, und wie sieht die Sache jetzt aus? Sie hat `ne extra Chorprobe, und ich darf los mit den Kiddies.“
Sie verkniff sich einen mitfühlenden Laut und nickte nur kühl. Leute, die sie mit ihren Problemen zutexteten, hatte sie den ganzen Tag auf der Arbeit. Sie saugte an ihrer Cola und betrachtete die Leinwand, auf der sich jedoch noch nichts tat.
„Ich will auch ´ne Cola“, sagte Leon und starrte begehrlich auf ihr Getränk.
„Du hast dir Limo ausgesucht.“
„Ich wollte aber Cola.“
„Sag` mal, geht’s noch? Ich kippe jetzt nicht deine Limo weg, um dir Cola zu kaufen.“ Für einen Moment schwiegen alle, und jetzt ging es endlich los.
Während der Werbung und der Vorschau war es noch laut im Kino, aber das störte sie nicht, im Gegenteil. Dann lehnte sie sich entspannt zurück und verfolgte die erste Szene.
Scrat, das Säbelzahneichhörnchen quälte sich Schritt für Schritt gegen den Wind durch eine beeindruckende Eiswüste. Sein Ziel war eine Haselnuss, die ein Stück weiter aus dem Eis ragte. Als es zupacken wollte, fror es ein, sprengte sich jedoch mit letzter Kraft aus seiner Eishülle, packte die Nuss und zerrte sie aus dem Eis. Augenblicklich bebte der Boden, riss auf, und Scrat stürzte mit einem gellenden Schrei in die Spalte, wobei ihm die Augen unnatürlich weit aus den Höhlen quollen.
Carmen gelang es gerade noch, ihrem überrumpelten Nachbarn ihre Cola in die Hand zu drücken, bevor sie von einem Lachflash geschüttelt wurde, der sie fast aus dem Kinosessel katapultierte.
Sie kam im Verlauf des Films nicht wirklich wieder runter. Zwischendurch sah sie kurz zur Seite und nahm vage den Mann wahr, der ihre Cola hielt, dahinter drei kleine weiße Gesichter, die sich nicht entscheiden konnten, ob sie zu ihr oder zur Leinwand sehen sollten, bevor sie wieder losprustete. Sie japste gerade verzweifelt nach Luft, als sie ein merkwürdiges Geräusch neben sich hörte. Es klang zuerst wie ein Schnaufen, wurde lauter und verröchelte in einem sonoren Kratzen, hob wieder an und offenbarte sich in seiner echten Gestalt. Es bestand kein Zweifel. Der Mann neben ihr lachte. Zunächst noch etwas ungeübt, doch dann gewann er an Fahrt. Seine Kinder fielen ein mit einer Begeisterung, in der blanke Überraschung mitschwang. Sie wandte sich wieder dem Film zu.
„Geh' runter von meinem Gesicht!“ schnauzte das Mammut das Faultier an.
Das Publikum tobte. Popcorn flog durch die Gegend.
Scrat tauchte auf, die Nuss und die nächste Katastrophe im Visier.
Die Stimmung im Saal krachte durch die Decke. Der Mann neben ihr wieherte wie ein Pferd. Irgendwann bekam er heftigen Schluckauf.
Am Ende fischte er ihren Becher unter dem Sitz hervor und gab ihn ihr strahlend zurück. „Wir sollten mal einen trinken gehen. Muss ja keine Cola sein.“
Carmen wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ja,ja.“


Ingo tat so, als mache er sich Notizen. In Wirklichkeit malte er kleine Säbelzahneichhörnchen auf den Rand seines Kalenders. Er war früher in der Schule berühmt gewesen für seine Comics. Seine Kinder würden begeistert sein.
Er ließ schnell den Blick durch seine Klasse schweifen. Etwa 15 Erwachsene, die vor PCs saßen und Bewerbungen formulierten. Er schätzte, dass maximal zwei von denen ernsthaft motiviert waren. Die meisten anderen, von der Arbeitsagentur zu dieser Maßnahme abkommandiert, saßen schon zum zweiten oder dritten Mal hier und kannten die Nummer. Noch fünf Minuten, dann würde er rumgehen müssen und Tipps geben.
Erst Mal wandte er sich wieder seinem Säbelzahneichhörnchen zu, das in der Taille etwas zu dick geraten war. So wie die Dame gestern.
Sybille war sichtlich irritiert gewesen, als er mit den Kindern aus dem Kino zurück gekommen war.
„Du bist ja beinahe euphorisch, da habe ich wohl echt was verpasst.“ Dann hatte sie ein bisschen gelacht, um den missbilligenden Ton, der sich eingeschlichen hatte, zu kompensieren.
„Ach, der Film war eigentlich ziemlich blöd. Aber irgendwie auch witzig.“
„Mama, da war eine dicke Frau, die hat tierisch gelacht. Die war noch lustiger als der Film.“
Leon war offenbar genauso beeindruckt wie er. Ingo hatte gegrinst.
„Stimmt. Die war dick und lustig.“
„Toll, jetzt gib dein Macho-Geschwafel noch an deinen Sohn weiter. “
„Das war kein Geschwafel, das waren Fakten. Und du brauchst dich gar nicht so künstlich aufzuregen, ich habe nicht gesagt, dass du dick bist.“
„Bin ich ja auch nicht.“
Sybille wäre vermutlich mehr als überrascht, wenn sie wüsste, das er seit drei Tagen von heftigen Visionen heimgesucht wurde, in denen er die fremde Frau vögelte, in allen Positionen, die das Kamasutra hergab.
Wieder musste er grinsen. Scrat grinste zurück. Fast hatte er das Gefühl, dass er ihm zuzwinkerte.

Sybille röstete Sonnenblumenkerne. Sie hörte dabei Ina Müller und hoffte, dass Ingo nicht so bald kommen würde. Er mochte Ina Müller nicht und pflegte sie mit so leidender Miene zu ertragen, dass Sybille jedes Mal einknickte und leise stellte. Jetzt vergewisserte sie sich, dass die Küchentür zu war, und drehte noch mal richtig auf. Zog die Pfanne von der Platte und tänzelte zum Kühlschrank, um den Rucola zu suchen. Sie unterdrückte ihr schlechtes Gewissen darüber, dass die Kinder vorm Fernseher saßen. Jetzt schon deutlich länger als die offiziell erlaubte halbe Stunde pro Tag. Außerdem hatte Leons Therapeutin ihr empfohlen, ihn bei der Essenszubereitung mit einzubeziehen, um seine Feinmotorik zu fördern. Egal jetzt.

Es war einer der Momente, wo Wiebke und Svenja mal froh waren, einen kleinen Bruder zu haben, den man zu jedem Scheiß überreden konnte. Mit zwei Stofftieren unter dem T-Shirt hatten sie ihm einen etwas ungleichmäßigen Busen gebastelt und mit einem Kissen den Bauch ausgestopft. Das Schminken hatte gedauert, weil Leon immer so zappelte, aber schließlich hatte Wiebke ihn im Polizeigriff festgehalten, und Svenja hatte ihm mit Filzstift richtig ausdrucksstarke Augenbrauen gemalt. Daran konnten sich alle drei erinnern, die dicke Frau hatte ganz schwarze dicke Augenbrauen gehabt. Die Spielidee war bestechend einfach und unendlich oft wiederholbar. Leon drückte Leonie einen Becher in die Hand, sagte „Halten Sie mal...“, und brach in brüllendes Gelächter aus. Er wackelte dabei ordentlich mit dem Busen. Wiebke und Svenja fielen fast unter den Tisch vor Lachen.

Alle Türen waren geschlossen. Ingo lauschte kurz an der Wohnzimmertür. Die Kiddies hatten offenbar richtig Spaß, hoffentlich die Art, die nicht zu Schäden am Mobiliar führte. Er unterdrückte die Versuchung, nach dem Rechten zu sehen, und näherte sich der Küchentür. Ina Müller. Volles Rohr. Er verdrehte die Augen. Machte ein leidendes Gesicht und öffnete die Tür.
Ina Müller sang „Bye, bye, Arschgeweih“ und er blickte auf den Arsch seiner Frau, die im Kühlschrank irgendwas suchte.

Sybille fuhr erschrocken herum, als sie hinter sich eine Bewegung wahrnahm. Ingo schenkte sich ein Bier ein. Er prostete ihr freundlich zu und formulierte übertrieben lautlos mit seinen Lippen die Frage. „Auch eins?“
Sie nickte überrumpelt und sah zu, wie er noch ein Glas füllte. Dann war das Lied zu Ende. Sie nahm einen Schluck und sah ihm scharf in die Pupillen.
„Du grinst so schmierig.“
Sein Grinsen wurde noch breiter. Dann zwinkerte er ihr zu.

Leon, Wiebke und Svenja waren ziemlich überrascht, als ihr Vater ihnen ohne sich weiter um Leons Aufzug zu kümmern, Papier und Stifte hinwarf.
„Hier sind ein paar Vorlagen. Jetzt seid Ihr dran. Für jedes wirklich gut geratene Säbelzahneichhörnchen - und welche gut geraten sind, entscheide ich - gibt es 5 Cent. Mama und ich haben oben im Schlafzimmer was zu besprechen. Ihr habt Zeit, bis der große Zeiger auf der 6 ist. Wer uns in dieser Zeit stört, zahlt 50 Cent. Ihr könnte den Fernseher anlassen.“ Er zog die Tür wieder zu und lief federnden Schrittes die Treppe hoch. So trainierte man Feinmotorik. Im Bad hörte er Wasser laufen. Sybille bereitete sich vor.

Was er nicht mehr mitbekommen hatte, waren die Blicke, die seine Kinder wechselten, nachdem er den Raum verlassen hatte.
„Da ist was faul.“ sagte Svenja schließlich.
„Soll ich mein Laserschwert holen?“ bot Leon an.
„Quatsch, das sind Mama und Papa!“ Wiebke verdrehte die Augen. Dann schauderte sie. „Vielleicht wollen sie sich scheiden lassen?“

Manchmal war Sybille überzeugt, dass es nur eine Situation in ihrem Leben gab, wo sie wirklich vollkommen entspannt war: bei der Kopfmassage beim Friseur. Sie hatte vor Jahren mal gelesen, dass Falco jeden Tag zum Friseur ging, weil ihn die Kopfmassage so entspannte. Sie hatte ihn nicht besonders gemocht, aber an diesem Punkt hatte sie sich ihm sehr verbunden gefühlt. Schon bei der Frage „Stimmt die Temperatur so?“ hätte sie schnurren können. Jetzt schloss sie die Augen und gab sich den geschickten Fingern von Frau Meyer hin.
Frau Meyer war definitiv die beste Friseurin im Laden, obwohl sie mit ihren ausladenden Maßen nicht unbedingt zu den restlichen Damen hier passte. Die sahen eher magersüchtig aus, konnten aber nicht so gut massieren, geschweige denn Haare schneiden. Der Genuss wäre perfekt gewesen, wenn da nicht ein kleines Problem in ihr rumort hätte. Sie versuchte, es beiseite zu schieben und klein zu denken, aber es meldete sich wieder und hackte nach ihr. Sie spürte, wie sie rot wurde. „Ist das Wasser zu heiß?“ fragte Frau Meyer prompt, und sie verneinte schnell. Sie hatte Frau Meyer schon so einiges von sich erzählt, aber das hier war schon ziemlich pikant. Der Gedanke an gestern Abend trieb ihr die Schweißperlen auf die Stirn. Nein, sie würde Frau Meyer nicht fragen, ob sie glaubte, dass ihre Kinder irreparablen Schaden genommen hatten. Eine Friseurin war definitiv keine Kinderpsychologin.

„Kommt drauf an.“ Carmen verharrte einen Moment nachdenklich, eine Strähne von Sybilles frisch gewaschenen Haaren zwischen den Fingern.
„Worauf?“ Die Frau war wirklich in Not, das konnte man an den hektischen, roten Flecken auf ihrem Hals sehen. Aber manchmal konnte Carmen sich eben einfach nicht beherrschen. Sie beugte sich zu Sybilles Ohr runter und fasste sie im Spiegel fest ins Auge.
„Was genau haben Ihre Kinder denn da auf dem Flur gehört? Klang da irgendwas missverständlich für Kinderohren? Haben Sie z.B. laut gestöhnt, mit oder ohne Sprache? Wenn mit, was genau haben Sie von sich gegeben? Oder hat Ihr Mann sowas gebrüllt wie 'Du kleine geile Schlampe, jetzt kriegst du, was du brauchst!!!?' Wie sieht es mit Ihrem Bett aus? Hat es tierisch gerumpelt? Oder gab es eher schmatzende Geräusche? Hatten Sie Licht an? Konnten die Kinder durchs Schlüsselloch nackte Körperteile sehen? Wenn ja, welche? Ein Oberarm wäre nicht so schlimm. Andere Perspektiven vielleicht doch. Haben Sie es ihm mit dem Mund gemacht? Wie lange hat es überhaupt gedauert?“
Sybille sass schockgefroren unter dem Frisierumhang. Sie liess panisch ihren Blick durch den Salon schweifen, aber niemand sah herüber. Zweimal bewegte sie die Lippen, bevor sie sich räusperte, und auch dann klang ihre Stimme noch belegt.
„Nun übertreiben Sie mal nicht.“
„Na ja, also dann...“ Carmen richtete sich gemütlich auf. „Halb so wild, würde ich sagen. Wie hat denn Ihr Mann reagiert?“
„Der hat sich totgelacht!“
„Warum?“
Sybille stöhnte gequält auf.
"Na ja, Leon stand doch plötzlich vor unserem Bett, wie 'ne dicke Frau verkleidet, scheußlich geschminkt, mit seinem blöden Laserschwert in der Hand, und hat gefragt, ob er mitspielen darf."
Carmen gelang es gerade noch, ihre Bürste abzulegen...

 

Hallo Chutney,

nette Geschichte, die ich leider aber erst beim zweiten Lesen richtig verstanden habe.
Das lag vor Allem daran, dass ich die plötzlich neu auftretenden Personen/Namen zunächst nicht zuordnen konnte.

Folgendes ist mir aufgefallen:

„Der Mann, der sich neben sie plumpsen ließ, war sichtlich schlecht gelaunt und begann ungebeten auf sie einzureden.
„Normalerweise hätte ich zu Hause `ne Menge zu tun.“ Er wandte sich zur Seite und zischte einen kleinen blonden Jungen an.
„Leon, eins sage ich dir, wenn du hier die ganze Zeit so rumzappelst, ist der Film für dich beendet, und zwar mittendrin.“ Er übersprang den kleinen Jungen und bellte zwei Mädchen an.
„Und ihr hört auf, euch um die Popcorn zu kloppen. Diese Tüte ist me-di-um, die kriegt ihr sowieso nicht auf.“ Carmen blätterte intensiv im Kinomagazin, aber er drehte sich wieder zu ihr.“

Ich meine, dass die Zeilenumbrüche hier nicht korrekt sind bzw. überflüssig.

„„Eigentlich wollte meine Frau das machen, und wie sieht die Sache jetzt aus? Sie hat `ne extra Chorprobe, und ich darf los mit den Kiddies.“ Sie verkniff sich einen mitfühlenden Laut und nickte nur kühl. Leute, die sie mit ihren Problemen zutexteten, hatte sie den ganzen Tag auf der Arbeit. Sie saugte an ihrer Cola und betrachtete die Leinwand, auf der sich jedoch noch nichts tat.“

Hier wiederum fehlt ein Zeilenumbruch vor „Sie verkniff...“, da der Fokus auf eine andere Person fällt.

„Ich will auch ´ne Cola.“ sagte Leon und starrte begehrlich auf ihr Getränk.

„Ich will auch ´ne Cola“, sagte...

„Während der Werbung und der Vorschau war es noch laut im Kino, aber das störte sie nicht, im Gegenteil. Dann lehnte sie sich entspannt zurück und verfolgte die erste Szene. Scrat, das Säbelzahneichhörnchen...“

Fehlender Absatz/Zeilenumbruch ab „Scrat, das...“

„...wobei ihm die Augen unnatürlich weit aus den Höhlen quollen. Carmen gelang es gerade noch, ihrem überrumpelten Nachbarn...“

Hier auch vor „Carmen.“
An anderen Stellen ist es genau so... Z.B. hier:
„Jetzt schloss sie die Augen und gab sich den geschickten Fingern von Frau Meyer hin. Frau Meyer war definitiv die beste Friseurin im Laden, obwohl sie mit ihren ausladenden Maßen nicht unbedingt zu den restlichen Damen hier passte.“

von einem Lachflash geschüttelt
fast aus dem Kinosessel katapultierte
nicht wirklich wieder runter.
Sie kicherte, sie gluckste, sie brüllte.
wieder losprustete. Sie japste gerade verzweifelt nach Luft

Finde ich ein wenig zu oft wiederholend...

„Ingo tat so, als mache er sich Notizen. In Wirklichkeit malte er kleine Säbelzahneichhörnchen auf den Rand seines Kalenders. Er war früher in der Schule berühmt gewesen für seine Comics. Seine Kinder würden begeistert sein.
Er ließ schnell den Blick durch seine Klasse schweifen. Etwa 15 Erwachsene, die vor PCs saßen und Bewerbungen formulierten. Er schätzte, dass maximal zwei von denen ernsthaft motiviert waren, hier was mitzunehmen. Die meisten anderen, von der Arbeitsagentur zu dieser Maßnahme abkommandiert, saßen schon zum zweiten oder dritten Mal hier und kannten die Nummer. Sie hielten ihn vermutlich für einen Deppen, aber er saß am längeren Hebel, und deshalb ließen sie das Ganze einfach über sich ergehen. Noch fünf Minuten, dann würde er rumgehen müssen und Tips geben.
Erstmal wandte er sich wieder seinem Säbelzahneichhörnchen zu, dass in der Taille etwas zu dick geraten war. So wie die Dame im Kino.
Sybille war sichtlich irritiert gewesen, als er mit den Kindern zurück gekommen war.“

Hier hast du mich verloren.
Wofür die präzise Beschreibung der Leute an den PC’s?

"Sybille war sichtlich irritiert gewesen, als er mit den Kindern zurück gekommen war.“

Zunächst: Fehlender Absatz, da neue Szene.

Wer kam zurück? Ingo? Und war er nach dem Kino zunächst in der Klasse und kam dann mit den Kindern zu Sybille? Oder kam er erst nach drei Tagen zurück, da er schon drei Tage Visionen hatte?
Ich stehe vor einem Rätsel...

Dass = das
Tips = Tipps
Erstmal = Erst Mal

„Das Schminken hatte gedauert, weil Leon immer so zappelte, aber schließlich hatte Wiebke ihn im Polizeigriff festgehalten, und Svenja hatte ihm mit Filzstift richtig ausdrucksstarke Augenbrauen gemalt. Daran konnten sich alle drei erinnern, sie hatte ganz schwarze dicke Augenbrauen gehabt.“

„Daran konnten sich alle erinnern“: Wieso erinnern? Ist es in der Vergangenheit passiert? Wer hat sich erinnert?

„Sie nahm einen Schluck und sah ihm scharf in die Pupille.“

Wieso „die Pupille“ = Hatte er nur ein Auge? ;-)

„Was genau haben Ihre Kinder denn da auf dem Flur gehört?“

Woher weiß sie denn, dass die Kinder was gehört haben?

Oder hat Ihr Mann sowas gebrüllt wie 'Du kleine geile Schlampe, jetzt kriegst du, was du brauchst!!!? Wie sieht es mit Ihrem Bett aus?

Fehlendes Anführungszeichen nach !!!?

Sybille saß schockgefroren unter dem Frisierumhang.

Tatsächlich unter dem Umhang? ;-)
Wohl kaum, denn sonst könnte sie ja nicht ihren Blick durch den Salon schweifen lassen.

Bildete sie sich das ein, oder guckte die Frau vom Nachbarsitz verstohlen rüber? Zweimal bewegte sie die Lippen, bevor sie sich räusperte, und auch dann klang ihre Stimme noch belegt.
„Nun übertreiben Sie mal nicht.“

Klingt fast so, als würde das die Frau am Nachbarsitz sagen.

„Der hat sich totgelacht!“

Worüber denn? Wieso? Ich finde, das kommt hier nicht rüber.

Die falschen Zeilenumbrüche und Absätze erschweren leider das Lesevergnügen und wie gesagt fiel es zumindest mir schwer, deswegen die Personen richtig zuzuordnen.
Und: Hatte Ingo zuhause mit Sybille nichts zu lachen, dass er sich durch Carmen so angetörnt fühlte? Warum?

Im Großen und Ganzen hat die Geschichte viel Potenzial und eine kleine Überarbeitung würde ihr sicherlich gut tun ☺

Viele Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

vielen Dank für deine ausführlichen und wertvollen Hinweise, gerade auch was Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit des Textes angeht. Man ist da ja selbst leicht etwas betriebsblind.

Was die Zeilenumbrüche betrifft, so bin ich deinen Vorschlägen gefolgt, die Rechtschreib -und Kommafehler habe ich verbessert. Die Beschreibung der Lachorgie im Kino war eine ziemliche Herausforderung, weil das ja die Initialzündung für alles ist, was danach passiert. ich habe jetzt einen Satz rausgenommen.

Genauso die Szene beim Bewerbungstraining. Mir war schon wichtig zu zeigen, wie der Alltag des Mannes aussieht, dieses Halbfrustrierte und wie sich darauf der Kinobesuch auswirkt. Auch hier habe ich etwas gekürzt.

Dann habe ich einige Stellen versucht verständlicher zu machen, will da aber auch nicht zu weit gehen, ich mag Verkürzungen, wo einem so nach und nach ein Licht aufgeht. Mal sehen, vielleicht kommen ja noch mehr Beschwerden. :hmm:

Sybille saß schockgefroren unter dem Frisierumhang.

Tatsächlich unter dem Umhang? ;-)
Wohl kaum, denn sonst könnte sie ja nicht ihren Blick durch den Salon schweifen lassen.


Doch, ich meine, man sagt das so. Ich kann unter einem Frisierumhang sitzen und der Kopf guckt raus.

Und: Hatte Ingo zuhause mit Sybille nichts zu lachen, dass er sich durch Carmen so angetörnt fühlte? Warum?

Ich würde sagen, die Ehe ist nicht total hinüber, aber es haben sich im Alltag so Sachen eingeschlichen, wo einer dem anderen ein Vergnügen nicht gönnt, wo man sich zu krampfhaft bemüht, alles richtig zu machen, kleine Frustrationen runter schluckt und es nur noch die Kinder sind, die mal über die Stränge schlagen. Und da hat Carmen eben eine wohltuende Wirkung. Natürlich hoffe ich eigentlich, dass sich das aus dem Text erklärt.

Im Großen und Ganzen hat die Geschichte viel Potenzial und eine kleine Überarbeitung würde ihr sicherlich gut tun ☺

Vielen Dank, Go Music, für deine Unterstützung dabei! :)

LG Chutney

 

Hallo Chutney!

Ich mag deinen Humor und ich fand den Text sehr gut zu lesen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, auf was die Geschichte eigentlich hinauslaufen könnte (du hast also auch geschickt Spannung aufgebaut).

Den Sprung von dem Absatz, als die Kinder sich fragen, ob die Eltern sich scheiden lassen wollen zum nächsten fand ich viel zu krass. Die Eltern sind doch gerade ins Schlafzimmer, der Text beamt Sybille allerdings zum Frisör. Du reißt hier einen ganzen Abgrund in den Lesefluss!
Zumindest solltest du eine optische Trennung einbauen, ein paar Sternchen oder so, und dann mit "am nächsten Tag ..." weitermachen. (Falls dir nichts Beseres einfällt.)

Und zuletzt noch eine Frage: Warum hat er sich totgelacht? Ich sehe, GoMusic hat es auch nicht verstanden. Das wäre also auch noch einer Überarbeitung wert.

Grüße,
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chris,

o.k., du und GoMusic, Ihr habt mich jetzt überzeugt. Ich habe das Ende etwas verändert. Mir gefällt das jetzt selbst besser, und ich wäre natürlich sehr neugierig, ob euch das auch so geht.

Was den Sprung vom elterlichen Bett in den Friseursalon betrifft, da brüte ich noch. Eigentlich müsste ich dann ja noch mehrere Stellen verändern. (Vom Kino ins Arbeitsamt, vom Arbeitsamt in die Küche, etc.) Da schrecke ich noch vor zurück, weil ich es so irgendwie ganz schmissig finde. Aber ich will meine Leser natürlich auch nicht frustrieren. :hmm:

Ich mag deinen Humor und ich fand den Text sehr gut zu lesen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, auf was die Geschichte eigentlich hinauslaufen könnte (du hast also auch geschickt Spannung aufgebaut).

Vielen Dank, Chris, ich habe mich sehr über deine Rückmeldung gefreut! :)

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Chutney!

Zu den Sprüngen zwischen den Absätzen: Mich hat wirklich nur der eine von mir angemerkte gestört. Ich versuche mal aufzudröseln, warum das so ist.
Die Kinoszene ist in sich abgeschlossen, der Sprung zu Ingo, zu einer neuen Szene, stört also nicht. Der Sprung von Ingo auf Sybille ist auch recht nahtlos, da am Ende der Ingo-Szene Sybille vorgestellt wird. Kinder werden erwähnt, Sprung auf die Kinder. Kinder lachen, Ingo hört es. Ingo sieht Sybille, Sybille spürt den Blick. Ingo will Sex, muss die Kinder ablenken. Die Szenen sind in sich abgeschlossen, jeder Sprung ist nachvollziehbar, die folgende Szene schließt sich immer an die vorige an. Es bleiben keine Fragen offen - und das ist der Punkt, der mich bei dem von mir angemerkten Sprung stört.
Die Kinder fragen sich, ob sich die Eltern scheiden lassen wollen und schleichen zum Schlafzimmer. Die Frage, was nun passiert, wird nicht in der nächsten Szene beantwortet, sondern als Pointe, ganz am Ende der Textes, quasi nacherzählt. Das ist der von mir empfundene Bruch im Lesefluss, der mir sauer aufgestoßen ist.

Am Ende erklärt sich nun, warum Ingo sich halb totgelacht hat - die Szene wäre allerdings viel witziger, wenn man als Leser live dabei wäre, und das nicht nacherzählt bekäme.
=> Wobei ich natürlich das Problem sehe. Wenn du die Szene live erzählt hättest, würde die ebenfalls sehr witzige Reaktion Carmens nicht mehr so in den Text passen, weil die Pointe schon davor angesiedelt wäre, und Pointen nunmal am Textende stehen.

Also, sorry, ich habe keine Lösung für das Problem.

Und meine Kritik nicht missverstehen (ich glaube ja nicht, das du das tust, aber ich merke das lieber einmal zuviel an; als Kritiker wird man so oft angeblafft), ich mag deinen Text wirklich, und die Kritik ist schon auf gehobenem Niveau. Ich habe eine perfektionistische Ader.

Grüße,
Chris

 

Hallo Chutney,

Also die Kinoszene ist einfach zum Brüllen :lol: gratuliere, super geschildert.

Danach war es auch für mich etwas verwirrend. Es brauchte einige Anläufe und das Lesen der Kommentare um zu verstehen. Vielleicht auch deshalb, weil alles so leichtfüßig begonnen hat und ich irgendwie erwartet habe, dass es im gleichen Trott weitergeht.

Trotzdem muss ich sagen, eine gelungene Geschichte und das ist gerade bei Humor nicht immer leicht.

LG

BRM

 

Hallo Chris Stone,

Zu den Sprüngen zwischen den Absätzen: Mich hat wirklich nur der eine von mir angemerkte gestört. Ich versuche mal aufzudröseln, warum das so ist.

Vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast. Ich müsste also nicht gleich das ganze Konzept ändern und mir ist deutlicher geworden, was du meinst. Seitdem spiele ich verschiedene Möglichkeiten durch, von denen mich bisher keine wirklich überzeugt hat. Aber ich überlege weiter!

Und übrigens, Chris - ich mag deine perfektionistische Ader, ich profitiere davon. :)

Liebe Grüße von Chutney

Hallo BRM,

interessant, dass du einen Bruch zwischen Kinoszene und Rest empfunden hast. Die Kinoszene hat nämlich so ähnlich stattgefunden. Das Ganze hat mir vor ein paar Jahren mal eine Friseurin erzählt. (Nein, ich heiße nicht Sybille :D)
Ich hab das dann ein paar Wochen später aufgeschrieben und noch eine Weile später habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie sich das Ganze weiter ausgewirkt haben könnte.

Was die Verständlichkeit betrifft, da denke ich noch drüber nach.

Trotzdem muss ich sagen, eine gelungene Geschichte und das ist gerade bei Humor nicht immer leicht.

Vielen Dank, BMR, da habe ich mich sehr drüber gefreut!

Auch an dich liebe Grüße, BMR!

 

Liebe Chutney,

Deine Geschichte gefällt mir. Ich lese die Grundidee - mal ganz knapp gesagt - so: Der Mann hat Phantasien von der Frau aus dem Kino, und dann taucht sie doch tatsächlich leibhaftig vor seinem Bett auf, allerdings überraschend verwandelt. Großartig. (Man hört die böse Fee im Hintergrund kichern.)
Ja, und dann nimmt die echte Carmen eben auch noch über Umwege an dem Erlebnis teil: Perfekt!

Ich gebe mal ein paar Kommentare ab, aber das ist ganz unsystematisch und hat nicht viel zu bedeuten.

Natürlich wollte sonst keiner mit, und ihren Mann hatte sie gar nicht erst gefragt. Im Kino wurde Carmen zweimal angesprochen, ob irgendein Kind zu ihr gehörte, aber zu ihr gehörte kein Kind, sie war tatsächlich nur wegen des Films da.

Hübscher Beginn.
Der heftige Lachanfall später bekommt da eine Grundlage.

Der Mann, der sich neben sie plumpsen ließ, war sichtlich schlecht gelaunt und begann ungebeten auf sie einzureden.

Man spricht ja immer viel vom Kürzen. Hier hatte ich spontan die Überlegung, minimal zu vereinfachen:
"...war schlecht gelaunt"
(Sie hört es wahrscheinlich eher, als dass sie es sieht.)

„Normalerweise hätte ich zu Hause `ne Menge zu tun.“ Er wandte sich zur Seite und zischte einen kleinen blonden Jungen an. „Leon, eins sage ich dir, wenn du hier die ganze Zeit so rumzappelst, ist der Film für dich beendet, und zwar mittendrin.“

An den Worten möchte ich gar nichts aussetzen, aber ich fand, das kommt etwas früh. Der Film hat noch nicht einmal angefangen. Stimmt, der Mann ist schlecht gelaunt und deswegen ungeduldig. Wie wäre es so:
"...ist der Film für dich beendet, bevor er angefangen hat."


„Eigentlich wollte meine Frau das machen, und wie sieht die Sache jetzt aus? Sie hat `ne extra Chorprobe, und ich darf los mit den Kiddies.“
Wieder eine spontane Anmerkung: Mir war das beim Lesen fast zu klischeebeladen. Der Mann ist nur dann mit den Kindern unterwegs, wenn die Frau mal nicht kann?! So klingt es, auch wenn es natürlich nicht so sein muss. Man kann es sicher so stehen lassen, es gibt diese Rollenverteilung häufig. Mir (ich spreche nur von mir) käme es womöglich mehr entgegen, wenn sich Carmen darüber amüsieren würde - sinngemäß: Super, da ist der Mann einmal mit den Kindern weg, schon beschwert er sich. (und die Erzählerin könnte das vielleicht sogar noch korrigieren - sinngemäß: Carmen täuschte sich, das war nur heute so.)

Während der Werbung und der Vorschau war es noch laut im Kino, aber das störte sie nicht, im Gegenteil.
Hier evtl. "Carmen" statt "sie". Man kommt eigentlich gut mit, aber man könnte auch versucht sein, "störte sie nicht" auf die Familie oder das Publikum zu beziehen.

Scrat, das Säbelzahneichhörnchen quälte sich Schritt für Schritt gegen den Wind durch eine beeindruckende Eiswüste. Sein Ziel war eine Haselnuss, die ein Stück weiter aus dem Eis ragte. Als es zupacken wollte, fror es ein, sprengte sich jedoch mit letzter Kraft aus seiner Eishülle, packte die Nuss und zerrte sie aus dem Eis. Augenblicklich bebte der Boden, riss auf, und Scrat stürzte mit einem gellenden Schrei in die Spalte, wobei ihm die Augen unnatürlich weit aus den Höhlen quollen.
Carmen gelang es gerade noch, ihrem überrumpelten Nachbarn ihre Cola in die Hand zu drücken, bevor sie von einem Lachflash geschüttelt wurde, der sie fast aus dem Kinosessel katapultierte.
Die Beschreibung der Szene finde ich für sich genommen gelungen, ich habe sie ganz anschaulich vor Augen. Ich fürchte aber, es ist nicht recht nachvollziehbar, warum Carmen so gewaltig darüber lachen muss, wenn man, wie ich, den Film nicht kennt.

Am Ende fischte er ihren Becher unter dem Sitz hervor und gab ihn ihr strahlend zurück. „Wir sollten mal einen trinken gehen. Muss ja keine Cola sein.“
Das macht eigentlich in vortrefflicher Kürze deutlich, dass er wegen ihr gelacht hat, kaum wegen dem Film, und schon gar nicht über sie. Vielleicht ist der Satz aber doch ein bisschen zu unscheinbar platziert? Könnte man ihn eventuell behutsam vorbereiten, indem man an der Stelle, wo die Stimmung durch die Decke kracht, noch einmal daran erinnert, das das Publikum zum größten Teil aus Kindern besteht?

Es war einer der Momente, wo Wiebke und Svenja mal froh waren, einen kleinen Bruder zu haben, den man zu jedem Scheiß überreden konnte. (...) Das Schminken hatte gedauert, weil Leon immer so zappelte, aber schließlich hatte Wiebke ihn im Polizeigriff festgehalten, und Svenja hatte ihm mit Filzstift richtig ausdrucksstarke Augenbrauen gemalt.
Könnte es sein, dass die Überredung gelegentlich eines sanften Zwangs bedarf? Es könnte vielleicht noch lustiger sein, wenn man das ausbaut.


Daran konnten sich alle drei erinnern, die dicke Frau hatte ganz schwarze dicke Augenbrauen gehabt. Die Spielidee war bestechend einfach und unendlich oft wiederholbar. Leon drückte Leonie einen Becher in die Hand, sagte „Halten Sie mal...“, und brach in brüllendes Gelächter aus. Er wackelte dabei ordentlich mit dem Busen. Wiebke und Svenja fielen fast unter den Tisch vor Lachen.

Alle Türen waren geschlossen. Ingo lauschte kurz an der Wohnzimmertür.
Für mich nicht klar, warum alle Türen geschlossen sind - reicht nicht die Wohnzimmertür? (Später ist es ganz wichtig, das alle Türen geschlossen sind, aber so weit sind wir noch nicht.)

Sybille fuhr erschrocken herum, als sie hinter sich eine Bewegung wahrnahm. Ingo schenkte sich ein Bier ein. Er prostete ihr freundlich zu und formulierte übertrieben lautlos mit seinen Lippen die Frage. „Auch eins?“
Sie nickte überrumpelt und sah zu, wie er noch ein Glas füllte. Dann war das Lied zu Ende. Sie nahm einen Schluck und sah ihm scharf in die Pupillen.

Bis hierher wäre es noch möglich, das Ingo wirklich etwas unschönes zu besprechen hat.

„Du grinst so schmierig.“
Sein Grinsen wurde noch breiter. Dann zwinkerte er ihr zu.
Jetzt ist es eindeutig, worauf er es abgesehen hat. Vielleicht ists es spannender, wenn du das hier noch nicht völlig festzurrst?

Mama und ich haben oben im Schlafzimmer was zu besprechen. Ihr habt Zeit, bis der große Zeiger auf der 6 ist.
Im Sinne des Offenlassens: "im Schlafzimmer" streichen? (Die Kinder sollen gar nicht nach oben, da ist es egal, in welchm Zimmer die Eltern sind)

Wer uns in dieser Zeit stört, zahlt 50 Cent.
Schöne Idee. Es beißt sich leider in meinen Augen mit Leons Auftritt später. Riskiert der wirklich, 50 Cent zahlen zu müssen?

Ihr könnte den Fernseher anlassen.“
Ihr könnt nicht nur, ihr sollt sogar :-) Braucht man gar nicht dazuzusagen. Sehr hübsch!

So trainierte man Feinmotorik.
Man freut sich, wie das Thema hier ganz nebenbei wieder auftritt.

Der Gedanke an gestern Abend trieb ihr die Schweißperlen auf die Stirn. Nein, sie würde Frau Meyer nicht fragen, ob sie glaubte, dass ihre Kinder irreparablen Schaden genommen hatten. Eine Friseurin war definitiv keine Kinderpsychologin.
Es könnte reizvoll sein, wenn man auch an der Stelle immer noch nicht ganz sicher wüsste, was zwischen Ingo und Sybille los war. Sind die nicht vielleicht doch bei einem heftigen Streit überrascht worden--?

„Was genau haben Ihre Kinder denn da auf dem Flur gehört? Klang da irgendwas missverständlich für Kinderohren? Haben Sie z.B. laut gestöhnt, mit oder ohne Sprache? Wenn mit, was genau haben Sie von sich gegeben? Oder hat Ihr Mann sowas gebrüllt wie 'Du kleine geile Schlampe, jetzt kriegst du, was du brauchst!!!?' Wie sieht es mit Ihrem Bett aus? Hat es tierisch gerumpelt? Oder gab es eher schmatzende Geräusche? Hatten Sie Licht an? Konnten die Kinder durchs Schlüsselloch nackte Körperteile sehen? Wenn ja, welche? Ein Oberarm wäre nicht so schlimm. Andere Perspektiven vielleicht doch. Haben Sie es ihm mit dem Mund gemacht? Wie lange hat es überhaupt gedauert?“
Einerseits ist es witzig, wie die Frisörin da aufdreht, andrerseits schon ziemlich heftig. Du könntest das vielleicht noch heftiger ausmalen und richtig überzeichnen, so dass ganz klar wird: Das sagt eine Frisörin niemals so, aber die hier wird gerade von irgendwas geritten.

„Nun übertreiben Sie mal nicht.“
„Na ja, also dann...“ Carmen richtete sich gemütlich auf. „Halb so wild, würde ich sagen.“
Ganz lapidar und völlig deutlich hast du den Gegensatz zwischen Sybilles Schamgefühl und Carmens Entspanntheit hingestellt, fein.
Aber: Ich habe erst jetzt kapiert das das ja Carmen ist! Das könnte deutlicher sein. Vielleicht könntest du es irgendwie mit der ungenierten Anteilnahme verbinden, die Carmen an dem Geschehen im Schlafzimmer hat? (So eine ganz vorsichtige Fernverknüpfung - z.B.: Irgendwie findet sie plötzlich, sie wäre gern dabei gewesen.)

"Na ja, Leon stand doch plötzlich vor unserem Bett, wie 'ne dicke Frau verkleidet, scheußlich geschminkt, mit seinem blöden Laserschwert in der Hand, und hat gefragt, ob er mitspielen darf."
Carmen gelang es gerade noch, ihre Bürste abzulegen...

"doch" streichen?

Das Ende ist vortrefflich, finde ich. Womöglich funktioniert es noch besser, wenn man vorher schon merkt, dass das, was die Kinder durch die geschlossene Tür wahrgenommen haben, nicht das größte Problem ist.

Im Sinne der Fernverknüpfung passt es hervorragend, dass Carmen wieder "gerade noch gelingt" etwas abzulegen.

Nur eins frage ich mich noch: Ab wann weiß Carmen, dass Sibylles Mann derjenige ist, der im Kino neben ihr saß? Wenn er Sybille kennt, könnte sie auch Ingo kennen - muss natürlich nicht. "Leon" könnte auch verräterisch sein. Oder soll man das - wie du es getan hast - ganz offen lassen? Ich weiß es nicht, aber es könnte sich lohnen, darüber nachzudenken.

Soweit mal.
(Bin im Stil vielleicht etwas kurz angebunden - ich tippe grade einarmig.)

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Liebe/r Erdbeerschorch,

vielen Dank, dass du dich so ausführlich auf meine Geschichte gestürzt hast. Da waren viele hilfreiche Hinweise dabei. Und dass die Geschichte dir gefallen hat, freut mich natürlich auch sehr. :)

Der Mann, der sich neben sie plumpsen ließ, war sichtlich schlecht gelaunt und begann ungebeten auf sie einzureden.
Man spricht ja immer viel vom Kürzen. Hier hatte ich spontan die Überlegung, minimal zu vereinfachen:
"...war schlecht gelaunt"
(Sie hört es wahrscheinlich eher, als dass sie es sieht.)

Das habe ich doch so gelassen, das Licht im Saal ist noch an und wenn ich das "sichtlich" weglassen würde, würde ich mich gleich fragen, woran sie das merkt. Das war sozusagen noch die kürzeste Variante.

An den Worten möchte ich gar nichts aussetzen, aber ich fand, das kommt etwas früh. Der Film hat noch nicht einmal angefangen. Stimmt, der Mann ist schlecht gelaunt und deswegen ungeduldig. Wie wäre es so:
"...ist der Film für dich beendet, bevor er angefangen hat."

Das habe ich übernommen, gute Idee, danke!

Die Stelle mit der Chorprobe find ich eigentlich noch recht neutral, er sagt ja nur, dass seine Frau sich bereit erklärt hatte mit den Kindern zu gehen, scheint zumindest nicht selbstverständlich zu sein, dass sie das immer macht.

(und die Erzählerin könnte das vielleicht sogar noch korrigieren - sinngemäß: Carmen täuschte sich, das war nur heute so.)

Das finde ich als Idee schon interessant, aber mir ging es eigentlich inder Geschichte auch nicht so um das Rollenthema und ich müsste die Erzählerin ja dann noch mehrmals in dieser Art zu Wort kommen lassen. Sonst schreibe ich ja immer aus der Perspektive der Protagonisten.

Hier evtl. "Carmen" statt "sie". Man kommt eigentlich gut mit, aber man könnte auch versucht sein, "störte sie nicht" auf die Familie oder das Publikum zu beziehen.

Habe ich übernommen, gerade auch, weil du später schreibst, dass dir erst spät bewusst geworden ist, wer diese Friseurin ist. So fällt ihr Name noch mal.

Die Beschreibung der Szene finde ich für sich genommen gelungen, ich habe sie ganz anschaulich vor Augen. Ich fürchte aber, es ist nicht recht nachvollziehbar, warum Carmen so gewaltig darüber lachen muss, wenn man, wie ich, den Film nicht kennt.

Möglicherweise wirst du das auch nicht nachvollziehen können, wenn du den Film siehst. Ich habe mir aus Recherchegründen ;) mehrere Teile angesehen und war doch positiv überrascht. Hier in der Geschichte geht es ja um Carmens speziellen Geschmack.

Alle Türen waren geschlossen. Ingo lauschte kurz an der Wohnzimmertür.
Für mich nicht klar, warum alle Türen geschlossen sind - reicht nicht die Wohnzimmertür? (Später ist es ganz wichtig, das alle Türen geschlossen sind, aber so weit sind wir noch nicht.)

Doch, Sybille hat die Küchentür geschlossen, um die Musik aufdrehen zu können. Er kommt nach Hause und alle leben sich hinter verschlossenen Türen aus. Das gefällt mir als Stimmung.

Mama und ich haben oben im Schlafzimmer was zu besprechen. Ihr habt Zeit, bis der große Zeiger auf der 6 ist.
Im Sinne des Offenlassens: "im Schlafzimmer" streichen? (Die Kinder sollen gar nicht nach oben, da ist es egal, in welchm Zimmer die Eltern sind)

Habe ich übernommen, danke!

Wer uns in dieser Zeit stört, zahlt 50 Cent.
Schöne Idee. Es beißt sich leider in meinen Augen mit Leons Auftritt später. Riskiert der wirklich, 50 Cent zahlen zu müssen?

Ja, Leon ist recht impulsiv, der hat die 50 Cent schon vergessen.

Einerseits ist es witzig, wie die Frisörin da aufdreht, andrerseits schon ziemlich heftig. Du könntest das vielleicht noch heftiger ausmalen und richtig überzeichnen, so dass ganz klar wird: Das sagt eine Frisörin niemals so, aber die hier wird gerade von irgendwas geritten.

Ganz ehrlich, ich fand das eigentlich schon ziemlich krass. Die Idee hier noch mehr zu überzeichnen - weiß ich noch nicht so genau. Du hast noch mehr Stellen genannt, wo ich dich so verstehe: "Der Witz ist gut, mach ihn noch deutlicher." Da muss ich nochmal in Ruhe überlegen.

"doch" streichen?

ist gestrichen!


Nur eins frage ich mich noch: Ab wann weiß Carmen, dass Sibylles Mann derjenige ist, der im Kino neben ihr saß? Wenn er Sybille kennt, könnte sie auch Ingo kennen - muss natürlich nicht. "Leon" könnte auch verräterisch sein. Oder soll man das - wie du es getan hast - ganz offen lassen? Ich weiß es nicht, aber es könnte sich lohnen, darüber nachzudenken.

Letztlich hatte ich mich dafür entschieden, dass Carmen es nicht bemerkt, dass es sich um Ingo handelt, aber das stimmt, das könnte noch ganz reizvoll sein.

Ich überlege jetzt noch, Carmen einen außergewöhnlicheren Namen zu geben, damit man sie schneller wiedererkennt.

Nochmals vielen herzlichen Dank, Erdbeerschorsch, auch für die Stellen, die dir gut gefallen haben und für den Ausdruck "Fernverknüpfung". :)


Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Chutney,

Schön, dass du mit einigen meiner Kommentare etwas anfangen konntest!
Mir ist aufgefallen, dass ich gar nicht meinte, du könntest Carmens ungenierte Fragen überzeichnen. Während man so überlegt, fallen einem ja gelegentlich die falschen Begriffe ein. Ich meinte eigentlich: Du könntest den Erzähler nachzeichnen lassen, was mit Carmen abgeht - durch solche Einschübe wie: "Carmen nahm jetzt richtig Fahrt auf" o.ä. So dass du jemandem, der das liest und sich denkt: "hä, das ist doch völlig unrealistisch", mal kurz winkst und ihm zurufst: "jaha, weiß ich schon, ist aber Absicht." Mir scheint, so ein Signal könnte einem beim Lesen entgegenkommen. Aber es kann auch reizvoll sein, ein solches Signal eben gerade nicht zu geben.

Die Sache mit der Chorprobe: ist schon richtig, eigentlich ist es wirklich ziemlich neutral. Und wenn man es auch so auffassen sollte, dass der Mann nur in Ausnahmefällen mit den Kindern weg geht - schadet ja nichts, das gibt es oft genug, muss man also auch keinen Bogen drum machen.

Ansonsten: alle deine Antworten finde ich nachvollziehbar.
Allenfalls könnte man darüber nachdenken, die Absicht durch ein, zwei zusätzliche Wörter etwas deutlicher zu machen. An der Stelle mit den Türen kommt man wohl nicht unbedingt darauf, dass die Küchentür wegen der Musik zu ist, das ist schon zu weit weg. (Vielleicht "Jetzt waren alle Türen geschlossen" - als dezente Erinnerungsstütze, dass die andere geschlossene Tür die Küchentür ist? Ich weiß aber nicht, ob das so ankommt...)

Andrerseits: Einige meiner Kommentare haben ja die Gemeinsamkeit, dass ich vorschlage, dem Leser das eine oder andere deutlicher unter die Nase zu reiben; und deine Antworten haben die Gemeinsamkeit, dass du erklärst, dir würde das jeweils nicht so gut gefallen. Es könnte kaum deutlicher sein, dass die Sparsamkeit Absicht ist (sehe ich noch dazu gerade in einer deiner Antworten auf einen anderen Kommentar bestätigt). Dann dürfte es wahrscheinlich besser sein, du bleibst dabei. Das hat ja auch etwas für sich: den Leser immer wieder auf sich allein gestellt zu lassen, ihn fast schon - absichtlich - hängen zu lassen, das aber wiederum so systematisch, dass er, wenn er das Spiel mal begriffen hat, doch wieder drauf kommt.

Beste Grüße
erdbeerschorsch

 

Hallo Chutney,
ich habe geschmunzelt und mehrmals gelacht! Humor ist schwierig, du hast das sehr gut gemeistert. Ich finde die Charaktere glaubwürdig, die Geschichte rund.

Er schätzte, dass maximal zwei von denen ernsthaft motiviert waren, hier was mitzunehmen. Die meisten anderen, von der Arbeitsagentur zu dieser Maßnahme abkommandiert, saßen schon zum zweiten oder dritten Mal hier und kannten die Nummer.

"hier was mitzunehmen" würde ich weglassen, da überflüssig und 2x "hier" hintereinander.

Sonst nichts zu beanstanden. Danke für die gute Unterhaltung, lG Damaris

 

Hallo Chutney,

nix zu meckern, gerne gelesen. Da ich Ice Age nicht weiter kenne, konnte ich auch nicht so gut mitwiehern. Aber sonst. Den Schluss fand ich am besten. Wozu braucht frau da noch ne Kinderpsycholgin. Aber wenn der Ingo wüsste, wer da seine Frau frisiert. Also eine phantasieanregende Geschichte.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo Damaris,

was für eine schöne Überraschung am Abend! Freut mich, dass du Spaß an dem Text hattest. Den hatte ich auch beim Schreiben.


Er schätzte, dass maximal zwei von denen ernsthaft motiviert waren, hier was mitzunehmen. Die meisten anderen, von der Arbeitsagentur zu dieser Maßnahme abkommandiert, saßen schon zum zweiten oder dritten Mal hier und kannten die Nummer.
"hier was mitzunehmen" würde ich weglassen, da überflüssig und 2x "hier" hintereinander.

Den Satzteil habe ich gestrichen, danke für den Tip!

Ich wünsche dir eine gute Nacht, Damaris!

Chutney


Hallo Jobär,

ups, während ich Damaris antwortete, kam dein Kommentar noch rein und hat mich sehr gefreut.


Da ich Ice Age nicht weiter kenne, konnte ich auch nicht so gut mitwiehern.

Ich habe mir (natürlich ausschließlich ;)) aus Recherchgründen alle fünf Teile angesehen um die Stellen zu finden, von denen mir meine Friseurin berichtet hatte. Manchmal führt die Schreiberei ja zu neuen Ufern.

Den Schluss fand ich am besten.

Daran sind GoMusic und Chris Stone stark beteiligt. Nach ihren Kommentaren habe ich das Ende noch mal komplett verändert.

Auch dir herzlichen Dank und gute Nacht!

Chutney

 

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